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Nach fremdenfeindlichem Anschlag in der Region: Mehr Schutz für Geflüchtete nötig

Oberteuringen Ortsschild

Trügerisches Idyll: Rechte verübten Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft. (Bild: oberteuringen.de)

Angesichts des offensichtlich fremdenfeindlichen Bandanschlags in Oberteuringen fordern der Kreisverband der Linken und die Linke Liste Konstanz (LLK) effektive staatliche Schutzmaßnahmen für Flüchtlinge im Landkreis. Insbesondere in bestehenden Gemeinschaftsunterkünften, beispielsweise in der Konstanzer Luisen- und Steinstraße, bestehe für Geflüchtete angesichts der kriminellen Energie, mit der rassistische Gewalttäter gegenwärtig vorgingen, ein erhebliches Gefährdungspotenzial.

„Der Brandanschlag in Oberteuringen zeigt leider, dass die Gefahr auch für die bei uns untergebrachten Flüchtlinge nur zu real ist“, so Jürgen Geiger, Landtagskandidat der Partei für den Wahlkreis Singen. Er fordert deshalb vom zuständigen Konstanzer Landrat Frank Hämmerle wirksame Schutzmaßnahmen. Dazu gehörten eine verstärkte und dauerhafte Polizeipräsenz in der Umgebung aller Unterkünfte im Landkreis ebenso wie eine bessere Ausstattung und Ausbildung des Personals. Gegenwärtig sei nach seinen Informationen etwa das Haus in der Steinstraße noch nicht einmal rund um die Uhr besetzt. Die Landesregierung müsse Kreise und Kommunen bei diesen Aufgaben endlich stärker unterstützen.

Einen besseren Schutz aller Objekte, in denen Flüchtlinge untergebracht sind, verlangen inzwischen auch Sicherheitsexperten wie etwa der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Wenn Innenminister Reinhold Gall (SPD) seinen Sprecher zu solchen Vorschlägen lediglich lapidar erklären lässt, „das können wir gar nicht leisten“, komme das einer Kapitulationserklärung vor den rechten Gewalttätern gleich, so Geiger.

DIE LINKE, Kreisverband Konstanz, Linke Liste Konstanz

WORTLAUT | Annette Groth, LINKE-Bundestagsabgeordnete aus dem Bodenseekreis, und der Friedrichshafener Landtagskandidat der Partei, Roberto Salerno, fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme Konsequenzen: „Nach den rechtsradikalen Schmierereien der letzten Wochen hat jetzt erstmals auch ein Brandanschlag auf ein geplantes Flüchtlingsheim im Bodenseekreis stattgefunden“, schreiben die Linken-Politiker. Die Umstände und das Vorgehen legten einen fremdenfeindlichen Hintergrund sehr nahe. „Das Feuer brach in der Nacht nach einer Bürgerversammlung aus und folgt dem perfiden Muster fast aller bisherigen Anschläge: Mit dem ‚Abfackeln‘ einer im Bau bzw. in Renovierung befindllichen Einrichtung soll der Zuzug von Flüchtlingen unmöglich gemacht und die Angst der Bevölkerung vor weiteren Anschlägen geschürt werden. Mit der Vernichtung von ca. 50 dringend benötigten Aufnahmeplätzen und einem erheblichen Sachschaden von 20 000 € soll die Flüchtlingsunterbringung prinzipiell als zu teuer und nicht tragbar für den ‚Steuerzahler‘ diffamiert werden. Geistige und praktische Brandstifter setzen alles daran, dass die ‚Stimmung‘ endlich ‚kippt‘ und Flüchtlinge im Bodenseekreis und anderswo keine Sicherheit und menschenwürdige Bleibe mehr finden. Dieser Strategie können nicht allein die vielen engagierten Ehrenamtlichen mit ihrer tagtäglich praktizierten ‚Willkommenskultur‘ entgegentreten, auch die staatlichen Stellen müssen endlich vorausschauend geplante Flüchtlingsunterkünfte, Flüchtlinge und Anwohner schützen und klare Worte gegen jegliche fremdenfeindlichen Äußerungen finden. Eine Strafverfolgung und drastische Strafen für Brandstifter sind ebenfalls unerlässlich!“

Flüchtlingsfeindlicher Brandanschlag nun auch am Bodensee

Erneut hat es einen Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft gegeben, diesmal in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. In der Gemeinde Oberteuringen, wenige Kilometer von Friedrichshafen entfernt gelegen, richtete ein Feuer schwere Schäden an einem Gebäude an, das als Erstunterkunft für Geflüchtete vorgesehen ist. Laut Medienberichten vom Dienstag schlossen die Ermittler des Landeskriminalamtes eine technische Ursache aus, für die Experten handelt es sich mittlerweile um Brandstiftung. Inzwischen ermittelt auch die zuständige Staatsanwaltschaft in Konstanz in dem Fall.

Annette Groth, LINKE-Bundestagsabgeordnete aus dem Bodenseekreis, und der Friedrichshafener Landtagskandidat der Partei, Roberto Salerno, forderten in einer gemeinsamen Stellungnahme Konsequenzen aus dieser erneuten fremdenfeindlichen Straftat.

