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Über “heimische Bürger” und Fremde

Refugees-welcomeIn der öffentlichen Diskussion über die Unterbringung der Flüchtlinge, die es geschafft haben, die Grenzen der Festung Europa zu überwinden, und von denen nun mehrere hundert in Konstanz untergebracht werden sollen, ist häufig von der Gefahr die Rede, man könnte damit die „heimischen Bürger“ überfordern. Zuletzt hat der Oberbürgermeister gar kategorisch erklärt, die Grenzen der Aufnahmefähigkeit seien in Konstanz erreicht. Mit der Heimischkeit von Bürgern ist es aber so eine Sache. Wann zählt man denn zu diesem erlauchten Kreis? Nach 2 Jahren oder 5, nach 10, 20 oder muss man gar hier geboren sein. Nicht nur im letzten Fall hätten in Konstanz viele ganz schlechte Karten.

Denn Tatsache ist: Die Stadt wird seit Jahren vor allem durch Zuwanderung geprägt. Laut städtischer Statistik wuchs die Wohnbevölkerung von 2004 bis 2014 von 76.012 EinwohnerInnen auf 83.179. Im Schnitt sind in der letzten Dekade also jedes Jahr 716 Menschen neu nach Konstanz gezogen (die Wegzüge schon berücksichtigt), Tendenz übrigens steigend – allein in den letzten beiden Jahren waren es mehr als 2.000 Neubürger_innen, die sich bei uns niedergelassen haben.

Weder von Seiten der Politik noch den vielen „besorgten Bürgern“, die jetzt lautstark Alarm schlagen, wurde das auch nur ansatzweise als Problem oder gar Gefahr für das gesellschaftliche Gefüge des Gemeinwesens gesehen. Im Gegenteil: Man begrüßte es stets als Zeichen für die Attraktivität einer prosperierenden Stadt.

Jetzt aber wollen die lokalen politischen Verantwortungsträger plötzlich damit überfordert sein, einige hundert Menschen mehr unterzubringen und ins städtische Leben zu integrieren. Das ist beschämend und entlarvend.

Beschämend nicht nur, weil dabei um Menschen geschachert wird, die vor Krieg und Not aus ihrer Heimat fliehen mußten und unserer Hilfe bedürfen. Es sollte eigentlich vor allem auch den AnhängerInnen einer globalisierten Wirtschafts(un)ordnung die Schamröte ins Gesicht treiben, zu deren Hauptprofiteuren Länder wie unseres zweifelsfrei gehören. „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“ – diese antikapitalische Parole gilt heute mehr denn je.

Entlarvend, weil es zeigt, dass es in der herrschenden Politik mitnichten um die sozialen Interessen von Menschen ohne Ansehen ihrer Herkunft geht, sondern darum, die Kosten für die eigene Klientel (meistens deutsch, manchmal wohlhabend, ganz selten reich – aber Hey, wir reden hier über die Leistungsträger!) zumindest möglichst gering zu halten, wenn nicht gar Kapital daraus zu schlagen. Denn inzwischen dämmert vor allem manchen Freunden „der Wirtschaft“, dass man selbst mit dem massenhaften Flüchtlingselend noch gute Geschäfte machen könnte, vorausgesetzt, die Flüchtenden würden nach ihrer Verwertbarkeit als willige und billige Arbeitskräfte vorsortiert.

Dass es in dieser Stadt wie im ganzen Land inzwischen sehr viele gibt, die solch zynischen sozialdarwinistischen Kosten-Nutzen-Rechnungen eine klare Absage erteilen und den Neuankömmlingen stattdessen helfend zur Seite stehen, ist eine der besten und ermutigendsten Nachrichten seit langem.

Selbstverständlich: die Integration der Neubürger_innen wird es nicht zum Nulltarif geben. In Konstanz ist es vor allem fehlender Wohnraum, der Probleme bereitet. Die in der Stadt herrschende Wohnungsnot ist entstanden, weil die bürgerlich dominierte Kommunalpolitik in einer wachsenden Stadt (siehe oben) das Feld des Wohnungsbaus, eigentlich genuine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge, weitgehend privaten Anlegern überlassen hat. Gebaut wird bis heute vor allem, was Profit verspricht. Das hat nicht nur dazu geführt, dass zu wenig Wohnraum entstand, sondern vor allem solcher, den sich immer mehr Leute immer häufiger nicht mehr leisten können.

Das „Handlungsprogramm Wohnen“, das schließlich als Reaktion darauf beschlossen wurde, wird in der jetzigen Form wenig daran ändern, ob mit oder ohne Flüchtlinge. Denn es weist eine erhebliche soziale Schieflage auf, vernachlässigt es doch auf sträfliche Weise dieses stetig wachsenden “untere Segment”. Konstanz fehlen vor allem Wohnungen für Menschen mit niedrigen Einkommen. Dieses Problem ist Ergebnis einer asozialen Politik, es besteht schon lange und seine Lösung wird durch die Ankunft der Flüchtlinge nur noch drängender.

Wer jetzt, wie jüngst der Konstanzer OB, lamentiert, die Stadt könne keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen, lenkt nur von der Tatsache ab, dass die behauptete Überforderung die Folge der neoliberalen Dogmen ist, von denen er und seinesgleichen sich leiten lassen. Die Stadt hat kein Problem mit einigen hundert hilfebedürftigen Menschen, sie hat ein generelles Problem mit der Verteilungsgerechtigkeit. Die Antwort – nicht nur in der Wohnungspolitik – kann nur heißen, das Ruder endlich herumzureißen: Wir müssem massiv in den Ausbau der sozialen Infrastruktur investieren. Das würde nicht nur den Flüchtlingen nutzen, sondern auch die Lebensbedingungen von nicht wenigen „Einheimischen“ verbessern. Denn der Widerspruch verläuft nicht zwischen ersteren und letzteren, er verläuft zwischen unten und oben

Dieses Krisengerede ist aber auch deshalb brandgefährlich, weil es Wasser auf die Mühlen von Rassisten und Rechtsextremen lenkt, die in der jetzigen Situation Morgenluft wittern und arme Leute auf noch ärmere hetzen wollen. Nicht nur landauf, landab brennende Flüchtlingsunterkünfte zeugen von der Gefahr, die sich hier zusammenballt.

