Lebenswerter Ort für alle statt Kommerzparadies

Von einer planvollen Stadtentwicklung, die sich am Bedarf der Bevölkerungsmehrheit orientiert, kann in Konstanz nicht die Rede sein. Rathaus und Gemeinderatsmajorität lassen immer wieder Unternehmen vor allem der einflussreichen Einzelhandels- und Tourismusbranche freie Hand, auch wenn dies die Lebensqualität mindert. Besonders deutlich wird das in der Kernstadt, wo sich seit Jahren große Einzelhandelsketten auf Kosten des heimischen Gewerbes breit machen können. Das Ende des Scala-Kinos, für dessen Erhalt sich eine breite Bürgerbewegung und auch die LINKE LISTE eingesetzt hatte, ist nur ein Beispiel dafür. Das Traditionskino musste einer weiteren dm-Filiale weichen, weil sich Verwaltung und Ratsmehrheit aus der Verantwortung stahlen.

Besonders zynisch ist deren Verweis auf eine Rechtslage, die sie selbst verschuldet haben. Denn bis heute fehlt ein verbindlicher Bebauungsplan, der dem ungezügelten Zugriff profithungriger Investor*innen auf Filetstücke der Konstanzer Innenstadt Einhalt gebietet Auch in einem weiteren Fall demonstriert die bürgerliche Kommunalpolitik, dass ihr Forderungen von Unternehmen allemal mehr bedeuten als Einwohner*innenwünsche nach einer lebenswerten Stadt. Im Büdingen-Park brauchte es eine von einer Bürgerinitiative herbeigeführte Gerichtsentscheidung, um die von den zuständigen Verwaltungsorganen abgesegneten Pläne des Großinvestors Buff zu stoppen, ein Wellness-Hotel für Millionär*innen und Milliardär*innen hochzuziehen.

Für viele Bäume kam der Baustopp zu spät, weil die Verwaltung in vorauseilendem Eifer schon mal die Kettensägen freigegeben hatte, obwohl vom Investor noch gesetzeskonforme Pläne nachzureichen waren.

Mit dieser immer wieder zur Schau gestellten Arroganz der Macht gegenüber vielfach formulierten Bevölkerungswünschen muss endlich Schluss sein. Die LINKE LISTE fordert eine breit angelegte Diskussion über die zukünftige Gestaltung der Stadtgesellschaft – mit echten Mitsprachemöglichkeiten für alle Bürger*innen. Über Großprojekte soll künftig in bindenden Bürgerentscheiden befunden werden. Für den gesamten Bereich der Innenstadt brauchen wir endlich rechtsverbindliche Pläne, die der Fehlentwicklung zur öden Konsummeile einen Riegel vorschieben. Im Fall Büdingen schlagen wir vor, dem Investor ein Rückkaufangebot für sein Grundstück zu unterbreiten, damit dort unter städtischer Regie ein Mix aus Park und dringend benötigtem bezahlbaren Wohnraum realisiert werden kann.

Die Stadt soll ein lebendiger Ort sein, an dem sich Menschen aufhalten, treffen und ihre Freizeit – auch unabhängig von Konsumangeboten – verbringen können. Das gilt für das Zentrum ebenso wie für Grünflächen und das Seeufer. Ein lauschiger Abend mit Familie, Freunden und Bekannten am See ist ein Luxus, der nicht zum Luxusgut werden darf! Hier ist einer zunehmenden Beschränkung öffentlicher Angebote entgegen zu treten. Die derzeit eng begrenzte Bewirtschaftung des Rheinstrandbades ist so nicht hinnehmbar.

Dabei kann es sicherlich auch zu Interessenkonflikten kommen. Die Linke Liste setzt hier auf ein respektvolles Miteinander innerhalb der Stadtgesellschaft: Durch gegenseitige Rücksichtnahme lässt sich mehr Konfliktpotenzial abbauen als durch Restriktionen. Die Kameraüberwachung öffentlicher Plätze lehnen wir ebenso ab wie das Glasflaschenverbot am See und den kommunalen Ordnungsdienst. Der Herosé-Park darf den Interessen gutbetuchter Anwohner*innen nicht weichen müssen. Auch die Sperrstunde bedarf unseres Erachtens einer Überprüfung. Wo Plätze aufgrund des Ruhestörungsverbots nur begrenzt nutzbar sind, müssen angemessene Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden. Die Nahverkehrsanbindung des Hörnles ist auszubauen. Überall gilt: die Bereitstellung einer entsprechenden Infrastruktur – etwa ausreichend Mülleimer und öffentliche Toiletten – löst Probleme bevor sie entstehen.