Abschotten und Abschrecken – Bundesregierung plant drastische Asylrechtsverschärfung

Autor | 18. September 2015

fluechtlinge_in_budapest_680x397Unisono haben sich die öffentlichen Leitmedien vor Begeisterung fast überschlagen, um das Agieren der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingskrise zu loben und sie zur europäischen Lichtgestalt zu adeln. Die Rolle der bösen Buben schob man Gestalten wie dem Rechtspopulisten Orbán zu, der mit seinen Mauern und Polizeieinsätzen aber lediglich das Dublin-Abkommen umsetzt, das vor allem auf Druck Berlins zustandekam, mit dem Ziel, Asylsuchende möglichst weit von deutschem Territorium fernzuhalten. Doch schon mit dem Regierungsbeschluss, Schengen außer Kraft zu setzen, und an den deutschen Außengrenzen wieder kontrollieren zu lassen, zeigte die europäische Hegemonialmacht ihr wahres Gesicht: Die Bundesregierung will dem Flüchtlingselend nicht durch Hilfsmaßnahmen begegnen, sondern die Abschottung des Landes vor den Hilfesuchenden effektivieren.

In einem ersten Schritt hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble schon mal angekündigt, angesichts zu erwartender Zusatzausgaben für Asylsuchende sei mit Haushaltskürzungen in Höhe von mindestens 500 Millionen Euro zu rechnen – ein offenkundiger Versuch, Geflüchtete, denen gegenwärtig eine Welle der Hilfsbereitschaft entgegenschlägt, gegen den Rest der Bevölkerung auszuspielen. Und Merkels Innenminister legte jetzt nach: Gestern stellte Thomas de Maizière einen Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der zahlreiche Maßnahmen zur Entrechtung, Ausgrenzung und Diskriminierung von Flüchtlingen vorsieht.

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl verurteilte in einer ersten Stellungnahme den Gesetzentwurf als asylpolitischen Rollback, der auf Abschottung und Abschreckung ziele; er enthalte zahlreiche Maßnahmen, die Flüchtlinge entrechteten, ausgrenzten und diskriminierten. Unter anderem indem er Personen, die über andere EU-Länder eingereist seien, das menschenwürdige Existenzminimum verweigere.

„Längst überfällige Konzepte zu einer fairen und menschenwürdigen Aufnahme von Schutzsuchenden bringt die Bundesregierung nicht zu Stande. Geht es jedoch um die Abschiebung von Flüchtlingen, bricht im Bundesinnenministerium plötzlich Aktionismus aus“, kommentierte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, den Entwurf zur Neugestaltung der deutschen Flüchtlingspolitik. Das sei ein völlig falsches Signal im Umgang mit der sogenannten Flüchtlingskrise. Der Minister habe einen Gesetzentwurf vorgelegt, „der Asylsuchende wie Untersuchungshäftlinge behandelt“. Jelpke weiter:

„Die Verschärfungen der Abschieberegelungen untergraben rechtsstaatliche Standards und führen den Schutzgedanken des Asylrechts ad absurdum. Die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten beraubt ganze Flüchtlingsgruppen faktisch ihres Rechts auf Asyl. Darüber hinaus scheint es die Bundesregierung auch nicht weiter zu interessieren, dass der Präsident des Bundessozialgerichts die Beschränkung auf Sachleistungen statt Bargeldleistungen für verfassungsrechtlich höchst bedenklich erklärte, da den Flüchtlingen so die Möglichkeit einer Teilhabe am öffentlichen Leben genommen werde. Abschiebung vor Aufnahme, Ausgrenzung statt Integration – das scheinen die Grundpfeiler der Asylpolitik zu sein, so wie de Maizière sie sich für die Zukunft vorstellt. Eine solche Politik gilt es unter allen Umständen zu verhindern.“

jüg

Themenseite: Flüchtlinge willkommen!

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