Jürgen Geiger

WORTLAUT | Katja Kipping: Die inszenierte Flüchtlingskrise – „Der politische Umgang mit den Flüchtlingen stellt uns hierzulande nicht nur vor eine moralische Entscheidung, sondern auch vor eine politische Schicksalsfrage. Wie sie beantworten wird, wird wesentlich auch darüber entscheiden, wie wir alle in Zukunft leben können und welche sozialen Perspektiven wir selber haben werden. Entweder rüsten wir endlich die mit Stacheldrahtzäunen und Bewegungsmeldern geschützte Wagenburg Europa ab und beginnen damit jene Verhältnisse zu verändern, in denen geflüchtete Menschen wie Giftmüll behandelt werden – oder wir machen weiter wie bisher und nehmen in Kauf, dass Demokratie und Menschlichkeit, ja wir selbst als demokratische Subjekte, dabei irreparable Schäden erleiden. Denn in einer Festung Europa, geschweige denn einer, die sich im Kriegszustand gegen geflüchtete Menschen befindet, kann sich keine demokratische Gesellschaft entwickeln. Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein, hat Friederich Nietzsche einmal gesagt.“

Flüchtlingsunterbringung: LLK will Ortstermin zu alternativem Standort in Egg

Wie aus einer Mitteilung von Bürgermeister Osner vom Donnerstag hervorgeht, schlägt die Stadtverwaltung einen neuen Bauplatz für das Gebäude vor, in dem im Ortsteil Egg einmal Flüchtlinge wohnen sollen. Sie beugt sich damit den Protesten von AnwohnerInnen, die sich gegen den ursprünglich geplanten Standort auf der Egger Wiese gewehrt hatten. Die Verwaltung will den Alternativstandort, eine Wiese südlich des Flurwegs zwischen Mainaustraße und L 219, dem Gemeinderat schon am kommenden Donnerstag zur Abstimmung vorlegen. Die Linke Liste hält angesichts der Brisanz dieses Vorschlags vorher einen Ortstermin für erforderlich. Von der LLK wird es keine Zustimmung für eine Lösung geben, mit der Flüchtlinge ins Umland abgeschoben würden. Bevor sie entscheiden, sollten die Räte den vorgeschlagenen neuen Standort in Augenschein nehmen. – red

Offener Brief der Linken Liste: Das Boot ist auch in Konstanz nicht voll

Die Linke Liste wendet sich mit einem Brief an Oberbürgermeister Uli Burchardt, in dem sie dessen jüngst bekannt gewordenen Äußerungen widerspricht, Konstanz könne keine weiteren Flüchtlinge mehr unterbringen. Sie fordert in dem Schreiben weiter, die Stadtverwaltung müsse angesichts der Flüchtlingskrise in der Wohnungspolitik endlich umsteuern. Die soziale Schieflage des  Handlungsprogramms Wohnen erfordere mehr denn je eine Korrektur, um den nun noch einmal gestiegenen Bedarf an Sozialwohnungen decken zu können. Eine solche Kursänderung sei auch ein Mittel, um nationalistischen und rassistischen Kräften den Wind aus den Segeln zu nehmen. Darüberhinaus verlangt die LLK von der Verwaltung unter anderem energische Schritte gegen den Leerstand in der Stadt, eine Personalaufstockung und ein städtisches Programm, mit dem die Integration der Neubürger_innen gefördert werden soll. Die Liste kritisiert außerdem die fehlende Transparenz bei den Planungen. Die Größe der Aufgabe mache es unumgänglich, die Bürger_innen einzubeziehen. Der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
laut einem Medienbericht haben Sie bei einer Zusammenkunft von Kommunalpolitikern im Landkreis Konstanz geäußert, Sie sähen angesichts des zu erwartenden Zuzugs von Geflüchteten für Konstanz „nur die Chance der Aussiedlung der Flüchtlinge ins Umland“, da in der Stadt eine weitere Verdichtung nicht möglich sei.

Dem widerspricht die Linke Liste Konstanz energisch. Sollte damit angedeutet werden, welche Linie Sie der Konstanzer Verwaltung künftig für den Umgang mit Geflüchteten vorgeben wollen, die gezwungen sind, bei uns Schutz zu suchen, so halten wir das für vollkommen inakzeptabel. Nicht nur, dass eine solche Position von einer unsolidarischen Missachtung der Anstrengungen zeugt, die andere Kommunen im Kreis unternehmen, um die Hilfesuchenden aufzunehmen. Sie lenkt unserer Überzeugung nach vor allem auch davon ab, dass die Konstanzer Verwaltung längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um die anstehenden Aufgaben bei der Flüchtlingsunterbringung zu erledigen.

Nicht nur die LLK hat seit langem immer wieder darauf hingewiesen, dass – angesichts der Zunahme wirtschaftlicher Verheerungen und militärischer Abenteuer, an denen auch die Bundesrepublik beteiligt ist – die brutale Abschottungspolitik der EU zum Scheitern verurteilt ist. Die jetzige Krise kommt also keineswegs überraschend.

Richtig ist, dass der Bund und das Land die Kommunen in der Flüchtlingspolitik seit Jahren völlig verantwortungslos im Regen stehen lassen, finanziell, logistisch und personell. Energischen Protest dagegen haben wir aber in Konstanz nicht vernommen, weder von der Stadtspitze noch von den bürgerlichen Mehrheitsfraktionen im Gemeinderat, deren Parteifreunde in Stuttgart und Berlin diese desaströse Politik zu verantworten haben. Daran hat sich bis heute wenig geändert; die beschlossene Aufstockung von Bundes- und Landesmitteln, zu der sich Spitzenpolitiker unter dem Druck der Elendsbilder genötigt sahen, reicht bei weitem nicht aus.

