Linke Liste wählt Bewerber*innen für die Gemeinderatswahl

Autor | 17. Januar 2019

Die Linke Liste Konstanz (LLK) rüstet sich für den Urnengang am 26. Mai. Am Mittwoch (16.1.) nominierten die demokratisch-sozialistischen Linken die Kandidat*innen für die Gemeinderatswahl. Erfreuliches Ergebnis: Die Liste ist jünger und weiblicher geworden. Im ersten Drittel finden sich nicht wenige Studierende und Auszubildende, bis zum Platz 26 wechseln sich männliche und weibliche Bewerber*innen ab. Zum Spitzenkandidaten kürte die gutbesuchte Versammlung in der Chérisy den 24-jährigen Juristen Simon Pschorr, der bei der Bundestagswahl für die LINKE vor Ort mehr als neun Prozent geholt hatte. Als Ziel gaben mehrere Redner*innen den Zugewinn mindestens eines weiteren Sitzes im Konstanzer Stadtparlament aus, um soziale und solidarischer Politik zu stärken. Wir dokumentieren die Redebeiträge von Anke Schwede und Holger Reile, die, auf Platz zwei und drei der Liste gewählt, wieder in den Rat einziehen wollen.


Anke Schwede

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Kandidierende,
einleitend ein paar Worte zu meiner Person, denn nicht alle Anwesenden werden mich kennen:

Ich heiße Anke Schwede und bin 1965 geboren, habe Psychologie, Geschichte sowie Sprachwissenschaft in Bamberg und Konstanz studiert und arbeite als selbständige Lektorin. Ich war und bin seit vielen Jahren in verschiedenen emanzipativen, antifaschistischen und friedenspolitischen Initiativen und Gruppierungen aktiv. Zum Beispiel im Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel und der (VVN-BdA), Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Während meiner Studienzeit habe ich mich u. a. im AStA und Frauenreferat engagiert.

Seit Mitte/Ende der Neunziger Jahre bin ich kommunal-, sozial- und friedenspolitisch aktiv, sowohl bei der Linken Liste als auch beim Kreisverband der Linken Konstanz. Und ab Mitte 2014 bin ich Mitglied des Konstanzer Gemeinderats – man könnte sagen als Nachfolgerin von Vera Hemm, die neun Jahre für uns in diesem Gremium saß. Meine politischen Felder in diesem Gremium sind die Sozial-, SeniorInnen- und Flüchtlingspolitik. Deswegen bringe ich mich u. a. in folgenden Ausschüssen ein: Spitalausschuss, Sozialausschuss, Bildungs- und Sportausschuss, im Internationalen Forum, dem Arbeitskreis Obdachlosenhilfe und Altenhilfeforum. Man kann also getrost sagen, dass wir nicht wenig Zeit in unser Ehrenamt investieren und wir uns über personelle Verstärkung sehr freuen würden.

Nun will ich inhaltlich auf einige meiner Schwerpunkte eingehen. Seit Jahren setzen wir uns für die längst fällige Aktualisierung des Armutsberichts von 2002 und für die Ausweitung des Konstanzer Sozialpasses ein: denn der öffentliche Personennahverkehr beispielsweise muss für SozialpassinhaberInnen kostenlos sein, weil sie in besonderem Maße auf Mobilität angewiesen sind. Unser langfristiges Ziel allerdings ist der kostenfreie ÖPNV für alle Konstanzer Bürgerinnen und Bürger. Seit Anbeginn unserer parlamentarischen Tätigkeit fordern wir kostenfreie Kitas und Kindergärten, ein Zug, auf den jetzt, im Wahljahr, auch die Landes-SPD aufgesprungen ist. So wie der Schulbesuch sollte auch die frühkindliche Bildung kein Geld kosten, damit kein Kind zurückbleibt.

