Klinikprotest: 300 von 162 000

Autor | 25. Juni 2015

seemoz-Krankenhaus-ver.di-009300 Beschäftigte zogen gestern vor das Konstanzer Kliniktor: Krankenschwestern, Pfleger, auch Ärzte und Auszubildende, wenige Patienten und immerhin ein Geschäftsführer. Bei der größten Protestaktion vor deutschen Krankenhäusern im ganzen Land ging es um bessere Personalausstattung und humane Arbeitsbedingungen.

Hannes Hänsler vom Betriebsrat (BR) fasste die Forderungen der Gewerkschafter zusammen:
► Gesetzliche Personalbemessung jetzt,
► Einhaltung der Pausen und des Gesundheitsschutzes,
Schichten sollen mit mindestens zwei Pflegefachpersonen besetzt werden,
► die Bundesländer müssen wieder für eine ausreichende Finanzierung sorgen.

Und diese Forderungen unterstützte sogar Geschäftsführer Rainer Ott, der nach einigen Irritationen im Vorfeld nicht nur doch noch an der Protestaktion teilnahm, sondern vor den fast 300 DemonstrantInnen an die Politiker appellierte, „endlich für genügend Mittel zu sorgen, damit die Beschäftigten ohne schlechtes Gewissen gute Arbeit machen können.“

162 000 Beschäftigte fehlen nach Berechnungen der Gewerkschaft ver.di an deutschen Krankenhäusern  – 162 000 Nummerntafeln wurden darum im ganzen Land verteilt, damit die protestierenden Beschäftigten den Mangel sichtbar machen konnten. 124 solcher Schilder hatte der Betriebsrat am Konstanzer Klinikum verteilt, weil dort 124 Stellen unbesetzt sind. BR Hänsler rechnete nach: Mehr als die Hälfte der Demonstranten bekam keine Tafel mehr ab – hochgerechnet ergibt das 300 Protestierer.

In Radolfzell, Singen und Tuttlingen, am Schwarzwald-Baar Klinikum in Villingen-Schwenningen und Donaueschingen, bei der Helios-Klinik in Rottweil und der SRH Klinik in Oberndorf  – überall dasselbe Bild. In ganz Deutschland wurde der Pflegenotstand (be)greifbar gemacht. Und auch Kommunalpolitiker demonstrierten mit. In Konstanz waren mit Normen Küttner (FGL) und Markus Nabholz (CDU) sogar zwei im Pflegedienst beschäftigte Stadträte unter den ProtestiererInnen. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di nahmen allein in Baden-Württemberg 90 Krankenhäuser mit bis zu 15 000 Beschäftigten teil.

Hintergrund der Proteste ist die Enttäuschung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Krankenhausreform. Ver.di kritisiert, die bis zu 660 Millionen Euro, die die Kliniken bis 2018 für zusätzliches Pflegepersonal bekommen sollen, seien kaum ein Zehntel des eigentlich benötigten Geldes.

hpk

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