Ungeachtet dessen hat die wohlhabende Stadt Konstanz jedoch durchaus noch Spielräume. Um sie zu nutzen, ist für die Linke Liste vor allem ein Umsteuern in der Wohnungspolitik nötig. Denn die Flüchtlingskrise verschärft nur ein schon lange bestehendes Problem: Es mangelt an erschwinglichem Wohnraum. Die LLK hat deshalb immer wieder darauf hingewiesen, dass das beschlossene „Handlungsprogramm Wohnen“ eine deutliche soziale Schieflage aufweist. Konstanz fehlen vor allem Wohnungen für Menschen mit niedrigen Einkommen. Die LLK fordert in der jetzigen Lage deshalb, dass dieses Programm aufgeschnürt und die Akzente deutlich anders gesetzt werden: Die Stadt muss vor allem in den sozialen Wohnungsbau investieren, um die gestiegene Nachfrage nach günstigem Wohnraum zu befriedigen. Eine solche Kurskorrektur in der Wohnungspolitik ist aus unserer Sicht nicht nur überfällig, sondern gleichzeitig auch ein Mittel, um nationalistischen und rassistischen Kräften den Wind aus den Segeln zu nehmen, die die Krise nutzen wollen, um arme Leute gegen noch ärmere aufzuhetzen.

Darüber hinaus fordern wir:

  • Die Verwaltung muss endlich weit energischer als bisher gegen Leerstand vorgehen. Es kann nicht sein, dass in der jetzigen Lage Wohn- oder Gewerberäume als Spekulationsobjekte benutzt werden, um private oder institutionelle Gewinne zu maximieren.
  • Alle in Frage kommenden Flächen bzw. Gebäude müssen auf ihre Tauglichkeit geprüft werden. Das gilt nicht nur für städtische Liegenschaften, auch Bundes-, Landes-, kirchliche und private Einrichtungen sind einzubeziehen.
  • Für bestehende bzw. neu zu schaffenden Unterkünfte hat der Grundsatz zu gelten: so dezentral wie möglich, so umfangreich wie nötig. Sammelunterkünfte sollten die Ausnahme bleiben, wo immer realisierbar fordern wir eine dezentrale Unterbringung, die soziale Mindeststandards gewährleistet und in die örtliche Infrastruktur eingebunden ist.
  • Die bisherige Praxis der Verwaltung, die Planungen weitgehend hinter verschlossenen Türen voranzutreiben und die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen zu stellen, ist nicht akzeptabel. Die Größe der Aufgabe macht es unumgänglich, die BürgerInnen in die Diskussion um die Flüchtlings­unterbringung einzubeziehen. Das gilt natürlich vor allem auch für zivilgesellschaftliche, gewerkschaftliche und karitative Gruppierungen und Einrichtungen.
  • Angesichts der zu bewältigenden Aufgaben halten wir eine weitere Personalaufstockung in den involvierten Abteilungen der Stadtverwaltung für unumgänglich. Die Integration der Flüchtlinge ist Aufgabe der Stadt, der sie gegenwärtig nur recht und schlecht nachkommen kann und auch das nur, weil es ein breites ehrenamtliches Engagement der Bevölkerung für die Flüchtlinge gibt.
  • Die Stadt muss, über den gesetzlich vorgegebenen Rahmen hinaus, ein Integrationsprogramm für die NeubürgerInnen erarbeiten, das es den Betroffenen ermöglicht und erleichtert, am gesellschaftlichen Leben in Konstanz teilzuhaben.

Mit freundlichen Grüßen,
Anke Schwede, Holger Reile
Linke Liste Konstanz

Abschotten und Abschrecken – Bundesregierung plant drastische Asylrechtsverschärfung

fluechtlinge_in_budapest_680x397Unisono haben sich die öffentlichen Leitmedien vor Begeisterung fast überschlagen, um das Agieren der Bundeskanzlerin in der Flüchtlingskrise zu loben und sie zur europäischen Lichtgestalt zu adeln. Die Rolle der bösen Buben schob man Gestalten wie dem Rechtspopulisten Orbán zu, der mit seinen Mauern und Polizeieinsätzen aber lediglich das Dublin-Abkommen umsetzt, das vor allem auf Druck Berlins zustandekam, mit dem Ziel, Asylsuchende möglichst weit von deutschem Territorium fernzuhalten. Doch schon mit dem Regierungsbeschluss, Schengen außer Kraft zu setzen, und an den deutschen Außengrenzen wieder kontrollieren zu lassen, zeigte die europäische Hegemonialmacht ihr wahres Gesicht: Die Bundesregierung will dem Flüchtlingselend nicht durch Hilfsmaßnahmen begegnen, sondern die Abschottung des Landes vor den Hilfesuchenden effektivieren.

In einem ersten Schritt hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble schon mal angekündigt, angesichts zu erwartender Zusatzausgaben für Asylsuchende sei mit Haushaltskürzungen in Höhe von mindestens 500 Millionen Euro zu rechnen – ein offenkundiger Versuch, Geflüchtete, denen gegenwärtig eine Welle der Hilfsbereitschaft entgegenschlägt, gegen den Rest der Bevölkerung auszuspielen. Und Merkels Innenminister legte jetzt nach: Gestern stellte Thomas de Maizière einen Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der zahlreiche Maßnahmen zur Entrechtung, Ausgrenzung und Diskriminierung von Flüchtlingen vorsieht.

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl verurteilte in einer ersten Stellungnahme den Gesetzentwurf als asylpolitischen Rollback, der auf Abschottung und Abschreckung ziele; er enthalte zahlreiche Maßnahmen, die Flüchtlinge entrechteten, ausgrenzten und diskriminierten. Unter anderem indem er Personen, die über andere EU-Länder eingereist seien, das menschenwürdige Existenzminimum verweigere.

„Längst überfällige Konzepte zu einer fairen und menschenwürdigen Aufnahme von Schutzsuchenden bringt die Bundesregierung nicht zu Stande. Geht es jedoch um die Abschiebung von Flüchtlingen, bricht im Bundesinnenministerium plötzlich Aktionismus aus“, kommentierte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, den Entwurf zur Neugestaltung der deutschen Flüchtlingspolitik. Das sei ein völlig falsches Signal im Umgang mit der sogenannten Flüchtlingskrise. Der Minister habe einen Gesetzentwurf vorgelegt, „der Asylsuchende wie Untersuchungshäftlinge behandelt“. Jelpke weiter:

„Die Verschärfungen der Abschieberegelungen untergraben rechtsstaatliche Standards und führen den Schutzgedanken des Asylrechts ad absurdum. Die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten beraubt ganze Flüchtlingsgruppen faktisch ihres Rechts auf Asyl. Darüber hinaus scheint es die Bundesregierung auch nicht weiter zu interessieren, dass der Präsident des Bundessozialgerichts die Beschränkung auf Sachleistungen statt Bargeldleistungen für verfassungsrechtlich höchst bedenklich erklärte, da den Flüchtlingen so die Möglichkeit einer Teilhabe am öffentlichen Leben genommen werde. Abschiebung vor Aufnahme, Ausgrenzung statt Integration – das scheinen die Grundpfeiler der Asylpolitik zu sein, so wie de Maizière sie sich für die Zukunft vorstellt. Eine solche Politik gilt es unter allen Umständen zu verhindern.“

jüg

Themenseite: Flüchtlinge willkommen!