„Nach den rechtsradikalen Schmierereien der letzten Wochen hat jetzt erstmals auch ein Brandanschlag auf ein geplantes Flüchtlingsheim im Bodenseekreis stattgefunden“, schreiben die Linken-Politiker. Die Umstände und das Vorgehen legten einen fremdenfeindlichen Hintergrund sehr nahe. „Das Feuer brach in der Nacht nach einer Bürgerversammlung aus und folgt dem perfiden Muster fast aller bisherigen Anschläge: Mit dem ‚Abfackeln‘ einer im Bau bzw. in Renovierung befindlichen Einrichtung soll der Zuzug von Flüchtlingen unmöglich gemacht werden und die Angst der Bevölkerung vor weiteren Anschlägen geschürt werden. Mit der Vernichtung von ca. 50 dringend benötigten Aufnahmeplätzen und einem erheblichen Sachschaden von 20.000 € soll die Flüchtlingsunterbringung prinzipiell als zu teuer und nicht tragbar für den ‚Steuerzahler‘ diffamiert werden.

Geistige und praktische Brandstifter setzen alles daran, dass die ‚Stimmung‘ endlich ‚kippt‘ und Flüchtlinge im Bodenseekreis und anderswo keine Sicherheit und menschenwürdige Bleibe mehr finden.

Dieser Strategie können nicht allein die vielen engagierten Ehrenamtlichen mit ihrer tagtäglich praktizierten ‚Willkommenskultur‘ entgegentreten, auch die staatlichen Stellen müssen endlich vorausschauend geplante Flüchtlingsunterkünfte, Flüchtlinge und Anwohner schützen und klare Worte gegen jegliche fremdenfeindlichen Äußerungen finden. Eine Strafverfolgung und drastische Strafen für Brandstifter sind ebenfalls unerlässlich!“ – red
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DIE LINKE: ECE-Konsumtempel beerdigen

Singen muss leben

Der Kreisverband der Partei DIE LINKE begrüßt, dass die Singener Stadtverwaltung am Mittwoch zu einer Informationsveranstaltung über ihre Kaufhauspläne einlädt. Die Stadt muss die Karten endlich auf den Tisch legen, nicht zuletzt, weil der Hamburger ECE-Konzern über die Medien mitteilen lässt, dass er den Bau nur noch für eine Formsache hält. Zu hoffen ist, dass OB Häussler nun den tatsächlichen Stand der Planung umfassend offenlegt und vor allem auch über die mit dem Projekt verbundenen Risiken informiert.

Die Linkspartei hat von Beginn an vor den negativen Folgen gewarnt, die der Bau eines riesigen Einkaufszentrums für die Singener Stadtgesellschaft hätte. Auch die fünf Gutachten und Analysen ganz unterschiedlicher Institutionen, die inzwischen vorliegen, können aus unserer Sicht diese Skepsis nicht ausräumen – sie haben im Gegenteil die Bedenken gegen das auch in der Singener Bürgerschaft stark umstrittene Projekt sogar untermauert.

Die Interessengemeinschaft der städtischen Einzelhändler und die Gewerkschaft ver.di haben völlig zu recht darauf hingewiesen, dass Singen – im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden Baden-Württembergs – über eine gut funktionierende und breitgefächerte Einzelhandelsausstattung verfügt. Davon profitieren nicht nur Kunden und Inhaber, auch nicht wenigen Beschäftigten bietet die bestehende Einzelhandelsstruktur leidlich sichere und vor allem einigermaßen normal bezahlte Arbeits- und Ausbildungsplätze.

Das alles wäre mit einem Zuschlag für das Mall-Projekt in Gefahr. So hat das aktuellste Gutachten bestätigt, dass die Ansiedlung eines Großeinkaufszentrums keineswegs neue Umsätze generieren würde, sondern „hohe absatzwirtschaftliche Auswirkungen auf die Bestandsstrukturen“ zur Folge hätte. Im Klartext: Es drohen Insolvenzen, Leerstände, Arbeits- und Ausbildungsplatzverluste. Ersetzt würde eine vielfältige Einzelhandellandschaft durch die Uniformität bundesweiter Franchisingketten, die allenfalls einige rechtlose Billiglohnjobs bringen würden. Und das alles, um die Profite eines Großunternehmens zu steigern, das noch nicht einmal Gewerbesteuern in der Stadt zahlen würde? Das kann nicht sein.

Vor allem aber setzt die Stadt mit den Zentrumsplänen gerade in der jetzigen Lage die völlig falschen Akzente. In Singen fehlen viele Wohnungen, vor allem für Leute mit kleinem Geldbeutel. Die GVV-Pleite hat den Druck auf die Mieten noch einmal empfindlich erhöht und die Wohnungsnot verschärft. In dieser Lage braucht die Stadt einen gigantischen Konsumtempel am Bahnhof so nötig wie einen Kropf. Stadtverwaltung und Gemeinderat müssen sich endlich auf ihre Aufgaben in der Wohnungspolitik besinnen und den Bau neuer Sozialwohnungen in Angriff nehmen. Das Areal am Bahnhof darf deshalb nicht an einen Hamburger Konzern verschleudert werden, der noch nicht einmal Steuern in der Stadt zahlen würde. Das Gelände ist hervorragend dafür geeignet, dringend benötigten neuen Wohnraum zu schaffen.

DIE LINKE unterstützt deshalb City Ring und ver.di in ihrem Widerstand gegen die geplante ECE-Mall. Dieses Projekt ist eine Bedrohung sowohl für den funktionierenden Einzelhandel wie auch für die Beschäftigten und muss deshalb endgültig begraben werden. Wir fordern, dass Stadt und Gemeinderat stattdessen ihre wohnungspolitischen Hausaufgaben machen und endlich substanzielle Maßnahmen in Angriff nehmen, um den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln. Das Areal am Bahnhof könnte ein erster Schritt dazu sein.

