Author Archives: Linke Liste

Der Weg ist das Ziel

Bei der letzten Gemeinderatssitzung stand erneut der Antrag auf der Tagesordnung, den Seeuferweg nach Erwin Reisacher umzubenennen. Außerdem wurde darüber debattiert, ob man eine Prämie für diejenigen zur Verfügung stellen möchte, die ihre große Wohnung gegen eine kleinere tauschen wollen. Hier die Redebeiträge unseres LLK-Stadtrates Holger Reile.

Erwin-Reisacher-Weg

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen,

auch diesmal unterstützt meine Fraktion, die Linke Liste, den Antrag, den Seeuferweg nach Erwin Reisacher umzubenennen. Daran hat sich nichts geändert. Und nochmal weise ich darauf hin: Reisacher war eine wichtige Persönlichkeit der Konstanzer Nachkriegsgeschichte, hat die Kommunalpolitik über Jahrzehnte hinweg entscheidend mitgeprägt – und ohne seinen legendären Uferspaziergang vor ziemlich genau fünfzig Jahren wäre der öffentlich zugängige Seeuferweg wahrscheinlich nicht entstanden.

Die Umbenennung ist also eine respektvolle Anerkennung für die Verdienste von Erwin Reisacher – eine Verschiebung auf irgendwann in die Straßenbenennungskommission wird der Sache nicht gerecht. Auch die Einschätzung unseres Stadtarchivars spricht deutlich für Reisacher: Denn dieser, so Archivar Jürgen Klöckler, habe sich klar gegen die damaligen autoritären und demokratiefeindlichen Notstandsgesetze ausgesprochen, sei gegen die Wiederbewaffnung gewesen und habe auch die geplante Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden entschieden abgelehnt.

Eine Positionierung, Kolleginnen und Kollegen, die ich persönlich gerade heutzutage – da hysterisches Vorkriegsgetöse über das Land rollt – schmerzlich vermisse.

Zwei Dinge noch: Die Anmerkung, bei Reisachers Uferspaziergang habe es sich ja nachweislich um Hausfriedensbruch gehandelt, ist meiner Meinung nach eher ein hochnotpeinlicher Versuch aus der politischen Mottenkiste, mit fadenscheinigen Begründungen die längst fällige Auszeichnung für einen überzeugten Demokraten zu verhindern.

Und weiterhin steht mein Angebot: Sollte kein Geld mehr vorhanden sein, um ein neues Straßenschild zu finanzieren – spendiere ich dafür gerne einmalig meine monatliche Vergütung über 700 Euro für mein Ehrenamt in diesem Hause. Nachahmung erwünscht – sie können sich da gerne anschließen, Herr Eisenmann von der CDU …

Besten Dank.

Anmerkung: Der Antrag wurde gegen die Stimmen von CDU, Freien Wählern und FDP angenommen. Somit wird der Seeuferweg alsbald in Erwin-Reisacher-Weg umbenannt.

Prämie des Landes für Wohnungstausch

Auch meine Fraktion unterstützt diesen Antrag, obwohl es eher ein Wohlfühl-Tagesordnungspunkt ist, der kein Anlass für überzogene Erwartungen sein darf. Bleiben wir realistisch, denn der Erfolg beim gewünschten Wohnungstausch, für den Prämien angeboten werden, wird sehr überschaubar sein, wie Zahlen aus anderen Städten deutlich belegen.

Natürlich gibt es einige Bürgerinnen und Bürger – zumeist eher ältere – die von einer großen Wohnung gerne in eine kleinere ziehen würden. Aber eine solche neue Wohnung werden sie in Konstanz kaum finden, und wenn doch, wird sie im Verhältnis zur alten oft auch noch deutlich teurer sein.

Erschwerend kommt hinzu, dass Tauschwilligen viel Lauferei und auch bürokratische Hürden drohen. Und nicht wenige werden vor einem Tausch auch deshalb zurückschrecken, weil sie verständlicherweise in ihrem sozialen Umfeld bleiben wollen, das sie oft seit Jahrzehnten kennen und schätzen.

Dennoch sollten wir das Angebot befürworten, aber auf keinen Fall glauben, dass es nur im Ansatz unser Wohnraumproblem löst, denn in anderen Städten zeigen die Zahlen sehr deutlich, dass Wohnungstausch nur in seltenen Fällen greift und bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein ist.