Gut Leben von Arbeit und Rente? Nicht in Deutschland.

Befristung und Leiharbeit stoppen_680x397Bundesweit veranstaltet die Bundesregierung unter dem Motto „Gut Leben in Deutschland“ Informationsveranstaltungen mit Bundesministerinnen und Bundesministern. Nach der eigenen Zielsetzung sollen Gespräche über die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger geführt werden. Im Rahmen dieser Gesprächsreihe besucht am 17.9.2015 Arbeitsministerin Andrea Nahles die Universität Konstanz und lädt zur Diskussion über Arbeitsleben und Alter. Die Veranstaltung ist geschlossen und kann nur mit Anmeldung besucht werden: Bis zum 15.9.2015 können Sie unter www.anmeldung.bmas.de mit dem Kennwort: „GutlebengutarbeitenKONSTANZ“ eine Akkreditierung beantragen.

Also, wie sieht es denn mit einem guten Leben – insbesondere einem guten Arbeitsleben und einer sicheren Zukunftsperspektive im Alter aus?

Großer Wurf Mindestlohn?

Die wohl auffälligste Veränderung des Arbeitsrechts in der Amtszeit von Frau Nahles ist die Einführung des Mindestlohns von 8,50 €. Im Gegensatz zu den Schreckensnachrichten, die Vertreter von Wirtschaft und konservativer Politik im Voraus behaupteten, hat der Mindestlohn keine tiefgreifenden Löcher in den Arbeitsmarkt gerissen und massenweise Menschen in die Arbeitslosigkeit getrieben. Stattdessen sind auch nach der Einführung des Mindestlohns die Beschäftigtenzahlen weiter gewachsen. Dies liegt zum Einen am Betrag: 8,50 € reichen faktisch nicht zum Leben. In Konstanz kann man davon nicht einmal die Miete bezahlen. Schon bei Einführung des Mindestlohns lagen fast alle tarifvertraglich vereinbarten Entgelte in dieser Höhe oder darüber; die Reform hat damit nur wenige Menschen überhaupt erreicht. Natürlich gibt es viele Unternehmen, die Tarifverträge damals und heute nicht einhalten – aber das sind auch die Unternehmen, die nun Wege und Schlupflöcher aus der Bindung des Mindestlohns suchen. Zum Anderen hatte der Mindestlohn kaum Arbeitsmarkteffekte, weil die Branchen, in denen niedrigere Löhne gezahlt werden als 8,50 € von der Anwendung des Mindestlohns ausgeschlossen sind: Dazu zählen unter anderem die Zeitungsausträger, das Friseurs- und das Fleischereihandwerk und der Gartenbau; auch SchülerInnen und PraktikantInnen fallen nicht unter die Mindestlohnregelung. Die Linke kämpft für einen Mindestlohn von 10€ pro Zeitstunde ohne Ausnahmen! Deutschland als Billiglohnland hat ausgedient.

Leiharbeit bekämpfen!

Noch in einem weiteren Sektor wird mithilfe von Tarifverträgen der Mindestlohn unterschritten: Bei Leiharbeitsverhältnissen, der sogenannten Arbeitnehmerüberlassung. Leiharbeit bedeutet für die Beschäftigten üblicherweise Unsicherheit und schlechte Bezahlung. Im Gegensatz zu ihren vollmundigen Ankündigungen hat die Bundesarbeitsministerin bislang keine Reform der Leiharbeit vorgelegt. Noch heute wird flächendeckend von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, vom Prinzip des Equal-Pay abzuweichen, und dies im Einvernehmen mit den Gewerkschaften der Leiharbeitsbranche! Leiharbeiter werden landauf landab neben Stammarbeitnehmern des Entleihbetriebs eingesetzt. In der Automobilindustrie beispielsweise stehen inzwischen rund 760.000 tariflich bezahlten Festangestellten 100.000 verliehene Beschäftigte gegenüber. Der Grund für die ausufernde Zunahme: LeiharbeiterInnen bekommen in etwa 30% weniger Lohn – eine himmelschreiende Ungerechtigkeit! Unternehmerverbände und eine willfährige Politik legitimieren diesen sytematischen Verstoß gegen den Grundsatz gleiche Arbeit – gleicher Lohn üblicherweise mit dem sogenannten Drehtüreffekt. Es wird behauptet, LeiharbeitnehmerInnen könnten durch gute Leistungen in die Stammbelegschaft aufrücken. Die Realität straft diese Behauptung Lügen: Nur 7% der Verliehenen werden in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen.

Zugleich soll Leiharbeit angeblich ein Instrument sein, um Auftragsspitzen abzudecken. In der Praxis setzen die Unternehmen LeiharbeitnehmerInnen häufig für Tätigkeiten ein, die der Betrieb dauerhaft benötigt. Bis heute gibt es keinerlei Sanktion für den nicht nur vorübergehenden Einsatz von Leiharbeitnehmern, mit denen die Unternehmer die Lohnkosten drücken und gleichzeitig die Stammbelegschaften unter Druck setzen wollen. Um diesem systematischen Lohnbetrug einen Riegel vorzuschieben, müssten die Löhne LeiharbeiterInnen zumindest in gleicher Höhe wie die der Stammbelegschaft liegen. Außerdem brauchen wir eine einschneidende Sanktion für die Dauerüberlassung. Davon jedoch will Frau Nahles bis heute nichts wissen.

Werkverträge ausschalten!

