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#harrisonistkonstanzer!

Der Petition “#harrisonistkonstanzer“ des Café Mondial, die eine Ausbildungsduldung für den von Abschiebung bedrohten Harrison Eijke Chukwu fordert, wollte die Linke Liste auch im Amtsblatt Aufmerksamkeit verschaffen. Der Beitrag wurde mit der vorgeschriebenen Zahl von 1250 Zeichen pünktlich vor Redaktionsschluss abgegeben. Ein paar Stunden später erreichte uns die Nachricht der Redaktion, der Beitrag könne nicht publiziert werden, da Harrison nicht in Konstanz wohne und deshalb der Landkreis zuständig sei. Es wurde ein Ersatzbeitrag angefordert, was die LLK aber ablehnte und auf Veröffentlichung des ursprünglichen Textes bestand.

§ 20 der Gemeindeordnung sieht u. a. vor, „den Fraktionen des Gemeinderats Gelegenheit zu geben, ihre Auffassungen zu Angelegenheiten der Gemeinde im Amtsblatt darzulegen“ – eine Formulierung, die reichlich Ermessensspielraum bietet. Den geforderten Konstanz-Bezug jedenfalls sieht die Linke Liste gleich durch mehrere Punkte erfüllt: Die Petition wurde von KonstanzerInnen gestartet, Harrison arbeitet seit mehreren Jahren ehrenamtlich im Café Mondial, lebte einige Jahre hier und die Ausbildungsstelle, die er gefunden hat, befindet sich ebenfalls in Konstanz. Sein jetziger unfreiwilliger Aufenthalt in der Anschlussunterkunft Öhningen beruht allein auf amtlicher Anordnung.

Auch in der Rechtsprechung gibt es im Hinblick auf zulässige Gemeinderats- (und damit Amtsblatt-)Themen Stimmen für eine großzügige Auslegung: „(Irgend)einen klar erkennbaren kommunalen Bezug des Beitrags“ hält ein Kommentar für „ebenso notwendig wie auch ausreichend“ (BeckOK GemOBW/Haug § 20 Rn. 24); ein anderer betont: „Zu den Aufgaben zählen allerdings nicht nur diejenigen, die einer Gemeinde konkret zugewiesen sind oder die sie allgemein zu bewältigen hat. Der Gemeinderat darf sich auch mit überörtlichen Aufgaben befassen und Stellungnahmen hierzu abgeben, solange diese einen örtlichen Bezug haben und sich auf die Gemeinde auswirken […]“ (BeckOK GemOBW/Brenndörfer § 34 Rn. 43).

Wir fragen uns also, warum der Spielraum so eng ausgelegt wurde und sehen eine Parallele zu der vom Internationalen Forum unterstützten LLK-Resolution „Keine Abschiebung nach Afghanistan“ (April 2017), die Oberbürgermeister Burchardt in der damaligen Ratssitzung nicht zuließ und die trotzdem von einer großen Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder im Nachhinein unterzeichnet wurde.

Eine Sache ist die juristische Bewertung; über sie lässt sich oft trefflich streiten. Auf einem anderen Blatt steht aber die politische, die humanitäre Relevanz. Fakt ist: Die Amtsblatt-Redaktion hat mit formalen Argumenten ein Statement unterdrückt, das um Unterstützung für einen gut integrierten Menschen wirbt, dem die Abschiebung droht. Wir bleiben dabei: Die LLK wird auch in Zukunft nicht akzeptieren, dass der Gemeinderat in seinem Recht beschnitten wird, für bedrohte Geflüchtete einzutreten.

Anke Schwede, Holger Reile, Simon Pschorr


Im Folgenden der abgelehnte Beitrag im Wortlaut:

Harrison ist Konstanzer“

So lautet der Titel der Petition, die eine Ausbildungsduldung für Harrison Eijke Chukwu fordert. Der 39-jährige Nigerianer floh 2010 vor gewalttätigen Auseinandersetzungen in seiner Heimatregion, in deren Verlauf er unter anderem Zeuge der Ermordung seines jüngeren Bruders und Arbeitgebers wurde. Trotz dieser traumatischen Erfahrung erhielt er kein Asyl.

