LLK im Gemeinderat: Sozialen Wohnungsbau stärken

Autor | 24. Januar 2018

Wie mehrfach berichtet, stand ein Antrag der Linken Liste zur Wohnungspolitik am 8.11. im Gemeinderat zur Debatte. Der in acht Einzelforderungen gegliederte Vorstoß zielte auf eine Stärkung des öffentlichen Sektors im Wohnungsbau, da nur so bezahlbarer Wohnraum entstehen kann. LLK-Stadtrat Holger Reile begründete im Rat den Forderungskatalog der Fraktion. Wir dokumentieren den Redebeitrag im Wortlaut und veröffentlichen im Anschluss die Abstimmungsergebnisse.

Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste, ich möchte hiermit in halbwegs kompakter Form unseren Antrag zum Thema Wohnen begründen. Wir danken für die aktuellen Entgegnungen der Verwaltung, die uns aber in der Hauptsache nicht überzeugen. Richtig ist, der Punkt 6 zu den Baugemeinschaften erübrigt sich, weil sich da gerade in letzter Zeit einiges entwickelt hat, und zwar in eine Richtung, die auch wir unterstützen.

Auf einige Einlassungen Ihrerseits möchte ich aber kurz eingehen. Zu unseren Forderungen bezüglich der Mietobergrenze nehmen Sie Bezug auf die Landeswohnbauförderung, die – und das ist unstrittig – festlegt, dass die Mieten für geförderte Wohnungen mindestens ein Drittel unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen müssen. Aber genau das ist ja die Krux, denn durch das exorbitante Mietniveau in Konstanz macht das selbst geförderte Wohnungen zu teuer. Niemand aber verbietet es der Stadt, durch eigene Maßnahmen diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Genau darauf zielt auch unser Antrag, der ausreichend Mittel für ein städtisches Wohnungsbauprogramm fordert, die unter anderem der Wobak zugute kommen sollen. Diesbezüglich ist uns auch kein Beschluss bekannt, der das 50 Prozent-Ziel der Wobak festschreibt.

Zu Ihrer Erwiderung in Sachen Laufzeiten/Mietpreisbindung: Wir von der Linken Liste wollen größtenteils weg vom Markt, denn Wohnen ist ein Grundrecht und Aufgabe städtischer Daseinsvorsorge.

Zu Ihrer Entgegnung bezüglich Verkaufsstopp von Grundstücken: Die laufende Überarbeitung der Erbbau-Regelungen bezieht sich doch nur auf die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen. Uns geht es unabhängig davon um eine Grundsatzentscheidung. Um der Spekulation den Boden zu entziehen und wohnungspolitisch als Hauptakteur operieren zu können, muss Grund und Boden städtisch sein. Nur wenn es nicht anders geht, sollen Erbbau-Regelungen – zb. Bei den Baugemeinschaften und/oder Genossenschaften – greifen. Wie die dann aber im Detail gestaltet werden, kann verhandelt werden.

Noch ein Wort zu Ihrer Erwiderung beim Thema Mietpreisdeckelung: Sie schreiben – „Wohnungsmangel kann nur durch mehr Wohnungen begegnet werden“. Entschuldigung: geht’s noch schlichter? Also nochmal, zum Mitschreiben: Wenn – wie aktuell belegt – Neubau nur zu mehr Wohnungen für Gut- und Besserverdienende führt, nützt uns das rein gar nichts.

Eine grundsätzliche Empfehlung zum Gesamtkomplex: Im Bereich Wohnen für alle in dieser Stadt ist unserer Meinung nach noch sehr viel Luft nach oben und an diversen Stellschrauben – deswegen auch unser Antrag – muss gedreht werden. Deshalb möchte ich auch anregen, vorschnelle Jubelarien einzustellen. Vor allem von der Rathausspitze hören wir seit geraumer Zeit, wie toll es um das Handlungsprogramm Wohnen bestellt sei. Um einen Vergleich zu bemühen: Kein Landwirt, Kolleginnen und Kollegen, feiert vorab eine Ernte, wenn er gerade mal ein wenig Saatgut ausgebracht hat und noch kaum ein Halm spriesst. Denn mehr ist momentan nicht zu verzeichnen. Es wäre also angebracht, den diesbezüglichen Sprachgebrauch den Realitäten anzupassen. Denn erst gegen Ende der Wegstrecke werden wir feststellen können, ob das Handlungsprogramm Wohnen, das momentan eher ein Handlungsprogramm Bauen zu sein scheint, auch wirklich greift.

Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir das nicht. Beispiel Sickereffekt, der schalmeienhaft beschworen wird. Es gibt ihn nicht, das geben Sie in Ihrer Vorlage ja unumwunden zu. Denn auch die Neubauten haben dafür gesorgt, dass die dann wenigen freigewordenen Wohnungen im Bestand teurer geworden sind.

Fakt ist doch weiterhin: Tausende in unserer Stadt, darunter auch der Mittelstand, müssen mittlerweile im Durchschnitt rund 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete aufbringen, manche sogar 40 Prozent und mehr. Ein völlig unhaltbarer Zustand, der die soziale Schieflage weiter drastisch verschärft.

Und ich kann Ihnen nicht ersparen, an einem konkreten Beispiel erneut darauf hinzuweisen, was passiert, wenn man privaten Investoren ohne Not das Feld überlässt. Gezeigt hat sich das beim Thema Vincentius-Gelände – wir hätten das Areal kaufen können, ja müssen – wofür wir von der Linken Liste leidenschaftlich, aber völlig alleine auf weiter Flur gekämpft haben. Dort hätte die Möglichkeit bestanden, das Gelände eigenständig und modellhaft zu entwickeln, es hätte ein gelungener Startschuss mit Strahlkraft für das Handlungsprogramm Wohnen werden können. Sie aber haben es zugelassen, dass sich ein Finanzhai das Areal unter den Nagel gerissen hat, dort überwiegend teure Wohnungen hochziehen wird, diese so schnell wie möglich verhökert und sich dann fröhlich vom Acker macht. Wenn ich daran denke, welche Chancen da vergeben wurden, schwillt mir heute noch der Kamm. Stattdessen hat eine große Mehrheit dieses Gremiums offensichtlich keinerlei Probleme, in regelmäßigen Abständen Millionen Euro im Seerhein zu versenken. Kommunalpolitische Nachhaltigkeit, Kolleginnen und Kollegen, sieht anders aus.

Ein letzter Satz zum Thema: Ein Paradigmenwechsel in der städtischen Wohnungspolitik ist unserer Meinung nach überfällig. Mit den Änderungen, die Sie jetzt vorhaben, beseitigen Sie die grundsätzlichen Konstruktionsfehler des Handlungsprogramms Wohnen leider nicht und üben sich lediglich in Kosmetik. Wenn wir mit diesem Programm wirklich Erfolg haben wollen, bedarf es zusätzlicher Anstrengungen und mutiger Zielsetzungen.

Unser Antrag liegt Ihnen vor, wir bitten um einzelne Abstimmung über jeden Punkt.

Die Abstimmungsergebnisse

1. Die Zielkorridore des Handlungsprogramms Wohnen werden neu festgesetzt. Gegenstand des Programms ist ausschließlich der soziale Wohnungsbau und preisgedämpfter Wohnungsbau.

2 JA
33 NEIN
5 Enthaltung(en)
40 Stimmberechtigte

2. Die Mietobergrenzen für den sozialen Wohnungsbau werden auf 5,50 Euro/qm festgelegt, für den preisgedämpften Wohnungsbau auf 8,50 Euro/qm.

7 JA
21 NEIN
12 Enthaltung(en)
40 Stimmberechtigte

3. Der Anteil des öffentlich geförderten Wohnungsbaus (Bundes-, Landes-, kommunale Mittel) am Handlungsprogramm Wohnen wird auf 50% festgelegt.

2 JA
38 NEIN
0 Enthaltung(en)
40 Stimmberechtigte

(Ziffer 4 wurde zurückgezogen)

5. Geltende Laufzeiten der Mietpreisbindung bei geförderten Wohnungen werden – sofern rechtlich möglich – auf mindestens 30 Jahre erhöht. Für alle geförderten Neubauten gilt eine Mietpreisbindung von mindestens 30 Jahre.

8 JA
29 NEIN
3 Enthaltung(en)
40 Stimmberechtigte

7. Für Grundstücke in kommunalem Eigentum gilt ab sofort ein Verkaufsstopp. Werden Grundstücke für Bauprojekte vergeben, geschieht dies ausschließlich in Erbbau.

15 JA
24 NEIN
1 Enthaltung(en)
40 Stimmberechtigte

8. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, Instrumente zur Mietpreisdeckelung zu prüfen, z.B. Mietstopp bei der Wobak (auch im Fall von Renovierungsmaßnahmen), Milieuschutzsatzungen für einzelne Stadtteile, Schärfere Maßnahmen gegen Leerstand etc.

15 JA
25 NEIN
0 Enthaltung(en)
40 Stimmberechtigte

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