Wenn der Arbeitgeber von heute nicht nur günstigere, sondern auch noch sozialversicherungsfrei beschäftigte Arbeitnehmer einsetzen möchte, kauft er sich mit einem Werkvertrag Arbeitskraft anderer Subunternehmen oder einzelner ArbeitnehmerInnen ein. Mithilfe von Werkverträgen vermeiden heute große Unternehmen beispielsweise der Automobilbranche hohe Lohnkosten durch starke Tarifverträge der IG-Metall und zwingen Zulieferer und Subunternehmer in die völlige Abhängigkeit. Es ist gang und gäbe, dass ArbeitnehmerInnen von Subunternehmen in derselben Werkshalle wie die Stammbelegschaft schuften – auch in diesen Fällen und wie bei den LeiharbeiterInnen für weniger Lohn als die festangestellten KollegInnen. Im Gegensatz zum Leiharbeitsverhältnis hat hier jedoch kein Betriebsrat mitzubestimmen. Wir brauchen eine Entscheidungskompetenz der Betriebsräte über den Einkauf von Arbeitskraft durch Werkvertrag!

Die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit geht mit dem Instrument Scheinwerkvertrag hart ins Gericht. Stellt sich im Prozess heraus, dass nicht etwa der Subunternehmer, sondern die Vorarbeiter des Hauptunternehmens Anweisungen erteilen, liegt ein Arbeitsverhältnis, genauer verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vor. Leider fehlt es auch hier an den Sanktionsmöglichkeiten: Üblicherweise beantragen die Werkvertragsunternehmen eine sogenannte Vorratsüberlassungserlaubnis, die Sanktionen wegen eines verschleierten Arbeitsverhältnisses verhindert. Diese Umgehungsmethode muss verboten werden. Wer behauptet, einen Werkvertrag geschlossen zu haben, der kann sich nicht auf die Erlaubnis zur Leiharbeit berufen. Scheinwerkverträge müssen zwingend die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Hauptbetrieb nach sich ziehen. Nur so werden Scheinwerkverträge in Zukunft effektiv verhindert.

Befristung nur mit Sachgrund!

Auch auf die Arbeitsmarktzahlen lohnt sich ein zweiter Blick. Die Bundesregierung lässt sich dafür feiern, dass diese sich seit Jahren positiv entwickelten. Neben statistischen Tricks, mit denen die sich die Zahlen schönrechnet, ist dafür aber vor allem die Zunahme von unsicheren Beschäftigungsverhältnissen verantwortlich. Befristung, Minimal-Teilzeit, Beschäftigung auf Abruf, Minijobs, von denen niemand leben kann, werden in vielen Branchen immer bedeutsamer. Vor allem die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung für zwei Jahre macht es deutschen Arbeitgebern einfach, Arbeitskräfte in regelmäßigen Abständen loszuwerden. Im europäischen Vergleich ist die sachgrundlose Befristung die Ausnahme, hierzulande dienen sie allein dem Zweck, dem Arbeitgeber die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu vereinfachen. Für die Betroffenen bedeutet Befristung eine unsichere Lebensperspektive. Wer seine Zukunft nur in kurzen Zeitabschnitten planen kann, investiert kaum langfristig in eine sichere und stabile Lebensperspektive. Nach aktuellen Untersuchungen ist die Aussicht, in Befristung zu arbeiten, ein bedeutsamer Faktor für die Entscheidung gegen Kinder.

Doch selbst mit sachlich begründeten Befristungen treiben Unternehmen vermehrt Schindluder. Die Fälle offenkundig missbräuchlicher Folgebefristungen haben längst System. Da werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jahrelang auf demselben Arbeitsplatz sechs-, sieben-, achtmal in Folge mit Sachgrund befristet beschäftigt – frei nach dem Motto: Irgendwo ist immer jemand längerfristig krank oder schwanger. Das kann nicht sein. Eine maximale Obergrenze für Folgebefristungen mit Sachgrund muss im Gesetz etabliert werden.

Würdige Rente in angemessenem Alter!

Auch nach dem Ende des Arbeitslebens wünschen sich dauerhaft Sicherheit und ein auskömmliches Leben. BürgerInnenKürzungsrunden, Strukturreformen und sinkende Reallohneinkommen haben dafür gesorgt, dass die Rentenbezüge von vielen RenterInnen seit Jahren stagnieren, obwohl die Lebenshaltungskosten, insbesondere für‘s Wohnen im Alter, in den letzten zehn Jahren rapide angestiegen sind. Wer heute in den Ruhestande geht und 45 Jahre ohne Unterbrechung für den Durchschnittslohn (aktuell 2916,58 € pro Monat) gearbeitet hat, bezieht momentan eine monatliche Rente von 1176 €! Schon dies ist ein äußerst geringer Betrag, auf den tatsächlich natürlich kaum jemand Anspruch hat. Denn wie vielen Menschen gelingt es angesichts der Unwägbarkeiten des Arbeitsmarktes schon, ihre Arbeitskraft 45 Jahre lang ununterbrochen für den Durchschnittslohn zu verkaufen. Vielen Rentnerinnen und Rentnern droht heute deshalb mit dem Renteneintritt der soziale Abstieg in Sozialhilfe und Bedürftigkeit. Die reine Beitragsfinanzierung des deutschen Rentensystems ist überholt. Der demographische Wandel hat die Beitragszahler immer weiter schrumpfen lassen, während die Menge der Rentenbezieher immer weiter wächst. Zugleich wird durch die restriktive deutsche Einwanderungspolitik verhindert, dass junge, motivierte Arbeitskräfte aus dem Ausland hier Fuß fassen können. Die Flüchtlingsbewegungen der letzten Monate bringen erfreulicherweise auch ohne und gegen den Willen der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Menschen aller Schichten und Bildungsgrade nach Deutschland. Doch anstatt mit Deutsch-Kursen die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern und gleichzeitig eine gewaltige Steuer- und Beitragsquelle aus Arbeit zu eröffnen, verweigern die Arbeitsagenturen unter der Ägide von Frau Nahles die Finanzierung von Fördermaßnahmen – der Bürokratie wegen, versteht sich. Die Linke steht für Sprachkurse für Flüchtlinge schon ab dem ersten Tag.

