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Bunte Demonstration für Toleranz – Kritische Töne nicht erwünscht

Konstanz-ist-bunt-2 “Konstanz ist bunt” – unter diesem Motto zogen am Mittwoch knapp 2000 Leute vom Konzilvorplatz durch die Altstadt auf den Münsterplatz. Sie demonstrierten gegen Fremdenhass und Islamfeindlichkeit und wollten ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz setzen. Die DemonstrantInnen folgten einem Aufruf aus dem sozialdemokratischen Umfeld, zahlreiche Gruppierungen aus dem religiösen, zivilgesellschaftlichen und politischen Spektrum hatten sich angeschlossen. Auch der Kreisverband der Partei DIE LINKE, die Linke Liste Konstanz und die Linksjugend Solid riefen dazu auf sich an der Demonstration zu beteiligen. Dass sich innerhalb weniger Tage so Viele zusammenfinden, um ein Zeichen gegen die gesellschaftliche Rechtsentwicklung zu setzen, die sich unter anderem in den dumpfen Parolen von Pegida & Co manifestiert, ist ein ermutigendes Signal.

Nicht nur die Auswahl der RednerInnen auf der Abschlusskundgebung zeigte jedoch, dass Quantität nicht immer in Qualität umschlägt. Schon im Vorfeld hatten sich die OrganisatorInnen ängstlich darum bemüht, alle staats- und regierungskritischen Töne zu vermeiden. Dass die reaktionäre Flüchtlings- und Ausländerpolitik aller Bundes- und Landesregierungen der letzten Jahrzehnte mit zum Erstarken rechter Bewegungen wie Pegida beigetragen hat, sollte offenbar ebensowenig zur Sprache kommen wie die Tatsache, dass eine grün-rote Koalition in Stuttgart sich noch nicht einmal zu einem Winterabschiebestopp durchringen konnte. Folgerichtig hatte man VertreterInnen des “Aktionsbündnis Abschiebestopp” ein Rederecht verweigert, auch SprecherInnen von linken Parteien oder antifaschistischen Organisationen waren nicht zugelassen.

Konstanz-ist-bunt-1Deshalb glich die Abschlusskundgebung dann auch eher einer Predigt als einer politischen Manifestation. Das war bei der Auswahl der RednerInnen aber auch nicht verwunderlich. Uli Burchardt, Konstanzer CDU-Oberbürgermeister, setzte sich an die Spitze der Rednerliste. Dass er zwei Tage zuvor im Kreistag gegen ein Abschiebeverbot votiert hatte, war wohl nur wenigen der ZuhörerInnen auf dem Münsterplatz bekannt. Sein Lob in eigener Sache, Konstanz zeichne sich seit Langem durch eine vorbildliche Integrationsstärke aus, klingt vor diesem Hintergrund geradezu zynisch. Neben Uni-Rektor Rüdiger, dessen Beitrag in der Hauptsache darin bestand, die Namen der Länder vorzulesen, aus denen Studierende an der Universität stammen, kamen danach überwiegend VertreterInnen religiöser Bekenntnisgemeinschaften zu Wort und nutzten das. So spickte Eugen Heckel von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen seinen Beitrag mit Bibelzitaten, was angesichts der zahlreichen TeilnehmerInnen muslimischen Glaubens zumindest taktlos war. Minia Joneck, die Vertreterin der jüdischen Gemeinde verstieg sich gar in Angriffe auf den Islam, was nun gar nicht zum Motto des bunten Konstanz passen mochte. Aber davon, wie auch von den anderen Redebeiträgen, bekamen die meisten TeilnehmerInnen sowieso nichts mit, weil die Lautsprecheranlage nur die ersten drei Reihen beschallte.

Konstanz-ist-bunt-4Konstanz-ist-bunt-3Die Linke hatte sich mit einem eigenen Aufruf an der Demonstration (siehe Kasten) beteiligt, die Linksjugend solid machte mit einem Transparent und Plakaten auf die Verantwortung der herrschenden Eliten für die Rechtsentwicklung in der Gesellschaft aufmerksam. Auch das “Aktionsbündnis Abschiebestopp” und die Friedensinitiative störten die angestrebte Konsensduselei mit Transparenten und Plakaten, auf denen die menschenfeindliche Flüchtlingspolitik und die Beteiligung der BRD an Kriegen und Rüstungsgeschäften thematisiert wurde.

Jürgen Geiger (mit Material von seemoz), Fotos: Nicolas Kienzler

WORTLAUT | Gegen Rassismus & Antisemitismus – Keine Hetze gegen Flüchtlinge & Muslime

Seit den Anschlägen von Paris hat sich auch hierzulande die Hetze gegen Flüchtlinge im Allgemeinen und Muslime im Besonderen noch einmal verstärkt. In Deutschland beteiligen sich Politiker der Regierungsparteien prominent daran: Thilo Sarrazin und Heinz Buschkowsky (beide SPD) stellen Muslime in ihren Büchern als kriminelle, faule Sozialschmarotzer dar, die das Sozialsystem plündern und die Gesellschaft verdummen. Wolfgang Bosbach (CDU) fantasiert ähnlich wie Sarrazin einen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen dem Islam und Terrorismus herbei. Das ist blanker Rassismus. Die Prominenz solcher Darstellungen in der öffentlichen Debatte bilden den Nährboden für die rassistischen „Pegida“-Gruppierungen und die so genannte „Alternative für Deutschland“ (AfD). Wenn CDU-Parteivize Strobl meint, angesichts des Zulaufs zu „Pegida“ die Diskussionen um Zuwanderung dadurch zu beenden, dass er die Bundesländer auffordert, Abschiebungen von Flüchtlingen zu forcieren,  macht er sich zum Erfüllungsgehilfen dieser Kräfte, die seit Wochen mit falschen und platten Parolen ein Klima der Angst und Ablehnung schüren.

Die wirkliche Gefahr kommt von Rechts, wie die NSU-Morde und gewaltbereite Nazis in Baden-Württemberg zeigen. Fast jede Woche wird irgendwo in Deutschland eine Moschee angegriffen. Muslime werden auf offener Straße beschimpft oder angegriffen. „Pegida“  & Co behaupten, Deutschland würde von Muslimen überschwemmt. Dieses perfide Bild ist nicht neu: Schon Anfang der 1990er Jahre wurde die gleiche rassistische Rhetorik im Rahmen der Asyldebatte von Politik und Medien verwendet; „Das Boot ist voll“, behauptete damals die Springer Presse im Kanon mit der CDU und den Republikanern. Dies war die politische Stimmung der Pogrome von Solingen und Lichtenhagen.

