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Auf zur Demo gegen TTIP und CETA am 17.9. in Stuttgart

csm_ttip-sept_aufruf_8_5d987ba01aDie baden-württembergische LINKE unterstützt die Demonstration gegen TTIP und CETA am kommenden Samstag in Stuttgart. Beim Demozug durch die Stuttgarter Innenstadt werden von einem Lautsprecherwagen aus mehrere LINKEN-Politiker sprechen, darunter die Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Heike Hänsel und der stellvertretende Parteivorsitzende Tobias Pflüger. Im Landkreis Konstanz hat das vom LINKE-Kreisverband und der Linken Liste Konstanz unterstützte regionale Bündnis gegen TTIP, CETA und TiSA zu dem Protest mobilisiert, zu dem bundesweit in weiteren sechs Städten Hunderttausende erwartet werden. Insgesamt fahren am Samstag fünf Busse aus der Region nach Stuttgart, darunter auch einer der Singener IG Metall.

„Wir treten für einen gerechten Welthandel ein, der soziale und ökologische Standards schützt statt diese im Interesse von Wirtschaftsverbänden zu gefährden“, so Bernhard Stasdeit, Landesgeschäftsführer der LINKEN in Baden-Württemberg. „Wir begrüßen, dass viele Verbände, Initiativen, Gewerkschaften, Gliederungen der SPD und der Landesverband der Grünen die Demonstration gemeinsam unterstützen. Aber wir kritisieren auch die Doppelzüngigkeit, mit der Grüne und SPD unterwegs sind: Bundeswirtschaftsminister Gabriel arbeitet weiter an der Umsetzung von CETA und die grün-schwarze Landesregierung von Ministerpräsident Kretschmann wirbt für beide Freihandelsabkommen. Das passt nicht zusammen! Wir fordern die baden-württembergische Landesregierung daher auf, sich im Bundesrat eindeutig gegen TTIP und gegen CETA zu positionieren.“

DIE LINKE ruft die Bevölkerung auf, sich am Samstag, 17.9.2016, zahlreich an der Kundgebung ab 12 Uhr vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof und am anschließenden und Demozug zu beteiligen. TTIP und CETA müssen gestoppt werden – im Interesse der Bürger_innen und ihrer Rechte.

Die Redner auf dem Lautsprecherwagen der LINKEN im hinteren Drittel des Demozugs sind:

  • Ryk Fechner, Mitglied des Landessprecher_innenrates linksjugend [’solid]
  • Sahra Mirow, geschäftsführender Landesvorstand DIE LINKE
  • Tobias Pflüger, stellv. Parteivorsitzender DIE LINKE
  • Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete und stellv. Fraktionsvorsitzende DIE LINKE

Vorstoß gegen Diskriminierung und Abschiebung von Roma

Keine-sicheren-Herkunftsländer-2Zu den öffentlich wenig beachteten Opfern der deutschen Flüchtlings(abwehr)politik gehören verstärkt auch Angehörige der Roma. Neben den verschiedenen Verschärfungen der Asyl­gesetze, mit denen die herrschende Politik auf den Zustrom von Menschen reagierte, die es auf ihrer Flucht vor Krieg, Verfolgung und Zer­störung in die trügerische Sicherheit der EU geschafft haben, trifft die Ange­höri­gen dieser diskriminierten Ethnie vor allem die Einstufung der westlichen Balkanländer als “sichere Herkunftsstaaten”. Seitdem lassen sie die Behörden vermehrt in ihre ehemaligen Heimatländer abschieben, wo sie häufig vor dem Nichts stehen. So hat sich die Zahl der im Landkreis lebenden Roma innerhalb der letzten sechs Monate halbiert.

Die Gruppe “Input”, ein Zusammenschluss von Leuten, die in Konstanz kritische Vorträge zu gesellschaftlichen und politischen Themen organisiert, hat zusammen mit weiteren flüchtlingssolidarischen Organisationen nun einen öffentlichen Brief an den Gemeinderat der Stadt Konstanz veröffentlicht, in dem die Auseinandersetzung der städtischen Verantwortungsträger_innen mit der Ausgrenzung von Roma verlangt wird. Die Verfasser_innen des Briefs fordern die Ratsfraktionen auf, sich gegen die Rückführungen einzusetzen und eine Debatte über die inhumane Abschiebungspraxis in der Stadt Konstanz, der Bodenseeregion und Baden-Württemberg anzustoßen. Eine unterstützungswerte Initiative, für die sich LINKE mit ihren Kreisräten und die Stadträte der Linken Liste Konstanz einsetzen werden. Der Brief im Wortlaut. (jüg)


Öffentlicher Brief an den Gemeinderat Konstanz zu der Ausgrenzung von Roma

Liebe Mitglieder des Gemeinderats Konstanz,
fast vor genau vier Jahren sprach sich die Stadt Konstanz „FÜR eine Kultur der Anerkennung und GEGEN Rassismus“ aus. Das FÜR und das GEGEN wurden großgeschrieben, als Ausruf, als lautes Statement – auf dem Papier. In der Erklärung heißt es, dass Konstanz sich als weltoffene, liberale Stadt versteht, die sich für Chancengleichheit aller Menschen, die in ihr leben, einsetzt. Mutig wird betont, dass dort, wo Ausgrenzungen und Bedrohungen von Minderheiten und Andersdenkenden geschehen, mit Zivilcourage für Menschlichkeit und die Wahrung der Grundrechte entgegengetreten wird.

Mit großer Enttäuschung müssen viele flüchtlingssolidarische Initiativen in Konstanz jedoch feststellen, dass immer mehr Roma (also die größte Minderheit in Europa) aus dem Landkreis abgeschoben oder dazu gedrängt werden, Deutschland zu verlassen. Am 2.12.2015 lebten noch 511 Roma hier im laufenden Asylverfahren oder geduldet. Im Juni 2016 waren es nur noch 263. Seit Monaten findet fast jede Woche eine Sammelabschiebung statt: aus Baden-Württemberg nach Albanien, Kosovo, Serbien und Mazedonien. Seit Anfang Dezember werden dem Landkreis Konstanz keine neuen Balkanflüchtlinge mehr zugeteilt, weil sie direkt aus Erstaufnahmeeinrichtungen und Sonderlagern abgeschoben werden sollen. Aus diesem Grund bitten wir Sie, den Gemeinderat Konstanz inständig, so schnell wie möglich die verbleibenden Roma im Landkreis zu unterstützen. Setzen Sie sich gegen eine Rückführung ein. Machen Sie auf die desaströse Situation für die Roma in Europa aufmerksam.

Es mag schwer sein im Jahr 2016 nicht auch in das geschichtsvergessene Horn zu blasen, das europaweit ertönt und Abschiebungen feiert als gäbe es nicht genug Platz im nördlichen Eu-ropa. Dabei fehlt es nur an einem: der Solidarität und der praktischen Umsetzung einer Hal-tung, die Sie als Gemeinderat in der Erklärung „FÜR eine Kultur der Anerkennung und GEGEN Rassismus“ so vielversprechend formuliert haben.

Bereits 2006 hat sich der Gemeinderat Konstanz klar gegen die Ausgrenzung und Abschiebungen von Roma positioniert. In einer Resolution heißt es, dass Sie sich „schützend vor die verfolgten Minderheiten der Roma […] die in unserer Stadt Zuflucht gefunden haben und nun von Abschiebung bedroht sind“ stellen. Damals wurde vom Gemeinderat das Land Baden-Württemberg aufgefordert sich für eine bundeseinheitliche humanitäre Bleiberechtsre-gelung einzusetzen. 2014 stellten Sie fest, dass „Abschiebungen im Winter […] ganz konkret Gesundheit und Leben der abgeschobenen Flüchtlinge [gefährden], da diese meist in extremer Armut am Rande der Gesellschaft leben und dabei häufig direkt in die Obdachlosigkeit abgeschoben werden.“ Dies gilt auch für zahlreiche geflüchtete Roma aus dem Landkreis Kon-stanz, wie journalistische Berichte aufzeigen.

Wir, die Unterzeichnenden, fordern den Gemeinderat dazu auf ähnliche Worte für die verbleibenden Roma im Landkreis Konstanz zu finden und eine Debatte in der Boden-seeregion und Baden-Württemberg anzustoßen. Sie haben dabei die Unterstützung von vielen Bürgerinnen und Bürgern aus Konstanz. Es ist wichtig gerade jetzt ein Zeichen gegen die Einstufung von Balkanländern als „sichere Herkunftsstaaten“ zu setzen. Der Bundes Roma Verband erklärt hierzu:
„Roma sind nirgendwo sicher. In den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens haben sie keine Rechte, selbst wenn diese von der Bundesrepublik und den jeweiligen Regierungen vereinbart werden. Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien sind, auch nach ihrer Einstufung im deutschen Recht als „sichere Herkunftsstaaten“, für Roma nicht sicher. Damit wird jegliche Chance auf Flüchtlingsanerkennung genommen. Die Regelung der ‘sicheren Herkunftsstaaten‘ kommt für Roma einer Abschaffung des Asylrechts gleich.“

Auch die Studierendenvertretung der Universität Konstanz, also die Vertretung von knapp 10.000 Konstanzerinnen und Konstanzern sprach und spricht sich für eine Solidarität mit allen Geflüchteten aus und kritisiert die aktuelle Asylpolitik der Bundesrepublik Deutschland und setzt sich gegen Antiziganismus ein.

Viele flüchtlingssolidarische Initiativen haben im Landkreis Konstanz die letzten Jahre immer wieder auf die Situation von Roma aufmerksam gemacht. Der Arbeitskreis Roma-Solidarität im Landkreis Konstanz hat 2014 eine Petition gestartet, die sich auch an Konstanzer Oberbür-germeister Uli Burchardt gerichtet hat. 1.870 Menschen haben ihn in dieser aufgefordert „sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen“, dass Roma-Familien aus den Unterkünften im Landkreis Konstanz nicht abgeschoben werden.