Anstatt jedoch vor den Fragen der Finanzierung zu kapitulieren, tritt Die Linke für eine Umgestaltung des Rentensystems durch Steuerunterstützung ein. Wir müssen mit der Einführung einer scharfen Besteuerung von Gewinnen aus Finanztransaktionen und einer hohen Spitzenbesteuerung von Einkommen über 1 Mio. € pro Jahr die Reichen des Landes an der Finanzierung der Sozialaufgaben teilhaben lassen.

Die steigende Altersarmut wird nicht nur durch den niedrigen Rentensatz beflügelt. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichen eine durchgehende Beschäftigung bis zum Renteneintrittsalter schon aus gesundheitlichen Gründen nicht. Eine Rente mit 67 bedeutet für die meisten hart arbeitenden Menschen eine Rente mit erheblichen Abschlägen zum 63. Lebensjahr. Zwar wurde Ministerin Nahles für die Einführung der Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte gefeiert. Wer 45 Arbeitsjahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, kann nun schon zum 63. Lebensjahr aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Was leider kaum bekannt ist: Diese Chance haben nur Menschen, die vor 1964 geboren sind. Bei der Rente mit 63 handelt es sich traurigerweise nur um ein Wahlgeschenk für die große Wählergruppe der aktuell 61+. Für alle anderen Lohnabhängigen bleibt nur Schuften bis 67 oder Erwerbslosigkeit. Denn nur in wenigen Branchen wollen oder können Unternehmer Beschäftigte in so einem Alter noch einsetzen. Die Linke setzt sich damit für eine Absenkung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre ohne Abschlag ein. Die Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte soll auch für zukünftige Generationen eröffnet werden.

Gutes Leben? Viel Verbesserungsbedarf!

Für ein gutes Leben muss sich also vieles grundsätzlich ändern. Wir brauchen:

  • Einen flächendeckenden Mindestlohn von 10 € ohne Ausnahme.
  • Die Beschränkung von Leiharbeit auf vorübergehenden Arbeitsbedarf bei ausnahmslos gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit.
  • Die radikale Sanktionierung von Scheinarbeitsverhältnissen.
  • Die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung und eine Obergrenze für Sachgrundbefristung.
  • Die Absenkung des Rentenalters auf 65 und eine Mindestrente.

Simon Pschorr,
Landtagskandidat Die Linke Konstanz

Chérisy-Wohnungen: “Studentenimmobilien als renditestarke Campus-Produkte”

Nachtrag zu unserem gestrigen Bericht über teure Studierendenwohnungen in der Chérisy-Straße: Hinter der Bezeichnung “Campus Konstanz”, unter der die Wohnungen vermarktet werden, verbirgt sich ein Unternehmen mit dem bezeichnenden Namen “Kapitalpartner Konzept GmbH”. Es handelt sich dabei laut Eigendarstellung um “ein 2008 gegründetes, eigentümergeführtes Immobilienunternehmen und Emissionshaus für geschlossene Fonds”. Die Gesellschaft mit Sitz in Markdorf bietet privaten Anlegern und institutionellen Investoren “maßgeschneiderte Kapitalanlagen und Investmentlösungen in der Assetklasse Immobilien” an.

Angesichts des in vielen Hochschulstädten herrschenden Mangels an Wohnraums für Studierende hat man offenbar eine Marktlücke gewittert und eine eigene Fondsreihe “Studentisches Wohnen” aufgelegt. Das Geschäft scheint zu brummen, denn außer in Konstanz betreibt “Kapitalpartner Konzept” noch ähnliche Einrichtungen in Bremen, Neu-Ulm und in Stuttgart. Auf ihrer Homepage wirbt die Firma mit dem Slogan “Studentenimmobilien als renditestarke Campus-Produkte” für diese Projekte. Solche “professionell gemanagte” Kapitalanlagen versprächen regelmäßige Einkommen, heißt es weiter, die Renditeaussichten seien “vielversprechend”.

Wohl wahr: Das Fehlen von studentischem Wohnraum in vielen Unistädten ist geradezu eine Einladung, überteuerte Mieten wie in Konstanz zu kassieren. Logisch, dass für den Markdorfer Immobilienhai dabei die Profitmaximierung für die Investorenkundschaft im Mittelpunkt steht, völlig unverständlich ist jedoch, dass die Konstanzer Stadtverwaltung, die Universität und das Studentenwerk sich auf solche anrüchigen Geschäftemacher mit der studentischen Wohnungsnot einlassen. – jüg

Schöner Wohnen für Studierende: Fehlen nur noch Minibar und Whirlpool

Studiwohnheim-Cherisy-GrundrissEin Immobilienunternehmen lässt Online für ein “vollmöbliertes Zweizimmer-Apartment … im Studentenwohnhaus Campus Konstanz” werben, das zum Wintersemester 2015 “ausschließlich an Studierende der Konstanzer Hochschulen” vermietet werden soll. Der Mietpreis für 58 Quadratmeter – kein Witz: schlappe 1200 Euro. Ein Skandal in mehrerlei Hinsicht und mit Ansage, nicht nur wegen der in der Stadt herrschenden Wohnungsnot, unter der ja gerade Studierende, Leute mit niedrigen Einkommen und Flüchtlinge leiden.

Marco Radojevic, Linke-Mitglied mit Sitz im Studierendenparlament der Uni, ätzt angesichts dieses umwerfenden Angebots zutreffend: „1200 € für 58m². Tolle Wohnung für eine studentische Wohngemeinschaft. Ich muss sogar nur 45 € Aufpreis zahlen, um meine Limousine dort zu parken. Leider fehlt mir die eingebaute Minibar und der Whirlpool. Aber gut, man muss auch an die sozial Schwachen denken. Toll, dass in Konstanz so viel für Studierende mit kleinem Geldbeutel gemacht wird.“

Altersstammsitz für Pensionäre?