Die Fakten strafen die angebliche Islamisierung Lügen: ca. 6% der Menschen in Deutschland sind Muslime, ca. die Hälfte von ihnen besitzt einen deutschen Pass. Bundesweit gibt es etwa 2400 Moscheen aber mehr als 45.000 Kirchen. Die Geburtenrate hat nichts mit der Religion zu tun, sondern mit der gesellschaftlichen Schicht.

Gleiches gilt für die Stimmungsmache von „Pegida“ gegen Flüchtlinge. Die meisten Geflohenen sind Kriegsflüchtlinge – etwa aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan. „Pegida“-Anhänger und ihre Sympathisanten aus der rechten Szene ignorieren nur zu gerne, dass auch Deutschland an diesen Kriegen massiv verdient, sie teils politisch und militärisch unterstützt.

Ein Teil der „Pegida“-Anhänger sind Angehörige der Mittelschichten, die ihre Abstiegsängste auf Flüchtlinge und Muslime projizieren. Anstatt Merkel und die Mächtigen anzugreifen, die die Krise auf dem Rücken der Beschäftigten und eben auch einem Teil der Mittelschicht abladen, fallen sie auf plumpe Parolen herein. Drahtzieher sind allerdings oft erfahrene Rechtspopulisten oder offene Neonazis, die ihre Feindbilder bewusst wählen. Landes- und Bundesregierung befördern diese Tendenz durch das entwürdigendes Asylbewerberleistungsgesetz, die Kasernierung der Flüchtlinge in Container-Heimen und in dem sie den Kommunen die Kosten aufbürdet. Dem müssen wir uns entschieden entgegen stellen!

DIE LINKE unterstützt den Protest gegen „Pegida“ und fordert:

► Schluss mit der Hetze gegen Flüchtlinge und Muslime.

► Schluss mit rassistischer Diskriminierung.

► Winterabschiebestoppp für Baden-Württemberg.

► Genereller Abschiebestopp in Krisenregionen.

► Abschaffung des entwürdigenden Asyl-bewerberleistungsgesetzes.

► Unterbringung von Flüchtlingen muss vom Bund bezahlt werden.

► Arbeit, Bildung, Gesundheitsversorgung für alle Menschen, die hier leben.

 

Haushaltsdebatte im Kreistag: Der Durchmarsch der Oberbürgermeister

Kreistag

CDU-/FW-Papier unter Federführung von Burchardt und Häussler: Zuschüsse an Gemeinden deckeln (Foto: Koch).

So eine Haushaltsdebatte gab es im Konstanzer Kreistag noch nie: Für 2015 ging es um ein Kreis-Budget von 256,5 Millionen Euro, aber Haushaltsreden wurden nicht gehalten; es ging um den Zuschuss der Gemeinden von 113 Millionen (Kreisumlage), aber gestritten wurde um ein Kennzahlen-System zur zukünftigen Etat-Steuerung. Und es ging um einen Antrag von CDU und Freien Wählern, der gar nicht auf der Tagesordnung stand und dennoch die Diskussion beherrschte.

Die Empörung über den Coup der Mehrheitsfraktionen von CDU und Freien Wählern (FW) ging durch alle Reihen: Die grüne Fraktions-Vorsitzende Christiane Kreitmeier „fühlte sich düpiert“, SPD-Fraktionschef Ralf Baumert „war verärgert“ und selbst der sonst eher gemütliche Georg Geiger sprach für seine FDP-Fraktion von einem „schlechten Stil“.

Der Rotstift der Bürgermeister

Was war geschehen? CDU und FW hatten ein Fünf-Punkte-Papier ausbaldowert, das die Kreisverwaltung erst am letzten Freitag und die KreisrätInnen erst während der Montagssitzung erreichte; dem Südkurier aber war der brisante Antrag bereits für seine Samstagsausgabe gesteckt worden – die Parlamentarier erfuhren von dem Revolutiönchen erst aus der Heimatzeitung.

Das wohl wesentlich von den Oberbürgermeistern Burchardt (Konstanz) und Häusler (Singen) sowie dem FW-Bürgermeister Ostermaier (Steisslingen) – alle auch mit Sitz im Kreistag – entworfene Papier fordert eine Reduzierung der Kreisumlage für 2015 von 113 auf 108 Millionen, für die Zukunft ein Kennziffernsystem zur Deckelung der Zuschüsse der 25 Gemeinden an den Landkreis und für die Folgejahre eine „Nettoneuverschuldung Null“. Besonders brisant bei diesem letzten Punkt: „Der Betrag von 2 Mio € für den vorgesehenen Kauf … einer Gemeinschaftsunterkunft zur Unterbringung von Asylbewerbern … soll gestrichen werden“.

Wer haftet für die Pleiten?

Obwohl dieser Antrag nicht auf der Tagesordnung der ganztägigen Sitzung zur Haushaltsberatung stand, ließ Landrat Frank Hämmerle, der ansonsten solche Diskussionen gerne abwürgt, die Debatte zu – nicht die einzige Schlappe, die der Landrat an diesem Tag einstecken musste: Die neu in den Kreistag eingezogenen Oberbürgermeister aus Singen, Radolfzell und Konstanz haben offensichtlich das Zepter im Kreistag übernommen und bestimmen zusehends die politische Richtung. Untrügliches Zeichen: Die Kungelrunden der bürgerlichen Kreisräte finden nicht mehr hinter verschlossenen Türen, sondern in aller Öffentlichkeit statt – eigens wurden die Pausen verlängert und die Tagesordnung umgeworfen, um zu einer einvernehmlichen Position unter den großen Fraktionen zu kommen.

Der Widerstand war dann auch nur noch gering: Jürgen Leipold (SPD) gibt der Kennziffer-Regelung keine großen Chancen: „Am Ende wird nur eine Kennzahl heraus kommen: Die Kreisumlage“. Und Hans-Peter Koch (Die Linke) verwies darauf, dass der Zeitpunkt für diese CDU-Initiative nicht zufällig käme: „Gerade jetzt, wo die großen Gemeinden Singen (GVV-Pleite) und Konstanz (Finanzierung eines Veranstaltungstempels) vor selbst verschuldeten Finanzierungsproblemen stehen, soll der Rotstift angesetzt werden, soll das Geld beim Kreis gespart werden. Doch der Landkreis und die 23 anderen Gemeinden dürfen für Pleiten und Spinnereien einzelner Städte nicht insgesamt in Haftung genommen werden.“

Klatsche für den Landrat

Letztlich setzen sich die Mehrheitsfraktionen FW und CDU durch: Die Kreisumlage wird auf 109 Millionen für 2015 eingefroren (was durch aktuelle Zuschüsse von Bund und Land bereits abgefedert ist – fragt sich höchstens, wieso solche Zahlen immer erst am Ende der Diskussion auf den Tisch kommen); ein Kennziffern-System soll von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Kreistag erarbeitet werden und über die „Nettoneuverschuldung Null“ soll später gesprochen werden. Immerhin gab es keine breite Zustimmung für diese Vorschläge: Fünf Gegenstimmen und 18 Enthaltungen kamen von Grünen, FDP und Linken.