Jürgen Geiger
Landtagskandidat DIE LINKE, Wahlkreis Singen

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Stadtwerke voll im Plan: Null Prozent Frauenquote in der Geschäftsführung

Mit der „gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen“ sieht es bekanntlich ziemlich lausig aus, das gilt nicht nur für die Chefetagen privater Unternehmen, sondern ebenso für Spitzenpositionen im Öffentlichen Dienst. Eine geänderte Bundesgesetzgebung zwang nun die Konstanzer Stadtverwaltung, sich dieses heiklen Themas anzunehmen. Im März hatte der Bundestag eine von der GroKo eingebrachte Quote light beschlossen, die wenige börsennotierte Unternehmen verpflichtet, den Frauenanteil in Führungsgremien verbindlich auf 30% zu steigern, andere müssen zumindest guten Willen zeigen.

Zu letzteren zählen auch die Konstanzer Stadtwerke, weshalb der Gemeinderat für Geschäftsführung und Aufsichtsrat jetzt „Zielquoten“ beschließen sollte. Die Vorlage mit dem eingangs zitierten Titel, die die Verwaltung am Donnerstag dazu zur Entscheidung vorlegte, hatte das Zeug zur Realsatire und veranlasste LLK-Stadtrat Holger Reile zu der folgenden bissigen Replik:

„Kolleginnen und Kollegen, bisweilen dürfen und müssen wir uns mit Vorlagen beschäftigen, die naturgemäß sehr trockenen Inhalts sind und wenig Anlass bieten zur allgemeinen Erheiterung. Wie Sie wahrscheinlich mehrheitlich wissen, bin ich manchmal durchaus erfreut, wenn es Ausnahmen gibt und der nachvollziehbare Drang nach etwas Jux und Tollerei sich Bahn bricht.

Diese Vorlage erfüllt dafür alle Voraussetzungen. Man lasse sich folgenden Satz mal auf der Zunge zergehen: ‚Für den Anteil von Frauen in der Geschäftsführung der Stadtwerke Konstanz GmbH wird eine Quote in Höhe von mindestens Null Prozent festgesetzt und diese Zielquote soll bis zum 30.6.2017 erreicht sein‘. Zitat Ende. Der von mir hoch geschätzte Karl Valentin hätte seine Freude an dem Wortbrei gehabt. Anfangs dachte ich, hier handelt es sich um einen Druckfehler, dem ist aber nicht so. Denn diese Formulierung bezieht sich auf eine Einlassung des Gesetzgebers, der es bei – Zitat – ‚besonderen Fallkonstellationen‘ erlaube, auch extreme Aussagen zu treffen.

Vorschlag meinerseits: Mit der überaus verantwortungsvollen Vorgabe, die Quote von Null Prozent bis Ende Juni 2017 zu erfüllen, sollte man sich bedeutend mehr Zeit lassen. Damit wird unserer Meinung nach viel zuviel Druck auf die überwiegend männlichen Entscheidungsträger ausgeübt, und das mögen die gar nicht. Wenn man schon rein gar nichts ändern möchte, und das ist ja das erklärte Ziel, sollte das Zeitfenster nicht so eng gestrickt sein.

Ansonsten bliebe noch die Frage: Haben wir nicht eine Gleichstellungsbeauftragte in unserer Stadt? Und wenn ja, würde mich ihre Meinung zur Vorlage – die übrigens ein Mann formuliert hat – doch heftig interessieren.“
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Anke Schwede: Flüchtlinge nicht gegen Einheimische ausspielen

AnkeSchwedeEines der Hauptthemen, mit dem sich der Konstanzer Gemeinderat am 24.9. beschäftigte, war – natürlich – die Situation der Flüchtlinge und die Frage ihrer Unterbringung in der Stadt. LLK-Stadträtin Anke Schwede trug in ihrem Redebeitrag die Position der Linken Liste zu den jetzt anstehenden Aufgaben vor:

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
die Zahl der bereits angekommenen und erwarteten Flüchtlinge ist groß, aber nicht dramatisch oder gar bedrohlich: bis Ende 2015 werden etwa 1100 Flüchtlinge in Konstanz erwartet, für 760 Menschen fehlt noch eine Unterkunft – wenn die Schätzungen stimmen. Mit den Bauprojekten im Zergle und in Egg ist ein wichtiger Schritt getan worden, um dieser HErausforderung zu begegnen, denn durch diese Wohnprojekte werden Plätze in den Flüchtlingsheimen für Neuankömmlinge frei. Die gegenwärtige Lage macht es leider unumgänglich, große Wohneinheiten für Flüchtlinge bereitzustellen – eigentlich sind auch uns kleinere, dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten lieber. Bis Anfang 2017 müssen 184 Plätze geschaffen werden – eine schwierige, aber machbare Aufgabe. Aber diese Projekte bieten auch Chancen für die Ansässigen; insbesondere in Egg könnte die heute mangelhafte Infrastruktur ausgebaut und Orte der Begegnung entstehen: zum Beispiel ein Café und ein Laden. Auch eine verbesserte Verkehrsanbindung wünschen sich viele Eggerinnen und Egger seit langem.

Ich denke, wir sind uns einig in der Frage, dass Flüchtlinge nicht gegen Einheimische „ausgespielt“ werden dürfen. Landrat Frank Hämmerle rechnet künftig mit nahezu 1000 Wohnungen, die für Familiennachzüge pro Jahr im Landkreis geschaffen werden müssen. Menschen mit geringem Einkommen dürfen nicht den Eindruck bekommen, plötzlich seien Gelder da, die ihnen seit langem vorenthalten wurden und werden. Bekanntermaßen haben wir nicht erst jetzt ein Problem mit dem Wohnungsbau, viele Menschen, die in Konstanz leben, finden seit längerem keinen bezahlbaren Wohnraum mehr, Normalverdienende werden ins Hinterland verdrängt.