Auch das Thema Altersarmut wird uns zunehmend beschäftigen, worauf der hiesige Stadtseniorenrat unlängst wieder zu Recht hingewiesen hat. Und die Zahl der Wohnsitzlosen nimmt auch in KN stark zu, was sich regelmäßig im Arbeitskreis Obdachlosenhilfe widerspiegelt. Im Juli letzten Jahres haben wir in diesem Zusammenhang eine detaillierte Anfrage zur Kampagne der Stadt gegen „aggressives Betteln“ im Gemeinderat gestellt. Mit Plakaten und Maßnahmen des kommunalen Ordnungsdiensts will die Konstanzer Stadtverwaltung Menschen aus dem Stadtbild verbannen, die ihr (Über-)Leben durch Betteln fristen müssen. Städtische und polizeiliche Ordnungskräfte haben darüber hinaus mit der Räumung von Lagern begonnen, in denen die ins Visier genommenen Menschen Unterkunft fanden. Als „aggressiv“ gilt der Verwaltung dabei schon, wer eine Person anspricht, auf sie zugeht oder ein Kind auf dem Schoß hält. Die Verantwortlichen dieser Kampagne greifen auf unbewiesene Behauptungen zurück, wonach etwa oft organisierte Bettelbanden zu Werke gingen. Beweise für diese seit Jahren landauf, landab kolportierten Vorwürfe konnte die Verwaltung allerdings nicht vorlegen.

Wir werden am Thema dranbleiben und einen Antrag zum Thema in den Gemeinderat einbringen, der vor allem auf die Kompetenzüberschreitungen des KODs eingehen wird.

Ein wichtiges Anliegen ist mir auch die kommunale und kreisweite Flüchtlingspolitik. Im Mai 2017 haben wir eine Resolution zum Abschiebestopp von Geflüchteten nach Afghanistan in den Gemeinderat eingebracht, die der Oberbürgermeister aber nicht zuließ. Eine deutliche Mehrheit der StadträtInnen wollte sich diesen Maulkorb nicht gefallen lassen und als persönlicher Brief ging der Resolutionstext trotz des Handstreichs des Oberbürgermeisters trotzdem nach Stuttgart und Berlin.

Zulassen musste Uli Burchardt allerdings unseren Antrag im Oktober 2018, Konstanz zum „sicheren Hafen“ zu erklären. Eine deutliche Mehrheit des Gemeinderats folgte erfreulicherweise unserem Antragstext und stimmte zu – die Stadt Konstanz hat sich verpflichtet, Flüchtlinge aus der Seenotrettung aufzunehmen. Der OB stimmte damals nicht zu. Im Gegenteil, er hat Ministerpräsident Kretschmann Anfang Dezember wissen lassen, im Hinblick auf die angespannte Konstanzer Wohnraumsituation sehe er „leider keine Möglichkeit“, einige von einem spanischen Fischerboot im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge aufzunehmen. Wir haben uns in einer Medienmitteilung dagegen gewandt und das traditionelle Weihnachtsessen von Verwaltung und Gemeinderat boykottiert und die anderen Fraktionen aufgerufen, unserem Beispiel zu folgen. Leider ohne Erfolg.

Auch dieser Fall wird ein Nachspiel haben, wir werden die oberbürgermeisterliche undemokratische Ignoranz gegenüber dem Gemeinderat nicht hinnehmen.

Abschließend noch einige wenige Worte zu meiner Tätigkeit im Kreistag. Seit Oktober 2017 bin ich Nachrückerin für Marco Radojevic, der aus beruflichen Gründen das Gremium verlassen musste. Hier engagiere ich mich im Besonderen für die Gesundheitspolitik, sprich den Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz, der in den letzten Wochen in finanzielle Schieflage geraten ist. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Lage nicht dazu ausgenutzt wird, den ehemaligen Eigenbetrieb der Stadt Konstanz gänzlich zu privatisieren, sprich an Helios, Asklepios oder die Sana-Kliniken zu verscherbeln. Zukünftig werde ich mich aber auf die Gemeinderatsarbeit in Konstanz konzentrieren, denn ein ehrenamtlicher Halbtagsjob reicht.

Angesichts der fortgeschrittenen Zeit und unseres weiteren umfangreichen Programms soll es das von mir gewesen sein – Danke für eure Aufmerksamkeit!