Zuletzt haben sich zahlreiche flüchtlingssolidarische Initiativen aus dem Landkreis Konstanz zusammengetan, um einen Roma-Fonds mit privaten Spenden aufzubauen, um abgeschobene und zur Rückreise gedrängte Familien zu unterstützen. Über 10.000 Euro wurden bereits ausgezahlt. Durch drei große Spenden des Konstanzer Runden Tischs für Asyl und der Konstan-zer Vereine „save me“ und „Cafe Mondial“ wurde eine zweite Auszahlungsrunde des Roma-Fonds möglich. Das Projekt will ausdrücklich nicht als Anreiz zur „freiwilligen“ Ausreise verstanden werden, sondern positioniert sich gegen die verschärfte Asylpolitik gegenüber Westbalkanflüchtlingen.

Wir finden, dass es Zeit wird, dass der Gemeinderat Konstanz wieder Stellung zu der Diskriminierung und Abschiebung von Roma bezieht. Ausgehend von seiner eigenen Erklärung gegen Rassismus, seiner Resolution von 2006 gegen die Abschiebung von Roma und seinem Einsatz für einen Winterabschiebestopp hoffen wir auch diesmal auf eine solidarische Positionierung.

Mit freundlichen Grüßen

Input Konstanz
Cafe Mondial
Studierendenparlament der Universität Konstanz
b-welcome
GemeinsamGarten
Refugee Law Clinic Konstanz
Forum Azilon- Asyl und Menschenrecht
VVN-BdA Konstanz

Für Rückfragen und mehr Informationen über das Thema Antiziganismus können Sie sich gerne an Input Konstanz wenden. Bei Interesse kommen wir gerne bei Ihnen in einer Fraktionssitzung vorbei, um über das Thema und Handlungsmöglichkeiten zu diskutieren.
Kontakt: inputkonstanz@mtmedia.org

Infostände: LLK-Antrag gegen städtische Behinderung zivilgesellschaftlichen Engagements

No-TTIP-Demo Konstanz

Seit geraumer Zeit hat die Konstanzer Stadtverwaltung einen restriktiveren Kurs bei der Bewilligung von Infoständen zivilgesellschaftlicher Gruppen eingeschlagen. So kassiert das zuständige Straßenverkehrsamt seit diesem Frühjahr statt 25 pro Stand plötzlich 50 Euro an Gebühren. Gab es bis zum März dieses Jahres die Möglichkeit, mehrere Stände gleichzeitig zum alten Preis zu beantragen, will die Stadt nun den Betrag für jeden einzelnen Stand berechnen. Zudem berichteten mehrere Initiativen, darunter auch das Konstanzer Bündnis gegen TTIP, CETA und TiSA, dass es zunehmend Schwierigkeiten gibt, eine Genehmigung für einen Infostand auf dem Obermarkt zu erhalten, auch das entgegen der früheren Genehmigungspraxis.

Schon früh hat die Linke Liste Konstanz (LLK) gegen diese offenkundige Behinderung der Arbeit zivilgesellschaftlicher Initiativen protestiert und von der Stadt verlangt, diese Gängelung von Initiativen einzustellen. „Für ehrenamtlich tätige Initiativen und Organisationen bedeutet die verschärfte Gangart bei der Genehmigung von Infoständen eine empfindliche Behinderung ihrer Aktivitäten“, so die LLK-Stadträte Anke Schwede und Holger Reile in einer Pressemitteilung. Informationsstände seien ein wichtiges Instrument für Bürgerinnen und Bürger, öffentlich für ihre Ziele zu werben oder Kritik zum Ausdruck zu bringen. „Das zu beobachtende restriktive Vorgehen bei der Genehmigung und die drastischen Gebührenerhöhungen sind deshalb eine nicht hinzunehmende Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung“, so die LLK-Räte weiter.

Bei der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause machten bei der Bürgersprechstunde Vertreter_innen von Konstanzer Initiativen selbst ihrem Unmut Luft. So protestierte etwa Dietmar Messmer von der Bürgergemeinschaft Petershausen gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit per Gebührenerhöhung. Der OB versuchte abzuwiegeln: Niemand gehe es darum, Meinungsäußerungen einzuschränken. Absurde Begründung für die Verdoppelung der Kosten: Bislang, so das mehr als dünne Argument, habe die Stadt vergessen, neben den anfallenden Verwaltungsgebühren die ebenfalls zu erhebenden Sondernutzungsgebühren zu kassieren. Kaum glaubhaft, dass die zuständigen Verwaltungsexperten über Jahrzehnte ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben sollen. Tatsache ist jedenfalls, dass nach geltender Rechtslage die Stadt sogar ganz darauf verzichten kann, Gebühren für Infostände zu erheben, „wenn die Sondernutzung überwiegend im öffentlichen Interesse liegt oder ausschließlich gemeinnützigen oder sonstigen allgemein förderungswürdigen Zwecken dient“, wie es in der städtischen Satzung heißt.

Gerade die Infostände der TTIP-Gegner_Innen beispielsweise liegen eindeutig im öffentlichen Interesse, hat der Gemeinderat selbst im Oktober 2014 doch eine Resolution gegen die geplanten Freihandelsabkommen beschlossen.

Die Linke Liste hat Ende August nun einen Antrag an den Gemeinderat eingebracht, der die Stadt darauf festnageln will, auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für Informationsstände zivilgesellschaftlicher Gruppen gänzlich zu verzichten und sich auch gegen die örtliche Einschränkung von Standorten richtet. Der Antrag und seine Begründung im Wortlaut. – jüg

Antrag

Der Gemeinderat beschließt:
1. Die Stadt Konstanz verzichtet auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für Informationsstände zivilgesellschaftlicher Gruppen.
2. Die Stadtverwaltung prüft von zivilgesellschaftlichen Gruppen gewünschte Standorte für Infostände in jedem Einzelfall.
3. Die Stadtverwaltung prüft die rechtlichen Möglichkeiten, Infostände zivilgesellschaftlicher Gruppen generell kostenfrei zu genehmigen.

Begründung:

Seit Jahrzehnten ist es in Konstanz guter Brauch, dass zivilgesellschaftliche Gruppen und politische Organisationen mit Informationsständen auf ihre Anliegen aufmerksam machen können. Bis vor kurzer Zeit genehmigte die Konstanzer Stadtverwaltung solche Stände meist problemlos und zu relativ moderaten Kosten, einige Gruppen waren von den Kosten ganz befreit. Nach einer Intervention der Linken Liste Konstanz wurde sogar das Verbot von Infoständen auf Wochenmärkten außerhalb von Wahlkampfzeiten aufgehoben.

Seit kurzem hat die Stadtverwaltung die Kosten für die Genehmigung der Stände drastisch erhöht. Bei der letzten Gemeinderatssitzung hat sie das damit gerechtfertigt, in der Vergangenheit habe man „vergessen“, neben den Verwaltungsgebühren die Kosten für die jeweils notwendige Sondernutzungserlaubnis zu berechnen. Außerdem hat sie das Aufstellen von Infoständen auf bestimmte Orte eingeschränkt.

Informationsstände sind für zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen ein wichtiges Mittel, sich öffentlich zu artikulieren und eigentlich ein selbstverständliches Instrument für Bürgerinnen und Bürger, öffentlich für ihre Ziele zu werben oder Kritik zum Ausdruck zu bringen. Diese Möglichkeiten werden durch die jetzigen Gebührenerhöhungen und örtliche Beschränkungen empfindlich eingeschränkt.

Dabei sieht die „Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen“ ausdrücklich die Möglichkeit vor, von der Erhebung von Gebühren abzusehen, wenn die Sondernutzung überwiegend im öffentlichen Interesse liegt oder ausschließlich gemeinnützigen oder sonstigen allgemein förderungswürdigen Zwecken dient (§ 4 Abs. 2).
Im Fall der Initiative gegen TTIP, CETA und TiSA beispielsweise liegen die Infostände eindeutig im öffentlichen Interesse, hat der Gemeinderat im Oktober 2014 doch eine Resolution gegen die geplanten Freihandelsabkommen beschlossen.

Die Linke Liste Konstanz will mit ihrem Antrag dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger künftig nicht durch finanzielle Hürden bei der Ausübung ihrer demokratischen Rechte behindert werden. Wir sind darüberhinaus der Meinung, dass dies generell kostenfrei möglich sein sollte. Deshalb sollten die diesbezüglichen rechtlichen Möglichkeiten geprüft werden.

Anke Schwede, Holger Reile
Linke Liste Konstanz (LLK)

DIE LINKE bittet zum Spätsommerfest

Sommerfest-WebWer viel (nicht nur) politisch arbeitet, muss auch mal feiern. Deshalb veranstalten wir eine Sommersause – nicht allein für Mitglieder der Partei und ihre Unter­stützer*innen, sondern für alle, die schon immer mal mit linken Menschen auch abseits von Infoständen, Ver­anstal­tungen und Demos ins Gespräch kommen wollten. Wir laden Euch deshalb am Samstag, 10.9., ab 15:00 Uhr zum Sommerfest der Konstanzer LINKEN in den Treffpunkt Petershausen ein.

Für die passende musikalische Umrahmung, ausreichend Getränke und auch feste Nahrung wird gesorgt – wer möchte, darf das kulinarische Angebot natürlich gerne mit eigenen Kreationen bereichern.

Also: Wir würden uns freuen, wenn ihr vorbeischaut, lasst uns gemeinsam ein rauschendes Spätsommerfest feiern, bevor wir uns in den heißen politischen Herbst stürzen.

Samstag, 10. September 2016, ab 15:00 Uhr
Konstanz, Treffpunkt Petershausen (Georg-Elser-Platz)

LLK findet Film über “wesentlichen Grundpfeiler der Konstanzer Kultur” förderwürdig

Der Antrag des aus Konstanz stammenden Dokumentarfilmers Douglas Wolfsperger, einen von ihm geplanten Film über die Geschichte des Scala-Kino mit einem außerordentlichen städtischen Zuschuss in Höhe von 36.500 Euro zu fördern, ist vom Gemeinderat mit 17 zu 21 Stimmen zurückgewiesen worden. Die Rathausspitze hatte dem Gremium eine Ablehnung des Förderantrags für das Projekts empfohlen, mit dem der bekannte Regisseur auch die Auseinandersetzungen um das Ende des beliebten Programmkinos dokumentieren will. Bezeichnend, dass einzelne Räte ihr Nein zur Förderung mit Befürchtungen begründeten, der renommierte Filmemacher Wolfsperger könne ein negatives Bild der Stadt zeichnen. Für die Linke Liste Konstanz begründete Holger Reile, warum sie den Förderantrag befürwortet hat.