Deshalb ist es unbedingt erforderlich, dass endlich wieder ein sozialer Wohnungsbau stattfindet, der diesen Namen verdient hat. Im Handlungsprogramm Wohnen wurde unserer Meinung nach eine fatale Weichenstellung vorgenommen, die wir schon mehrfach kritisiert haben: und zwar die Segmentverteilung von 1/6 der neuen Wohnungen im unteren, 3/6 im mittleren und 2/6 im oberen sogenannten Qualitätssegment. Umgekehrt wird ein Schuh daraus, die Verteilung muss 3 – 2 – 1 heißen, denn der von empirica vielbeschworene und nur für Hamburg belegte Sickereffekt wird unserer Meinung nach nicht eintreten.

Zweitens. Die Verwaltung muss endlich weit energischer als bisher gegen Leerstand vorgehen. Es kann nicht sein, dass in der jetzigen Lage Wohn- oder Gewerberäume als Spekulationsobjekte benutzt werden, um private Gewinne zu maximieren. Es gibt einige Häuser und Wohnungen, die seit Jahren leer stehen. Ein Leerstandsmelder, der diesen Namen verdient hat, muss von der Stadt Konstanz entschlossener als bisher betrieben werden. Das heißt, auf der städtischen Website muss eindeutig und an unübersehbarer Stelle der Link “Wohnraumvorschlag@konstanz.de” zu finden sein und publik gemacht werden. Zudem sollten die StadträtInnen regelmäßig über den Stand der Meldungen und Vorschläge informiert werden.

Drittens. Angesichts der bevorstehenden Aufgaben halten wir eine weitere Personalauf­stockung in den involvierten Abteilungen für unerlässlich. Die Integration von Flüchtlingen ist eine Aufgabe der Stadt, der sie gegenwärtig mehr schlecht als recht nachkommen kann und auch das größtenteils nur, weil es ein breites ehrenamtliches Engagement der Bevölkerung für Flüchtlinge gibt. Die neu geschaffene Stelle „Flüchtlingsbeauftragter“ kann nur ein Anfang sein.

Zudem: Die bisherige Praxis der Verwaltung, die Planungen weitgehend hinter verschlos­senen Türen voranzutreiben und die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen zu stellen, ist weder geschickt noch vermittelbar, wie Sie ja inzwischen auch selber bemerkt haben. Die Größe der Aufgabe macht es unumgänglich, von Anfang an die BürgerInnen in die Diskussion um die Flüchtlingsunterbringung und Integration miteinzubeziehen.“

Schnellere Abschiebungen und Rückkehr zu Sachleistungen

Nachtrag: Vor allem OB Burchardt und Roger Tscheulin (CDU, mit aufrichtigem Lob für den schwarz-grünen Boris Palmer) sprachen mehrfach von einer Notsituation. Dieses Katastrophen-Herbeigerede fördert ein Klima, in dem sich Asylrechtsverschärfungen besser durchsetzen lassen. Zum einen sollen Asylverfahren stark beschleunigt werden, indem zum Beispiel die Westbalkan-Länder Albanien, Kosovo und Montenegro zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Zum anderen ist seit kurzem auch wieder unüberhörbar von der Umstellung von Geldzahlungen auf Sachleistungen die Rede, selbst das geringe Taschengeld für Flüchtlinge soll es im ach so generösen Deutschland nicht mehr geben.

Wir erinnern uns: Schon 1980 wurde über das „Sachleistungsprinzip“ debattiert, das allein der Abschreckung und Diskriminierung dient. Den Kommunen bescherte es einen großen Verwaltungsaufwand und höhere Kosten. Ganz abgesehen davon, dass die Essenspakete weder auf kulturelle Tabus Rücksicht nahmen und in wenigen Fällen so zusammengestellt waren, dass sich vernünftige Mahlzeiten daraus zubereiten ließen. Danke, Kretschmann & Co!

Zurück zu gestrigen Gemeinderatssitzung: Der Tagesordnungspunkt „Anschlussunterbringung Egg“ wurde abgesetzt, da das Regieungspräsidium einen Vorbehalt gegenüber der Alternativfläche hat, der nun geprüft wird. In den nächsten Tagen sollen die hoffentlich stichfesten und abschließenden Informationen den Stadträt_innen zugehen. Ich hoffe, dass die Anschlussunterkünfte Egg und Zergle zügig Realität werden – jedenfalls werden wir darauf achten, dass der Baubeginn Ende März 2016 eingehalten wird.

Anke Schwede
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Café Mondial nur bis 2019 im Palmenhaus

Der Konstanzer Gemeinderat ruderte gegenüber dem Beschluss des Technischen und Umweltausschusses (TUA) vom Dienstag zurück. Vor allem auf Betreiben von SPD und CDU wurde beschlossen, dem Café Mondial bis 2019 das Sozialgebäude am Palmenhaus zu vermieten und das Gebäude dann definitiv abzureißen.

Man erinnere sich: Der TUA hatte, getragen von einer Welle der Sympathie für die Macher_innen des Flüchtlingsprojekts Café Mondial und von deren Idee, gemeinsam mit Flüchtlingen einen Ort der Begegnung und Information zu gestalten, beschlossen: 1. Das Café Mondial erhält das eigentlich zum Abriss bestimmte Sozialgebäude beim Palmenhaus im Paradies zur Nutzung. 2. Der Vertrag läuft “vorerst” bis 2019 (was offen ließe, ob der Vertrag bei Bedarf verlängert wird oder nicht).