Holger Reile

Liebe Freundinnen und Freunde, Quer- und Freidenker, Genossinnen und Genossen,
wie Ihr ja alle wisst, vertreten Anke Schwede und ich die Linke Liste im Konstanzer Gemeinderat und wir treten erneut an, verbunden mit der berechtigten Hoffnung, mindestens einen weiteren Sitz zu erobern. Das muss unser gemeinsames Ziel sein …

Wir haben heute Abend viel vor, und so möchte ich in gebotener Kürze stichwortartig einige unserer Positionen erläutern, für die wir im Rat stehen – für die wir gefochten haben und das auch weiterhin tun werden.

Wem gehört eigentlich diese Stadt? Diese Frage stellt sich auch bei Themen wie Verkehr und bei der Wohnungspolitik. Bei letzterem haben wir immer dafür plädiert, vorrangig günstigen Wohnraum zu schaffen. Doch damit stießen wir bei Verwaltung und auch bei den anderen Fraktionen meist auf taube Ohren. Das Handlungsprogramm Wohnen hat nur wenig an der desolaten Situation geändert. Beispiel Laubenhof: Wir haben uns vehement dafür eingesetzt, dass die Stadt dieses Gelände kauft, – denn sie hat das Geld – und dort eigenständig bezahlbaren Wohnraum schafft. Doch mit dieser Forderung standen wir alleine auf weiter Flur, die erhoffte Unterstützung von FGL oder SPD blieb aus. Ganz zu schweigen von dem angeblich Jungen Forum, bei denen eh keiner weiß, wofür diese Sandkastentruppe eigentlich steht. Kein Wunder also, dass sich eine Mehrheit des Rates dafür entschieden hat, das Gelände einem privaten Investor zu überlassen. Resultat: Dort werden nun überwiegend Eigentums- Wohnungen angeboten, bei denen der Quadratmeterpreis bei rund 7000 Euro liegt. Das nenne ich einen wohnungspolitischen Offenbarungseid.

Ähnlich verhält es sich bei dem früheren Siemens-Gelände. Auch das hätte die Stadt erwerben können, und auch dort hat ein privater Investor den Zuschlag bekommen. Und auch das, liebe Freundinnen und Freunde, war eine falsche Entscheidung, die lediglich dazu führen wird, dass diese Stadt für Normalbürger unbezahlbar wird. Gerade der Konstanzer Immobilienmarkt bietet Spekulanten die Möglichkeit, sich´auf Kosten der Bevölkerung zu bereichern. Beispiel Vonovia in der Schwaketenstraße, wo die BewohnerInnen mit Zwangsmodernisierungen schikaniert werden und fürchten müssen, ihre Wohnungen zu verlieren. Solche Unternehmen sollten meiner Meinung nach umgehend enteignet werden.

Thema Verkehr: Seit Jahren erstickt unsere Stadt durch den motorisierten Individualverkehr. Mehrmals und immer wieder haben wir die zuständige Verwaltung aufgefordert, zusammen mit den benachbarten Gemeinden Konzepte zu erstellen, an deren Ende eine autofreie Innenstadt entsteht. Aber auch hier setzt man auf halbgare Lösungen und bastelt an einem C-Konzept, das vermutlich an dem verkehrspolitischen Chaos nicht viel ändern wird. Wohin der Hase läuft, verdeutlicht die Aussage eines städtischen Verkehrsplaners, der erst kürzlich erklärt hat, – es ginge nicht um die Verbannung des Verkehrs aus der Innenstadt, sondern darum, Zitat: „Dass der Verkehr besser fließt“. Ich habe übrigens schon vor geraumer Zeit im Ausschuss angeregt, zumindest mal einen autofreien SAMSTAG einzuführen – die haben mich alle, inklusive der Grünen, angeschaut, als käme ich von einem anderen Stern.

Mit der Verkehrsfrage verbunden ist unserer Auffassung nach eine Neuordnung des ÖPNV. Will heißen: Im zuständigen Ausschuss haben wir mehrmals gefordert, flächendeckend ein 1-Euro-Ticket anzubieten – andere Städte machen das längst oder sind gerade dabei. Auch hier bekamen wir keine Unterstützung von anderen Fraktionen. Es gab lediglich einen lauwarmen Vorschlag von FGL und JFK, jeweils samstags die Busnutzung gratis anzubieten. Das allerdings ist absurd, wenn die Stadt vollgestopft ist mit PKWs und der Bus dann ebenfalls im Stau steht. Also werden wir weiterhin für eine Änderung im Bereich ÖPNV fechten, der gerne gratis sein darf – denn auch das könnte sich diese verhältnismäßig reiche Stadt durchaus leisten.