Um es gleich vorneweg zu sagen: Auch die Linke Liste befürwortet eine zusätzliche und außerordentliche Förderung des Filmprojekts. Vor einiger Zeit stand auch bei uns die Sorge im Raum, dass vor allem eine ungesicherte Finanzierung der Postproduktion das gesamte Projekt hätte scheitern lassen können. Nun aber ist – die Belege liegen uns vor – eben diese Postproduktion finanziell in trockenen Tüchern, und das hat uns schlußendlich dazu bewogen, den Antrag heute zu unterstützen.

Die Geschichte des Scala-Kinos ist ein wesentlicher Grundpfeiler der Konstanzer Kultur gewesen, die auch immer wieder nicht nur ausgesprochene Cineasten in die Stadt geführt hat. Daran zu erinnern und dieses Erbe zu bewahren – quasi bis zum letzten und bitteren Vorhang – halten wir für wünschenswert. Somit wird zumindest bewahrt und konserviert, auch für die interessierte Nachwelt, was unwiderbringlich und zum Leidwesen sehr Vieler bald zu Ende gehen wird. Der Vergleich mit dem Antrag auf außerordentliche Förderung für das Campusfestival – der abgelehnt wurde – trifft hier nur bedingt zu, denn beim Scala handelt es sich zweifellos um ein Stück Konstanzer Stadtgeschichte, mit der sich Generationen aus Stadt und Land und auch über die Grenzen hinweg sehr eng verbunden fühlen.

Im Zusammenhang mit dem Niedergang dieses Kinos hat sich aber auch etwas entwickelt, was so nicht unbedingt vorhersehbar war: Tausende schlossen sich der Forderung an, das Kultkino zu erhalten. Aber der Lauf der Zeit orientiert sich fast ausschließlich an Rendite, Umsatz und an vollen Kassen. Damit kann ein eher umsatzschwacher Kulturbetrieb auf Dauer nicht konkurrieren. Es hätte eben sehr viel mehr gebraucht als schmale Lippenbekenntnisse, um dieses Kino zu retten. Die Geschichte ist bekannt, wir müssen sie hier nicht nochmal in epischer Breite runterbeten.

Das Scala steht mittlerweile aber auch dafür, dass sich ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger immer mehr Sorgen macht um die Qualität ihrer Stadt, Anteil nimmt an deren Entwicklung, Widerspruch formuliert gegen die Totalkommerzialisierung des öffentlichen Raums – und das gibt Anlass zur Hoffnung, wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen. So gesehen hat sich ausgehend vom Scala eine zusätzliche Debatte entwickelt, die der Stadt nur gut tun kann, und die – vermute ich – auch Teil sein wird bei diesem Filmprojekt.

Wie bereits eingangs erwähnt: Wir stimmen dem Antrag zu und wünschen dem Regisseur bei der Umsetzung seines Projekts, das auch überregional für Interesse sorgen wird, viel Erfolg.

Holger Reile

Anke Schwede: Nein zum bürgerfeindlichen Torhaus-Projekt

12_Torhaus-ReichenaustrasseMit 20 zu 13 Stimmen hat der Konstanzer Gemeinderat am Dienstag für das umstrittene Torhaus-Projekt gestimmt. Damit hat eine Mehrheit vorwiegend aus dem bürgerlichen Lager wie schon 2015 dafür votiert, im dicht bebauten und stark verkehrsbelasteten Ortsteil Petershausen eine weitere städtische Grünfläche an einen Privatinvestor zu verhökern, der dort ein Hotel hinklotzen will. Auf einer Fläche von über 1000 Quadratmetern plant die Firma „Hotel Konstanz Besitz GmbH“ (dahinter steht die Wohnbau Körsch GmbH & Co. KG) eine weitere Luxusunterkunft für Betuchte im an Herbergen wahrlich nicht armen Konstanz. Die Gegenstimmen kamen von beiden LLK-StadträtInnen und jeweils Teilen der FGL- und der SPD-Fraktion. Wann das nicht nur im bevölkerungsreichsten Konstanzer Stadtteil stark umstrittene Projekt realisiert werden kann, ist allerdings noch offen – es liegen mehr als 20 Einsprüche von AnwohnerInnen vor, zudem hat die Bürgergemeinschaft Petershausen mehrere hundert Unterschriften gegen die Hotelpläne gesammelt. Für die Linke Liste begründete Anke Schwede das Nein der Fraktion. Der Beitrag im Wortlaut. – red


Heute bietet sich nach genau einem Jahr wieder die Gelegenheit, das bürgerfeindliche Torhaus-Projekt zu verhindern, das aus formalen Gründen wieder auf der Tagesordnung steht. Die Baugenehmigung wurde zwar erteilt, ist aber wegen eines Widerspruchs des künftigen Nachbarn noch nicht rechtskräftig. Es liegen mittlerweile über 20 Einsprüche gegen den Bauantrag vor, die Bürgergemeinschaft Petershausen hat 400 Unterschriften von AnwohnerInnen dem Oberbürgermeister übergeben.

Gravierende Gründe gegen das Bauvorhaben sind unter anderen, dass die im westlichen Bereich angrenzende städtische Grünfläche vom Bauherrn in die Gestaltung der Außenflächen eingebunden werden kann. 400 Quadratmeter dem öffentlichen Bereich einfach so zu entziehen, kann unserer Meinung nach nicht angehen. Genau so wenig die Vernichtung von Grünfläche und wertvollem Baumbestand in diesem so dicht bebauten Gebiet inklusive Veränderung des Mikroklimas und noch mehr Verkehrs- und Parkproblemen. Diese Nachteile dürfen nicht ignoriert werden, wenn diesem Rat die Lebensqualität der Petershauser Bürgerinnen und Bürger am Herzen liegt.

Unabhängig davon aber nun zu dem Verkaufspreis, den wir schon vor einem Jahr kritisiert haben und der auch diesmal wieder aus nicht nachvollziehbaren Gründen unter dem eigentlichen Wert liegt – sprich 435 statt 495 Euro pro Quadratmeter sollen auch heute beschlossen werden. Auf unsere Nachfrage im Haupt- und Finanzausschuss im Juli 2015 wurde der Wert des Grundstückes mit 495 Euro pro Quadratmeter beziffert, festgesetzt von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses. Also rund 66.000 Euro, die die Stadt Konstanz „einfach so“ herschenken will. Wir fragen uns: warum? Auf der Gemeinderatssitzungssitzung vor einem Jahr sagte Herr Sigg, dass im Kaufvertrag, anders als in der Vorlage, 495 Euro stehen sollen. Nun heißt es aber in der aktuellen Vorlage: „Die Verwaltung schlägt daher vor, den Kaufvertrag mit der Hotel Konstanz Besitz GmbH zu den am 23.07.2015 durch den Gemeinderat beschlossenen und unverändert gültigen Bedingungen abzuschließen.“

Wir bitten um Aufklärung dieser offensichtlichen Ungereimtheit und werden wieder gegen den Beschlussantrag der Verwaltung stimmen.

Anke Schwede


Anmerkung: Die Reaktion von Christoph Sigg, dem zuständigen Leiter des Liegenschaftsamtes, auf diese Einlassung: Er versicherte, dass in dem Kaufvertragsentwurf als Kaufpreis 495,–/qm ausgewiesen sind. Eine Aktualisierung der alten Vorlage oder eine Tischvorlage wären in dieser Frage allerdings hilfreich gewesen. – Anke Schwede

Spitalausschuss tagt künftig “grundsätzlich öffentlich”

Spitalstiftung-Logo-2Der Spitalausschuss des Konstanzer Gemeinderates kümmert sich um die Angelegenheiten der Spitalstiftung, die in der Stadt für das kommunale Betreuungs- und Pflegeangebot vor allem älterer Menschen zuständig ist. Eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge, gerade angesichts eines Bevölkerungsanteils der über 60-Jährigen in der Stadt von rund 25 %, der – glaubt man den demografischen Prognosen – in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Umso ärgerlicher deshalb, dass auf Betreiben der Stadtspitze die im Spitalausschuss behandelten Themen fast immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt wurden, eine Praxis, die die Linke Liste (LLK) immer wieder scharf kritisiert hatte. Auf Antrag der FGL beschloss der Ausschuss jetzt, die Sitzungen des Gremiums grundsätzlich öffentlich abzuhalten. Anke Schwede, LLK-Mitglied im Spitalausschuss, warb vehement für die Öffentlichkeit von Sitzungen und kündigte an, die LLK werde ein waches Auge auf alle Versuche haben, der demokratiefeindlichen Heimlichtuerei Hintertürchen zu öffnen. Der Redebeitrag im Wortlaut.


Die Linke Liste begrüßt, dass das Thema „Öffentlichkeit der Spitalausschuss-Sitzungen“ aufgrund des FGL-Antrags vom letzten Jahr nun auf der Tagesordnung dieses Gremiums steht. Bekanntermaßen setzen wir uns in schöner Regelmäßigkeit für die Öffentlichkeit von Sitzungen im Gemeinderat sowie in den beratenden und beschließenden Ausschüssen ein.

Nach Paragraph 35 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg sind Sitzungen des Gemeinderats grundsätzlich öffentlich und aus Paragraph 5 der Stiftungsrat-Satzung ergibt sich, dass die Gemeindeordnung auch für die Sitzungen des Spitalausschusses gilt, so das Kurzgutachten von Dr. Schulte (Stiftungsrat und Gemeinderat sind personenidentisch).