Jürgen Ruff (SPD) hatte sich schon im TUA gegen die Verlängerungsmöglichkeit über 2019 hinaus ausgesprochen, und eröffnete auch im Gemeinderat die Debatte. Er beschwor eine Störung des sozialen Friedens im Paradies, wenn man jetzt nicht endlich festlege, wann das Gebäude wie schon vor langer Zeit versprochen endlich abgerissen werde, um eine Ausgleichsfläche für die Grenzbachtrasse zu schaffen. Er forderte auch Rechtssicherheit für die Paradiesler_innen. Martin Wichmann vom Amt für Stadtplanung und Umwelt stellte noch einmal dar, dass der Abriss bereits vor 20 Jahren beschlossen worden sei. Außerdem hält er das Gebäude für zu baufällig für eine längere Nutzung, bemängelte, dass es nicht barrierefrei ist und verwies auf das Regierungspräsidium, das um einen festen Abrisstermin gebeten habe. In der Tat, vieles auf dem Areal des Palmenhauses geschieht wohl an der Grenze der Legalität, aber bisher hatten die Volksvertreter_innen stets in einer Notsituation gehandelt.

Dass Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) “Bürgertäuschung”, in den Saal rufen würde, war zu erwarten. “Seit Jahren warten wir auf den Abriss,” behauptete er, “das Paradies braucht endlich dieses Stück Grünfläche, und außerdem haben wir’s den Bürgern versprochen!” Der Mann hat seine Finger immer am Puls des bürgerlichen Volkes, dem ein gepflegtes Stück Rasen allemal wesentlich wichtiger ist als eine gesicherte Begegnungsstätte für gebeutelte Flüchtlinge.

Anselm Venedey (FWK) fasste zusammen, aus welchen Gründen am Dienstag die Verlängerungsmöglichkeit über 2019 hinaus beschlossen worden war, für die er ebenso wie etwa die LLK auch weiterhin plädierte: Angesichts der Unberechenbarkeit der Flüchtlingsströme weiß kein Mensch, wie die Situation 2019 aussehen wird, darum solle man jetzt den Abriss auf keinen Fall festschreiben, denn vielleicht sei man dann froh, wenn man dort das Café Mondial nach 2019 noch etwas länger unterbringen könne, und Peter Müller-Neff (FGL) wies darauf hin, dass man Ersatzräumlichkeiten für Café Mondial ab 2019 nur unter äußersten Schwierigkeiten finden werde.

Eine überraschende Rolle spielte Zahide Sarikas (SPD): Sie hatte noch am Dienstag im TUA gegen ihren Fraktionskollegen Jürgen Ruff für die Verlängerungsmöglichkeit über 2019 hinaus gestimmt und war in der Zwischenzeit wohl kräftig in die Mangel genommen worden. Sie wollte vor allem klarstellen, dass das Café Mondial den Eindruck vermeiden will, es wolle für immer beim Palmenhaus bleiben, und gab sich optimistisch, dass man für das Café bessere Räumlichkeiten finden werde.

Die Abstimmung fiel mit 18:17 denkbar knapp aus. Das Café Mondial erhält also das Sozialgebäude am Palmenhaus bis 2019, und dann wird das Ding definitiv abgerissen.

Zahide Sarikas jedenfalls wurde gleich nach der Abstimmung im Flur vor dem Ratssaal vom ob dieses Beschlusses sichtlich beglückten Stadtplaner Martin Wichmann spontan umarmt: “Zahide, jetzt haste richtig abgestimmt”. Man kann für das Café Mondial und die Flüchtlinge nur hoffen, dass sich diese Einschätzung nicht als Trugschluss erweist.

O. Pugliese
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Bernd Riexinger zu Stuttgart 21: Verjährung für Polizeigewalt unterbrechen

Schwarzer-DonnerstagAm 30. September drohen Straftaten zu verjähren, die Polizisten vor fünf Jahren am „Schwarzen Donnerstag“ im Stuttgarter Schlosspark begangen haben. Die baden-württembergische Linkspartei fordert einen Neustart der Aufarbeitung des brutalen Polizeieinsatzes gegen die Teilnehmer_innen einer Demonstration gegen das Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“, bei dem es dutzende Verletzte gegeben hatte. Einer der Demonstrierenden, der Rentner Dietrich Wagner, erlitt so schwere Augenverletzungen, dass er erblindete. Die Zeitschrift „Stern“ hat jüngst ein Polizeivideo veröffentlicht, das dokumentiert, wie brutal die Einsatzkräfte gegen die Protestierenden vorgingen, unter denen sich viele Schulkinder befanden.

Bernd Riexinger, Parteichef und Spitzenkandidat der LINKEN bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg, erklärte dazu: „Das Video zeigt, wie brutal und zynisch die Polizisten gegen die friedlich demonstrierenden Bürger vorgegangen sind. Dieses Beweismaterial muss politische und rechtliche Konsequenzen haben!“ Riexinger fordert, Justizminister Reinhold Gall (SPD) müsse die Verjährung der Straftaten einzelner Polizisten noch vor dem Verjährungsdatum unterbrechen. „Wir brauchen dringend eine ehrliche und umfassende gerichtliche Aufarbeitung des Polizeieinsatzes! Die bisherigen Verfahren waren reine Farce, bis hin zum Wasserwerfer-Prozess, der unter skandalösen Umständen eingestellt wurde, noch bevor alle Zeugen gehört wurden.“ Wenn Ministerpräsident Kretschmann gehofft habe, so der Linken-Spitzenkandidat weiter, er könne das Thema Polizeigewalt und Stuttgart 21 aussitzen, müsse ihn spätestens die Video-Veröffentlichung des Stern eines besseren belehrt haben.