Fakt ist: Unser Wohnraumproblem existiert weiterhin. Immer noch gibt es bei uns massiven Leerstand, meist aus Spekulationsgründen, worauf der Mieterbund erst kürzlich wieder hingewiesen hat. Da sollten wir die Daumenschrauben anziehen und beispielsweise die Stelle, die in Sachen Zweckentfremdung tätig ist, personell verstärken – wie es andere Kommunen längst tun, und zwar durchaus mit Erfolg.

Linke Liste fordert Bußgelder für Autos auf dem Bahnhofplatz

Der am 12. Oktober eingeweihte, neu gestaltete Konstanzer Bahnhofplatz ist für den privaten motorisierten Verkehr mit wenigen Ausnahmen gesperrt. Große, gut sichtbare Schilder am Lago-Kreisel und an der Einmündung der Dammgasse verbieten die Durchfahrt außer für Linien- und Lieferverkehr, Fahrräder und bestimmte Anlieger. Außerdem wurde über das neue Verkehrskonzept seit Wochen derart umfassend berichtet, dass es allgemein bekannt ist.

Trotzdem ignorieren vor allem Autofahrende dieses Verbot ganz bewusst. Die Stadt Konstanz hat dort daher am 15.10. einen Blitzer abgestellt und nach eigenen Angaben etwa 2800 unberechtigte Durchfahrten pro Tag (also mehr als 100 pro Stunde!) fotografiert. Die „Konsequenz“: Der Blitzer wurde am 17.10. wieder abgebaut und bekanntgegeben, dass „für die in den vergangenen Tagen am Bahnhof erfassten Fehlfahrten keine Bußgelder erhoben“ werden.

Wir halten dieses Vorgehen der Verwaltung für unverantwortlich.

Die Stadt Konstanz steckt derzeit in einer schweren Finanzkrise, hat eine Haushaltssperre verhängt und will selbst am Notwendigsten sparen. Hier aber verzichtet sie zugunsten jener Verkehrsteilnehmer:innen, die – ganz bewusst – das Recht brechen, auf Einnahmen im sechsstelligen Bereich.

Indem die Verwaltung den Bahnhofplatz faktisch auch weiterhin für den Durchgangsverkehr öffnet, gibt sie das eigentliche Ziel des kostspieligen Umbaus auf. Versprochen hatte sie dort „mehr Sicherheit, weniger Konflikte, einen verlässlichen ÖPNV-Betrieb und mehr Aufenthaltsqualität“. Nichts dergleichen ist davon derzeit zu sehen, der Autoverkehr fließt, behindert Busse und Fußverkehr und nötigt Radfahrende zu gefährlichen Ausweichmanövern. An eine sichere Überquerung des Platzes ist gerade für ältere Menschen nicht zu denken.

Durch ihr Zurückweichen vor diesem massenhaften Rechtsbruch setzt die Stadt, die sonst so großzügig Knöllchen verteilt, außerdem ein gefährliches Signal. Schon heute eskaliert die Gewalt auf unseren Straßen, Fußgänger:innen benutzen auf der alten Rheinbrücke zuhauf den Radweg, während auf dem Fußweg auf der anderen Seite der Brücke Radfahrer:innen die Fußgänger:innen beiseite klingeln und abdrängen und in den Wohnquartieren Autofahrer:innen wie selbstverständlich Fuß- und Radwege blockieren.

In dieser Situation der zunehmenden Missachtung von Verkehrsvorschriften und Verrohung darf die Stadt keine rechtsfreien Räume schaffen, sondern muss ihrer Aufgabe, die Grundregeln eines vernünftigen Umgangs miteinander durchzusetzen, unbedingt nachkommen. Ganz abgesehen davon, dass sie die Strafgelder bitter nötig hätte.

Es darf unserer Ansicht nach keine Extrawurst oder gar rechtsfreien Räume für die von der Verkehrsplanung ohnehin seit Jahrzehnten einseitig bevorzugten Autos geben.

Für die LLK: Holger Reile – Wolfgang Moßmann – Anke Schwede

Haushaltssperre aufheben

Wolfgang Moßmann © Patrick Pfeiffer

In der gestrigen Debatte im Haupt-, Finanz- und Klimaausschuss sprach sich Wolfgang Moßmann gegen die Haushaltssperre aus, weil sie falsche Signale sendet. Hier seine Rede.

Wir sind gegen eine Haushaltssperre und fordern, dass diese schnellstmöglich aufgehoben wird.