Nichtöffentlich darf also nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Das Öffentlichkeitsprinzip ist eine tragende Säule des kommunalen Verfassungsrechts, dessen Sinn und Zweck darin besteht, den Konstanzer Bürgerinnen und Bürgern ungehinderten Zugang zu Informationen, aber auch Kontrolle und Integration zu ermöglichen. Dieses Prinzip unterwirft unserer Überzeugung nach den Gemeinde- und auch den Stiftungsrat der Kontrolle der Öffentlichkeit und sorgt so dafür, dass einer unzulässigen Einwirkung durch persönliche Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung „hinter verschlossenen Türen“ vorgebeugt wird. Zweitens ist die grundsätzliche Öffentlichkeit ein Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Partizipation, dem „Sich-Einmischen“, zu wecken und zu erhalten und so einer Politikverdrossenheit, à la „die machen eh was sie wollen“, vorzubeugen. Die Kenntnis und Beurteilung der Beratung und Beschlussfassung in kommunalen Gremien ist die Grundlage für eine sachgerechte Kritik und verhindert last but not least Missdeutungen und Spekulationen.

Wir werden uns also in Zukunft dafür einsetzen, dass die Sitzungen des Spitalausschusses grundsätzlich öffentlich abgehalten und nichtöffentliche Sitzungen, bedingt durch „das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner“, die Ausnahme bleiben.

Anke Schwede

Das große Schweigen aus der Mevlana Moschee

Schon nach den Attacken der türkischen Regierung gegen türkischstämmige Poli­ti­ker_innen hierzulande hatte das Online-Magazin seemoz den Vorstand der Konstanzer Moschee um eine Stellungnahme gebeten. Es kam: Nichts. Nun herrscht in der Türkei der Ausnahmezustand und Erdogan-KritikerInnen werden schika­niert, bedroht und verfolgt, auch in Deutschland. Hier der zweite Versuch des seemoz-Redakteurs und LLK-Stadtrats Holger Reile, von den Verantwortlichen der Mevlana Moschee eine Antwort zu erhalten.


Sehr geehrte Frau Özen,
Sie werden unter Umständen verstehen, dass die Entwicklung in der Türkei zu großer Sorge Anlass gibt, auch hier bei uns in Konstanz. Erdogan hat den (erfreulicherweise) gescheiterten Putschversuch zum Vorwand genommen, sich von der Demokratie zu verabschieden. Zehntausende Lehrer, Richter und Leiter von Universitätsfakultäten wurden bereits entlassen, missliebige Soldaten landen in Gefängnissen und die “Säuberungen”, die an die dunkelsten Jahre der deutschen Geschichte erinneren, gehen weiter. Unsere gemeinsamen demokratischen Grundwerte – Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit sowie das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei zu äußern, um nur einige Punkte zu nennen – sind außer Kraft gesetzt.

Auch die allgemein gültigen Menschenrechte werden in der Türkei mit Füßen getreten: Inhaftierte werden in Unterwäsche vorgeführt und geschlagen, ein Recht auf einen Anwalt ist ihnen entzogen. Den Toten wird ein Begräbnis nach islamischem Ritus verweigert und seit der Ausrufung des Notstands herrschen Willkür und Terror. Betroffen sind nicht nur Konkurrenten aus dem religiösen Lager, sondern auch Gewerkschafter, Künstler, liberale und linke Intellektuelle, Kurdinnen und Kurden. Das alles dürfte Ihnen bekannt sein.

Mittlerweile hat dieser Konflikt auch Deutschland erreicht. Türkische Nationalisten hierzulande schüchtern Erdogan-Kritiker ein und es hat bereits ernstzunehmende Übergriffe gegeben. Das ist nicht hinzunehmen. Bevor diese Entwicklung auch auf Konstanz übergreift, ist rasches Handeln angebracht. Meiner Meinung nach sind Sie, werte Frau Özen, als Vorstand der Mevlana Moschee geradezu verpflichtet, auf Ihre Mitglieder im Sinne eines demokratischen Miteinanders einzuwirken. In dieser unserer Stadt leben rund 3000 Muslime, die sich größtenteils von der Mevlana Moschee vertreten fühlen. Es ist also an der Zeit, dass Sie sich zusammen mit Ihren Vorstandsmitglieder klar äußern und Ihre Gläubigen öffentlich und über Ihre Kanäle dazu aufrufen, sich einem überbordenden Nationalismus mit all seinen demokratiefeindlichen Auswirkungen zu widersetzen.

Mir ist durchaus bewusst, dass die Mevlana Moschee unter dem ideologischen und finanziellen Einfluss der konservativen DITIB steht, die wiederum vom türkischen Religionsministerium gelenkt wird. Dass Sie sich deshalb in einer gewissen Zwickmühle befinden, ist mir klar. Dennoch erwarte ich von Ihnen und Ihren Vorstandsmitgliedern eine halbwegs deutliche Stellungnahme. Wünschenswert wäre auch, dass Ihr amtierender Imam bei seinem Freitagsgebet darauf eingeht und Ihre Gläubigen darauf hinweist, dass die Aushebelung demokratischer Gepflogenheiten mit ihren negativen Begleiterscheinungen der falsche Weg ist. Bislang war das Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Kulturen in Konstanz von gegenseitigem Verständnis und Toleranz geprägt. Uns allen sollte daran gelegen sein, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Es grüßt Sie freundlich, versehen mit der Bitte um eine zeitnahe Antwort,
Holger Reile (der Beitrag erschien zuerst bei seemoz.de)

Linke Liste: “Wir brauchen am Hafner Konzepte für bezahlbaren Wohnraum”

Anke SchwedeDer Gemeinderat hat am Donnerstag den Weg für die Entwicklung eines neuen Stadtquartiers im Norden von Wollmatingen geebnet. Einstimmig beschloss das Gremium, eine “Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme” einzuleiten und hat damit die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau von geschätzten 5300 neuen Wohneinheiten auf dem 45.000 Quadratmeter großen Areal geschaffen. Mit dieser Maßnahme soll vor allem auch möglichen Grundstücksspekulationen ein Riegel vorgeschoben werden, denn sie begrenzt die Möglichkeiten privater Grundstücksbesitzer, die Stadt mit überhöhten Preisen abzuzocken. Die Linke Liste Konstanz hat dem Antrag der Verwaltung zugestimmt, verlangt aber, dass “Nördlich Hafner” vor allem bezahlbarer Wohnraum entsteht (ein ausführlicher Bericht über die Debatte beim Online-Magazin seemoz). Anke Schwede begründete in ihrem Redebeitrag die Position der LLK und formulierte die Forderungen der Fraktion. – red


Die Linke Liste wird der Vorlage der Verwaltung zum Städtebaulichen Entwicklungsbereich „Nördlich Hafner“ zustimmen, allerdings nicht vorbehaltlos. Wir setzen uns angesichts der drückenden Wohnungsnot in der Stadt schon lange für eine Wohnungsbau-Offensive ein, insbesondere für den sozialen Wohnungsbau. Wir haben mehrfach betont, dass das Handlungsprogramm Wohnen – erstens – in seinem Umfang nicht ausreicht und – zweitens – bei der sozialen Segmentierung falsch justiert ist. Die Verwaltung hat dazu und zu dem sogenannten Sickereffekt, den wir nach wie vor bezweifeln, verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben. Ich bitte an dieser Stelle um Auskunft darüber, welche Firma oder Firmen beauftragt wurden und welche Kosten voraussichtlich entstehen werden.

Konstanz boomt weiter, die Kommunalpolitik jedoch kommt den damit wachsenden infrastrukturellen Anforderungen nicht ausreichend hinterher. Das trifft insbesondere auf den Bereich Wohnen zu, den wir als Grundrecht betrachten. Egal, wie treffgenau die aktuellen Voraussagen des Statistischen Landesamtes in Bezug auf die Bevölkerungsent­wicklung letztlich sind, am Trend nach oben kann es keinen Zweifel geben. Und dieser Trend wird ja von den Verantwortlichen auch begrüßt und sogar gefördert, allerdings weigert man sich nur allzuoft, die damit verbundenen Hausaufgaben zu machen. Die angespannte Marktlage nutzen Makler und Vermieterinnen aus und verlangen teilweise schamlos hohe Mieten. Das trifft natürlich zuallererst Menschen mit niedrigen Einkommen, aber inzwischen wird Wohnen in bestimmten Lagen selbst für Haushalte mit durchschnittlichen Einkommen zum Luxus.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir, dass die Verwaltung mit dem Gebiet „Nördlich Hafner“ jetzt endlich initiativ wird und auf das Instrument der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (nach den §§ 165ff Baugesetzbuch) zurückgreift. Wir verknüpfen diese Zustimmung jedoch mit folgenden Forderungen, für die wir uns im weiteren Prozess nach Kräften einsetzen werden:

1. Der Fokus muss von Beginn an auf der Schaffung bezahlbaren Wohnraums liegen. Im Klartext heißt das für uns: Hier muss öffentlich geförderter, preisgebundener Wohnraum entstehen, mit einem Sozialwohnungs-Anteil von deutlich über 50%. Für uns ist deshalb die führende Beteiligung der Wobak bei der Entwicklung und Bebauung des Gebiets entscheidend. Darüberhinaus sollten vor allem am Allgemeinwohl orientierte, genossenschaftliche Einrichtungen und Selbsthilfeprojekte zum Zuge kommen.

2. Konstanz beteiligt sich an dem Projekt „Zukunftsstadt“. Ob die dort diskutierten Konzepte konkret umgesetzt werden, kann sich am Gebiet Hafner erweisen. Das betrifft sowohl die Qualität des Wohnraums selbst als auch die notwendigen Infrastruktur­maßnahmen. Wir brauchen dort auch ein entsprechendes soziales und kulturelles Umfeld, wir brauchen Quartierszentren, Kitas, Begegnungsmöglichkeiten, Freizeitangebote und vieles mehr. Und einen sozial- und umweltverträglichen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Auch das ist eine große Herausforderung, denn unserer Meinung nach ist beispielsweise das öffentliche Nahverkehrsangebot der Stadtwerke, was die Anbindung der Vororte betrifft, verbesserungswürdig.