Harrison lebt seit 8 ½ Jahren im Landkreis Konstanz und ist allen, die das Café Mondial besuchen, als geschätzter und wichtiger ehrenamtlicher Mitarbeiter bekannt. Nun droht die endgültige Abschiebung, obwohl er einen Ausbildungsplatz hat. Vor einem Jahr hat sich der Kreistag Konstanz zu diesem Thema positioniert und einen Antrag der Linkspartei einstimmig verabschiedet, Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit – unabhängig von ihren Herkunftsländern – ein Bleiberecht zu erteilen.

Es ist beschämend, dass selbst um eine solche Ausbildungsduldung gekämpft werden muss, um die Abschiebung in ein vom Bürgerkrieg gebeuteltes Land zu verhindern. Wir bitten deshalb um weitere Unterstützung für die Petition „#harrisonistkonstanzer – Ausbildungsduldung für Harrison!“, die bisher 1.852 Personen unterzeichnet und sich damit für eine sichere Zukunft Chukwus ausgesprochen haben (Stand 05. Juli).

Linke Liste Konstanz

Freiheit für Carola Rackete

An Publikum fehlte es nicht, als am frühen Samstagabend knapp 100 Menschen in Konstanz parallel zum Großevent Flohmarkt demonstrierten. Sie hatten sich spontan zum Protest gegen die Verhaftung von Carola Rackete zusammengefunden. Die Kapitänin des Seenotrettungsschiffs Sea Watch 3 war am Freitag auf Anweisung von Italiens Innenminister Salvini festgenommen worden, weil sie nach zweiwöchigem behördlichem Anlegeverbot keine andere Chance für die 40 geretteten Flüchtlingen an Bord sah, als den Hafen in Lampedusa anzulaufen.

Vorbei an den zahlreichen BesucherInnen, die sich an den Ständen des Flohmarkts drängelten, zogen die DemonstrantInnen – mehrheitlich wohl aus dem Umfeld der Seebrücken-Initiative, des Offenen Antifaschistischen Treffens, des Jugendkulturzentrum Contrast, der Linksjugend und der Linken –, vom Schnetztor über die Laube zur Fahrradbrücke. Nach deren Querung endete die Spontandemo im ebenfalls vielbevölkerten Herosé-Park mit einer kurzen Abschlusskundgebung. Lautstark skandierte Parolen und Transparente gegen die Kriminalisierung der SeenotretterInnen und die Abschottungspolitik der EU (“Seenotrettung ist kein Verbrechen” oder “Say it loud, say it clear: refugees are welcome here”) sorgten für einige Aufmerksamkeit unter den Flohmarkt-Flaneuren.

In drei kurzen Wortbeiträgen, gehalten am Schnetztor, auf der Laube und im Herosé-Park, griffen RednerInnen die Flüchtlingspolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten scharf an. „Die Abschottungspolitik der Festung Europa macht menschliches Handeln zu einem Verbrechen“, so eine Rednerin. Durch die Einstellung der eigenen Seenotrettung, die Zusammenarbeit mit libyschen Milizen und der Kriminalisierung der privaten RetterInnen habe die EU das Mittelmeer in ein Massengrab verwandelt, sagte ein weiterer Redner. Europa, hieß es zudem, wolle sich vor dem Elend abschotten, das seine Mitgliedsstaaten und Konzerne oft mitverursacht habe.

Hart angegriffen wurde vor allem der faschistische Minister Salvini, der die Verhaftung der Sea-Watch-Kapitänin auf Twitter so kommentiert hatte: “Verbrecherische Kapitänin festgenommen, Piratenschiff beschlagnahmt, Höchststrafe für die ausländische Nichtregierungsorganisation.” In der Kritik aber auch die deutsche Politik, die das Asylrecht immer weiter schleife, zuletzt mit dem sogenannten Migrationspaket, das noch mehr Schikanen gegen Geflüchtete und Abschiebeknäste vorsehe. Innenminister Seehofer verhindere zudem seit Monaten, dass rund 60 Städte, die ihre Bereitschaft zur Hilfe erklärt haben, gerettete Geflüchtete aufnehmen können. Eine Rednerin griff den Konstanzer OB an: die Erklärung der Stadt zum sicheren Hafen sei für ihn wohl nur ein Lippenbekenntnis gewesen.