Insgesamt also kein guter Tag für Landrat Hämmerle: Er muss eine Reduzierung der Kreisumlage schlucken und einer Einschränkung seiner Haushalts-Kompetenzen zusehen. Und das wird nicht der einzige Erfolg auf dem Durchmarsch der Oberbürgermeister bleiben.

JM

Kreistag stimmt für Abschiebung

Abschiebestopp_PiktogrammKaum zu glauben, was in der gestrigen Sitzung des Konstanzer Kreistages zu hören war, als es um eine Resolution zum winterlichen Abschiebestopp für Asylbewerber ging: „Das brauchen wird nicht“ oder „froh über jeden freien Platz in der Flüchtlingsunterkunft“ und „die Regeln müssen eingehalten werden.“ Die bürgerliche Mehrheit der KreisrätInnen lehnte eine solche Resolution (siehe Infokasten) dann auch ab – ein Signal an die morgige Demo: Konstanz ist bunt?

Im Vorfeld der Kreistagssitzung war gemunkelt worden, die SPD-Fraktion wolle den Punkt „Abschiebestopp“ von der Tagesordnung absetzen lassen – wie bereits in der Dezember-Sitzung, als CDU-Chef Burchardt und Landrat Hämmerle das Thema schon einmal verschoben hatten. Ein weiterer Aufschub auf die nächste Sitzung am 23. März wäre nun wirklich unsinnig gewesen – dann ist der Winter vorbei.

Die Resolution war von der Linken eingebracht worden, und Marco Radojevic begründete sie wortreich. Er verwies auf die humanitäre Not der Flüchtlinge, erinnerte an die hehren Worte, die bislang im Kreistag zur unerträglichen Situation der Asylbewerber angestimmt wurden und verwies darauf, dass etliche Kreis- und Gemeinderatsgremien, darunter auch der Konstanzer Stadtrat, ähnlich lautende Erklärungen längst verabschiedet hatten. Eine Zustimmung, so Radojevic, würde zudem als positives Signal zur Mittwoch-Demo „Konstanz ist bunt“ verstanden werden.

WORTLAUT | Resolution Abschiebestopp: Der Kreistag des Landkreises Konstanz fordert das Land Baden-Württemberg auf, einen sofortigen, umfassenden Winterabschiebestopp zu erlassen, ähnlich den Regelungen in Schleswig-Holstein und Thüringen. Abschiebungen im Winter gefährden ganz konkret Gesundheit und Leben der abgeschobenen Flüchtlinge, da diese meist in extremer Armut am Rande der Gesellschaft leben und dabei häufig direkt in die Obdachlosigkeit abgeschoben werden. Das Innenministerium muss bis zum 31.03.2015 die Abschiebungen in 15 Länder aussetzen. Dazu gehören die Balkanländer, aber auch Afghanistan, Russland, Armenien, die Ukraine, Aserbaidschan, der Irak, Iran, die Türkei und Pakistan. Für Flüchtlinge aus Syrien gilt bundesweit ein Abschiebeschutz.

In der anschließenden Diskussion erwies sich Frank Hämmerle (CDU) als Anhänger einer konsequenten Abschiebepolitik: „Ich bin froh über jeden freien Platz in der Flüchtlings-Unterkunft“. Und Hans-Peter Storz, der für die SPD auch im Landtag sitzt, legte nach: „Einen generellen Abschiebestopp brauchen wir nicht, die Einzelfallprüfung muss genügen.“ CDU-MdL Wolfgang Reuther setzte noch einen drauf: „Wir müssen uns für die Asylbewerber einsetzen, die unsere Hilfe wirklich brauchen“. Und überhaupt würden 60 Prozent der geplanten Abschiebungen gar nicht durchgeführt. Jürgen Leipold (SPD) meinte, einmal erlassene Regeln müssten eingehalten werden.

Einzig Grünen-MdL Siegfried Lehmann sprach sich neben den Linken „aus humanitären Gründen“ für die Resolution aus. Eindrucksvoll, wie er von Erfahrungen seiner Familie berichtete, die mehrfach vom Flüchtlings-Schicksal betroffen war und unter fehlender Integrations-Bereitschaft der deutschen Bevölkerung leiden musste.

Am 20. Januar 2015 gab es in Baden-Württemberg erneut eine Abschiebung von 140 Geflüchteten nach Serbien und Mazedonien. In den beiden Ländern des ehemaligen Jugoslawiens wartet auf die Menschen ein Leben in Armut, ohne staatliche Unterstützung. Nach Angaben von Amnesty International sind insbesondere Roma und sexuelle Minderheiten in beiden Ländern erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt und werden kaum oder gar nicht von staatlicher Seite geschützt.

Immerhin 17 KreisrätInnen – neben Grünen und Linken nur zwei SPD-Kreisrätinnen und wenige Freie Wähler – votierten für die Resolution, während sich aber die bürgerliche Mehrheit bei fünf Enthaltungen dagegen aussprach. Für die SPD-Jugendorganisation der Jungsozialisten (Jusos), die für die morgige Demonstration unter dem Motto „Konstanz ist bunt“ verantwortlich zeichnet, ist das sicher kein ermutigendes Signal.

hpk

Breite Bündnisse wollen in der Region für Menschlichkeit, Vielfalt und Toleranz demonstrieren

Konstanz-ist-buntEin Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Gruppierungen, Gewerkschaften, Parteien und Religionsgemeinschaften ruft für nächsten Mittwoch, 28. Januar, zu einer Demonstration für Menschlichkeit, Vielfalt und Toleranz auf. Im Aufruf “Konstanz ist bunt” kritisieren die Veranstalter mit Blick auf Pegida & Co, dass sich in Deutschland und Europa nach den Anschlägen von Paris rechtsgerichtete Kräfte der Ängste von BürgerInnen bedienen, um ihrer Ideologie Auftrieb zu verschaffen: “Schutzbedürftige Menschen werden hier teilweise als Kriminelle diffamiert und mit Verbrechen in Verbindung gebracht, deren Opfer sie eigentlich sind.” Sie erinnern daran, dass es auch in Konstanz Rassismus, Ausgrenzung und Intoleranz gibt und rufen deshalb alle “Konstanzerinnen und Konstanzer dazu auf, die Vielfältigkeit und Menschlichkeit in unserer Stadt in einer bunten Kundgebung zu demonstrieren.” Die OrganisatorInnen informieren auch auf Facebook im Netz über ihre Aktivitäten. Die Demonstration beginnt um 17 Uhr vor dem Konzil und endet um 18 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Münsterplatz.

