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Mobilität: Vollbremsung, damit wir weiterkommen

Der Trägerverein des Online-Magazins seemoz lädt am 24. Januar zusammen mit der Volkshochschule zu einer spannenden Veranstaltung ein. Der Autor und Filmregisseur Klaus Gietinger liest im Astoria-Saal des Kulturzentrums am Münster aus seinem jüngsten Buch, das Wege in eine Zukunft der Mobilität aufzeigen will, in der wir ohne Auto weiterkommen.

Für den Autor geht es um nicht weniger als eine Verkehrsrevolution: “Das Auto tötet jährlich Millionen Menschen, zerstört die Umwelt und die Atmosphäre. Schuld daran ist eine allmächtige Autoindustrie, die die Welt jedes Jahr mit mehr KFZ zumüllt. Autofahren macht süchtig, wir sind die Junkies, die Konzerne, Politiker und Medien bilden ein Drogenkartell, das uns Mobilität verspricht und Stau und Sterben beschert. Wollen wir nicht an die Wand fahren ist es Zeit für eine Vollbremsung. Und nie war der Moment günstiger: Diesel-, Feinstaub-, Stickstoffgate, drohende Klimakatastrophe. Vor allem junge Menschen lassen sich dies nicht mehr gefallen, sie schwänzen die Schule, um den Planeten zu retten. Dieses Buch zeigt wie wir weiterkommen.”

Klaus Gietinger ist Drehbuchautor, Filmregisseur und Sozialwissenschaftler. Sein Kinofilm „Daheim sterben die Leut“ ist Kult. Er schrieb und drehte „Tatorte“, TV-Filme, Serien und Dokumentationen (zuletzt „Wie starb Benno Ohnesorg?“) und erhielt dafür zahlreiche Preise. Er ist Autor zahlreicher Bücher, u. a. „Eine Leiche im Landwehrkanal – Die Ermordung Rosa Luxemburgs“, „Der Konterrevolutionär“, „Totalschaden“ oder „99 Crashes“.

red (Foto: Westendverlag)


Wann? Freitag, 24. Januar 2020, 19.30 Uhr. Wo? Konstanz, Kulturzentrum am Münster, Astoria-Saal (Zugang über die vhs, Katzgasse 7). Eintritt frei.


Mehr zum Thema bei seemoz:
10.09.19 | Sackgasse Autoverkehr: Wende oder Revolution?
24.07.19 | Vollbremsung – Zeit für Jim Knopf gegen die Wilde 13

„Bildungsklau im ganzen Land – Unsere Antwort: Widerstand!“

Mit diesem Schlachtruf haben gestern fast 2000 Studierenden, Mitarbeitende und ProfessorInnen gegen die Unterfinanzierung und den Sanierungsstau der baden-württembergischen Hochschulen protestiert. Dazu aufgerufen hatten die Studierendenvertretung der Universität und der AStA der HTWG. Landesweit fanden an Hochschulen ähnliche Protestaktionen statt. Anlass waren die Verhandlungen zum Hochschulfinanzierungsvertrag 2021 (HoFV II), mit dem die Landesregierung die Finanzierung der Hochschulen in den nächsten fünf Jahren regeln will.

In den letzten zwanzig Jahren ist, trotz meist guter wirtschaftlicher Lage und sprudelnden Steuereinnahmen, an den Hochschulen eine Finanzierungslücke von umgerechnet 3540 Euro jährlich pro Studierendem entstanden. Die Landesrektoren-Konferenz und die Landes-Studierendenvertretung forderten deshalb bei der Aushandlung der neuen Hochschulfinanzierung eine Anhebung der Grundfinanzierung um 1000 Euro pro Kopf und Jahr. Die grün-schwarze Landesregierung fand dies überzogen und bot 50 Euro, ein Betrag, der von allen Betroffenen zurecht als Skandal bezeichnet wurde. Auch bei der Verstetigung derzeit befristeter Mittel hat sich Stuttgart bisher nicht bewegt. Lediglich bei der jährlichen Steigerung der Grundfinanzierung um drei Prozent zeigt das Land Entgegenkommen, allerdings auf Basis einer viel geringeren Ausgangslage als von den Hochschulen gefordert. Zwei Prozent davon sind zudem allein notwendig, um Kosten- und Tarifsteigerungen aufzufangen.

Alle Zusammen – Gegen die Befristung!

Die Folgen der Unterfinanzierung der Hochschulen sind auf allen Ebenen spürbar. Auf Initiative von Daniel Färber, Mitglied im Konstanzer Organisationsteam und Vertreter des SDS an der Universität, hatte auch die Mittelbau-Initiative die Möglichkeit, auf der Kundgebung über die Situation der Mitarbeitenden zu sprechen. Die wachsenden Deckungslücken verschlimmern die ohnehin kritische Lage der befristet arbeitenden Beschäftigten weiter. Mittlerweile ist es keine Seltenheit mehr, dass selbst Kernaufgaben in der Verwaltung, Lehre und den wissenschaftsunterstützenden-Diensten von befristet Beschäftigten ausgeübt werden, von der prekären Situation aller WissenschaftlerInnen unterhalb der Professoren-Ebene ist da noch nicht mal die Rede. Besonders absurd ist, dass diese befristeten Stellen durch Programme und Sondermittel des Landes und Bundes finanziert werden. Mit ihrer Weigerung, diese Mittel dauerhaft zuzusichern, fördern Bund und Länder unmittelbar prekäre Beschäftigung. Für die Betroffenen heißt dies, ständig von Zukunftssorgen geplagt zu werden, für die baden-württembergische Hochschullandschaft geht auf Dauer gutes Personal verloren.