“Die Kriminellen sitzen in Rom, in Brüssel und anderen europäischen Metropolen in den Regierungssesseln,” kommentierte ein Redner. “Wir wollen uns das mörderische Treiben nicht länger gefallen lassen. Die Bundesregierung muss sich für die sofortige Freilassung von Carola Rackete einsetzen und endlich zulassen, dass aufnahmebereite Städte geretteten Geflüchteten auch helfen können.” Bereits am kommenden Samstag, 6.7., gibt es Gelegenheit, erneut Druck gegen die Kriminalisierung der RetterInnen zu machen. Die Konstanzer Seebrücke ruft dazu auf, ab 12 Uhr vom Benediktinerplatz aus dafür zu demonstrieren, dass Seenotrettung kein Verbrechen ist.

jüg (Text & Fotos)

“Harrison ist Konstanzer”

So der Slogan einer gestern gestarteten Kampagne, mit der die Abschiebung eines seit fast neun Jahren in der Region lebenden Asylsuchenden verhindert werden soll. Die InitiatorInnen vom Café Mondial haben dazu eine Petition an das Regierungspräsidium Karlsruhe gerichtet, in der gefordert wird, eine Ausbildungsduldung für den betroffenen Harrison Eijke Chukwu zu erteilen. Ein Unterfangen, das die Linke Liste Konstanz mit Nachdruck unterstützt.

Längst ist Konstanz für Harrison Eijke Chukwu zur neuen Heimat geworden. Der gebürtige Nigerianer war 2010 schwer traumatisiert aus seinem Herkunftsland geflohen – vor gewalttätigen Auseinandersetzungen in seiner Heimatregion Biafra, in deren Verlauf er unter anderem Zeuge der Ermordung des jüngeren Bruders und seines damaligen Arbeitgebers werden musste. Für die auf Abschottung geeichten deutschen Behörden war das allerdings noch lange kein Grund, dem Asylantrag des gelernten Elektromechanikers stattzugeben. Nach Jahren, in denen das Damoklesschwert der Abschiebung über dem Geduldeten schwebte, will ihn das Regierungspräsidium Karlsruhe nun endgültig nach Nigeria zurückschaffen lassen.

Das Café Mondial, in dessen Team der trotz Arbeitsverbots bestens integrierte und gut Deutsch sprechende Harrison ein wichtiges Mitglied geworden ist, will das nicht hinnehmen. Zusammen mit dem Verein “83 integriert” und vielen KonstanzerInnen startete das erfolgreiche Begegnungsprojekt die Kampagne “Harrison ist Konstanzer”. Ziel ist, eine sogenannte Ausbildungsduldung für den vom Rauswurf Bedrohten zu erwirken. Dieser 2016 ins Aufenthaltsgesetz aufgenommenen Regelung zufolge sind Betroffene während einer Berufsausbildung vor der Abschiebung geschützt. Die Zusage eines hiesigen Arbeitgebers für eine Lehrstelle gibt es im Fall Harrisons bereits.

“Die Zeit drängt, denn die Entscheidung des Regierungspräsidiums könnte schon bald fallen”, betont der Vorstand des Café Mondial Konstanz e. V. die Dringlichkeit des Anliegens. Er bittet deshalb, eine am 26.6. lancierte Petition an das zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe zu unterzeichnen und auch für deren Weiterverbreitung zu sorgen. Diesem Appell schließt sich die Linke Liste an.

Zur Petition geht es hier.

Und hier ein Video zur Situation von Harrison Eijke Chukwu.

jüg/MM (Foto: Café Mondial)

Flüchtlingsaufnahme: Seehofer muss Blockade beenden

Rund 60 deutsche Kommunen haben ihre Bereitschaft erklärt, vor dem Ertrinken gerettete Geflüchtete aufzunehmen. Dazu gehört auch Konstanz, dessen Gemeinderat sich auf Antrag der Linken Liste im vergan­ge­nen Jahr zum “Sicheren Hafen” erklärt hat. Das Bundesinnenministerium, das einer Aufnahme der Geretteten zustimmen müsste, mauert indes eisern. Aus aktuellem Anlass fordert ein jüngst gegründete Städtebündnis “Sicherer Häfen” Innenminister Seehofer nun per offenem Brief auf, die unmenschliche Blockadehaltung sofort aufzugeben. Die LLK zeigt sich in einer Mitteilung erfreut, dass auch der Konstanzer OB unterschrieben hat, wünscht sich aber mehr Initiative.