DIE LINKE fordert die grün-rote Landesregierung zudem auf, endlich die Kennzeichnungspflicht für Polizisten zu beschließen, die im Koalitionsvertrag auf Seite 67 versprochen wurde. Bernd Riexinger: „Die Unterbrechung der Verjährung und die Kennzeichnungspflicht sind das mindeste, was die Landesregierung jetzt, also noch vor der Landtagswahl, mit ihrer eigenen Regierungsmehrheit sofort tun kann und tun muss!“

DIE LINKE lehnt Stuttgart 21 weiterhin entschieden ab, weil das Projekt weder einen verkehrlichen noch einen ökologischen Nutzen hätte. Im Gegenteil: Durch den Flaschenhals Stuttgart 21 würde der angestrebte deutschlandweite Taktverkehr „Deutschlandtakt“ für ganz Süddeutschland unmöglich gemacht. Trotz der laut Bahnunterlagen geplanten Investition von bis zu 11 Mrd. Euro für Stuttgart 21 liegt die projektierte Verkehrsleitung des Tunnelbahnhofs deutlich unter der Leistung des heutigen Stuttgarter Kopfbahnhofs. – PM/jüg


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Link zum Stern-Video: So brutal gingen Polizisten gegen Demonstranten vor
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Krankenhaus-Reform? So nicht!

Krankenhausreform - So nicht

Krankenhausbeschäftigte vor dem Luisenheim in Konstanz: Protest gegen das geplante Krankenhaus-Strukturgesetz des Bundes (Foto: Koch)

„Mehr Personal – statt mehr Produktivität“ war nur eine der Forderungen, mit denen Beschäftigte, Geschäftsführer, Mitglieder des Aufsichtsrates (AR) und Kommunalpolitiker gestern gegen das geplante Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG) protestierten. Fast 200 DemonstrantInnen vor dem Luisenheim im Klinikum Kostanz ließen Luftballons aufsteigen, um ihrem Zorn Luft zu machen. An dem Protest beteiligten sich auch die Landtagskandidaten der Linken für die Wahlkreise Konstanz und Singen, Simon Pschorr und Jürgen Geiger.

„Dieses Gesetz darf nicht kommen“, rief Frank Hämmerle den „lieben Kolleginnen und Kollegen“ zu. Noch befinde sich der Gesundheitsverbund Konstanz in der Gewinnzone, aber mit dem KHSG würden diese rosigen Zeiten bald der Vergangenheit angehören. Der Landrat, gleichzeitig AR-Vorsitzender des Verbundes, kündigte eine Resolution des Kreistages an: „Die Kreisräte ziehen mit uns an einem Strang“.

„Dieser Protest ist kein Kinderspiel“, versicherte der Geschäftsführer Peter Fischer und rechnete vor, dass dem Gesundheitsverbund im Landkreis Konstanz jährliche Mindereinnahmen von drei Millionen Euro drohten, sollte das Krankenhaus-Strukturgesetz, das den Bundestag in 1. Lesung schon passiert hat, Wirklichkeit werden. „Wir können nicht noch mehr sparen.“

WORTLAUT | LINKE unterstützt Protest gegen Gröhes Krankenhausstrukturgesetz – DIE LINKE unterstützt den bundesweiten Aktionstag der Krankenhausverbände, der Gewerkschaften und der Berufsverbände gegen das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geplante Krankenhausstrukturgesetz. DIE LINKE fordert die Landesregierung von Baden-Württemberg auf, ihren Versprechungen nachzukommen und die vereinbarten 600 Millionen Investitionszuschüsse an die Krankenhäuser tatsächlich auszuzahlen. (…)
Bernd Riexinger, Parteivorsitzender und Spitzenkandidat bei der Landtagswahl: „Wir unterstützen die Proteste der Beschäftigten gegen das geplante Krankenhausstrukturgesetz. DIE LINKE lehnt im Bundestag dieses Gesetz ab, denn die Bundesregierung verschärft damit die Situation der Krankenhäuser: Jährlich sollen den Kliniken ab 2017 500 Mio. Euro abgezogen werden. Aber schon heute schreiben 45 Prozent der Krankenhäuser in Baden-Württemberg rote Zahlen. Die strukturelle Unterfinanzierung würde mit diesem Gesetz also verschärft und die Krankenhäuser würden bewusst einem verstärkten Wettbewerb ausgesetzt, zu Lasten der Beschäftigten und der Patienten. So geht es nicht, Herr Minister Gröhe!“ (…)
Investitionen in Bauten und Modernisierung der Krankenhäuser sind ebenfalls dringend notwendig. Stattdessen soll das Gesetz festlegen, dass die Bundesländer ihre Zuschüsse für die Krankenhäuser auf dem niedrigsten Niveau der letzten 40 Jahre festschreiben. Doch weil die Länder seit Jahren ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, fehlen Investitionsmittel in erheblichem Umfang. Die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg hatte versprochen, die Investitionskostenzuschüsse auf 600 Mio. Euro pro Jahr zu erhöhen. Versprochen – gebrochen: Pro Jahr fehlen hierzu 150 Mio. Euro.
PM

„Wir wollen keine Fließbandarbeit am Patienten“ erklärte Dr. Beate Seide, stellvertretende Betriebsrats-Vorsitzende im Verbund. Die einstige Chirurgin berichtete, dass sich die Verweildauer operierter PatientInnen drastisch verringert habe – „in Einzelfällen von drei Wochen auf drei Tage.“ Eine Folge der ohnehin schon unzumutbaren Einsparungen, unter denen Ärzte und PflegerInnen seit Jahren schon leiden würden.