Schon für kommenden Montag, 26. Januar, mobilisiert in Radolfzell ein ähnlich breites Bündnis zur Teilnahme an einem sogenannten Friedensweg, der vom Milchwerk zum Seetorplatz führt. Die VeranstalterInnen schreiben in ihrer Einladung unter anderem: “Wir freuen uns auf alle Menschen, die sich in unsere Gesellschaft einbringen möchten. Migrant/innen, Asylbewerber/innen und Flüchtlinge sind bei uns willkommen. Sie brauchen eine Chance, hier eine Heimat zu finden.” Die Aktion beginnt um 18.30 Uhr im Innenhof des Milchwerks, die Abschlusskundgebung findet ab etwa 19.30 auf dem Seetorplatz statt.

Die Linke Liste und der Kreisverband der Partei DIE LINKE unterstützen beide Aktionen und fordern ihre Mitglieder und UnterstützerInnen zur Teilnahme auf.

Redaktion

Linke Liste will Auskunft vom Oberbürgermeister über städtische Franken-Kredite

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Franken-Kredite könnten die Stadt und ihre Betriebe teuer zu stehen kommen (Foto: Martin Abegglen, CC-BY-Sa

Die Linke Liste Konstanz (LLK) will vom Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt Auskunft über das Gesamtvolumen, mit dem die Stadtverwaltung und ihre Institutionen bei Schweizer Banken in der Kreide stehen. Die LLK befürchtet aufgrund der finanziellen Turbulenzen, die nach dem Ende der Bindung Frankens an den Euro negative Konsequenzen für die Stadt und damit ihre BürgerInnen.

Bundesweit sind von der Aufwertung der Schweizer Währung etliche Städte und Gemeinden betroffen, in der Region drohen unter anderem Friedrichshafen und Waldshut erhebliche Mehrbelastungen.

LLK-Stadträtin Anke Schwede warnt davor, „dass am Ende die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wieder wie Anfang 2013 zur Kasse gebeten werden, um durch eine Anhebung der Abwassergebühren die Mehrkosten aufzufangen, die durch riskante Kreditgeschäfte der Technischen Betriebe entstanden sind“.

WORTLAUT | FRAGEN AN DEN OBERBÜRGERMEISTER

Sehr geehrter Herr Burchardt,
wie in diversen Medien zu lesen war, muss die Stadt Konstanz einen nicht näher bezeichneten Franken-Kredit bis 2021 und die Entsorgungsbetriebe zwei Franken-Darlehen bis 2016 bedienen. Laut “Südkurier” vom 21.1. beziffert Stadtkämmerer Rohloff die Höhe der Franken-Schulden allein der Stadt mit einer Million. Angaben über Verpflichtungen der städtischen Eigenbetriebe und GmbHs macht er nicht.

Wir bitten angesichts der drohenden finanziellen Konsequenzen für die Stadt Konstanz und ihre Einrichtungen – und damit die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – um die Beantwortung folgender Fragen:

► Wie viele laufende Kredite in Schweizer Franken hat die Stadt Konstanz inklusive ihrer Eigenbetriebe, Tochterunternehmen und GmbHs zu verzeichnen? Wurden Versicherungen gegen Währungsverluste abgeschlossen?

► In welcher Höhe und mit welchen Tilgungsraten/Laufzeiten?

► Gibt es Kredite bzw. Währungsspekulationen in anderen Fremdwährungen?

► Welche Konsequenzen könnten diese Geschäfte für die Konstanzer BürgerInnen zeitigen und welche Ausstiegsszenarien sind denkbar?

Anke Schwede, Holger Reile
Linke Liste Konstanz

Veranstaltung: Der Ukraine-Konflikt im Spannungsfeld der Interessen

Ukrainisches Militär

Ukrainische Streitkräfte starten massive Artillerieoffensive gegen Stellungen der Aufständischen im Raum Donezk.

Der Waffenstillstand zwischen der ukrainischen Regierung und den Aufständischen im Osten des Landes ist offenbar das Papier nicht mehr wert, auf dem er steht. Seit dem Wochenende haben ukrainische Truppen eine massive Offensive unter anderem im Raum Donezk gestartet. Laut einem Berater von Präsident Poroschenko mit dem Auftrag, mit allen verfügbaren Mitteln die Positionen der Separatisten zu beschießen. Wenige Tage zuvor starben bei einem Anschlag auf einen Reisebus im Südwesten des Landes erneut Zivilisten. Die ukrainische Regierung machte die Aufständischen dafür verantwortlich, diese beschuldigten die ukrainische Armee. Mehr als 4000 Menschen sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen im April letzten Jahres getötet worden, darunter viele ZivilistInnen. Rund 1 Million Menschen mußten aus ihren Wohnorten in den Regionen Donezk und Lugansk fliehen, fast ein halbe Million Flüchtlinge suchte Schutz im Ausland.

Wer hierzulande versucht, sich ein objektives Bild von den bedrückenden Geschehnissen in und um die Ukraine zu machen, der stößt auf eine beängstigend gleichförmige Berichterstattung der etablierten Medien. Statt nüchtern abwägender Nachrichten und Analysen dominiert ein Schwarz-Weiß-Bild, in dem Russland und sein Präsident Wladimir Putin dämonisiert, die prowestliche Regierung in Kiew dagegen verklärt und die Fakten entsprechend selektiert und verdreht werden.

Der Konflikt in der Ukraine wirft zahlreiche Fragen insbesondere nach der Rolle und den Absichten der beteiligten Akteure auf. Welche Ziele verfolgen die tief in den Konflikt verstrikten USA und die Staaten der Europäischen Union auf der einen Seite, welche Interessen hat der russische Staat auf der anderen? Diesen Fragen soll auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg am 29. Januar in Konstanz nachgegangen werden. Als Referent eingeladen ist der Journalist und Osteuropa-Kenner Reinhard Lauterbach, der die Ukraine mehrfach bereist hat – zuletzt im Oktober 2014. Lauterbach ist freier Osteuropakorrespondent unter anderem für die Tageszeitung “junge Welt”, das Magazin “Hintergrund” und “Radio LoRa” in Zürich. Bis vor wenigen Jahren berichtete er als Korrespondent für den ARD-Hörfunk über die Staaten Osteuropas.

Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg.
Donnerstag, 29. Januar, 19 Uhr, Konstanz, Treffpunkt Petershausen (Georg-Elser-Platz 1).

Linke Liste fordert Debatte: Wie lange kann sich Konstanz noch das Orchester leisten?

Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz

Linke Liste: Nachdenken über die Zukunft der Philharmonie ist nötig (Bild: Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz).

Die städtischen Zuschüsse für die Philharmonie sollen in den kommenden Jahren drastisch erhöht werden. Der Zuschuss der Stadt wird bis 2018 jährlich um rund 120.000 Euro steigen und bis dahin rund 3 Millionen Euro erreichen. Im Gegensatz dazu werden über Kartenverkäufe die Eigenerlöse in diesem Zeitraum ständig sinken. So der aktuelle Wirtschaftsplan der Philharmonie.

Diese negative Entwicklung, einhergehend mit einem schwindenden Publikumsinteresse, ist nicht nur ein Konstanzer Problem. Eine aktuelle Studie der Universität Wien stellt fest: „Die klassische Musik ist im Begriff, einen musealen Charakter zu bekommen. Die Folgen wie die Überalterung des Publikums und das Desinteresse nachfolgender Generationen sind inzwischen unübersehbar“. Und auch die Intendantenlegende Gerard Mortier äußerte sich jüngst ähnlich: „Wir müssen in Zukunft völlig neu denken, was das Konzert sein könnte“.

Die Linke Liste (LLK) hat die Philharmonie immer unterstützt, aber aufgrund der vorliegenden Zahlen und des zu befürchtenden Niedergangs muss umgehend über die Zukunft des Orchesters nachgedacht werden. Gibt es Möglichkeiten, dem Negativtrend entgegen zu wirken? Sollen wir trotz der trüben Aussichten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten einen immer größeren Teil der immer knapper werdenden städtischen Kulturmittel in das Orchester investieren? Lassen sich die Millionenausgaben gegenüber den BürgerInnen überhaupt noch vertreten?

Diese Fragen sollten zusammen mit dem Intendanten Beat Fehlmann – der übrigens nach Ansicht der LLK eine hervorragende Arbeit leistet – umgehend im Orchesterausschuss und im Gemeinderat diskutiert werden. Die Entscheidung, das Orchester weiterhin – auch zu Lasten anderer Kulturinstitutionen – derart massiv zu subventionieren, kann nur mit klarem Blick auf die kulturellen und finanziellen Folgen und mögliche Alternativen getroffen werden.

Anke Schwede, Holger Reile
Linke Liste Konstanz

Nous sommes Charlie – Gegen religiösen und rassistischen Extremismus

SeiCharlie-aber-nicht-PegidaDie verabscheuungswürdigen Morde von islamistischen Fanatikern an Redakteuren der Satirezeitschrift Charlie Hebdo, an JüdInnen und PolizistInnen in Paris rufen Erschütterung hervor. Sie zeigen, wohin Fanatismus führt, egal ob er religiös, politisch oder wie auch immer motiviert ist.

Dass dieser Fanatismus auf fruchtbaren Boden fällt, hängt mit den zunehmenden sozioökonomischen Verwerfungen zusammen, die die kapitalistische Krise weltweit hervorruft. Das gilt übrigens nicht nur für das Erstarken der islamistischen Klerikalfaschisten, es gilt genauso für die selbsternannten rechtsextremen Retter eines fiktiven Abendlandes, die dieser Tage auf deutschen Straßen unterwegs sind. Der Journalist Thomas Konicz hat auf “Telepolis” zutreffend darauf hingewiesen, dass sich “europäische und arabische Faschisten zum Verwechseln ähnlich” sehen: “Beiden Ideologien ist eine pluralistische, offene und vielfältige Gesellschaft verhasst. Während der islamistische Faschismus einen religiös homogenen Gottesstaat anstrebt, wollen Europas Rechtsextremisten eine rassisch oder kulturell “reine” Gesellschaft erkämpfen.”

Wir müssen solchen menschenverachtenden Ideologien, egal ob sie religiös oder politisch begründet werden, entschieden entgegen treten. Dass die Mörder von Paris ihre abscheulichen Taten mit religiösen Überzeugungen zu rechtfertigen versuchen, hat Tradition. Denn Religionen – egal ob in der islamischen, christlichen oder jüdischen Spielart – basieren auf der Exklusion aller, die ihnen nicht anhängen und bieten Fanatikern seit Jahrhunderten ein geeignetes Fundament. Bestenfalls kann man die jeweils Ungläubigen missionieren, wenn nötig werden sie eben dahingemetzelt. Dieser “mittelalterliche(n) Form der Unvernunft”, wie es Salman Rushdie nach dem Anschlag formuliert hat, müssen wir mit den Ideen der Aufklärung entgegentreten. Und gerade diese Ideen, zu deren Kernbestand Werte wie Humanität, Toleranz, Solidarität zählen, gebieten es jetzt, dass wir uns gegen alle Versuche von Pegida, AfD und CSU wenden, auf geradezu ekelerregende Weise die Morde für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren.

Wir dürfen nicht hinnehmen, wenn Rassisten und Ausländerfeinde diese fürchterliche Tat dazu missbrauchen, ihre Hetze gegen friedliche Mitbürgerinnen und Mitbürger anderer Herkunft zu verschärfen. Darum Nein zu Hass und Ausgrenzung – Ja zu Menschlichkeit und Solidarität!