VertreterInnen von 12 Städten gründeten beim Seebrücke-Kongress am 14.6. in Berlin das Bündnis “Städte Sicherer Häfen”. Aus Baden-Württemberg dabei Rottenburg und Freiburg. Konstanz fehlt – nicht nur auf dem Bild. Das sollte sich umgehend ändern. (Foto: Seebrücke, Engelhardt)

Die Linke Liste Konstanz (LLK) begrüßt, dass auch Oberbürgermeister Uli Burchardt einen Offenen Brief unterzeichnet hat, der Bundesinnenminister Horst Seehofer auffordert, endlich dafür zu sorgen, dass aufnahmebereite Städte gerettete Geflüchtete unterbringen können. Das hat der OB auf Anfrage der LLK am Montag bestätigt. Anlass des Briefs, verfasst von einem Bündnis verschiedener Städte, die sich zum “sicheren Hafen” für Fluchtopfer erklärt haben, ist die Rettung von 53 Menschen durch das zivile Seenotrettungsschiff Sea Watch 3 Anfang Juni.

Der Oberbürgermeister von Rottenburg am Neckar erklärte daraufhin, die vor dem Ertrinken Geretteten aufnehmen zu wollen, die Städte Berlin und Kiel schlossen sich an. Die Bereitschaft, den Geflüchteten zu helfen, scheitert allerdings bisher an der nur als skandalös zu bezeichnenden Blockadehaltung des Bundesinnenministeriums. Auch mehr als 10 Tage nach ihrer Rettung müssen die Betroffenen auf der Sea Watch 3 ausharren, weil die Bundesregierung ihre unmenschliche Asylpolitik mit harter Hand durchpeitschen will.

Die Linke Liste schließt sich der in dem Brief formulierten Forderung an Seehofer an, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anzuweisen, “eine Aufnahmezusage für die von der ​Sea-Watch 3 ​Geretteten zu erteilen […]! Nehmen Sie Kontakt mit den italienischen Behörden auf und informieren Sie sie über die Aufnahmebereitschaft Deutschlands und unserer Städte.”

Für die Linke Liste, auf deren Antrag hin der Gemeinderat letztes Jahr Konstanz zum Sicheren Hafen erklärt hatte, ist es völlig unverständlich, dass die Bundesregierung die mögliche humanitäre Hilfe verweigert. “Es ist deshalb gut, dass sich der Oberbürgermeister dem Appell an den Bundesinnenminister angeschlossen hat”, erklärt Simon Pschorr, am 26.6. neu gewählter Stadtrat der LLK. “Noch besser wäre es gewesen, der Unterschrift Taten vorausgehen zu lassen und die Aufnahme von Geretteten anzubieten.” Die Linke Liste werde künftig genau darauf achten, dass der Konstanzer Gemeinderatsbeschluss nicht bloß Papier bleibt, ergänzt LLK-Ratskollege Holger Reile.

Die Ratslinken begrüßen und unterstützen deswegen den Aufruf der Konstanzer Seebrücke, am 6. Juli wie vor einem Jahr erneut für sichere Fluchtwege, die Entkriminalisierung der zivilgesellschaftlichen Seenotrettung und eine menschenwürdige Aufnahme der von Krieg, Verfolgung und Elend flüchtenden Menschen zu demonstrieren. „Wir müssen in Erinnerung rufen“, betont LLK-Fraktionsvorsitzende Anke Schwede, „dass die Lage auf dem Mittelmeer noch schlimmer geworden ist.“

Zivile Seenotretter*innen würden immer stärker kriminalisiert, ihre Schiffe seien zum größten Teil festgesetzt. Berichten zufolge hat die Europäische Union Rettungsaktionen inzwischen komplett eingestellt, stattdessen finanziert man die sogenannte libysche Küstenwache – kriminelle Milizen, die den schmutzigen Türsteher-Job für die EU übernehmen. Ungestraft könne zudem Italiens ultrarechter Innenminister Salvini zivile Menschenrechtsaktivist*innen mit immer neuen Repressalien belegen. „Den Mitgliedsstaaten der EU fehlt es offensichtlich am Willen, das Massensterben auf dem Mittelmeer zu beenden“, meint Anke Schwede. Öffentlicher Druck auf die Verantwortlichen in Berlin und Brüssel, die tödliche Abschreckungspolitik zu beenden, sei deshalb mehr denn je geboten.