Oft wird uns entgegengehalten, dass das alles nicht finanzierbar sei. Erstens stimmt das nicht und das sagen gerade jene, die seit rund zwei Jahren keine Probleme haben, für das Bodenseeforum Millionen Euro in den Seerhein zu kippen. Wie Ihr wisst, haben wir von Anfang an vor diesem Projekt eindringlichst gewarnt – aber alle anderen Fraktionen gaben bislang grünes Licht für diesen Irrsinn, der da stattfindet. Aber auch denen wird langsam klar, dass sie unverantwortlich mit Steuergeldern umgegangen sind und der Zuspruch bröckelt – denn schließlich stehen die Kommunalwahlen vor der Türe. Kurz vor der Weihnachtspause haben wir in einer Pressemitteilung die sofortige Schließung des Bodenseeforums gefordert – in der hiesigen Tagespresse war davon nichts zu lesen, aber natürlich auf seemoz, unseren eigenen Seiten und – man staune – im Singener Wochenblatt….

Über 20 Millionen Euro wurden bisher für das BoFo ausgegeben. Was könnte man damit nicht alles finanzieren, wovon auch die Bevölkerung profitieren würde? Nur wenige Beispiele: Kostenfreie KiTa-Betreuung – bessere Ausstattung von Schulen und Kindergärten – stark verbilligter oder sogar kostenfreier ÖPNV – bessere Bezahlung von Pflegekräften, die auch bei uns für einen Hungerlohn arbeiten müssen – finanzielle Stärkung nicht nur von Theater und Philharmonie, sondern auch von alternativen Organisationen wie KuLa, Contrast, K9 und vielen anderen….

Dafür standen wir bislang und dafür wollen wir auch die kommenden Jahre im Rathaus kämpfen. Ich glaube, dass es vor allem die LLK ist, die der Verwaltung kritisch auf die Finger schaut, ihre Kontrollfunktion wahrnimmt und sich gegen den Totalausverkauf unserer Stadt wehrt. Unser vorrangiges Ziel ist, ich wiederhole mich da bewusst, dass wir zumindest einen dritten Sitz bekommen, denn dann kommen wir auch in die Aufsichtsräte, in denen die wichtigen Pflöcke eingeschlagen werden.

Und damit das gelingt, brauchen wir Euch und Eure Unterstützung im Wahlkampf – an Ständen, bei der Verteilung von Info-Material, aber auch bei fantasievollen Aktionen, für die es schon gute Ideen gibt. Auch ein Programm wird bis ca. Anfang März ausgearbeitet, das alle relevanten Themen berücksichtigen wird. Beispielsweise auch ökologische Fragen, die da unter anderem wären: Diese Dekadenz auf dem ehemaligen Büdingen-Gelände, wo eine weitere Grünfläche versiegelt wird und ein Freilaufgehege für Millionäre entstehen soll, die sich dort für 10 000 Euro die Woche verwöhnen lassen dürfen. Oder beispielsweise auch die Tatsache, dass auf dem Bodensee – Europas größtem Trinkwasserreservoir – immer noch Motorboote ihr Unwesen treiben dürfen – ein untragbarer Zustand, den es zu beenden gilt.

Toll finde ich – und damit komme ich zum Schluss – dass soviele Junge auf unserer Liste zu finden sind und der Anteil von engagierten Frauen erfreulich hoch ist, denn der weibliche Anteil im Rat liegt derzeit bei jämmerlichen 25 Prozent. Also lasst es uns angehen, damit diese unsere Stadt nicht völlig zu einem Tummelplatz für Spekulanten und Wirtschaftslobbyisten verkommt. Und wenn Ihr glaubt, ich sollte weiterhin unsere Belange im Rat vertreten, dann freut mich das ebenso.

Danke für Eure Aufmerksamkeit.

 

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