Wir treten dafür ein, dass die soziale, ökologische und demokratische Handlungsfähigkeit unserer Stadt nicht der Haushaltssperre geopfert wird. Die LLK befürchtet durch sie langfristige Schäden an der öffentlichen Infrastruktur und unzumutbare Belastungen für die Beschäftigten sowie alle, die auf Hilfe angewiesen sind. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Schreiben von Jürgen Herbst, Abteilungsleiter im Sozial und Jugendamt, zum Sozialpass oder an den kurzfristig abgesagten BürgerInnenrat am 11.10.

Es ist klar erkennbar, auf wessen Kosten die Haushaltssperre geht. Es können natürlich keine Pflichtaufgaben gestoppt werden, aber es darf auch nicht sein, dass freiwillige Leistungen in den Bereichen Sport, Soziales und Bürgerbeteiligungen der Haushaltssperre zu Opfer fallen. Dann wirkt die Haushaltssperre genau dort, wo sich Bürgerinnen und Bürger aktiv am Zusammenleben in der Stadt beteiligen.

Dass die Haushaltssperre auch in die Verwaltung hineinwirkt, führt zu weiteren Verzögerungen bei der Entwicklung der Stadt. Manche Dezernate sind mit der Haushaltssperre z.B. bei der Straßenplanung ziemlich blockiert.

Damit wir uns nicht missverstehen, ein Haushaltsdefizit in dieser Höhe erfordert Maßnahmen, wie sie nun im Plan für den Nachtragshaushalt 2026 und für den Doppelhaushalt 2027/28 vorgestellt, beraten und je nach politischer Mehrheit verabschiedet werden oder auch nicht. Das Bewusstsein für die Situation ist in Verwaltung und Gemeinderat vorhanden – eine Haushaltssperre ist nicht mehr notwendig. Einsparungen können auch ohne Haushaltssperre entschieden und umgesetzt werden.

Aber auch hier lohnt sich ein kritischer Blick. Es ist eben keineswegs so, dass diese Verschuldung hausgemacht ist. Die aktuelle Haushaltssperre ist kein lokales Einzelproblem, sondern ein weiteres Beispiel für die tiefgreifende strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen in Baden-Württemberg. Konstanz sieht sich – wie einige andere Städte – mit einem stetig wachsenden Aufgabenberg konfrontiert, ohne dass Bund oder Land eine auskömmliche Finanzierung bereitstellen. Bildungsinfrastruktur, Klimaanpassung, Digitalisierung – all das wird zunehmend auf die kommunale Ebene verlagert, aber nicht angemessen finanziert.

Wir müssen uns hier auf kommunaler Ebene mit Problemen herumschlagen, die auf anderen Ebenen verursacht wurden. Auf diese Weise entsteht der Eindruck, wir würden „über unsere Verhältnisse“ leben, wie dies im „Südkurier“ behauptet und von einigen hier in Ausschuss und Rat vertreten wird.

Wir beantragen eine Gegenüberstellung der Kosten, die die von Bund und Land zugewiesenen Aufgaben verursachen, und der Zuwendungen von Bund und Land sowie jener Gelder, die als Gebühren für die zugewiesenen Aufgaben erhoben werden.

Gleichzeitig fordern wir die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen dazu auf, in ihren Parteien darauf zu drängen, dass das Ausbluten der Kommunen beendet wird. Auch das wäre ein Beitrag zur Förderung des Demokratieverständnisses, während die derzeitige Entwicklung demokratiefeindliche Kräfte nur noch stärker macht. Schauen Sie sich doch einmal die Seiten des „Seegeflüsters“ an. Dann wird Ihnen klar, was ich meine.

Wir von der LLK fordern die Aufhebung der Haushaltssperre und richten weiterhin unseren Fokus auf bezahlbaren Wohnraum, Bildungsinfrastruktur, einen funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr und die Umsetzung der geplanten Maßnahmen, um die Klimaschutzziele nicht vollständig aus den Augen zu verlieren. Die ökonomische Krise wird sich verstärken. Angesichts der ökologischen Grenzen des Kapitalismus wird eine verstärkte Debatte nötig sein, wie eine gerechte Gesellschaft funktionieren kann.