Linke Liste Konstanz


Im Wortlaut: Offener Brief an den Bundesinnenminister – Aufnahme der Geretteten der Sea Watch 3

Linke Liste fordert: “Parallelgemeinderat” abschaffen

Die Linke Liste Konstanz (LLK) will den sogenannten Ältestenrat des Gemeinderates abschaffen. Einen entsprechenden Antrag stellt die Fraktion für die konstituierende Sitzung des neuen Kommunalparlaments am 4. Juli. Die Ratslinken stören sich an der in Konstanz geübten Handhabung des optionalen Gremiums, das die Stadtspitze in der vergangenen Legislaturperiode zunehmend zum “Parallelgemeinderat” ausgebaut habe.

Kommunen in Baden-Württemberg können nach Paragraf 33 a der Gemeindeordnung einen Ältestenrat einrichten. Das Gremium soll demzufolge den Bürgermeister “in Fragen der Tagesordnung und des Gangs der Verhandlungen des Gemeinderats” beraten. Welche Kompetenzen ihm darüber hinaus zugeschrieben werden, überlässt der Gesetzgeber den Gemeinden.

Die LLK kritisiert, in Konstanz nutze die Stadtspitze diesen Spielraum, um am Gemeinderat vorbei “sachlich-inhaltliche Fragen vor den Sitzungen zu besprechen, Abstimmungsverhalten abzufragen und faktische Festlegungen zu treffen”, wie es in der Antragsbegründung heißt. Damit sei der aus OB und den Fraktionsvorsitzenden gebildete Ältestenrat entgegen seinem eigentlichen “Sinn und Zweck”, Verfahrensfragen zu regeln, zu einer Art “Schattenparlament” geworden. Für die LLK eine inakzeptable Praxis, die zu Recht in der Öffentlichkeit kritisch gesehen werde: “Hinterzimmer-Demokratie ersetzt legitime Teilhabe an öffentlicher Meinungsbildung nicht”, so die Fraktion.

Der Oberbürgermeister habe zudem das Gremium verschiedentlich missbraucht, um “Einigkeit über die Behandlung von Angelegenheiten in nicht-öffentlicher Sitzung zu erzielen, obwohl die Inhalte gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 GO Baden-Württemberg in öffentlicher Sitzung zu behandeln gewesen wären”. Entwicklungen, die für die Ratslinken im Zusammenhang mit einer “bedenklichen Tendenz des Oberbürgermeisters” zu sehen sind, “die Funktion des Gemeinderats als Organ öffentlicher Meinungsbildung und Meinungsfindung durch eine zunehmende Zahl nicht-öffentlicher Sitzungen zu beschneiden”. Den Ältestenrat nutzt OB Burchardt der LLK zufolge zugleich als Disziplinierungsinstrument: Die im Gremium getroffenen Vorabsprachen machten es insbesondere Gemeinderätinnen und Gemeinderäten “mit abweichender Meinung” schwer, ihrer Kontrollfunktion gegenüber der Verwaltung nachzukommen.

Um dieses Demokratiedefizit zu beseitigen, will die LLK-Fraktion den Ältestenrat nun ersatzlos aus der Geschäftsordnung streichen lassen. Verfahrensfragen könnten problemlos auch in anderen Ausschüssen oder zu Beginn einer Ratssitzung geklärt werden, ist sie überzeugt. Für ihren Vorstoß suchen die Linken im Rat Verbündete: Die anderen Fraktionen hat man vorab unterrichtet – mit der Bitte um Unterstützung.

jüg

Nun ist’s genug, Herr Rauhut!