Kurzum: Wir brauchen am Hafner Konzepte für bezahlbares Wohnen – barrierefrei und klimagerecht. Im Vordergrund müssen die Interessen der Bewohner, der Mieterinnen und Mieter stehen, nicht Marktgesetze und Profitstreben. Der Entwicklungsprozess muss sich von Beginn an darauf konzentrieren, Mietkosten begrenzt zu halten, Spekulation auszuschließen und den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln. Dafür werden wir uns stark machen, damit Konstanz ein Stück weit damit vorankommt, eine Stadt für alle zu werden.

Abschließend noch eine Bemerkung zu der von der Verwaltung skizzierten Umsetzung der vorbereitenden Untersuchungen. Die Verwaltung will die Durchführung ja wieder nach außen, extern, vergeben. Die LLK hat die inflationäre Vergabe von eigentlich städtischen Aufgaben an Private immer wieder kritisiert und stattdessen einen angemessenen Ausbau der Personalkapazitäten gefordert. Dass die Stadt mit dieser Großaufgabe ganz sicher überfordert wäre, ist nur ein weiterer Beleg für die Richtigkeit unserer Forderung. Angesichts der Dringlichkeit der Aufgabe werden wir aber der Fremdvergabe zustimmen.

Anke Schwede

Nördlich Hafner Karte

Singen: Mehrheit für Shoppingmall

ECE-DemoDas Ergebniss des Bürgerentscheids in Singen über die Shoppingmall: 7.814 Ja-, 5.506 Nein-Stimmen. Die Pro-Fraktion schaffte mit 21,57% damit auch knapp das Quorum (20%), gegen die ECE-Pläne sprachen sich 15,20% der Abstimmenden aus. Die Wahlbeteiligung lag, wie befürchtet, bei niedrigen 36,84%.

Triumphieren kann jetzt erst einmal der Großinvestor ECE, ein Ableger des Hamburger Otto-Konzerns. Die Weichen sind in der Hohentwielstadt endgültig für ein gigantisches Einkaufszentrum gestellt, das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur Teile des bestehenden Einzelhandels, seine Inhaber und Beschäftigten, in existentielle Nöte stürzen, sondern auch die Spielräume für eine bürgergerechte Stadtentwicklung empfindlich einengen wird. Den Hamburger Profitrittern ist es damit gelungen, der Stadt ihren Stempel aufzudrücken. Ihre professionell aufgezogene Propagandashow für grenzenlosen Konsum hat offensichtlich gefruchtet. Den Oberbürgermeister und eine erdrückende Gemeinderatsmehrheit (der mit 26 zu 3 für das Projekt votiert hatte) wußten sie dabei sowieso hinter sich.

Natürlich herrscht nach diesem Ergebnis erst einmal Enttäuschung. Doch auch nach der Niederlage ist eines festzuhalten: Der Bürgerinitiative “Für Singen” und ihren Unterstützern ist es gelungen, viele Menschen für die Vision einer Stadt zu mobilisieren, in dem nicht nur das neoliberale Credo des Marktes und des Konsums zählt, in der Platz für alle bleibt. Deutlich geworden ist, dass der Gemeinderat nicht die in der Stadt vorhandenen Meinungen widerspiegelt und sich über die Interessen und Wünsche eines nicht unbeträchtlichen Teils der Bevölkerung hinweg gesetzt hat. Auch das ist ein Ergebnis des Bürgerentscheids vom Sonntag, den es überhaupt nur wegen des Engagements von “Für Singen” gegeben hat.

Das zeigt, wie notwendig öffentlicher Druck auf die Mandatsträger und die Stadtspitze ist. Daran gilt es jetzt anzuknüpfen, denn in Singen harren zahlreiche Baustellen ihrer Lösungen, hauptsächlich im Sozial- und dabei vor allem im Wohnungsbereich. Man sollte sie nicht dem Rathaus überlassen.

J. Geiger

Stellungnahme der Bürgerinitiative “Für Singen”

Wir danken allen, die uns aktiv und passiv unterstützt haben und ihr Kreuzchen bei NEIN gemacht haben – wir sind einen guten Weg miteinander gegangen – mutig, kompetent und durchhaltefähig!

Wir haben mit unserer Arbeit wesentlich dazu beigetragen, dass die Diskussion über ein Thema, das die Stadt für Jahrzehnte prägen wird, demokratisch kontrovers diskutiert wurde. Bei einer solch weitreichenden Entscheidung müssen Alternativen aufgezeigt werden, und es kann nicht sein, dass in einer Stadt alle der gleichen Meinung sind. So spiegelt das Ergebnis auch nicht das Mehrheitsverhältnis im Singener Stadtrat für das Projekt wieder. 15 % der Wahlberechtigten stimmten gegen das Projekt.

Der Bürgerentscheid war für uns nicht erfolgreich – wir konnten mit unseren Argumenten die Mehrheit der Singener Bevölkerung nicht erreichen.

Nun liegt die Verantwortung bei der Stadt, dem Gemeinderat und der Mehrheit der abstimmenden Singener, das Beste für Singen zu tun.

Die Versprechungen zur Stärkung der „Reststadt“ sollten nicht vergessen werden! Wir werden diese, wenn nötig, einfordern.

Wir sind nach wie vor bereit, uns für unsere Stadt zu engagieren und freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit zum Wohle von Singen.

Linke Liste gegen Einschränkungen bei Infoständen

Seit Jahrzehnten ist es in Konstanz guter Brauch, dass zivilgesellschaftliche Gruppen und politische Organisationen mit Informationsständen auf ihre Anliegen aufmerksam machen können. Bis vor kurzer Zeit genehmigten die zuständigen Stellen der Konstanzer Stadtverwaltung solche Stände meist problemlos und zu relativ moderaten Kosten, einige Gruppen waren von den Kosten ganz befreit. Nach einer Intervention der Linken Liste Konstanz gelang es sogar, das Verbot von Infoständen auf Wochenmärkten außerhalb von Wahlkampfzeiten aufzuheben.

Doch Berichte mehrerer Initiativen, in erster Linie des „Konstanzer Bündnisses gegen TTIP, CETA und TiSA“, lassen befürchten, dass es in der Stadtverwaltung Bestrebungen gibt, das Rad zurückzudrehen und diese eigentlich selbstverständliche Möglichkeit der öffentlichen Meinungsäußerung empfindlich einzuschränken. Folgende beunruhigende Entwicklungen sind zu beobachten:
– Bisher hat das zuständige Amt „Verkehrswesen“ Infostände problemlos in der gesamten Innenstadt genehmigt. Seit März gibt es zunehmend Schwierigkeiten, eine Genehmigung für Stände auf dem Obermarkt zu bekommen.
– Die einigen Gruppierungen – darunter BUND, Greenpeace, Weltladen – gewährte Kostenbefreiung soll künftig nur noch für vom Amt gutgeheißene Themen gelten bzw. könnte ganz wegfallen.
– Bis Anfang Juni konnten bis zu sechs Infostände gleichzeitig für 25 Euro beantragt werden. Jetzt heißt es, nur noch ein Stand pro Initiative und Monat sei erlaubt. Zusätzlich soll die Standgebühr ab Mitte Juli auf 50 Euro pro Stand steigen. Solche Preise können die meisten Initiativen nicht zahlen – wir nennen dieses Vorgehen der Verwaltung behördliche Abzockerei.

Die Linke Liste hatte auf der April-Gemeinderatssitzung zu diesen Einschränkungen eine Anfrage gestellt und Kritik daran geübt – insbesondere angesichts der Konstanzer Stellungnahme gegen die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA vom Oktober 2014. Um das Thema grundlegend erörtern und einen Beschluss fassen zu können, wurde uns von der Stadtverwaltung zugesichert, bis vor der Sommerpause eine Vorlage für den Gemeinderat zu erstellen – diese Zusage hat man jetzt kurzfristig wieder zurückgezogen.

Für ehrenamtlich tätige Initiativen und Organisationen bedeutet die verschärfte Gangart bei der Genehmigung von Infoständen eine empfindliche Behinderung ihrer Aktivitäten. Informationsstände sind ein wichtiges Instrument für Bürgerinnen und Bürger, öffentlich für ihre Ziele zu werben oder Kritik zum Ausdruck zu bringen. Das zu beobachtende restriktive Vorgehen bei der Genehmigung und die drastischen Gebührenerhöhungen sind deshalb eine nicht hinzunehmende Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung.

Die LLK fordert den Oberbürgermeister auf, für ein Ende dieser Praktiken zu sorgen und wieder zur alten Verfahrensweise zurückzukehren. Wir werden uns darüber hinaus auch dafür einsetzen, dass Informationsstände künftig generell kostenfrei bleiben.

Anke Schwede, Holger Reile
Linke Liste Konstanz (LLK)

Übrigens: LLK hat jetzt Fraktionsstatus

Wäre im anstrengenden politischen Tagesgeschäft fast untergegangen, soll aber hier nachträglich doch noch vermerkt werden: Seit dem 24. Mai 2016 besitzt die Linke Liste Konstanz den Status einer Fraktion. Bisher galten wir in der Verwaltungs-Nomenklatur lediglich als Gruppierung. Hört sich nach einer Formalie an, ist aber alles andere als das. Beispielsweise können wir jetzt eigenständig Anträge für den Gemeinderat stellen, bislang mussten wir dafür immer bei weiteren StadträtInnen um Unterstützung werben. Damit haben sich unsere beharrlichen Bemühungen, die kommunalrechtlichen Spielräume zugunsten kleiner Gruppierungen auszuschöpfen, am Ende ausgezahlt. Der Fall zeigt wieder einmal: Hartnäckigkeit führt (meist) zum Ziel. Zum Sprecher der Fraktion haben wir Holger Reile bestimmt.