Doppelzüngiger Südkurier

Die Zustimmung für die in Teilen rechtsextreme AfD steigt schier unaufhaltsam, auch im Landkreis Konstanz. Mit ein Grund: Die braunen Gesellen haben auch hier zu einem großen Teil die angeblich sozialen Netzwerke gekapert. Der Südkurier spielt dabei ebenfalls eine ungute Rolle und rollt einer neofaschistischen Community fahrlässig den Teppich aus. Doch dagegen formiert sich allmählich Widerstand.

Der Konstanzer LLK-Stadtrat Holger Reile will das nicht länger hinnehmen und hat Südkurier-Chefredakteur Stefan Lutz aufgefordert, diesem Treiben endlich Einhalt zu gebieten. Hier seine Kritik im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Lutz,

seit einiger Zeit ist leider festzustellen, dass der Südkurier auf seiner Facebook-Seite „Seegeflüster“ Kommentare veröffentlicht, die mit einer kritischen Auseinandersetzung kaum mehr etwas zu tun haben. Regelmäßig wird Propaganda für die AfD betrieben, nachweislich abgesondert von meist anonymen Verfassern aus dem rechtsradikalen Lager. Hass und Hetze stehen dabei im Vordergrund, dazu Fake News und gezielte Desinformation. Somit konterkarieren Sie Ihre solide und gut recherchierte Berichterstattung in der Printausgabe, in der meist informativ über die Umtriebe der Agitatoren vom rechten Rand in unserem Landkreis berichtet wird.

Ich weise diesbezüglich auf die von Ihrer Facebook-Redaktion formulierten Kommentarregeln hin. Dort steht u.a. zu lesen: „Beleidigungen, nicht belegbare Behauptungen, Extremismus und Propaganda jeder Art … Hetze, Verleumdungen und Drohungen … sind untersagt“.

Ich möchte Sie hiermit bitten, diese Regeln auch umzusetzen und für eine Debattenkultur zu sorgen, die Hasspredigern den Boden entzieht. Erst kürzlich wieder war zu lesen, in unserer Konstanzer Stadtverwaltung und den dazugehörigen Gremien seien nur noch „Vollpfosten“ unterwegs, die sich in der Regel „persönlich die Taschen vollstopfen“. So geht das nicht und führt nur zu einer weiteren und bedrohlichen Spaltung auch unserer Stadtgesellschaft.

Mit freundlichen Grüßen
Holger Reile

PS: Reile hat seine Mail bereits am 19. September 2025 an den Südkurier-Chef geschickt. Eine Antwort steht noch aus.

Hallenbad gerettet – vorerst

Erneut wurde im Gemeinderat darüber diskutiert, ob man das beliebte Hallenbad am Seerhein schließen solle, um Kosten zu sparen. Ein Prüfbericht wurde vorgelegt. Hier der Debattenbeitrag unseres Stadtrates Holger Reile.

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen,

Dieser Prüfbericht zum Hallenbad könnte klarer nicht sein. Er liegt uns allen vor und die Ergebnisse zeigen unmissverständlich, ich zitiere aus der Vorlage: „Die Schließung des Hallenbads am Seerhein brächte für die Stadt Konstanz weder den erhofften haushaltswirtschaftlichen Einspareffekt noch gesellschaftliche oder stadtentwicklungspolitische Vorteile. Das tatsächliche Einsparpotential beim Zuschussbedarf für die Bädergesellschaft wäre nach Abzug aller kalkulierten Folgekosten und Einnahmeverluste minimal. Das Einsparpotential stünde in keinem Verhältnis zu den gravierenden Nachteilen. Das Schul- und Vereinsschwimmen würde massiv eingeschränkt, die Schwimmausbildung von Kindern und Jugendlichen würde reduziert und die erfolgreiche Vereinsarbeit bedroht“.

Der Prüfbericht empfiehlt dem Gemeinderat deswegen in aller Deutlichkeit folgendes Vorgehen: „Vor dem Hintergrund der dargestellten Fakten und Risiken empfiehlt die Stadtverwaltung, das Hallenbad am Seerhein mit Schwimmbetrieb zu erhalten und die notwendigen Investitionen für den Weiterbetrieb und die denkmalgerechte Sanierung einzuplanen. Die vermeintlichen Einsparungen einer Schließung stehen in keinem Verhältnis zu den gesellschaftlichen, bildungspolitischen und städtebaulichen Nachteilen. Der Erhalt des Hallenbads ist die nachhaltigste und verantwortungsvollste Lösung für die Stadt Konstanz“.