Wohnraum in Konstanz ist knapp und wird immer teurer. Unbezahlbar ist er mittlerweile oft auch für Menschen mit mittleren Einkommen. Dennoch stehen, meist aus Spekulationsgründen, Wohnungen und Häuser leer. Damit liegt ein Verstoß gegen das erlassene Zweckentfremdungsverbot vor. Mit auf der Liste steht weit oben Uwe Rauhut, dem das Wohnhaus in der Brauneggerstraße 25 gehört. Sechs Wohneinheiten sind dort immer noch unbewohnt. Holger Reile, Stadtrat der Linken Liste, wendet sich persönlich an den Hausbesitzer.


Herr Rauhut,

eventuell werden Sie verstehen, dass ich auf die übliche Anrede „Sehr geehrter …“ verzichte, denn Ihr Tun ist alles andere als ehrenwert. Ich will Ihnen auch sagen, was mich zu dieser Einschätzung veranlasst.

Seit langen Jahren lassen Sie Ihre schöne Immobilie im Paradies leer stehen. Insgesamt handelt es sich um sechs große Wohnungen, alle auf der ruhigen Hausrückseite ausgestattet mit weitläufigen Terrassen. Zu Ihnen wird sicherlich durchgedrungen sein, dass viele Menschen in unserer Stadt händeringend nach Wohnraum suchen, der auch noch halbwegs bezahlbar ist. In Ihrem Haus hätten also sechs Familien Platz, doch das scheint Sie nicht im Geringsten zu interessieren. Das, Herr Rauhut, nenne ich unverantwortlich und zutiefst asozial.

Darf ich Sie fragen, ob Sie schon mal was davon gehört haben, dass Eigentum verpflichtet? Können Sie sich in etwa vorstellen, wie es Menschen geht, die trotz intensiver Bemühungen in Konstanz keine Wohnung mehr finden oder in beengten Verhältnissen leben müssen? Ich vermute, derlei Erkenntnisse sind bei Ihnen leider nicht abrufbar. Anders ist Ihr Verhalten nicht zu erklären. Mit Ihrem Vorgehen tragen Sie auch dazu bei, dass die Stimmung gegen Vermieter – darunter viele, die sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sind – ins Negative kippt. Aber auch das wird Ihnen sicherlich unterhalb des fünften Lendenwirbels vorbeigehen.

Zur Erinnerung: Vor rund vier Jahren wurde in Konstanz das Zweckentfremdungsverbot auf den Weg gebracht. Eine richtige Maßnahme, die mittlerweile dazu beigetragen hat, dass über 80 Wohnungen wieder ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden konnten. Selbiges wurde und wird richtigerweise auch von Ihnen gefordert. Doch Ihre diesbezüglichen Bemühungen sind, ich formuliere es mal moderat, äußerst übersichtlich angeordnet. Mal kam ein Handwerker, dann tat sich lange wieder nichts. Dann ein anderer, kurz darauf erneut Stillstand.

Man hat Ihnen großzügige Fristen gesetzt für die Instandsetzung Ihres Wohnhauses und diese – weil u.a. angeblich keine Handwerker zu bekommen waren – auch verlängert. Die aktuelle Verlängerung läuft nun Ende Juni aus. Was dann? Werden Sie neuerlich versuchen, eine weitere Frist zu erhalten, weil angeblich alle für Sie in Frage kommenden Handwerker und Firmen auf Jahre hinaus ausgebucht sein sollen? Ich kann Ihnen hiermit versichern, dass wir eine weitere Verschleppung nicht tolerieren werden.

Eines noch: Sie können froh sein, dass Ihre Vorgehensweise bislang keine Reaktionen hervorgerufen hat, wie in anderen Städten, in denen man sich mit (Instand)Besetzungen gegen Spekulantentum und Wohnraumvernichtung zur Wehr setzt. Aber was nicht ist, kann durchaus noch werden.

Holger Reile, Stadtrat LLK


 

OB-Wahl: Auf der Suche nach einer Alternative?

Das Ergebnis der Kommunalwahl ist ein­deu­tig: 25 von insgesamt 40 Sitzen gingen an FGL, SPD, JFK und LLK. Grund genug, meint die LLK, sich darüber Gedanken zu machen, ob es nicht angebracht wäre, für die kommenden OB-Wahlen im Mai 2020 nach einem gemein­sa­men Kandidaten oder einer Kandidatin zu suchen, der/die gegen den Amtsinhaber Uli Burchardt antritt, der eine zweite Amtszeit anstrebt.