DIE LINKE: Am 17. Juli NEIN zum ECE-Konsumtempel

FuerSingen_Wohnraum_BannerAm kommenden Sonntag entscheiden die Bürgerinnen und Bürger in Singen darüber, ob der Hamburger Immobilien­investor ECE im Herz der Innenstadt ein gigantisches Einkaufszentrum bauen lassen darf. Es ist eine Entscheidung von großer Tragweite, die auf Jahrzehnte einen gravierenden Einfluss auf die Entwicklung des öffentlichen Raums in der Stadt Singen haben wird, stadtplanerisch, wirtschaftlich und sozial. Der Kreisverband der LINKEN ruft dazu auf, beim Bürgerentscheid der Shoppingmall eine Absage zu erteilen. Für den Kreis­vorstands-Sprecher Jürgen Geiger hätte der Konsum­tempel überwiegend Nachteile: Einzelhändlern drohen Umsatz­einbußen oder gar die Pleite, Beschäftigten Arbeitsplatz­verluste, AnwohnerInnen ein Verkehrschaos. Gleichzeitig ginge durch den Grundstücks­verkauf eine weitere öffentliche Fläche verloren, auf der dringend benötigter Wohnraum enstehen könnte. Profitieren würden, so das Konzept funktioniert, hauptsächlich wenige potente überregionale Großanbieter, die sich aufgrund der Gesetzeslage auch noch die Steuerschuld gegenüber der Stadt kleinrechnen können. Wachsen würde außerdem der Niedriglohnsektor. Die Mitteilung im Wortlaut:

Architektonisch würde ein riesiger Baukomplex entstehen, der die Zerschlagung gewachsener Strukturen – Wohnungen, Geschäfte, ja eine Straße – in einem Herzstück der Innenstadt direkt gegenüber dem Bahnhof zur Voraussetzung hätte. Statt einer vorausschauenden Weiterentwicklung des urbanen Raums würde das wieder einmal die Privatisierung städtischen Eigentums bedeuten, das damit der öffentlichen, demokratischen Planung und Kontrolle entzogen wäre. Eine moderne Stadtplanungs-Politik sieht anders aus. Singen braucht keine gigantische Konsum-Monokultur, sondern eine lebendige, vielfältige Innnenstadt, die urbane Qualitäten wie Wohnen, Einkaufen, Kultur- und Erholungsangebote vereint. Das sanierungsbedürftige Holzerareal bietet sich für einen solchen Mix geradezu an.

Wirtschaftlich gibt es keinerlei Notwendigkeit für ein neues, riesiges Einkaufszentrum, denn Singen verfügt über ein breit gefächertes, gut funktionierendes Einzelhandelsangebot. Ein Votum Pro-ECE würde dagegen für viele kleine Einzelhandelsgeschäfte Umsatzeinbussen oder gar den Ruin bedeuten. Unternehmenspleiten, Arbeitsplatzverluste und nicht zuletzt Steuereinbußen wären die Folge – das zeigen nicht nur Erfahrungen, die vergleichbare Städte mit solchen Shoppingmalls gemacht haben, sondern sagen auch mehrere Gutachten für das Singener ECE-Zentrum voraus.

Auch für die im Einzelhandel Beschäftigten verheißt eine Shoppingmall nichts Gutes. Das Geschäftsmodell von ECE und Co verschafft sich im harten Konkurrenzkampf um Kundenanteile Vorteile nicht zuletzt durch miese Arbeitsverhältnisse – Mini- und Midijobs, von denen niemand vernünftig leben kann. Neben dem Verlust regulärer Arbeitsplätze würde also eine Ausweitung des Billiglohnsektors drohen. Völlig zu Recht warnt die Gewerkschaft ver.di deshalb vor einem Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten.

Wie gewonnen, so zerronnen

Mit einem Paukenschlag mobilisiert OB Häusler nochmals die letzten Unentschiedenen, denn gekonnt hat er am vergangenen Dienstag bei der SÜDKURIER-Podiumsdiskussion zumindest diese eine Katze schon mal aus dem Sack gelassen. Der Ausverkauf des Zollareals soll 10,5 Mio. EUR bringen. Damit wäre der Weg frei, zur Überbauung des 2,4-ha-Geländes am Bahnhof in Singen.

Clever denkt der eine, dumm der, der denken kann. Denn der Geldregen wird, nur nicht zu früh gefreut, postwendend wieder dem investitiven Geldkreislauf der ECE zugeführt. Zum einen wird das Versprechen an die ECE eingelöst, den Bahnhofsvorplatz zu verschönern, Kostenpunkt 8,5 Mio. EUR, Da hätte man auch gleich über eine weitgehende Kostenbeteiligung der ECE an den Planungs- und Baukosten verhandeln können, wenn schon denn schon. Und zum anderen fließt das restliche Geld unverzüglich in den Conti-Abriss und die Neugestaltung der Hegaustrasse – also auch hier Nutznießer Nr. 1 – ECE. Denn, ob und was nach dem Abriss des Conti-Schandfleckes gebaut wird, ist noch nicht raus – selbst in der Podiumsdiskussion vermochte der OB die Frage nicht zu beantworten, wie es dort letztendlich weitergeht. Angedeutet wurde aber, dass verkehrstechnisch so einiges möglich wäre – was im Umkehrschluss, wie wohl, dem Geschäftsbetrieb des ECE zugute käme. Für ECE ist die ganze Sache somit eine gutdurchdachte Investition. Die Anwohner in den zukünftig vom Verkehr geplagten Straßen haben wie immer das Nachsehen. Das der örtliche Einzelhandel gleichzeitig mit auf den Opfertisch gelegt wird, ist Kalkül. Für den Finanzhaushalt ist das ganze also ein Nullsummenspiel, mit dem wieder einmal, Singen-like, immer nur die Versäumnisse und Fehler der Vergangenheit ausgemerzt werden.

Wenn in spätestens 15 Jahren das Center-Konzept in die Jahre gekommen ist bleibt nur zu hoffen, dass der nächste Gönner und Investor vor den Einfallstoren der Stadt steht, und mit den dann dringend benötigten Millionen darum bettelt, dem dann amtierenden OB ganz uneigennützig bei der Beseitigung der Bausünden der 2010er unter die Arme greifen zu dürfen.

G. Steidle

In Singen gibt es wirklich viele Aufgaben, die auf eine Lösung warten. Fehlende Einkaufsmöglichkeiten gehören ganz sicher nicht dazu. Thema Nummer eins für eine verantwortungsbewußte Kommunalpolitik ist heute die drückende Wohnungsnot. In der Stadt muss man mit der Lupe nach bezahlbaren Wohnungen suchen, ein nicht hinzunehmender Zustand, zu dem die Stadtoberen durch ihr von Gier geleitetes Finanzgebahren beim Hegau-Tower und dem Kunsthallenareal beigetragen haben. Diese Experimente endeten mit der Pleite der GVV und führten zum Verlust sämtlicher städtischen Sozialwohnungen.

Mehr als 6.000 Quadratmeter des Geländes gegenüber dem Bahnhof sind kommunales Eigentum – die politischen Entscheidungsträger hätten es also in der Hand, dort die Weichen für dringend benötigten neuen Wohnraum zu stellen. Stattdessen ist ein Verkauf des Holzerareals an ECE zur Verschönerung des Bahnhofsvorplatzes und der Hegaustrasse, also eine Verschleuderung öffentlichen Eigentums geplant. Die Stadtpolitik will aus ihren Fehlern offensichtlich nichts lernen.

Ein NEIN beim Bürgerentscheid ist deshalb auch ein dringend nötiges Signal für eine andere Stadtentwicklung –  eine Entwicklung, die nicht von einem privaten Großinvestor diktiert wird, sondern sich auf die Bedürfnisse der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger besinnt.

DIE LINKE Kreisverband Konstanz
Jürgen Geiger

CETA-Aktion in Konstanz, Infostände in Singen und Stockach

TTIP_Konstanz_querAn diesem Samstag (9. Juli) widersetzt sich das Konstanzer Bündnis gegen TTIP, CETA und TiSA, an dem sich auch DIE LINKE und die Linke Liste beteiligen, mit einem Flashmob gegen die geplante sofortige Inkraftsetzung des EU-Kanada-Abkommens CETA. Das Bündnis zur aktuellen Situation und der Notwendigkeit, den Protest gegen CETA jetzt noch einmal zu verstärken.

Derzeit sieht es nicht so aus, als kämen die Verhandlungen über TTIP, dem geplanten Freihandelsabkommen mit den USA, schnell zu einem Abschluss. Wie die Greenpeace-Leaks zeigten, sind beide Seiten, die EU-Kommission und das US-Handelsministerium, noch weit voneinander entfernt. Und viel Zeit bleibt nicht: Im November ist Präsidentschaftswahl in den USA; danach sind die Karten neu gemischt. Sollte Donald Trump gewinnen, ist der Freihandel vorerst erledigt. Siegt Hillary Clinton, muss sie erst einmal etwas Zeit verstreichen lassen, bis die Zusagen vergessen sind, die sie den UnterstützterInnen ihres Vorwahl-Konkurrenten Bernie Sanders noch machen wird. Sanders lehnt TTIP und das transpazifische Abkommen TTP rundweg ab.

Gravierende Folgen

Fallen wird mit CETA auch das in Europa übliche Vorsorgeprinzip, nach dem Produkte erst dann auf den Markt kommen dürfen, wenn sie unbedenklich sind, also weder dem Menschen noch der Umwelt schaden. In Kanada gilt – wie in den USA – das Nachsorgeprinzip. Gentechnik, Frackingmethoden, schlechtere Arbeitsbedingungen, weitere Deregulierungen zugunsten des Kapitals, zunehmende Privatisierungen plus Investitionsschattengerichte – all das kommt mit CETA. Und dazu eine sogenannte regulatorische Kooperation, die es den Behörden ermöglicht, nationale Gesetzentwürfe darauf abzuklopfen, ob sie freihandelskompatibel sind, und das, bevor die gewählten Abgeordneten die Entwürfe überhaupt zu Gesicht bekommen.

Ursprünglich plante die EU-Kommission, CETA an den Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten (beispielsweise Bundestag und Bundesrat) vorbei durchzusetzen. Der Grund dafür: Eine Reihe von Parlamenten haben VERWEIS WEBSEITE ihre Ablehnung signalisiert. Dieser Versuch ist Anfang dieser Woche gescheitert.