Unter einem ohrenbetäubendem Pfeifkonzert (die Gewerkschaft ver.di hatte Trillerpfeifen gespendet) und dem Ruf „uns reicht’s“ stiegen nach einer halben Stunde 200 grüne Luftballons mit den Forderungen der DemonstrantInnen in den verhangenen Herbsthimmel über Konstanz. Ob die aber den Weg nach Berlin finden, darf zumindest bezweifelt werden. – hpk/red

Das Café Mondial hat gelbes Licht fürs Paradies

Der vom Einsatz der InitiatorInnen sichtlich beeindruckte Technische und Umweltausschuss des Konstanzer Gemeinderates stimmte am Dienstagabend der Unterbringung des interkulturellen Café Mondial im Sozialgebäude des Palmenhauses im Paradies zu. Auf Betreiben vor allem der Linken Liste wurde gegen den ursprünglichen Willen der Verwaltung beschlossen, sich eine Verlängerung über das Jahr 2019 hinaus vorzubehalten. Bereits am Donnerstag soll der Gemeinderat dann grünes Licht geben.

So viel Anerkennung für eine Initiative, wie sie zum Schluss der ausgiebigen Debatte dem Café Mondial zuteil wurde, erlebt man selten in der Politik. Zur Erinnerung: Dieser gemeinnützige Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, Möglichkeiten zur Begegnung zu schaffen, um (deutsche) Einheimische, MigrantInnen und Flüchtlinge zusammenzubringen. Dabei geht es um mehr als nur Hilfen für Geflüchtete. Das Projekt will vielmehr zu einem Miteinander auf Augenhöhe beitragen, um die NeunachbarInnen in die Stadtgesellschaft einzubeziehen. Das heißt, man macht nichts für die Flüchtlinge, sondern etwas gemeinsam mit ihnen, mit Menschen also, die oft nicht nur unter der traumatischen Flucht aus ihrer zerstörten Heimat, sondern auch unter ihrer erzwungenen Untätigkeit in Deutschland leiden. Das Café Mondial hat damit sicherlich Leuchtturmcharakter für Konstanz und verspricht, eine echte Begegnungsstätte zu werden.

Paradiesische Zustände

Bisher hat das Café Mondial keinen festen Raum, und das soll sich jetzt bereits sehr schnell, möglichst schon ab November, ändern, wenn es nach dem TUA geht. Feste Heimat soll das Sozialgebäude am Palmenhaus im Paradies werden, das praktisch ungenutzt ist und eigentlich spätestens 2019 abgerissen werden sollte.

Dass das 1984 für die Stadtgärtnerei errichtete Gebäude noch steht, gleicht ohnehin einem Wunder, denn es soll schon seit einem Planfeststellungsbeschluss vom 29.12.1995, also seit 20 Jahren, immer wieder mal vom Erdboden getilgt werden, um eine Ausgleichsfläche für den Landschaftsverbrauch durch die nahe Grenzbachtrasse zu schaffen. Anders gesagt: So recht legal ist dieses städtische Gebäude schon seit Jahren nicht mehr – und dessen sind sich Rat und Verwaltung durchaus bewusst. Aber Not kennt bekanntlich kein Gebot, und so konnte sich dieses Provisorium denn zu einem wahren Stehaufmännchen der Konstanzer Baugeschichte entwickeln, sehr zum Missfallen zumindest eines Aktivisten der Bürgergemeinschaft Paradies, der gern mal mit der Brandfackel einer Klage zu wedeln pflegt.

Ein politisches Herbstmärchen?

Am Ende kam es, wie es eigentlich nur im Märchen zu kommen pflegt: Die Verwaltung schlug dem TUA vor, das Gebäude bis zu seinem unweigerlichen Abriss 2019 dem Café Mondial zur Verfügung zu stellen.

Doch da hatte die Verwaltung wohl nicht mit der Welle der Sympathie gerechnet, die im Ausschuss losbrandete, und die als erster Holger Reile (LLK) in Worte fasste: Er forderte eine weit über den durchaus wohlwollenden Antrag der Verwaltung hinausgehende Unterstützung für das Projekt. Da niemand absehen könne, wie sich die Flüchtlingszahlen entwickeln werden, solle man den Abriss des Gebäudes doch jetzt nicht zwingend für 2019 festschreiben, sondern sich eine Verlängerung offenhalten. Die rechtliche Lage sei zwar schwierig, aber nachdem das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde dieses Provisorium so lange zugelassen habe, könne man angesichts der Notlage der Flüchtlinge auch noch auf eine Duldung über 2019 hinaus setzen.

Das Gebäude ist noch brauchbar

Nach der vorangegangenen Ortsbesichtigung war zudem klar, dass das Gebäude in einem besseren Zustand ist, als es die meisten TUA-Mitglieder erwartet hatten. Aber zumindest am Dach und im Keller muss einiges geflickt werden, was etwa 50 000 Euro kosten dürfte. Da müsse die Stadt aktiv werden, forderte Reile, auch wenn das Café Mondial dies eigentlich stillschweigend in Eigeninitiative erledigen wollte.

Als erster Nachredner schloss sich der – als Architekt sachkundige – Johann Hartwich (FDP) den Vorschlägen Holger Reiles an, und neben anderen erklärte Klaus-Peter Kossmehl für die Freien Wähler, dass er beim Gedanken an ein automatisches Ende des Cafés am Palmenhaus im Jahre 2019 Bauchgrimmen empfinde.