Jürgen Geiger

WORTLAUT | Jan Korte: Mehr Demokratie, mehr Bürgerrechte, mehr Satire

“Ich würde es begrüßen, wenn Union und SPD sich eine Tatsache einmal auf Vorrat abspeichern würden: Eine Vorratsdatenspeicherung, die im Einklang mit unserem Grundgesetz und der Europäischen Datenschutzrichtlinie steht und dann noch brauchbare Daten für Sicherheitsbehörden liefert, ist nicht umsetzbar. Das abzuspeichern hätte den Vorteil, dass sie sich auf die wichtigen sicherheits- und gesellschaftspolitischen Maßnahmen konzentrieren könnten”, erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, zu der von SPD und Union als Reaktion auf den terroristischen Überfall auf die Redaktion des französischen Satiremagazins “Charlie Hebdo” erneut ins Spiel gebrachten Vorratsdatenspeicherung. Korte weiter:

“Unsere Antwort auf den Anschlag sollte sein: Mehr Demokratie, mehr Bürgerrechte und erst recht mehr Satire, mehr Kritik an Politik, Religionen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Ich bin es leid, dass Union und SPD jeden terroristischen Angriff auf die Demokratie zum Anlass nehmen, demokratische Bürgerrechte in Frage zu stellen. Nach dem traurigen Anschlag in Paris hat es die CSU keine 24 Stunden geschafft, ihren Reflex zu unterdrücken, den Angriff zur innenpolitischen Profilierung zu nutzen.

Zu begrüßen ist immerhin, dass NRW-Innenminister Jäger zumindest von der Mär des sicherheitspolitischen Allheilmittels abgerückt ist und endlich festgestellt hat, dass die Vorratsdatenspeicherung eben keine Attentate verhindert. Tatsächlich ist der Nutzen der Vorratsdatenspeicherung nie belegt worden. Die Innenminister sollten lieber ihren Job machen und die ihnen unterstellten Sicherheitsbehörden erst einmal in die Lage versetzen, ihre jetzigen Befugnisse zu nutzen, statt durch dem Griff in die Überwachungs-Mottenkiste Aktivität zu simulieren.”

Quelle: linksfraktion.de

Konstanz: Internationales Forum und Gemeinderat fordern Winterabschiebestopp

Abschiebung stoppen

Protestaktion gegen die Sammelabschiebung von 83 Flüchtlingen, 26 davon aus Baden-Württemberg, am 9. Dezember am Terminal des Baden-Airpark (Bild: MC/RDL).

Das Internationale Forum, beratendes Gremium des Konstanzer Gemeinderats für Integrationsfragen, formulierte auf seiner Sitzung im Dezember, unter anderem auf Anregung des Aktionsbündnisses Abschiebestopp, folgenden Resolutionstext, der über eine Offenlage in der Woche vom 15. bis 19. Dezember auch vom Gemeinderat beschlossen wurde:

Der Gemeinderat der Stadt Konstanz fordert das Land Baden-Württemberg auf, einen sofortigen umfassenden Winterabschiebestopp zu erlassen, ähnlich den Regelungen in Schleswig-Holstein und Thüringen. Abschiebungen im Winter gefährden ganz konkret Gesundheit und Leben der abgeschobenen Flüchtlinge, da diese meist in extremer Armut am Rande der Gesellschaft leben und dabei häufig direkt in die Obdachlosigkeit abgeschoben werden.
Das Innenministerium muss bis zum 31.03.2015 die Abschiebungen in 15 Länder aussetzen. Dazu gehören die Balkanländer aber auch Afghanistan, Russland, Armenien, die Ukraine, Aserbaidschan, der Irak, Iran, die Türkei und Pakistan. Für Flüchtlinge aus Syrien gilt bundesweit ein Abschiebeschutz.

Die Resolution soll an das Innenministerium Baden-Württemberg gerichtet und durch eine Pressemitteilung der Stadt Konstanz öffentlich bekannt gemacht werden. Leider konnte aufgrund formaler Fristen der Resolutionstext nicht auf der letzten Gemeinderatssitzung am 18. Dezember diskutiert werden, aber der Beschluss steht und die Einigkeit der Konstanzer StadträtInnen in dieser Frage ist sehr zu begrüßen.

Immer wieder saßen Flüchtlingsfamilien in den letzten Monaten voller Angst und Sorge in ihren Unterkünften, wenn wieder eine nächtliche Abschiebung in den strengen Winter auf dem Balkan drohte. Unlängst forderte das antirassistische Netzwerk Baden-Württemberg neben anderen Initiativen und Menschenrechtsgruppierungen einen Winter-Abschiebestopp anlässlich der letzten Sammelabschiebung am 9. Dezember. 83 abgelehnte Asylbewerber aus ganz Deutschland – 26 Flüchtlinge aus Baden-Württemberg – wurden nach Serbien und Mazedonien vom Regionalflughafen Rheinmünster (Kreis Rastatt) ausgeflogen. Laut Regierungspräsidium Karlsruhe handelte es sich bei den abgeschobenen Menschen vor allem um Roma, darunter 36 Kinder. Sammelabschiebungen gab es unter der grün-roten Regierung in Baden-Württemberg bereits mehrmals in diesem Jahr.

Auch der Kreistag hat sich auf der letzten Sitzung des Jahres mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigt. Landrat Frank Hämmerle berichtete über die dramatische Situation im Landreis: Angesichts fehlender finanzieller Unterstützung durch das Land stehen für die wachsende Zahl von Flüchtlingen viel zu wenig Unterkünfte zur Verfügung (siehe Kasten). Die Kreisräte der Linkspartei, Marco Radojevic und Hans-Peter Koch, forderten das Gremium auf, sich der Petition des Konstanzer Gemeinderats anzuschließen. Obwohl angeblich allen KreisrätInnen die Unterbringung und das Wohl der Flüchtlinge im Kreisgebiet wichtig ist, kam es zu einem Eklat.

926 Unterkünfte für 815 Asylbewerber
Die Verwaltung berichtet im Kreistag, dass die Zahl der dem Landkreis zugewiesenen Asylbewerber von 177 (1.1. 2010) auf 815 (1.12.2014) angewachsen ist. Dem stehen derzeit 926 Unterkunftsplätze gegenüber – die größten Kontingente mit 186 Plätzen in der Konstanzer Steinstraße und mit 120 in der Singener Romeiastraße; insgesamt gibt es im Landkreis 13 sogenannte Gemeinschaftsunterkünfte. Angesichts solcher Zahlen scheint der Zeitpunkt nicht mehr fern, an dem kein Platz mehr für neue Flüchtlinge da ist.
Die Verantwortlichen im Landratsamt tun derzeit offensichtlich alles Mögliche, um Wohnungen zu beschaffen („denn Turnhallen, Container oder Zeltlager wollen wir vermeiden“ – Originalton Landrat Hämmerle). Seitdem sich immer deutlicher zeigt, dass windige Investoren mit der Not der Flüchtlinge ihre Geschäfte machen, geht man im Landratsamt verstärkt dazu über, „den Kauf  von Immobilien und Grundstücken zur Errichtung von Unterkünften in Betracht zu ziehen“.

