LINKE-Kandidat Pschorr: Geburtshilfe in Radolfzell erhalten

Autor | 13. Dezember 2016

Im Hegau-Bodensee-Klinikum Radolfzell soll der Fachbereich Geburtshilfe ersatzlos gestrichen werden. Was war der Anlass? Die Versicherung der Klinik, sie ist Teil des Gesundheitsverbunds im Landkreis, hat das Ausscheiden einer Angehörigen des dort tätigen Belegärzteteams genutzt, um die Prämien für die obligatorische Haftversicherung von 45.000 auf 150.000 Euro zu erhöhen – für die MedizinerInnen existenzbedrohend.

Der Landkreis als Hauptgesellschafter des Verbunds weigert sich, die ÄrztInnen fest anzustellen und damit auch die Versicherungskosten zu tragen. Die Stiftung der Stadt Radolfzell, die das Klinikum trägt, ist bereit, die Ärzte mitzuversichern, was aber ein anderes Vertragsmodell nötig macht. Die dadurch entstehenden Mehrkosten kann die Stiftung jedoch aus rechtlichen Gründen nicht vollständig übernehmen. Nötig ist deshalb, dass der Gesundheitsverbund, der die Verantwortung für die Gesundheitsvorsorge im Landkreis trägt, sich solidarisch an der Finanzierung beteiligt. Darüber hat nun der Kreistag in seiner Sitzung am 19.12. zu entscheiden.

Frank Hämmerle, als Landrat auch Aufsichtsratsvorsitzender des Gesundheitsverbunds, hatte bei Gründung der privatrechtlich als GmbH verfassten Gesellschaft eine wohnortnahe und ausreichende Versorgung an allen Krankenhausstandorten garantiert. Schon nach wenigen Jahren zeigt sich, dass das nur leere Worte waren. Einige Einrichtungen im Pflegebereich wurden schon geschlossen, nun soll ein weiteres, wichtiges Element der Daseinsvorsorge im Landkreis Konstanz ökonomischen Interessen geopfert werden. Was sich nicht rentiert wird ausgedünnt oder geschlossen. Natürlich – es gibt in Konstanz und Singen auch Kreißsäle. Aber: Welche schwangere Frau will schon mit dem Risiko leben, wenn Hilfe unerlässlich ist schlimmstenfalls kilometerweit durch den Stau auf der B33 fahren zu müssen?

Es war bisher eine große Stärke der deutschen Krankenversorgung, dass es regionale, dezentrale Angebote auch in kleineren Städten gab. Die Zentralisierung von Leistungen mag in Einzelfällen medizinisch durchaus gerechtfertigt sein, im Fall von Geburtshilfeeinrichtungen ist das jedoch gewiss nicht der Fall, hier ist ein möglichst ortsnahes Angebot notwendig.
Durch die Krankenhausstrukturreform werden Kleinkrankenhäuser kaputt gespart. In Ermangelung ausreichender Finanzierung durch die Krankenkassen als Folge eines realitätsfern klein gerechneten Fallpauschalensystems müssen sich Krankenhäuser regional zusammenschließen, um „Synergien zu nutzen“, vulgo: Zentralisieren und Teilschließen. Ein flächendeckendes Gesundheitsangebot vom (Land-)Arzt bis zum Krankenhaus wird es so in Zukunft – gerade in ländlichen Räumen – immer seltener geben.

Gesundheit ist keine Ware, deshalb fordert DIE LINKE die KreisrätInnen auf, am 19.12. die nötigen Gelder für den Erhalt der Radolfzeller Geburtshilfe zu bewilligen: Sie ist ein wichtiger Bestandteil der ortsnahen Gesundheitsversorgung im Landkreis. Das Beispiel Radolfzell zeigt erneut, wie berechtigt die Forderungen der Linken nach einer ausreichenden Finanzierung des Gesundheitssystems sind – u. a. durch gleiche Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Mit diesem Geld könnten wir zu einer Kostendeckung der Gesundheitsversorgung zurückkehren und ländliche Strukturen erhalten.

Simon Pschorr

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