Dieser Empfehlung, Kolleginnen und Kollegen, sollten wir tunlichst folgen. Richtig ist, aufgrund unserer prekären Haushaltslage müssen wir sparen. Aber es wäre sicher der absolut falsche Weg, damit beim Hallenbad zu beginnen. Es gibt einige andere Projekte, die sich da anbieten und über die wir gern reden können und deren höchst defizitärer Weiterbetrieb gegenüber unserer Stadtgesellschaft nicht mehr zu vertreten ist.

Anmerkung: 25 der anwesenden 39 Rätinnen und Räte, darunter die von FGL/Grüne, SPD, JFK, FDP und LLK, stimmten für den Weiterbetrieb des Hallenbades, 3 (Freie Wähler) waren dagegen, 11 (Freie Wähler, CDU und Oberbürgermeister Burchardt) enthielten sich.

Späte Ehrung für Erwin Reisacher

Erwin Reisacher © Privat

Bei der Gemeinderatssitzung am 25.9.2025 stand ein Antrag der SPD auf der Tagesordnung, den Seeuferweg nach Erwin Reisacher umzubenennen. Hier der Redebeitrag unseres LLK-Rates Holger Reile.

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen:

Meine Fraktion, die Linke Liste Konstanz, unterstützt den Antrag der SPD, den Seeuferweg in Erwin-Reisacher-Weg umzubenennen. Gründe, die dafür sprechen, sind im Antrag nachzulesen, ich muss sie hier daher nicht noch einmal in aller Ausführlichkeit auflisten.

Nur so viel: Ohne jeden Zweifel war Erwin Reisacher über lange Jahre eine wichtige Persönlichkeit der Konstanzer Nachkriegsgeschichte, die er als engagierter Kommunalpolitiker entscheidend mitgeprägt hat. Auch als Gewerkschafter vertrat er immer die Belange der Arbeitnehmerschaft und ohne seinen legendären und fast schon historischen Uferspaziergang vor rund 50 Jahren wäre der öffentliche Seeuferweg, wie wir ihn heute kennen und außerordentlich schätzen, wahrscheinlich nicht entstanden.

Der Vorschlag der Verwaltung, die Umbenennung aus rein formalen Gründen abzulehnen, überzeugt nicht. Ebenso wenig wie die Anregung, den Namen Reisacher für eine kommende Straßenbenennung irgendwann und irgendwo am Stadtrand vorzumerken – denn die Erinnerung an ihn ist eben sehr eng mit dem Seeuferweg verbunden und Teil unserer historischen Stadtgeschichte, die endlich auch sichtbar werden sollte. Dazu: bei den jüngst erfolgten Straßenumbenennungen gab es zum Teil aus der betroffenen Bürgerschaft wegen anstehender Ummeldung und diverser Amtsgänge Kritik. Das ist beim Seeuferweg nicht der Fall, denn Anwohner sind bei einer Umbenennung davon nicht betroffen.

Ein Letztes noch: Jahrzehntelang waren auf Straßenschildern in unserer Stadt Namen von Leuten zu lesen, die mit dem Nationalsozialismus verbunden waren und dieses mörderische Regime sogar unterstützten. Das haben wir korrigiert und die Straßen richtigerweise umbenannt. Und das war auch gut so.

In diesem Sinne bitten auch wir um Zustimmung für den Antrag, den Seeuferweg in Erwin-Reisacher-Weg umzubenennen und posthum – gerade in diesen Zeiten – an einen aufrechten Demokraten zu erinnern, der diese Auszeichnung längst verdient hat.

Ein Letztes noch: Wenn es um die Finanzierung des neuen Straßenschildes geht – wir müssen ja sparen – spendiere ich dafür einmalig meine monatliche Vergütung für mein Ehrenamt in diesem Hause.

Vielen Dank

Aktuelle Anmerkung: Auf Antrag von CDU und Freien Wählern wurde der Antrag der SPD in die Straßenbenennungskommission (StBK)  zurückverwiesen, dabei unterstützt auch von der Verwaltung. Die Sozialdemokraten bezeichneten im Nachhinein diesen Vorgang als „rechtswidrig“, denn die StBK ist ein beratendes Gremium ohne Beschlusskompetenz. Ein peinlicher Vorgang, denn das hätte die Verwaltung wissen müssen. Mittlerweile hat sie sich für diesen Fauxpas entschuldigt und somit kommt das Thema voraussichtlich bei der kommenden Gemeinderatssitzung am 23. Oktober erneut auf die Tagesordnung.

