Drohende Abschiebung vor Schuljahrende: Innenministerium ignoriert Bitte um Aufschub

Autor | 23. Mai 2015
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Baden-Württembergs Innenminister Gall: Bitte um Aufschub ignoriert. (Bild: www.baden-württemberg.de)

Die Kinder der Familien Kazimov und Selimi dürfen ihr Schuljahr nicht in Konstanz beenden. Mit der behördlich verfügten Ausweisung hatten sich die Eltern, Flüchtlinge aus Mazedonien und Serbien, zwar nicht abgefunden, aber schließlich resigniert akzep­tieren müssen, dass der deutsche Staat nicht gewillt ist, ihnen Schutz vor der in ihren Herkunfts­ländern erfahrenen syste­ma­tischen Diskri­mi­nierung zu gewähren. Zuletzt baten sie lediglich noch um einen Aufschub bis Ende Juli, damit die sechs betroffenen Kinder wenigstens das Schuljahr in Konstanz zu Ende bringen können (mehr dazu hier).

Vergeblich, wie Rudy Haenel, der Rechts­anwalt, der die betroffenen Familien vertritt, nun zur Kenntnis nehmen muss. Zwei Briefe an das Innen­mi­nis­terium, in denen er – auch im Namen vieler Unterstützer_innen der Geflüchteten aus der Bevöl­kerung – an die Verant­wort­lichen appel­lierte, diesen Aufschub zu gewähren und die Rückkehr­si­tuation der mit Abschiebung Bedrohten zu prüfen, blieben bis heute unbeant­wortet. Auch alle Appelle von Flücht­lings­in­itiativen wie beispielsweise dem „Runden Tisch für die Begleitung von Flüchtlingen“ und Politiker_innen, darunter die Linken-Bundesabgeordnete Annette Groth und der Konstanzer Landtags­ab­ge­ordnete Siegfried Lehmann (Grüne), verhallten ungehört.

Jetzt hat der Anwalt in einem weiteren Schreiben an den baden-württembergischen SPD-Innen­mi­nister Reinhold Gall (s. Bild) das Verhalten der Behörden scharf kritisiert. Er sei „sehr enttäuscht und erschüttert“ darüber, dass „Sie meine Schreiben vom 12.05. und 05.05.2015 nicht beant­wortet haben“, schreibt Haenel. Es bleibe ihm nun nichts anderes übrig, als den Familien die Ausreise zum „nächst­mög­lichen Zeitpunkt“ zu empfehlen. Allerdings „kann ich diese Ausreise nicht mehr ‘freiwillig’ nennen, weil sie jetzt überhastet, ohne Klärung der Rückkehr­si­tuation, und unter dem massiven Druck einer zwangs­weisen Abschiebung ab 30.05.2015, erfolgen wird.“

Der Vorgang entlarvt die vollmundigen Behaup­tungen der grün-roten Kretsch­mann­ko­alition, man werde alle Einzelfälle prüfen und keine Abschie­bungen in die Mittel- und Obdach­lo­sigkeit zulassen, einmal mehr als Lügen, die lediglich dazu dienen sollen, die eigene Klientel bei der Stange zu halten. Entsprechend bitter fällt das Fazit des Konstanzer Juristen in seinem Brief an Gall aus: „Für mich bedeutet dies, dass Ihre ‘Leitlinien’ das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben wurden und lediglich als politisches Feigenblatt dienen.“

jüg


Der Verein „Balu und Du“ hat inzwischen eine Petition „Keine Abschiebung für Familie S. bis Ende des laufenden Schuljahres“ gestartet, die hier Online unterschrieben werden kann.

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