Karin Becker wird ihren Vertrag nicht verlängern. Die Ursache: Eine konstante Spardebatte. Die konservativen Gemeinderatsfraktionen haben in Zusammenarbeit mit der Stadtspitze die beiden großen Kulturbetriebe – Philharmonie und Theater – angezählt. Ohne Rücksicht auf die vielen Beschäftigten der beiden Häuser wurden Sparquoten diskutiert, die wesentliche Einschnitte im kulturellen Angebot, für die Philharmonie mit großer Wahrscheinlichkeit sogar das Aus bedeutet hätten. Zwar konnten diese irreversiblen Schäden abgewendet werden, zurückgelassen hat die Debatte verunsichertes Personal und eine demotivierte Leitung. Karin Becker hat menschlich höchst verständliche Konsequenzen gezogen: Sie verlässt das sinkende Schiff.
Mit Karin Becker verliert die Stadt nach Insa Pijanka erneut eine kritische Stimme und engagierte Verfechterin der Rechte von Frauen und Minderheiten. Sie hat das Repertoire des Theaters erweitert und queere Schauspieler*innen an den Bodensee geholt. Hervorzuheben ist, wie sie gemeinsam mit dem Ensemble für den abgeschobenen Alieu und gegen die Verbrechen der Hamas in Gaza einstand. Das zeigt: Das Theater – und genauso die Philharmonie – sind wertvolle Bereicherungen nicht nur unserer Kultur-, sondern auch unserer Meinungslandschaft und tragen zu einer pluralen Stadtgesellschaft bei.
Darauf kann Konstanz nicht verzichten, auch nicht in Zeiten klammer Kassen. Dass Oberbürgermeister Burchardt die Initiative der CDU unterstützte und sogar für radikale Sparmaßnahmen stimmte, lässt die notwendige Sensibilität für die Konsequenzen der Entscheidung für Konstanz vermissen. Unter diesen Vorzeichen wird es schwer werden, neue Führungskräfte für Theater und Philharmonie zu finden.
Der Gemeinderat muss jetzt zeigen, dass er sich anders als der Oberbürgermeister ohne Wenn und Aber für seine Kultureinrichtungen entscheidet. Bei der aktuellen Haushaltslage geht das nur, indem andere Wunschkonzerte abgesagt werden. Dazu zählen wenig sinnvolle Projekte wie „Smart Green City“ und überflüssige Mehrausgaben beispielsweise durch den Wirtschaftsausschuss. Bei aller Sympathie für die Wissenschaft kann es auch nicht angehen, dass die Stadt Konstanz den Wissenstransfer der HTWG in die Wirtschaft bezahlt. Eine Rückbesinnung auf die kommunalen Aufgaben ist fällig: Das Wohl der Bürger*innen der örtlichen Gemeinschaft zu fördern ist die Pflicht kommunaler Mandatsträger*innen. Deutschlandweite Tagungen von Industrieunternehmen im Bodenseeforum zum Preis von 2,43 Millionen Euro pro Jahr können wir uns nicht mehr leisten.
Linke Liste Konstanz