Massenunterkünfte auflösen, Geflüchtete dezentral unterbringen

Autor | 9. Mai 2020

Der Verein „83 Konstanz integriert“ hat sich Verdienste bei der Unterbringung von Geflüchteten erworben. Trotz Wohnungsnot ist es den Aktiven gelungen, 165 Menschen ein Dach über dem Kopf zu vermitteln, die das aus eigener Kraft nur schwer geschafft hätten. Im Gemeinderat ging es jetzt um die Verlängerung des städtischen Zuschusses an den Verein, dessen Aufgaben wichtiger denn je sind. Der Unterstützung der Linken Liste konnte sich die Initiative gewiss sein. LLK-Stadträtin Anke Schwede nutzte ihren Redebeitrag für Kritik am Umgang der Stadtverwaltung mit den Geflüchteten, von denen viele immer noch in Sammelunterkünften hausen müssen, brandgefährlich gerade in Corona-Zeiten. Gegen Viren helfen keine Zäune, sagte Schwede, die Schutzsuchenden müssten endlich dezentral untergebracht werden. Hier ihr Beitrag (es gilt das gesprochene Wort).

Herr Oberbürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen,

auch wir stimmen voller Überzeugung dem Antrag von „Konstanz integriert“ über insgesamt 48.500 Euro für Personal- und Sachkosten zu. Der Verein hat eindrucksvoll bewiesen, welche Erfolge erzielt werden können, wenn man sich mit großem Engagement für eine bedeutende Sache einsetzt. Die ursprüngliche Zielvorgabe von 83 Wohnmöglichkeiten für anerkannte Geflüchtete ist quasi verdoppelt worden, rund 165 Personen wurden in Privatwohnungen vermittelt. Angesichts dieser Zahlen könnte man auch mit Victor Hugo sagen: „Nichts auf der Welt ist so kraftvoll wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist“.

Dies sage ich auch im Hinblick auf die beiden Massen-Unterkünfte Steinstraße und Luisenstraße und die dortigen mehr als ungenügenden Zustände, nicht nur zu Zeiten von Covid-19. Denn Sammelunterkünfte haben ein strukturelles Problem: Die Menschen in den Unterkünften dort sind unzulänglich geschützt gegen Infektionskrankheiten, aktuell natürlich gegen das Corona-Virus – da helfen auch Zäune wenig. Viele leben auf engstem Raum, es ist meistens nicht möglich, genügend Abstand zu halten. Die sinnvollste Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist die dezentrale Unterbringung der Bewohnerinnen und Bewohner. So hat zum Beispiel das Verwaltungsgericht Leipzig einer Klage eines Asylbewerbers stattgegeben, die Einrichtung verlassen zu dürfen, da die Abstandsregeln nicht eingehalten werden konnten.

Auch wir, die Stadt Konstanz, sollten weiterhin die größten Anstrengungen unternehmen, diese sicherere und natürlich auch grundsätzlich menschenwürdigere Unterbringungsform konsequent umzusetzen. Die Linke Liste hat immer, wie andere Fraktionen auch, die wichtigen Entscheidungen zur Anschlussunterbringung in Konstanz mitgetragen. Insbesondere die 2016 beschlossenen, dezentralen Projekte Egg, Zergle, im Paradies, Allmannsdorf, Dingelsdorf und nicht zuletzt Litzelstetten. Die damalige Landesförderung ist zwar leider ausgelaufen und manche Projekte sind anders umgesetzt worden, auch mit der Unterbringung ehemaliger Geflüchteter, aber leider reicht das nicht aus.

Daher muss unserer Meinung nach alles getan werden, um eine dezentrale, qualitätsvolle Unterbringung und einen guten Integrations-Start für die Konstanzer Neubürgerinnen und Neubürger zu konkret umzusetzen.

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