Die gemeinderätliche Schicksalsgemeinschaft

Autor | 16. März 2017

Bei der Sitzung des Betriebsausschusses Bodensee-Forum nahmen die RätInnen den Quartalsbericht des Interim-Geschäftsführers Friedhelm Schaal zur Kenntnis. Lausige Zahlen wurden durchweg präsentiert, doch eine Mehrheit der Entscheidungsträger übte sich in Durch­halte­parolen und klammert sich fast schon verzweifelt an das Prinzip Hoffnung. Wird schon irgendwie werden, man muss nur daran glauben.

Man habe sich „einen anderen Start gewünscht“, ließ Schaal mit gedämpfter Stimme verlauten. Doch der Blick sei mutig nach vorne zu richten. Sein ganzes Team, erklärte der hauptberufliche Wirtschaftsförderer fast schon pathetisch, arbeite „mit Glanz in den Augen“. Könnte auch heißen: Tränen lügen nicht.

Bei soviel Euphorie wollte die große Mehrheit der RätInnen nicht zurückstehen. Die Jubilanten wider besseres Wissen übten sich in fraktionsübergreifender Abwiegelei. Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) glaubt felsenfest an den kommenden Erfolg der Eurogrube: „Sind die Kinderkrankheiten bereinigt, wird das ein blühendes Haus“. Außerdem sei die finanzielle Schräglage „in zwei Jahren kein Thema mehr“. Jürgen Puchta (SPD) schloss sich an: „Das Bodensee-Forum hat eine weitere Chance verdient“. Jürgen Faden (Freie Wähler) gab zu, dass da viel Geld den Seerhein hinunter geflossen sei, schwärmte aber vollmundig: „Ein tolles Gebäude und eine tolle Lage“. Heinrich Everke (FDP) warf sonorig in die Runde: „Das Bodensee-Forum ist ein wertvoller Teil der Stadt“, „Durchhalten“ sei angesagt, man müsse nur „die Nerven behalten“. Logisch, dass Oberbürgermeister Uli Burchardt auch noch Schmalz auftrug: „Stolz auf dieses Haus sollten alle sein“.

Leises Raunen kam von Günter Beyer-Köhler (Freie Grüne Liste/FGL). Erwerb und Umbau des Gebäudes habe ihn an eine Art „Hauruck-Verfahren“ erinnert. Man hätte sich „mehr Zeit nehmen müssen“. Sein Fraktionskollege Till Seiler wurde deutlicher: „Eine drastische Situation, Hurra-Geschrei ist nicht angebracht“. Das wiederum trieb seine grüne Mitstreiterin Dorothee Jacobs-Krahnen auf den Plan. Sie habe als Leiterin der Volkshochschule mit dem Bodensee-Forum nur „beste Erfahrungen“ gemacht, fortan wünsche sie sich aber eine positivere Berichterstattung in den Medien.

Klare Kritik kam von Holger Reile (Linke Liste/LLK). Die Vorlage sei finanziell gesehen „zum Fürchten“. Wer den Quartalsbericht als „Erfolgsbericht“ bezeichne, lebe wohl auf einem anderen Planeten, und die gigantischen Mehrkosten als „unvorhergesehene Sondereffekte“ zu titulieren, sei ja wohl „völlig abwegig“. Dieses Fass ohne Boden, so der LLK-Rat, werde die kommenden Jahre noch sehr viel Geld verschlingen und an anderen Stellen fehlen.

Friedhelm Schaal fühlt sich, das gab er offen zu, als Interims-Geschäftsführer überfordert. Derzeit sind Headhunter auf der Suche nach einem neuen Geschäftsführer. Bis es soweit ist, hält Schaal Ausschau nach personeller Verstärkung. Diesbezüglich dürfe man in Bälde, so wird allseits im Rathaus gemunkelt, mit einer Überraschung rechnen.

Red (zuerst erschienen bei seemoz.de)

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