Die Verwaltung hielt durch Stadtplaner Martin Wichmann zumindest pro forma ein wenig dagegen: Sie fürchtet neben der komplizierten juristischen Situation sichtlich auch größere Investitionen in das Gebäude, kam damit aber insbesondere bei Holger Reile schlecht an: „Wir geben für irgendwelche externen Gutachten von zweifelhaftem Wert einfach mal hier 40 000, mal dort 60 000 Euro aus, dann werden wir ja wohl noch 50 000 Euro für das Dach eines städtischen Gebäudes übrig haben. Und für einen Zuschuss für die Einrichtung dieses verdienstvollen Cafés wird es wohl auch noch langen. Ehrenamtliches Engagement ist lobenswert, aber dann soll sich die Stadt auch an den Kosten beteiligen.“ Also beantragte er auch gleich entsprechende Startmittel für das Café Mondial.

Die Verwaltung zieht mit

Letztlich rannte er damit auch bei Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn und den Seinen von der Verwaltung offene Türen ein. Man steht seitens der Stadt dem Café Mondial äußerst wohlwollend gegenüber, und so fand man denn auch dank einer salomonischen Formulierung des sprachgewandten Anselm Venedey (FWK) schnell den Stein der Weisen. Das Café Mondial darf – sofern der Gemeinderat am Donnerstag zustimmt – das Sozialgebäude am Palmenhaus „vorerst“, bis 2019 nutzen, die Verwaltung hilft durch einige Renovierungsmaßnahmen sowie vielleicht einen Zustupf zur Eigenarbeit bei der Inneneinrichtung, und dann schaut man in ein paar Jahren mal, wie sich die Sache entwickelt hat und ob es am selben oder einem anderen Ort weitergeht. Nicht klar waren bei dem deutlichen Votum allein die Gründe, aus denen (bei drei Enthaltungen) ausgerechnet Jürgen Ruff (SPD) mit Nein stimmte.

Diese Entscheidung sieht auf den ersten Blick nach einem kleinen Schritt für die Konstanzer Kommunalpolitik aus, ist aber angesichts der Herausforderungen der nächsten Jahre durchaus ein ziemlich großer Schritt für die Menschlichkeit. Möge er zum Mitmachen und zur Nachahmung anregen.

O. Pugliese

Weitere Informationen: http://cafe-mondial.org/

Proteste am Klinikum: Mehr als nur 99 Luftballons über Konstanz

Gesundheit-keine-WareZu einer „aktiven Mittagspause“ kommt es morgen am Klinikum Konstanz. Von 13 Uhr bis 13.30 protestieren im seltenen Schulterschluss die Beschäftigten und die Geschäftsleitung gegen das geplante Krankenhaus-Strukturgesetz (KHSG). Da trifft es sich gut, dass der Aufsichtsrat des Gesundheitsverbundes Konstanz gleichzeitig in der Luisenstraße tagt: Deshalb wird dann auch dessen Vorsitzender, Landrat Frank Hämmerle, das Wort ergreifen.

Über 400 Luftballons werden morgen über Konstanz schweben. Wie überall im Land demonstrieren so die Beschäftigten gegen die mageren Verbesserungen, die das KHSG, das in erster Lesung gegen die Stimmen der Linken schon den Bundestag passiert hat, bringen soll. Denn Investitionen in Bauten und Modernisierung sind dringend notwendig. Stattdessen wird festgelegt, dass die Bundesländer ihre Zuschüsse für die Krankenhäuser auf dem niedrigsten Niveau der letzten 40 Jahre festschreiben. Weil die Länder seit Jahren ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, fehlt es den Krankenhäusern hinten und vorne an Investitionsmitteln. Die Grün/SPD geführte Landesregierung von Baden-Württemberg hatte im Koalitionsvertrag versprochen, die Investitionskostenzuschüsse auf 600 Millionen zu erhöhen. Allerdings fehlen hierzu noch jedes Jahr 150 Millionen. Die Folgen tragen die Beschäftigten und die Patienten.

In Baden-Württemberg fehlen 10 000 Pflegestellen

In einer Medien-Mitteilung kritisiert der Landesverband der Partei Die Linke diese Politik: „Lächerliche drei Pflegestellen pro Krankenhaus mehr bringt das KHSG. Gleichzeitig werden unter dem Strich Mittel gekürzt und damit auch Stellen. Die Qualität der gesundheitlichen Versorgung ist jedoch entscheidend von einem vertretbaren Verhältnis von Pflegekräften und Patientinnen bzw. Patienten abhängig. Die Wirklichkeit auf den Stationen sieht völlig anders aus. Stichwörter sind: Minutenpflege, Arbeitshetze, permanente Überforderung, steigendes Risiko von Angst und Fehlern, Auslassen von eigentlich notwendigen Pflegemaßnahmen, Einspringen aus der Freizeit, ständige Arbeitsverdichtung bis zum Burnout. Während von 1991 bis 2013 die Zahl der Behandlungsfälle um 29 Prozent gestiegen ist, sank im gleichen Zeitraum die Zahl der Vollzeitpflegekräfte um drei Prozent“ – in Baden-Württemberg fehlen derzeit 10 000 Pflegestellen.

Dieser Meinung schließen sich in Konstanz, Singen und Radolfzell nicht nur die Beschäftigten an: Auch Betriebsräte, die Gewerkschaft ver.di und – in seltener Einigkeit – sogar die Geschäftsführer protestieren. So werden während der „aktiven Mittagspause“ neben Hämmerle auch der Geschäftsführer Fischer und die Betriebsrätin Dr. Seide sprechen. – PM/hpk (seemoz)