Bei der Immobilie, in der das hochpreisige Studidomizil angeboten wird, handelt es sich übrigens um das Gebäude in der Chérisy Straße 2, das schon mehrfach in der Kritik stand: Zunächst gab es Proteste der Anrainer_innen, die eine ungehörige Verdichtung ihres Areals vorhersagten – was jetzt auch eingetreten ist. Und die überdies davor warnten, dass hier Appartements nur für betuchte Studenten entstehen würden – was jetzt ja ebenfalls eingetreten ist. Die darüber hinaus schließlich befürchten, dass nach Ablauf einer Schamfrist die Wohnungen als Altersstammsitz für wohlhabende Pensionär_innen verscherbelt werden sollen – was noch abzuwarten bleibt.

Schuften für Hungerlöhne?

Und es ist das Gebäude, auf dem zumeist ausländische Bauarbeiter für Elendslöhne schufteten, die ihnen kriminelle Unternehmer dann oft wochenlang nicht auszahlten. Vor dem Arbeitsgericht in Radolfzell sind dazu noch zwei Verfahren anhängig – der nächste Verhandlungstermin ist am 7. Oktober um 14 Uhr. Dieser Skandal hatte übrigens auch zur Folge, dass das Richtfest von zahlreichen Honoratioren boykottiert wurde – der Uni-Rektor, der Baubürgermeister und Vertreter des Studentenwerks seezeit allerdings machten folgsam ihre Diener.

Kommentar von LLK-Stadträtin Anke Schwede dazu: “Wucherpreise in der Chérisy, wie vom gleichnamigen Bürgerprojekt vorhergesagt. Immer, wenn man denkt, dreister, gieriger und schamloser geht’s nicht mehr, wird man eines Besseren belehrt. Ich erinnere mich noch gut, wie Roland Jerusalem, ehemaliger Leiter des Konstanzer Amts für Stadtplanung und Umwelt, anno 2011 im Kula-Saal das Projekt anpries und alle Einwände (zu massiv, zu teuer, Verlust der Grünflächen, Verkehrsprobleme, später Seniorenresidenz für Gutbetuchte?) wortreich vom Tisch wischte. Die Linke Liste hat das umstrittene Projekt von Anfang an kritisch begleitet und bei der entscheidenden Abstimmung dagegen gestimmt.
Auf der diesjährigen Mai-Gemeinderatssitzung wurden meine Fragen: ‚Was will die Stadtverwaltung unternehmen, um die Lohnbetrug-Vorwürfe aufzuklären? Welche Konsequenzen zieht die Stadtverwaltung aus den skandalösen Vorgängen für die Zukunft? Können ähnliche Zustände für die städtischen (Groß-)Baustellen, zum Beispiel am Klinikum, sicher ausgeschlossen werden?‘ nur schmallippig beantwortet. Das beträfe die Stadtverwaltung nicht, das sei allein Sache des Zolls. Und: auf den städtischen Baustellen ginge alles mit ‚rechten Dingen‘ zu, Mindestlohn inklusive, hieß es.
Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube …”

Verantwortung – Fehlanzeige

Für die Stadtverwaltung und die bürgerliche Gemeinderatsmehrheit sind die Vorgänge um das Projekt und die Mietpreise, die für die schicken Domizile in der Chérisy verlangt sollen, eine schallende Ohrfeige. Versprochen hatte man die Linderung der studentischen Wohnungsnot, herausgekommen sind Buden für Gutbetuchte, die sich kaum ein Studierender wird leisten können. Dass durch die Vergabe der öffentlichen Aufgabe Wohnheimbau an private Profitgeier dazu noch Arbeitsverhältnisse in Kauf genommen wurden, die nur als moderne Sklavenarbeit bezeichnet werden können, macht das Neubauprojekt vollends zum Skandal. Unerträglich, dass sowohl die Stadt als auch die Universität und das Studentenwerk keine Konsequenzen aus diesen Umtrieben ziehen wollen, die bei der Vergabe eigentlich öffentlicher Aufgaben an Private gang und gäbe sind. In einer der letzten Sitzungen des Gemeinderates von Stadträten der Linken Liste Konstanz darauf angesprochen, wies die Verwaltung jede Verantwortung, zumindest für die Kontrolle solch miserabler Arbeitsbedingungen, weit von sich. – MR/hpk/jüg

 

Ein Zuhause für das Café Mondial

CafeMondial-695x521Die Macher_innen des Café Mondial haben sich zum Ziel gesetzt, in Konstanz einen Ort zu schaffen, der (deutsche) Einheimische, Migrant_innen und Flüchtlinge zusammenbringt, einen “Raum, in dem man sich kennenlernen, Spaß haben, Erfahrungen sammeln und austauschen kann”.

Seit Februar 2015 begeistert das Projekt alle, die den Weg zu Mondial-Veranstaltungen fanden. Bisher mussten die an wechselnden Orten stattfinden, weil das Café über keine eigenen Räume verfügt. Nun wünschen sich die Initiator_innen eine feste Bleibe im Sozialgebäude des Palmenhausparks. Zumindest bis 2019, denn dann soll das Haus als Ausgleichsmaßnahme für die Verdichtung des Paradieses abgerissen werden.

Zurzeit ist das tolle Projekt also mangels fester Räumlichkeiten gezwungenermaßen „on Tour“. Die Veranstalter_innen leben die ‚Kunst der Vielfalt’: die Veranstaltungen mit gutem Essen, Trinken und Musik sollen Kontakte zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft ermöglichen – alteingesessene und Neukonstanzer_innen treffen hier auf Flüchtlinge mit unterschiedlichen Herkunfts- und Lebensgeschichten. Und alle profitieren voneinander.

Das „besondere Café im Palmenhauspark“ würde die bestehende Teeküche nutzen und ausbauen, der Hauptraum könnte multifunktionalen Zwecken dienen: zum Beispiel vormittags für Deutschunterricht und Beratungsgespräche, (nach-)mittags als Café, das die angemessene Umgebung für interessante Begegnungen schafft.

Hinzu kommt, dass der Stadtteil Paradies über keinerlei öffentliche Begegnungsräume verfügt, durch das neue Zentrum würde sich das endlich ändern. Eine gute Idee, gelebte Integration, die unsere volle Unterstützung findet!