Im Vorfeld der kommenden OB-Wahlen gehe es nun darum, schreiben die LLK-RätInnen Anke Schwede, Simon Pschorr und Holger Reile an die Fraktionen von FGL, SPD und JFK, „frühzeitig die Weichen für eine soziale und ökologische Politik zu stellen“. Zusammen habe man rund 60 Prozent der Stimmen erreicht und das sei „ein gewaltiges Pfund, das trotz diverser Unterschiedlichkeiten fraktionsüberschreitende Optionen ermöglichen könnte“.

Nach Meinung der LLK stelle sich für das Mitte-Links-Lager unter anderem die Frage: „Was wollen wir zusammen ändern, wo sehen wir gemeinsame Schnittmengen, wo wollen wir Schwerpunkte setzen?“ Denn nach Ausrufung des Klimanotstandes müssten „spätestens für die anstehenden Haushaltsberatungen sehr dicke Pflöcke“ eingeschlagen werden.

Zu einem dieser Schwerpunkte gehört nach Ansicht der LLK vor allem die OB-Wahl, die im Sommer 2020 ins Haus steht. Am noch amtierenden Rathauschef lassen die Ratslinken kein gutes Haar. Denn Burchardt habe seine Ankündigung bei seinem Amtsantritt 2012, „nachhaltige Politik in Angriff zu nehmen, kaum eingelöst“. Als CDU-Mann stehe er „für neoliberale Politik. Längst anstehende Änderungen auf vielen Feldern wurden und werden weiterhin verschleppt (…)“.

Also fragt die LLK in aller Deutlichkeit: „Finden wir vielleicht einen gemeinsamen Kandidaten oder eine Kandidatin, auf den/die wir uns verständigen können? Sicher keine leichte Aufgabe, aber wenn wir an einer sozialverträglichen und ökologischen Weiterentwicklung unserer Stadtgesellschaft interessiert sind, bleibt uns kaum etwas anderes übrig“.

Man darf gespannt sein, wie die angesprochenen Fraktionen auf den Vorschlag der LLK, der aus deren Sicht als vorläufiges Gesprächsangebot zu verstehen ist, reagiert.

red (Grafik: red)

Der dritte Sitz ist geschafft

Die Linke Liste Konstanz blickt auf einen erfolgreichen Wahlsonntag zurück. Wir haben unser Wahlziel, einen dritten Sitz zu erringen, erreicht und uns deutlich gesteigert: gegenüber dem Ergebnis von vor fünf Jahren um 1,0 Punkte von 6,1 auf 7,1 Prozent. In absoluten Zahlen ausgedrückt haben wir laut vorläufigem Endergebnis 103.722 Stimmen erhalten (2009: 66.586), der Aufwärtstrend hält also seit 20 Jahren stetig an. Vielen Dank für Eure Unterstützung und Mitarbeit!

Das vorläufige Endergebnis hat auch die bisherigen Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat durcheinandergewirbelt: Mit der überaus starken FGL (13 Sitze), einer gerupften SPD (5 Sitze) und dem JFK (4 Sitze) werden wir neben anderen die Projekte ÖPNV und Kitas zum Nulltarif sowie endlich mehr bezahlbaren Wohnraum und gesellschaftliche Teilhabe auch für weniger gutbetuchte Konstanzer*innen hoffentlich nachhaltigen Schwung geben können. Wir werden sehen, am Ende zählt das Abstimmungsverhalten in den Gremien.
Heute Abend sind wir jedenfalls ab 20 Uhr in den Kulturladen anzutreffen und stoßen gerne mit Euch auf den Erfolg an!

Simon Pschorr, Holger Reile, Anke Schwede

Wissenswertes rund um die Kommunalwahlen

Am 26. Mai 2019 sind mehr als 60 000 wahlberechtigte Konstanzer Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, die 40 Sitze im Gemeinderat durch ihre Stimmabgabe zu besetzen. Anders als bei Bundestags- oder Landtagswahlen müssen mehrere Stimmzettel ausgefüllt und viele Stimmen vergeben werden. Das baden-württembergische Wahlrecht kennt außerdem eine Besonderheit: durch Kumulieren und Panaschieren haben die WählerInnen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss darauf, wer in das städtische Gremium kommt. Das macht die Sache zwar etwas kompliziert, ist aber wählerfreundlich. Also: JedeR kann sein/ihr Votum mit bis zu drei Stimmen (kumulieren = anhäufen) auf einzelne BewerberInnen einer Liste oder unterschiedlicher Listen (panaschieren = mischen) verteilen. Diese Stimmen werden bei der Auszählung anteilmäßig den jeweiligen Parteien und Wählervereinigungen zugeteilt. In beiden Fällen muss die Gesamtstimmenzahl (in Konstanz 40!) beachtet werden – denn schon durch eine überzählige Stimme ist der abgegebene Stimmzettel ungültig.