Mehr Abstellmöglichkeiten – für Fahrräder

Baustelle am Bahnhof Petershausen

Am Bahnhof Petershausen beginnen die Bauarbeiten für ein neues Radhaus mit 40 gesicherten Stellplätzen, am Hauptbahnhof soll in ein paar Jahren ein großes, zentrales Fahrradparkhaus für ca. 750 Räder entstehen. Beide Einrichtungen sind wichtige Schritte zum klima- und menschenfreundlichen Umbau unserer innerstädtischen Verkehrssysteme. Sie kommen zudem auch Fußgänger:innen und mobilitätseingeschränkten Menschen zugute, für die notgedrungen auf den Gehwegen abgestellte Fahrräder oft hinderlich sind.

Erstaunlicherweise stoßen diese Bauvorhaben nicht überall auf Zustimmung. Autofahrende Mitmenschen beklagen die angebliche einseitige Bevorzugung der Radelnden, und es wird die Forderung erhoben, Abstellplätze für Fahrräder müssten „kostenneutral“ gestaltet werden. Das heißt, die Preise für das Fahrradparken in diesen Häusern sollten so hoch sein, dass sie die Kosten zumindest für den laufenden Betrieb decken.

Wer solche Forderungen erhebt, übersieht etwas: Unsere Innenstädte wurden in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg mit hohem finanziellem Aufwand autogerecht umgebaut und dabei teils nachhaltig verschandelt. Eine einseitige Bevorzugung eines Verkehrsmittels gibt es bisher ausschließlich für den motorisierten Verkehr. Dass die Allgemeinheit die Milliarden für die direkten Kosten des Autos (Verkehrswege) ebenso wie für die indirekten Kosten (Mief, Klimabelastungen, Tote und Schwerverletzte, Landschaftsverbrauch, gesundheitsschädlicher Lärm) trägt, wird dabei gern verschwiegen. Schätzungen gehen davon aus, dass die öffentlichen Hände jedes Auto mit ca. 5.000,– Euro pro Jahr subventionieren. Angesichts der dringend gebotenen innerstädtischen Verkehrswende hin zum Fuß- und Radverkehr ist jeder für Fahrräder und Fußgänger:innen investierte Euro unserer Meinung nach eine notwendige Zukunftsinvestition.

Ein Fest für Konstanzer:innen

Copyright MTK / Achim Mende

Das Seenachtfest ist für viele Konstanzer:innen ein Höhepunkt des Sommers, und doch wirkt es wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten: Von weither – teils mit dem Auto – anreisende Menschen belasten Umwelt und Infrastruktur, die Innenstadt wird für manche Anwohner:innen zwölf Stunden lang unbewohnbar.

Auch am und im Wasser gibt es deutliche Spuren: Wasservögel suchen verschreckt das Weite, Uferbereiche werden zertrampelt, und das prächtige Feuerwerk ist eine Tortur für das Klima und die Nerven vieler Haustiere, die sich zitternd unter Sofas und Schränken verkriechen.

Dieses „Fest“ ist schon längst kein heiteres Zusammensein mehr, sondern ein touristisches und kommerzielles Großereignis, mehrere Nummern zu groß für eine mittlere Stadt in einer ziemlich einmaligen, hochsensiblen Landschaft.

Wir denken, dass es jetzt höchste Zeit ist, diese Veranstaltung zu beerdigen – oder aber einen Neuanfang mit einer ganz anderen Zielsetzung zu wagen. Das Seenachtfest muss sich wandeln oder verschwinden. In Zukunft muss unserer Meinung nach das Festgelände deutlich verkleinert werden: Für eine Party, die sich vor allem an die Konstanzer:innen und ihre Feriengäste richtet, genügt ein Teil des Hafenareals allemal. Welche Programmpunkte am, im und auf dem Wasser geboten werden, muss künftig nach deren Umweltverträglichkeit entschieden werden. Besonders kritisch sehen wir das Feuerwerk mit seinen deutlichen Klima- und Lärmbelastungen. Hier ist zu prüfen, ob nicht eine Drohnen- oder Lasershow wie in anderen Städten einen ähnlich hohen Unterhaltungswert bei wesentlich geringerer Belastung von Klima, Natur und Mensch bieten kann – oder ob man nicht besser völlig darauf verzichtet, die ohnehin schon wunderschöne laue Sommernacht für eine halbe Stunde mit einem immensen Aufwand zu illuminieren.