Das heißt aber noch lange nicht, dass CETA erst nach der Ratifizierung durch alle Parlamente in Kraft tritt. Denn die EU-Kommission und die Staats- und Regierungschefs wollen, dass das Abkommen sofort umgesetzt wird – durch eine sogenannte vorläufige Anwendung. Das bedeutet: Sobald EU-Kommission, Europäischer Rat und EU-Parlament CETA abgesegnet haben, gilt das Vertragswerk. Und zwar auf unbestimmte Zeit. Der vorläufigen Anwendung sei keine Frist gesetzt, heißt es in Brüssel. Unklar ist zudem, wie diese die Gültigkeit von CETA wieder beendet werden kann – falls überhaupt? Wenn eine Mehrheit der nationalen Parlamente eine Ratifizierung ablehnt? Oder was ist, wenn ein Parlament – aus welchen Gründen auch immer – das Thema gar nicht behandelt? Für diese Fragen gibt es keine Präzedenzfälle.

Den Beschluss, CETA vorläufig anzuwenden, können die zuständigen MinisterInnen der EU-Staaten mit qualifizierter Mehrheit fassen. Dazu müssen mindestens 16 der jetzt noch 28 EU-Staaten zustimmen, die zugleich 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Nach dem derzeitigen Fahrplan soll der Ministerrat am 18. Oktober die vorläufige Anwendung beschließen; am EU-Kanada-Gipfel (27. Oktober) könnte CETA dann unterzeichnet werden.

Gegen diese undemokratischen Pläne mobilisiert ein breites Bündnis von BUND, attac, den DGB-Gewerkschaften, dem Deutschen Kulturrat, Brot für die Welt, Foodwatch, dem Paritätischen Verband bis hin zur Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und Mehr Demokratie. Für den 17. September sind regionale Großdemonstrationen in sieben Städten angekündigt, darunter Stuttgart. Nach der Demo folgt ein SPD-Konvent (kleiner Parteitag) zu CETA. Wann der Bundestag das Thema behandelt, ist noch offen.

Doch das Konstanzer Bündnis wartet nicht bis September. Bereits an diesem Samstag plant es eine Aktion in der Konstanzer Innenstadt, mit der auf CETA, TTIP und TiSA aufmerksam gemacht werden soll. Treffpunkt: Samstag, 9. Juli, 13.30 Uhr am Kiosk auf dem Bodanplatz. Wer kann, sollte eine Augenbinde mitbringen: Ein circa 6 mal 80 Zentimeter großes Stück weißes Tuch, auf dessen Mitte mit einem schwarzen Filzschreiber die Buchstaben CETA oder TISA geschrieben stehen. Mehr wird hier nicht verraten.

Ebenfalls am Samstag, 9.7., finden in Singen (Näheres hier) und erstmals auch in Stockach (Informationen hier) Infostände der GegnerInnen der Freihandelsabkommen statt.

Das Bündnis im Netz: http://www.konstanz-gegen-ttip.de/

Spaltung der Fraktion: Zerlegt die AfD sich jetzt selbst?

no-afdDie Landtagsfraktion der AfD hat sich am Dienstag gespalten, ihr bisheriger Chef Jörg Meuthen und zwölf weitere Abgeordnete kehren ihr den Rücken. Dem gestrigen Knall war wochen­langer Zoff um den Singener Landtagsabgeord­neten Wolfgang Gedeon voraus­gegangen, der zum offen völkisch-nationa­listischen Flügel der Partei gehört und sich in Buchveröffent­lichungen als Antisemit entlarvt hatte. Am Abend dann noch die Mitteilung, dass nach einer Intervention von Parteichefin Frauke Petry, die eigens nach Stuttgart geeilt war, der Abgeordnete Gedeon ebenfalls aus der AfD-Paralamentstruppe austritt und als Fraktionsloser im Landtag weitermachen will. Die Bundesvorsitzende der Rechtspartei zollte dem Antisemiten vor laufenden Kameras Respekt und erklärte die Spaltung für verhindert, ihr Co-Vorsitzender Meuthen ließ hingegen prompt erklären, der Bruch sei vollzogen und nicht mehr rückgängig zu machen.

Eine gute Nachricht also für alle Gegner der Rechtspopulisten, wie es in ersten Reaktionen auch von AntifaschistInnen und Linken hieß? Zerlegen sich die Rassisten im Stuttgarter Landtag jetzt selbst? Das ist natürlich zu hoffen, wird sich aber erst noch zeigen müssen. Denn bei dem Krawall geht es selbstverständlich überhaupt nicht um die reaktionären politischen Grundpfeiler, denen die Partei ihre Wahlerfolge zu verdanken hat, und auch nur vordergründig um die Antisemitismusvorwürfe gegen Gedeon. Tatsächlich ist der ehemalige Arzt aus Gottmadingen nur eine Schachfigur im Machtkampf, der in der Parteispitze tobt. Meuthen gibt zwar gern den professoralen Biedermann, pflegt aber längst beste Beziehungen zum radikal völkischen Flügel um Björn Höcke, Alexander Gauland und André Poggenburg. Vor der gestrigen Entscheidung hat er sich Rückendeckung von einer Mehrheit des AfD-Bundesvorstands geholt, nicht jedoch von seiner Co-Vorsitzenden, die, so scheint es, zunehmend in die Defensive gerät.

Es ist schwer zu sagen, ob die Stuttgarter AfD-Chaostage zu einer dauerhaften Schwächung der rechten Partei führen werden. Schon einmal hatten die Medien ihren Niedergang vorausgesagt, als das Lucke-Lager ging – ein fataler Irrtum, wie die darauf folgenden Wahlerfolge belegen. Das noch offenere rassistische Auftreten legte den Markenkern der Partei offen, für den sich in der Gesellschaft offenbar wieder mehr als ein Bodensatz mobilisieren lässt. Auch in fünf von acht anderen Bundesländern haben im übrigen schon Abgeordnete, teilweise auch mehrere auf einmal, AfD-Fraktionen verlassen. Den Umfragewerten und den Wahlerfolgen hat das keinen Abbruch getan. Ein Blick in die Geschichte zeigt zudem, dass der Aufstieg rechter Parteien praktisch immer mit brutalen Machtkämpfen verbunden war, was natürlich etwas mit dem autoritären Charakter solcher politischer Konstrukte zu tun hat.

Entwarnung ist also nicht angesagt, vor allem weil das Grundproblem bestehen bleibt. Die gesellschaftlichen Verwerfungen einer Jahrzehnte währenden Politik der Entfesselung des kapitalistischen Marktes auf Kosten breiter Gesellschaftsschichten haben einen Nährboden für politische Brandstifter bereitet, die mit zunehmendem Erfolg Antworten von rechts auf soziale Fragen parat haben. Dagegen ein Lager der Solidarität zu schaffen und Perspektiven für eine wirklich soziale und demokratische Gesellschaft zu entwickeln – das ist und bleibt eine der wichtigsten Aufgaben, die sich gegenwärtig stellen.

Jürgen Geiger

DIE LINKE lädt ein: Die Türkei – kein Partner, sondern despotisches Regime

erdogan-despot

Der Kreisverband der Linken lädt alle Mitglieder und Interessierten zur nächsten öffentlichen Ver­samm­lung der Partei ein. Hauptthema soll am Mittwoch, 13.7., ab 19 Uhr in der Konstanzer „Seekuh-Bar“ die politische Lage in der Türkei sein, ein von einem brutalen Autokraten regiertes Land, das die deutsche Regierung und die EU-Staaten gleichwohl als wichtigen Bündnispartner betrachten.

Der jüngste, blutige Terroranschlag in Istanbul wirft ein Schlaglicht auf die Folgen der skrupellosen Außenpolitik der türkischen Führung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan. Über Jahre hat Ankara islamistische Terrorgruppen in Syrien bewaffnet und unterstützt, und so den Krieg im Nachbarland angeheizt. Jetzt wird Ankara die Geister nicht mehr los, die selbst geschaffen und gefördert wurden. Nicht nur die Opfer des Anschlags mussten den Preis für die menschenverachtende AKP-Politik zahlen. Erdogan unterdrückt jegliche demokratische Opposition gegen seine Politik, kriminalisiert Parlamentsabgeordnete, verfolgt die Presse und führt seit Monaten im Südosten des Landes einen blutigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung.

Die EU und insbesondere die Bundesregierung schauen bei all dem weg. Nicht nur, dass weiter Waffen für das türkische Militär geliefert werden, die im Krieg gegen die Kurden zum Einsatz kommen. Mehr noch – Merkel hat einen Pakt mit Erdogan eingefädelt, der im März in Kraft getreten ist: die Türkei kassiert Milliarden dafür, wenn sie verhindert, dass weitere Kriegsflüchtlinge den Fuß auf europäischen Boden setzen. Dabei leistet Ankara inzwischen ganze Arbeit: Laut Berichten von Amnesty International und Pro Asyl schiebt der türkische Staat seit März massenhaft Menschen in die Kriegsgebiete in Afghanistan und Syrien ab, ein weiterer, klarer Verstoß gegen internationales Recht.

Wir wollen auf unserer Versammlung, zu der Mitglieder und alle Interessierten eingeladen sind, über die aktuelle Lage in der Türkei sprechen, die Rolle der EU und Deutschlands, vor allem aber über die Möglichkeiten, hierzulande Solidarität mit der demokratischen Opposition  in der Türkei und der kurdischen Bevölkerung zu organisieren.