Wer die Liste der LLK gesamthaft ankreuzt, gibt jedem Kandidaten, jeder Kandidatin eine Stimme – da auf unserer Liste 40 Personen kandidieren, geht kein Votum verloren und mögliche Rechenfehler sind ausgeschlossen.

Wahlrecht ab 16

Zum zweiten Mal können in den Städten, Gemeinden und Landkreisen Baden-Württembergs rund 200 000 16- und 17-Jährige wählen. Am 11. April 2013 wurde dies vom Landtag mit damaliger grün-roter Mehrheit beschlossen, die Oppositionsfraktionen CDU und FDP stimmten dagegen. Auch die Linkspartei setzt sich grundsätzlich für ein Wahlrecht ab 16 ein. Die Neuwählerinnen und -wähler in Baden-Württemberg können durch ihre Stimmabgabe die Ausrichtung der hiesigen Gremien mitbestimmen. Das ist wichtig, denn Kommunalpolitik bestimmt auch den Alltag Jugendlicher: Stadträtinnen und -räte entscheiden über Freizeitangebote, Jugendtreffs, Schulen und über vergünstigten Angebote für Freizeiteinrichtungen, Bäder, Kinos, Theater, etc.; alles Regelungen, die den Alltag von Jugendlichen direkt betreffen. Die Linke Liste spricht sich deshalb für einen Jugendgemeinderat aus, der die politischen Vorstellungen und Forderungen junger Frauen und Männer in Konstanz transportieren soll – mit Entsenderecht in alle Ausschüsse des Gemeinderats sowie Stimmrecht, wenn es um jugendpolitische Themen geht.

Auszählverfahren

Das Umrechnen der Wählerstimmen in Mandate erfolgt nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren. Dabei ergibt sich die Sitzverteilung, indem die Stimmenzahlen jeweils durch dieselbe Zahl, den Divisor, geteilt werden. Aus den gerundeten Ergebnissen resultieren die Mandate für jede Liste. Ein Wahlrechner findet sich hier: http://www.wahlauswertung.de/probewahl/sitzverteilung/

Seit 2014 sollen übrigens Frauen und Männer laut Wahlgesetz gleichermaßen bei der Aufstellung eines Wahlvorschlags berücksichtigt werden. Im Idealfall soll die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber in den Wahlvorschlägen abwechselnd erfolgen. Die Linke Liste Konstanz hat darauf besonderen Wert gelegt und ihre Liste fast zur Hälfte mit Frauen besetzen können.

Linke Wahlparty

Am Sonntag, 26. Mai, 18.00 Uhr schließen die Wahllokale. Dann wird ein langer, anstrengender aber gelungener Wahlkampf hinter uns liegen. Viele haben sich beteiligt und die Vorschläge und Forderungen der Linken und der Linken Liste für eine soziale, ökologische und solidarische Politik in der Stadt, dem Kreis und in Europa unter die Leute gebracht. Danke an alle, die Plakate aufgehängt, Flyer und Programme verteilt, an Infoständen teilgenommen, auf Veranstaltungen diskutiert oder einfach nur im Bekanntenkreis für unsere Ziele geworben haben.

Nach so viel Arbeit muss jetzt mal Zeit zum Feiern sein. Am Sonntagabend treffen sich deshalb LINKE und LLK mit allen Unterstützer*innen und sonstigen Feierbiestern zur Wahlparty im Konstanzer Costa del Sol, St.-Johann-Gasse 9, 78462 Konstanz.

Wir freuen uns auf euer zahlreiches Erscheinen, interessante Gespräche und einen erfolgreichen Wahlausgang. Los geht’s um 19.00 Uhr!