Bund und Land lassen die Kommunen verhungern
Zudem gibt es finanzielle Probleme: Seitdem 1998 die Betreuung von Aslybewerbern vom Land auf die Stadt- und Landkreise überging, lassen Bund und Länder die Kommunen buchstäblich verhungern. Allein im Landkreis Konstanz häuft sich 2014 ein Defizit von 1,6 Millionen Euro an – jährlich rechnet man im Landratsamt mit einem Fehlbetrag von durchschnittlich zwei Millionen. Zwar hat jüngst der Bund eine Soforthilfe von 500 Millionen über zwei Jahre für alle Bundesländer zugesagt, doch Frank Hämmerle ist skeptisch: „Warten wir mal ab, was davon in Konstanz ankommt.“
Hinzu kommt, dass der Landkreis zur Betreuung zusätzliches Personal einstellt. Schon 2014 wurden acht neue Stellen geschaffen, für 2015 sind im Haushaltsplan weitere 8,2 Stellen vorgesehen, darunter allein fünf SozialarbeiterInnen. – der Kostenaufwand liegt aktuell bei 1,46 Mio. Euro. Und dabei sind Zusatzkosten, wie z. B. für den Deutschunterricht der Ankömmlinge, noch nicht eingerechnet.
Quelle: seemoz

Den Vorschlag von Marco Radojevic, der Kreistag solle sich doch der Initiative des Konstanzer Gemeinderats anschließen, wischte Landrat Frank Hämmerle mit einem Geschäftsordnungstrick vom Tisch: Leider könne man das Anliegen nicht behandeln, weil es nicht vorab auf der Tagesordnung gestanden habe. Und der Konstanzer Oberbürgermeister Burchardt, im Kreistag gleichzeitig Vorsitzender der CDU-Fraktion, setzte noch eins drauf: Diese Petition sei ohne seine Unterschrift gar nicht rechtswirksam. Was soll das denn heißen? Will Burchardt die Resolution nachträglich per Unterschriftsverweigerung etwa zum Scheitern bringen? Das Abwürgen eines Themas, bei dem es um drängende existentielle Probleme von Menschen geht, mit formalen Argumenten, wirft schon die Frage auf, wie ernst es diesen Herren mit der Unterstützung der Flüchtlinge ist.

Haushaltsrede der Linken Liste Konstanz

Logo Linke Liste KonstanzHier die Rede, die unser Stadtrat Holger Reile für die Linke Liste bei den Haushaltsberatungen im Konstanzer Gemeinderat am 18. Dezember gehalten hat, zum Nachlesen. –

Werte Gäste, Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen.

Bevor ich unsere Haltung zum vorliegenden Haushaltsentwurf darlege, einige Bemerkungen vorab.

Die Linke Liste ist mehr als befremdet über die unlängst getroffene Entscheidung, Gegenstand der Haushaltsberatungen sei ab sofort nicht mehr der von seiner Stadtverwaltung vorgelegte Entwurf eines Doppelhaushalts für die Jahre 2015 und 2016, sondern nur noch der Etat für das kommende Jahr. Als Grund wurde angegeben, 2016 werde die Stadt angesichts der geplanten städtischen Investitionen und zu erwartender niedriger Einnahmen in eine „schwierige Situation“ geraten.

Mit Verlaub: Wir halten diese Ankündigung für eine Missachtung des Gemeinderats. Herr Oberbürgermeister: So darf eine städtische Exekutive nicht mit der gewählten Vertretung der Bürgerinnen und Bürger umgehen, schon gar nicht, wenn es um das sogenannte parlamentarische „Königsrecht“ geht. Herzlichen Dank übrigens dafür, dass wir hunderte von Seiten lesen durften, die jetzt kaum mehr relevant sind. So habe ich mir mein Ehrenamt schon immer vorgestellt.

Das Lamento über drohende „schwierige Zeiten“ dient ja erklärtermaßen dem Zweck, den Rat und die Bevölkerung darauf einzustimmen, dass ab dem kommenden Jahr „grundlegend“ über die städtischen Finanzen gesprochen werden müsse. Im Klartext: Seht her Leute, es steht so schlimm, einen Haushalt für 2016 kriegen wir nicht gebacken, also stellt euch schon mal auf schmerzhafte Einschnitte ein. Und diese gibt es, und zwar nicht zu knapp.

Damit zum vorliegenden Restentwurf für das nächste Jahr und die mittelfristige Finanzplanung. Wobei sich natürlich die Frage aufdrängt, wie ernst die überhaupt noch genommen werden kann, wenn doch eigentlich erst kommendes Jahr konkret über Geld gesprochen werden soll. Aber sei’s drum, wir müssen von den Zahlen ausgehen, die uns die Verwaltung vorgelegt hat.

Wenden wir uns zunächst einem der drängendsten Probleme zu, dem sich die Bürgerinnen und Bürger in Konstanz gegenübersehen: In dieser reichen Stadt herrscht, das ist mittlerweile allen klar, eine erdrückende Wohnungsnot, die nicht nur die Ärmsten trifft, sondern zunehmend weit in die vielzitierte „Mitte der Gesellschaft“ hineinreicht. Daraus resultiert das „Handlungsprogramm Wohnen”, das inzwischen in keiner Sonntagsrede mehr fehlen darf.

Dass auf diesem Feld endlich etwas geschieht, ist zu begrüßen. Wir bezweifeln jedoch, dass die bisherigen Maßnahmen ausreichend sind, die Wohnungsnot zu beseitigen. Immerhin haben selbst Stadtspitze und bürgerliche Ratsmehrheit erkannt, dass es sich hier in erster Linie um eine soziale Frage handelt. Doch vor den Konsequenzen aus dieser Erkenntnis scheut man zurück. Denn nach wie vor zielt das Programm vor allem darauf ab, privaten Investoren gute Geschäfte zu verschaffen und die erzielt man in den seltensten Fällen mit dem Bau von Sozialwohnungen. Völlig zu Recht hat der Mieterbund Bodensee Mitte November auf diese Schieflage des Programms hingewiesen. Der Kollege Herbert Weber sagte dazu, ich zitiere: „Wir brauchen ausreichend sozialen Wohnungsbau in Konstanz“. Wenn nur im oberen Preissegment gebaut werde, entlaste dies den Markt nicht. Denn Konstanzer mit durchschnittlichen Einkommen können diese Mieten gar nicht bezahlen. Mindestens ein Drittel aller neuen Wohnungen, also doppelt so viel wie die Stadt plant, müssten im günstigsten Preissegment entstehen. Wohl wahr. Das fordert die Linke Liste ebenfalls seit Jahren.