DIE LINKE. Kreisverband Konstanz

Mittwoch, 13. Juli 2016, 19 Uhr
Konstanz, „Seekuh-Bar“, Konzilstraße 1, 78462 Konstanz

„Auch Studierende brauchen sozialen Wohnungsbau“

Den 50. Jahrestag der Gründung der Universität Konstanz würdigte die Stadtverwaltung zusammen mit Hochschulhonoratioren durch eine Sondersitzung des Gemeinderats im Audimax. Dort waren aber nicht nur die üblichen wolkigen Festreden zu hören, der Studierendenvertreter Marco Radojevic – auch Kreisrat der LINKEN – hielt den StadtpolitikerInnen, die sich nur zu gerne im Glanz der Hochschule sonnen, ihre Versäumnisse vor: Viel zu wenig bezahlbare Wohnungen, nicht nur für Studierende, ein schmalbrüstiges Kulturangebot, deutliche Defizite beim öffentlichen Verkehrs. Die Rede im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Burchardt, sehr geehrter Prof. Rüdiger, sehr geehrte Damen und Herren,
ich muss gleich vorweg sagen, dass es eine gewisse Genugtuung ist, ausnahmsweise hier vorne stehen zu dürfen und nicht der Gelangweilte, sondern der Langweiler zu sein. Dieser Perspektivenwechsel tut mir zumindest gut und wie es Ihnen allen damit geht, können Sie ja am Ende meines Kurzvortrages bewerten. Jedenfalls kann ich jetzt schon einmal sagen, dass der Narzissmus, den man gemeinhin Politikern und Professoren nachsagt, auch vor einem einfachen, bescheidenen Studierendenvertreter wie mir nicht Halt macht, wenn man die Chance hat 10 Minuten den städtischen und universitären Eliten die Meinung zu geigen.

Herr Prof. Rüdiger, Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen kann ich aber schon einmal beruhigen: Die Zusammenarbeit zwischen Universität und Studierendenvertretung funktioniert bestens und da gibt es daher nicht viel zu beanstanden und außerdem wäre es unseren Gästen gegenüber unhöflich, wenn man ihnen nicht die Zeit widmet, die sie verdienen.

Doch zuerst zur Studierendenvertretung. Wir als Studierendenvertretung vertreten – und ja, das ist etwas redundant – die über 11 000 Studierenden an unserer Universität. Ich könnte nun jedes einzelne der dutzend Gremien aufzählen, aber da man Gäste ja gut behandeln sollte, beschränke ich mich mal nur auf die Arbeit, die in direktem Zusammenhang mit der Stadt stehen:

Wir haben ein Kulturticket eingeführt, mit dem Studierende gegen Vorlage ihres Studierendena-Ausweises kostenlos das Theater und die Philharmonie besuchen können. Durch die Solidarfinanzierung dieses Tickets machen wir nicht nur Kultur für jeden und jede erschwinglich, sondern verschaffen den kulturellen Einrichtungen auch einen festen Finanzbetrag, mit dem sie rechnen können. Wir erleichtern damit also nicht nur den Zugang zur Kultur, sondern stärken auch die Kultur an sich in unserer Stadt. Und lassen Sie mich sagen: Bei allen schweren politischen Problemen, die wir hier in der Stadt, im Bund, ja, weltweit haben, muss ein Mehr an Kultur immer das Ziel eines demokratischen Gemeinwesens sein. Egal, ob nun Theater, Philharmonie oder ein Punkrockkonzert in der schäbigsten Spelunke, ohne Kultur verkümmert die Gesellschaft und das Gemeinwesen.

Da sind dann auch Sie als Räte und Bürgermeister in der Pflicht, die nötigen Mittel bereitzustellen, um bestehende kulturelle Institutionen zu erhalten, aber auch neue anzustoßen. Wir haben so viele kreative Köpfe an der Universität – und deren Projekte und Ideen dürfen doch nicht am Geld scheitern. Deshalb appelliere ich an Sie, erhöhen Sie den Fördertropf für kulturelle Projekte, denn wenn Konstanz Kulturstadt sein will, dann muss in diesem Bereich deutlich mehr passieren.

Nun, wenn ich das Thema Kulturförderung in Bezug auf die Studierendenschaft anspreche, dann werden Sie wissen, was jetzt kommt: Wir haben dieses Jahr zum zweiten Mal ein erfolgreiches Campusfestival auf die Beine gestellt, und ich bin da den Organisatoren und dutzenden Helfern so dankbar, dass sie mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit etwas auf die Beine gestellt haben, dass die Kultur an unserer Uni und unserer Stadt stärkt, aber das vor allem einfach gerockt hat.

Und ja, liebe Damen und Herren Räte, wir hätten uns da von Ihnen mehr Unterstützung erwartet, das ist kein Geheimnis: Wenn über 4000 Menschen zwei Tage in Konstanz gemeinsam feiern und das im Wesentlichen von Ehrenämtlern getragen wird, dann erwarten wir von der Stadt, dass da mehr Unterstützung kommt. Ja, wir hätten damit den Kulturfördertopf gesprengt, aber dann muss eine Stadt und ihr Gemeinderat sich einfach auch mal zur Kultur bekennen und diesen erhöhen, damit so etwas wie das Campusfestival, aber auch zahlreichere kleinere Initiativen, gefördert werden können. Wir alle, auch Sie, würden davon profitieren.

Weitere Projekte der Studierendenschaft spielen sich im Bereich Verkehr ab. Wir haben ein gutes Studi-Ticket und sind sehr froh, dass wir dieses nutzen können. Und auch wenn es gerade mir gut tun würde, mal öfter zur Uni hochzuradlen, bin ich froh um die Busanbindung innerhalb von Konstanz. Wir wollen hier aber auch durch ein Fahrradmietsystem, das von einer übergroßen Mehrheit der Studierenden getragen wird, den Radverkehr in der Stadt stärken. Wenn es regnet – hoch mit den Bus, wenn die Sonne scheint – runter mit dem Rad. Kurz: Wir wollen vielfältige Möglichkeiten der Mobilität schaffen. Wir übernehmen jetzt den großen Teil der Finanzierung des Projekts, doch auch da möchte ich Ihnen mal den Denkanstoß mitgeben, sich hier stärker in der Förderung einzubringen: In einer Stadt, die nahezu täglich aus den Nähten platzt, ist jedes Auto von Touristen, Bevölkerung oder Studierenden, das weg von der Strasse ist, ein Gewinn an Lebensqualität und Attraktivität. Dass die Stadt dann auch endlich mal mehr Radwege und Fahrradstraßen schaffen sollte, versteht sich von selbst. Der motorisierte Individualverkehr ist nicht die Zukunft für unsere Innenstadt.

Wenn Sie unser Ortsschild sehen, dann steht unter Konstanz nicht Einkaufs- oder Tourismusstadt, sondern da steht Konstanz Universitätsstadt. Und für uns beschränkt sich das Universitätsstadt sein eben nicht nur auf die bloße Anwesenheit einer Universität. Sondern das bedeutet, dass hier auch die nötige Infrastruktur geschaffen werden muss, um diesen Begriff mit Leben zu füllen: Das leidige Thema „Wohnen“.

Um es gleich vorweg zu sagen, die Wohnsituation in Konstanz ist nach wie vor völlig inakzeptabel. Unsere Universität wächst und das ist auch gut so. Doch dieses Wachstum muss viel massiver durch die Stadt Konstanz durch Wohnungsbau flankiert werden. Und dabei kommt es nicht nur drauf an, dass gebaut wird, sondern auch, was und zu welchem Preis gebaut wird. Und ich sage es im Namen der Studierendenvertretung vorweg: Luxuswohnungen oder Wohnheime wie das private, überteuerte C3 sind nicht der Ausweg aus der Miesere. Sondern es geht uns primär um den sozialen Wohnungsbau. Da hat die Stadt in der Vergangenheit zu wenig getan und deshalb fällt dieses Kartenhaus Wohnungsmarkt mittlerweile in sich zusammen.

Eine Person, die nur BAFÖG als Einkommen hat, kann in Konstanz nicht leben, junge Familien können hier in Konstanz nicht leben, auch viele Mitarbeiter dieser Universität und andere Einfach- Arbeitnehmer können hier nicht leben. 3000 Menschen sind auf der Warteliste der städtischen Wohnungsbaugesellschaft und es muss Sie doch alarmieren, dass diese Zahl nicht kleiner wird. Dieser Entwicklung müssen Sie mit aller Kraft entgegentreten, Konstanz steht Kultur, Wissenschaft und Tourismus gut an, aber wenn Konstanz einen Titel sicherlich nicht braucht, dann den einer der teuersten Städte in Deutschland. Deshalb sprechen Sie auf ihrem Smartphone den Satz „Wie kann ich mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen?“ ein und stellen Sie sich das als Wecker ein, damit Sie jeden Morgen wissen, was ihre wichtigste Aufgabe als Verantwortungsträger in der Stadt ist. Bauen Sie mehr in den unteren Preissegementen, erschließen Sie neue Wohngebiete: Tun Sie etwas!

Es geht allgemein darum, dass wir das soziale Gleichgewicht und Miteinander in der Stadt erhalten. Wir wissen alle, dass es in dieser Stadt manchmal zu Konflikten zwischen Jung und Alt kommt. Deshalb brauchen wir hier auch mehr Frei- und Begegnungsräume, um gerade so Spannungspunkte wie auf dem Herosé-Park zu entzerren. Bauen Sie in Klein Venedig doch einfach eine kleine Bühne und eine Grillstätte auf und stellen Sie ein paar Toilettenhäuser auf, um einen Ort für junge Menschen in dieser Stadt zu schaffen. Wenn Sie unserem Vorschlag für Klein Venedig nicht folgen wollen, dann bitte ich Sie, da aber keinen dm hinzubauen, ich habe ja gehört, dass wir da schon einen an der Marktstätte bekommen.

Ich glaube, es würde Ihrem Rat auch guttun, wenn mehr Studierende Teil in diesem wären. Jung und Alt haben oftmals unterschiedliche Interessen und deshalb kann es doch nicht sein, dass bei 16 000 Studierenden in unserer Stadt nur zwei im Gemeinderat sind. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, und da müsst Ihr jetzt stark sein, Jan und Stephan, dass Ihr beide eine große Klappe habt, aber für 16 000 könnt Ihr dann doch nicht sprechen. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, dass die Listen vor der nächsten Kommunalwahl den Studierenden eine realistische Chance ermöglichen, in den Rat einzuziehen.

Ich weiß, wir waren hart zu Ihnen, aber wenn man eine gute Kooperation will, muss man sich gegenseitig mal die Meinung sagen können. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein glückliches Händchen bei Ihren Entscheidungen: Sie wissen ja, an was Sie in Zukunft morgens als erstes denken sollen, denn gerade für unsere Stadt gilt: Universitätsstadt werden, ist nicht schwer – Universitätsstadt sein, dafür umso mehr. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.