Kommunale Wohnungsbaugesellschaft: Geschäftsbericht als hilflose Bestandsaufnahme

Autor | 3. Juli 2014
Wobak-Verwaltungsgebäude

Kaum Impulse im Kampf gegen die Wohnungsnot von der Wobak (Foto: Andreas Praefcke).

Wenn der neue Gemeinderat heute über den Entwurf des Geschäftsberichts der städtischen Wohnungsbaugesellschaft berät, liegt ihm ein Dokument des Scheiterns vor. Ein Blick hinter die üblichen blumigen Formulierungen und das Selbstlob für die eigenen Bemühungen, die solchen Berichten natürlich immer eigen sind, enthüllt nämlich die ganze Hilflosigkeit der kommunalen Wohnungspolitik der vergangenen Jahre.

So gelesen stellt es den dafür Verantwortlichen unter dem Strich ein vernichtendes Urteil aus. Die veröffentlichten Daten zeigen unter anderem nämlich, dass die miserable Situation auf dem Wohnungsmarkt allen, die es wissen konnten und wollten, schon seit langem bekannt ist. Seit Jahren liegt die Zahl der Wohnungssuchenden, die sich bei der Wobak auf deren BewerberInnenlisten eintragen ließen, auf anhaltend hohem Niveau. Schon zum 31.12.2009 suchten laut Geschäftsbericht bei der Wohnungsbaugesellschaft 2255 BewerberInnen vergeblich nach einer Wohnung, vier Jahre später waren es dann 2593. Allein schon diese Zahlen belegen den Ernst der Lage, denn sie bilden natürlich nur einen (und vermutlich noch nicht einmal den größten) Teil derer ab, die in der größten Stadt am Bodensee vergeblich nach einem Dach über dem Kopf suchten und suchen.

Das Ausmaß der Malaise zeigt sich erst so richtig, wenn man die Zahl der Suchenden ins Verhältnis zum vorhandenen Bestand setzt. Nach Angaben der Stadt gab es 2011 (aus diesem Jahr stammen die letzten bekannten Zahlen) in der 80.000-Einwohnerstadt rund 10.100 Wohngebäude mit knapp 42.000 Wohnungen, davon dürften, ausgehend von landesweiten Vergleichswerten, rund die Hälfte auf EigentümerInnen von selbst genutztem Wohnraum entfallen. Ein mehr als deutliches Mißverhältnis zwischen stagnierendem Angebot und stark gestiegener Nachfrage also.

All diese Fakten lassen nur einen Schluß zu: Ohne einen Paradigmenwechsel in der städtischen Wohnungsbaupolitik wird sich das Problem nicht lösen lassen. Doch die kommunalpolitisch Verantwortlichen, Stadtverwaltung, Gemeinderat und Wobak, haben über Jahre hinweg den Kopf in den Sand gesteckt. Auch das belegt das im Geschäftsbericht veröffentlichte Zahlenmaterial. Seit langer Zeit stagniert der Wohnungsbestand der Gesellschaft bei etwas mehr als 3.500 Objekten (2005: 3.577, 2013: 3.747, auch darunter natürlich Wohneigentum). Im vergangenen Jahr konnten gerade mal 62 Mietwohnungen fertiggestellt (davon nur 44 öffentlich gefördert, also mit der Aussicht auf einigermaßen erschwingliche Mietpreise) und lediglich 183 Neuvermietungen vorgenommen werden – eine wohnungspolitische Offensive sieht nun wirklich anders aus.

Tatsache ist, dass die Wobak der ihr obliegenden Aufgabe, “das Kerngeschäft”, wie das im Bericht formuliert wird, “des geförderten Mietwohnungsbaus der starken Nachfrage entsprechend zu forcieren” noch nicht einmal im Ansatz ausreichend nachkommt. Und zumindest die Planungen für die nächste Zukunft verheißen kaum eine Besserung der Lage: Für die nächsten vier, fünf Jahre stellt der Wobak-Bericht insgesamt weniger als 200 neue Wohneinheiten in Aussicht. Da klingt die Selbsteinschätzung der Geschäftsführung des Unternehmens, man sei der Hauptgesellschafterin Stadt Konstanz “ein kraftvolles Instrument der Daseinsvorsorge für den Wohnungsmarkt” wie blanker Hohn.

Natürlich kann man die wohnungspolitische Schieflage nicht der Wobak allein anlasten. Sie führt nur aus, was die Politik als Richtung vorgibt. Die Hauptverantwortung trägt der in Konstanz tonangebende Bürgerblock, der die kommunale Baupolitik nicht in erster Linie als Aufgabe der Daseinsvorsorge betrachtet, sondern bedenkenlos dem Laissez-Faire des Marktes ausgeliefert hat. Das lässt vor allem die Kassen privater Unternehmen und Anbieter klingeln, deren Ziel selbstredend nicht die Minderung der Wohnungsnot ist, sondern die Mehrung ihres Profits. Entstanden sind so hauptsächlich Neubauten im lukrativen Hochpreissegment, erschwinglicher Wohnraum für das untere und mittlere Einkommenssegment ist in solchen Geschäftsmodellen selten vorgesehen.

Eine verantwortungsbewußte Politik, die es ernst meint mit dem Kampf gegen Wohnungsnot und Mieterhöhungen, muss diesen Katastrophenkurs schleunigst verlassen. Sie muss das Heft des Handelns, sprich ausreichend Geld in die Hand nehmen, um gezielt Konzepte vor allem für den sozialen Wohnungsbau entwickeln und realisieren zu können. Stadtentwicklungspolitik besteht nicht darin, privatwirtschaftliche Begehrlichkeiten bestmöglich zu bedienen, sie muss die sozialen Interessen der Bevölkerung zur Leitlinie haben. Ein solcher Kurswechsel ist die Voraussetzung dafür, dass das vom Oberbürgermeister initiierte und vom Gemeinderat im letzten Jahr beschlossene “Handlungsprogramm Wohnen” nicht ein weiteres leeres Versprechen der kommunalen EntscheidungsträgerInnen bleibt. Und nur dann könnte die städtische Wohnungsbaugesellschaft auch ihrer im Geschäftsbericht selbst formulierten “Kernaufgabe” gerecht werden, nämlich “die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum”.

Jürgen Geiger

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