Pflegenotstand

Die Babyboomer treten zwar erst in einigen Jahren ins Greisenalter ein, aber schon heute ist absehbar: Es wird auf keinen Fall genügend stationäre Plätze für alle Bedürftigen geben, viele Menschen müssen daheimbleiben und ambulant versorgt werden.

Wer aber organisiert und leistet die Pflege und Betreuung der bedürftigen Menschen vor Ort, wer kauft ein, wer wäscht sie und ihre Wäsche, was hilft gegen die Einsamkeit? Wie kann die Gesellschaft uns allen ein menschenwürdiges Leben auf den letzten Metern ermöglichen?

Der Stadtseniorenrat hat erneut Alarm geschlagen: Aufgrund der langen Vorlaufzeiten muss mit der Lösung dieses Problems, das durch den Personalmangel noch verschärft wird, jetzt begonnen werden, auch wenn dies viel Geld kostet.

Viele Aufgaben lassen sich nämlich allein ehrenamtlich nicht erledigen. Eine Lösung wäre vielmehr ein dichtes, flächendeckendes Netz von Quartierszentren für Jung und Alt, die jeweils eine relativ kleinräumige Nachbarschaft betreuen, in der man sich kennt. Diese Zentren brauchen professionelle Mitarbeiter*innen, die die Hilfe für die Älteren besorgen, die koordinieren, organisieren und beraten können und die Begegnungsmöglichkeiten gegen die mörderische Vereinsamung anbieten.

Damit das Alter nicht für eine ganze Generation zu einer Katastrophe wird, müssen die nötigen Einrichtungen umgehend aufgebaut werden. Das ist eine der dringlichsten Aufgaben der Stadtverwaltung, die für die Daseinsvorsorge ihrer Bürger*innen verantwortlich ist. Sonst wird die Frage eines menschenwürdigen Alters zu einer Frage des Geldbeutels, denn nur wenige Reiche können die nötigen Dienstleistungen bezahlen.Ohne die Unterstützung durch entsprechende professionell geführte Einrichtungen bedeutet das Alter für nicht wenige ältere Einwohner*innen Armut, Traurigkeit und Einsamkeit. So weit darf es nicht kommen!

Traumtänzerei Wasserbus

Die Konstanzer Verwaltungsspitze fällt immer wieder einmal durch originelle Ideen für den örtlichen Nahverkehr auf, die gerade in finanziell schwierigen Zeiten nicht finanzierbar sind, aber einen hohen Marketingeffekt haben. Man denke nur an die Idee einer Seilbahn quer durch die Stadt – oder an die jüngsten Pläne für einen Wasserbus zwischen Bofo und Innenstadt. Einer Verbesserung der Situation aller Konstanzer*innen, die Tag für Tag in überfüllten Bussen zur Arbeit oder in die Schule fahren, dienen solche Pläne jedenfalls ganz und gar nicht …

Die Anschaffung eines elektrisch betriebenen Wasserbusses kostet 2,3 Millionen Euro, während ein Straßenbus mit E-Antrieb für 950.000 Euro zu haben ist. Für die Kosten des Schiffles bekommt man also mehr als zwei nagelneue E-Busse. Während das Boot aber an nur ca. 163 Tagen im Jahr tagsüber für den Einkaufsverkehr zwischen Parkplatz Europabrücke und Innenstadt eingesetzt werden sollte, können die Busse täglich auf (fast) allen Straßen der Stadt und ihrer Vororte fahren, wo sie gerade benötigt werden.

Eine Probephase mit einem Wasserbus auf derselben Strecke zwischen 2018 und 2020 hat bereits gezeigt, dass der Wasserbus, so reizvoll er auch sein mag, für die geplante Aufgabe wenig geeignet ist. Der jetzt angestrebte weitere Probelauf mit einem vorhandenen – d.h. konventionell angetriebenen – Schiff spricht allen Klimaschutzbeteuerungen der Stadt Konstanz Hohn und kostet Geld, das die Stadt besser verwenden könnte.

Mit uns sind solche Prestigeprojekte, die sich zwar nett anhören, aber allenfalls touristischen Zwecken dienen, nicht zu machen. Wir plädieren vielmehr seit jeher für einen flächendeckenden Busverkehr mit einem bedarfsgerecht dichten Takt und attraktiven Fahrpreisen. Davon würden dann nicht nur wirklich alle Konstanzer*innen, sondern auch das Klima profitieren.