Anke Schwede

Hier geht’s zur Website des Café Mondial: http://cafe-mondial.org/

Kein Lohndumping per Werkvertrag! – Linke unterstützt Initiative der IG Metall

Fokus WerkverträgeDIE LINKE unterstützt die Initiative der IG Metall gegen Werkverträge, die zu Lohndumping und schlecht bezahlter Arbeit führen. Heidi Scharf, Sprecherin des Landesverbands Baden-Württemberg der Partei DIE LINKE erklärte dazu: „Werkverträge und damit schlechter bezahlte Arbeit bei gleicher Leistung nehmen ständig und unkontrolliert zu. Die Forderung der IG Metall nach einer gesetzlichen Regelung ist wichtig und richtig.” Ministerpräsident Kretschmann müsse jetzt, wo die Zahlen der IG Metall auf dem Tisch liegen, im Bundesrat aktiv werden. Dringend nötig sei ein Bundesgesetz, das durchsetzbare Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte bei Werkverträgen ermögliche. Scharf: “Es kann doch nicht sein, dass im gleichen Betrieb die einen Arbeitnehmer weniger als die anderen verdienen, obwohl sie die gleiche Arbeit verrichten. Hier muss der Gesetzgeber dem Treiben der Arbeitgeber Einhalt gebieten und die Gerechtigkeit wieder herstellen: Gleiches Einkommen für gleiche Arbeit!“

Nach einer aktuellen Umfrage der IG Metall, an der sich über 4.000 Betriebsratsvorsitzende beteiligt haben, nutzen Unternehmen immer öfter das Instrument von Werkverträgen. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen (69 Prozent) kaufen inzwischen Leistungen bei anderen Firmen ein. In fast drei Viertel aller Fälle müssen die Beschäftigten der Werkvertragsfirmen zu schlechteren Bedingungen arbeiten als ihre Kollegen, die fest angestellt sind. “Die Zahlen belegen: Werkverträge werden in den Unternehmen zum neuen Standard und untergraben damit die bisherigen tariflichen Regeln”, sagte Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall.

DIE LINKE unterstützt die Kampagne der IG Metall, zumal die Kampagne der Partei mit dem Titel „Das muss drin sein“ die gleiche Stoßrichtung hat. Diese Kampagne hat Bernd Riexinger, Bundesvorsitzender der LINKEN am vergangenen Montag vorgestellt. Sie richtet sich unter anderem gegen Befristungen, gegen Leiharbeit und gegen Werksverträge (www.das-muss-drin-sein.de).

Heidi Scharf weiter: „Wir wissen: Der Einsatz von Arbeitnehmern über Werkverträge spaltet die Belegschaften, macht Beschäftigte zu Arbeitnehmer zweiter Klasse und schürt die Angst im Betrieb vor sozialem Abstieg. Diese Ungerechtigkeit muss der Gesetzgeber stoppen, Ministerpräsident Kretschmann kann dies mit einer Gesetzesinitiative im Bundesrat veranlassen. Wir fordern die Landesregierung auf, per Bundesrats-Initiative ein Gesetz zu Werkvertragsarbeit auf den Weg zu bringen mit dem wichtigsten Inhalt: Gleiches Einkommen für gleiche Arbeit.“

Durch die gesetzliche Stärkung der Mitbestimmungsrechte für Betriebs- und Personalräte wäre es möglich, dass diese vom Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung verlangen können, die z.B. Einsatzzeit, Einsatzbereich, Anzahl der Beschäftigten und die Übernahme in ein reguläres Arbeitsverhältnis regelt. Der Arbeitgeber müsste im Zweifel beweisen, dass es ein echter Werkvertrag ist und nicht ein Sch(w)einwerkvertrag oder verkappte Leiharbeit. – PM/red

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Flüchtlingsunterbringung: DIE LINKE fordert konkrete Taten statt schöner Worte

Hilfe-für-FlüchtlingeDIE LINKE Baden-Württemberg fordert von der grün-roten Landes­regierung konkrete Taten bei der Verbesserung der Flüchtlings­unterbringung. „Flüchtlinge müssen dezentral untergebracht werden statt kurz vor Beginn des neuen Schuljahrs in Turnhallen zusammen­gepfercht zu werden“, sagt Gökay Akbulut, Landtagsspitzenkandidatin der LINKEN und Stadträtin in Mannheim. „Die Landesregierung hat bei der Bereitstellung von humanen Flüchtlingsunterkünften vollkommen versagt. Seit Jahren ist klar, dass mehr Flüchtlinge bei uns Schutz suchen werden, weil sich die Fluchtursache Krieg weltweit weiter ausbreitet. Doch die Landesregierung lässt die Kommunen und die ehrenamtlichen Helfer vollkommen im Regen stehen.“

Die Landräte bedrängen die Landesregierung seit zweieinhalb Jahren erfolglos, die notwendige finanzielle Unterstützung der Kommunen und Landkreise zu gewähren. Hintergrund ist, dass die Pauschalen zur Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung und medizinischer Versorgung nicht ausreichen.

Das Land muss außerdem mehr professionelle Sozialarbeiter in den Flüchtlingseinrichtungen beschäftigen. Gökay Akbulut weiter: „Es kann doch nicht sein, dass sich das Land auf dem Rücken der vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer ausruht! Die Landesregierung steht auch hier in der dringenden Pflicht, Sozialarbeiter einzustellen und die ehrenamtlichen Helfer so zu entlasten.“

Gökay AkbulutAls dritte Forderung formuliert Gökay Akbulut: „Finanzminister Schmid muss schnellstens dafür sorgen, dass mehr leerstehende Liegenschaften des Landes und der Kommunen für die Unterbringung von Flüchtlingen verwendet werden können. Denn wer Flüchtlinge in Turnhallen unterbringen muss, erzeugt bei Schülern, Eltern und Lehrern eher Ablehnung und am Ende Rassismus. Soweit darf es die Landesregierung nicht kommen lassen, sie muss jetzt handeln, zumal die Steuereinnahmen sprudeln und die Landesregierung gerade über einen Nachtragsetat berät. Die Forderung des Städtetags, den Bau von Flüchtlingsunterkünften mit dem sozialen Wohnungsbau zu verknüpfen, hat Ministerpräsident Kretschmann einfach abgewunken. Kein Wunder, dass sich die Lage auf dem ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt verschärft. Auch beim sozialen Wohnungsbau versagt die Landesregierung und schürrt so Unsicherheiten und Ängste bei den Menschen.“ – PM