Eine solche Forderung könnte nur erfüllt werden, wenn vor allem der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBAK endlich ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt würden. Doch das sieht dieser Haushalt nicht vor. Für die Kostenstelle Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen nach Städtebauförderungsgesetz sind gerade mal 1,95 Millionen Euro eingeplant, für Wohnungsbauförderung und Wohnungsfürsorge lediglich 160.000 Euro. Selbst wenn natürlich in anderen Posten indirekt Ausgaben vorgesehen sind, die im Zusammenhang mit dem Handlungsprogramm Wohnen stehen – eine entschiedene Vorgehensweise gegen die Wohnungsnot sieht unserer Meinung nach anders aus.

Wir haben schon bei der Debatte um den letzten Nachtragshaushalt darauf verwiesen: Angesichts der dramatischen Situation ist ein radikaler Bruch mit der Marktlogik in der Wohnungspolitik erforderlich. Wir treten dafür ein, dass sich die Stadt an den sozialen Interessen der zahlreichen Bürgerinnen und Bürger orientiert, die gegenwärtig völlig überhöhte Mieten zahlen müssen oder überhaupt keine Bleibe mehr finden.

Was für die fehlende Entschlossenheit in Sachen Wohnungsbaupolitik gilt, trifft auf den Ausbau der sozialen Infrastruktur insgesamt zu. Das mit Bundesmitteln geförderte Projekt Soziale Stadt im Berchengebiet hat gezeigt, dass mit vergleichsweise bescheidenem Aufwand auch dank der Initiative von Bürgerinnen und Bürgern große Verbesserungen erreicht werden können. Dieses Vorzeigeprojekt kann als Blaupause für andere Problemquartiere der Stadt dienen. Auch in anderen Stadtteilen gibt es soziale Brennpunkte, beispielsweise im Quartier Pfeifferhölzle oder auch in Petershausen. Doch nach Auslaufen des Bundesprogramms hat man im Rathaus offenbar beschlossen, solche Ansätze stillschweigend zu beerdigen. Selbst die bescheidenen Mittel (nach unserer Rechnung handelt es sich um weniger als 5 Millionen), die im Berchengebiet noch erforderlich wären, um die dortigen Pläne fortzuführen – darunter ein Kindertreff und ein Bewohnerzentrum, sind auf die Jahre nach 2020, und damit auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben.

Überhaupt kommt das Thema Armut, das auch in unserer Stadt ein drängendes Problem ist, in den Diskussionen um die städtische Finanzplanung bestenfalls am Rande vor. Dabei ist die Bekämpfung von Armut in allen ihren Ausprägungen nicht zuletzt auch eine Aufgabe auf kommunaler Ebene. Wir wollen, dass auch arme Menschen in dieser Stadt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und menschenwürdig leben können. Um geeignete Maßnahmen ergreifen zu können, muss man die Situation kennen, in der sich diese Menschen befinden. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass der vor langen Jahren abgeschaffte Armutsbericht endlich wieder eingeführt und aktualisiert wird. Denn um den unterschiedlichen Formen von Armut aktiv begegnen, geeignete Gegenstrategien entwerfen und vorausschauend planen zu können, ist eine differenzierte Kenntnis der Lage der davon Betroffenen unerlässlich.

Zu den wichtigen Angeboten im sozialen Bereich gehört auch der Sozialpass, der – so schlimm es ist, dass es ihn geben muss – ein Erfolgsmodell geworden ist, nicht zuletzt dank des beständigen Engagements der Linken Liste. Dass er in den vergangenen Jahren ein wenig erweitert wurde, begrüßen wir angesichts der steigenden Armut natürlich. Allerdings besteht aus unserer Sicht noch zusätzlicher Handlungsbedarf. Es findet unsere Zustimmung, dass nun endlich auch Kinder vergünstigt Bus- und Fähre fahren können, das war in der Tat überfällig. Aber warum dieser Tarifdschungel? Einzelfahrscheine für den Bus sind nicht mehr ermäßigt zu bekommen, Hin-und Rückfahrt aber doch, jeweils zu unterschiedlichen Konditionen für Erwachsene und Kinder. Keine Ermäßigungen in der Regel auch beim Umweltticket, der persönlichen Halbjahreskarte usw. usf.

Aber gerade Mobilität ist für Menschen mit geringem Einkommen von zentraler Bedeutung, um ihrer schwierigen existentiellen Situation im sprichwörtlichen und tatsächlichen Sinn zu entkommen. Wir treten daher dafür ein, dass Sozialpassberechtigte kostenlos den ÖPNV nutzen können – das wäre ein erster und wichtiger Schritt auf dem Weg zur kostenfreien Nutzung des städtischen Mobilitätsangebots für alle. Und das sollte schlußendlich unser Ziel sein.

Kommen wir zu einem anderen wichtigen Bereich städtischer Aufgaben der Daseinsvorsorge, der frühkindlichen und schulischen Bildung. Die von der Stadt auf diesem Feld unternommenen Anstrengungen könnte man tatsächlich als eine der Erfolgsgeschichten der Konstanzer Kommunalpolitik bezeichnen. Dabei, Kolleginnen und Kollegen, darf allerdings nicht vergessen werden, dass die Stadt hier durch gesetzliche Vorgaben der Bundes- und Landespolitik gar nicht umhin kam, als tätig zu werden. Die Linke Liste hat in den letzten Jahren alle Maßnahmen unterstützt, die zu einer Verbesserung beim Angebot an Kita- und Kindergartenplätzen geführt haben. Sie hat alle Projekte mitgetragen, die der Sanierung maroder Schulen und anderer Bildungseinrichtungen dienten. Sie unterstützt ausdrücklich alle Investitionen, die dem Aufbau der Gemeinschaftsschule dienen. Für uns ist aber klar, das mit den fraglos erzielten Verbesserungen nur Teilziele erreicht sind. Auf keinen Fall darf man sich auf diesem Status Quo ausruhen. Wenn die Verwaltung jetzt andeutet, man müsse beim weiteren Ausbau der Kita-Plätze auf die Bremse treten, schrillen bei uns alle Alarmglocken. Wir messen die Stadt an den von ihr im vergangenen Jahr selbst formulierten Ansprüchen, die von einer Kleinkinder-Betreuungsquote von 43 Prozent bis 2016 ausgehen. Das darf aus unserer Sicht nicht in Frage gestellt werden. Deshalb von unserer Seite auch ein klares Nein für alle Pläne, den weiteren Ausbau auf die Jahre nach 2020 zu vertagen.