Rauf mit der Bildung – Runter mit der Rüstung

Nicht nur Arbeits- und Studienplätze sind durch die wachsenden Haushaltslücken in Gefahr. Am Rande des Demonstrationszugs thematisierte Organisationsteam-Mitglied Färber in einem SWR-Interview die steigende Gefahr der Abhängigkeit von Drittmitteln. „Irgendwo müssen wir Gelder herbekommen – das heißt, wir verlieren unter Umständen die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre, weil wir darauf angewiesen sind, Gelder von Unternehmen einzuwerben“, so Färber.

Betrug der Anteil der Grundfinanzierung der Hochschulen 2001 noch 75 Prozent, ist er auf 59 Prozent im Jahr 2011 gesunken, während der Anteil der Drittmittel im selben Zeitraum von 20 auf 27 Prozent gestiegen ist – Tendenz weiter zunehmend. Insgesamt machten die Ausgaben für Hochschulbildung in Baden-Württemberg in den letzten Jahren nur etwa 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) aus, während gleichzeitig auf Bundesebene 2 Prozent des BIP für Rüstung ausgeben werden sollen. „Wer mehr Geld für Rüstung als für Hochschulbildung ausgibt, der erweist zukünftigen Generation einen Bärendienst“, so die Rednerin des HTWG-AStA auf der Kundgebung. Die Forderung nach mehr Bildung und weniger Rüstung war denn auf der Demonstration auch sehr präsent und verweist auf die Missverhältnisse in der politischen Prioritätensetzung.

Bei Banken sind sie fix – für Bildung tun sie nix

Negativ bemerkbar macht sich der Sanierungsstau an den Universitäten auch bei Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe. So wurde etwa an der HTWG die Stelle für die Beauftragte für nachhaltige Entwicklung ersatzlos gestrichen. Die Bausubstanz weist erhebliche Mängel auf, die klimaschädlich zu Buche schlagen. Die Studierendenvertretungen haben das Land aufgefordert, dringend nötige Mittel für energetische Sanierungen und klimafreundliche Neubauten bereitzustellen. Die aktuelle Situation im Hochschulbau kann nicht mal als Notstandsverwaltung bezeichnet werden. Es ist keine Seltenheit, dass etwa nach Reparaturen Räume wegen Asbestverseuchung gesperrt werden müssen, bei Starkregen tropft es schon mal von der Decke oder die Sporthalle läuft voll. Eben jene Konstanzer Unisporthalle hat übrigens deshalb vor einigen Wochen den Status als Versammlungsstätte entzogen bekommen. Es tropft und bröckelt an allen Enden.

No Border – No Nation – Free Education

Mit diesem Ruf machten die Demonstrations-TeilnehmerInnen auf weitere Verfehlungen der grün-schwarzen Landesregierung aufmerksam. Seit fast drei Jahren müssen die baden-württembergischen Hochschulen Gebühren für Studierende aus nicht zur EU gehörenden Ländern (1500 Euro pro Semester) und Studierende im Zweitstudium (650 Euro pro Semester) erheben. Besonders zynisch: Hier treibt man Geld von denen ein, die sich am schlechtesten wehren können, und belastet ausgerechnet jene, die sich für eine anspruchsvoller werdende Arbeitswelt fortbilden wollen. Dabei landet das kassierte Geld am Ende nicht mal bei den Hochschulen. Die Gebühren hat man eingeführt, als im Zuge der verfehlten Sparpolitik der Länder das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gezwungen war, entweder Geld einzusparen oder Einnahmen zu generieren. Sie dienen also nicht der Finanzierung von zusätzlichen Lehr- und Betreuungsangeboten, sondern werden verwendet, um Löcher im Landeshaushalt zu stopfen.

Auf Druck der CDU hat die Landesregierung den Verfassten Studierendenschaften ihr politisches Mandat abgesprochen. Mit dieser Demonstration stellen die Studierenden unter Beweis, dass sie sich nicht Mundtot machen lassen und auch weiterhin für ihre Rechte und für eine freie, unabhängige und gut finanzierte Hochschullandschaft mit guter Bildung streiten werden.

df/red (Fotos: privat)

Aufsichtsbeschwerde wegen Kurzstreckenticket

Seit langem gibt es Kritik an zu hohen Fahrpreisen bei den Konstanzer Stadtbussen. Im Gemeinderat fordern die linken Rät*innen, deren Ziel der Nulltarif ist, zumindest deutlich günstigere Tickets. Zuletzt waren auch aus grüner Ecke entsprechende Äußerungen zu hören. Nun haben die bislang verlässlich beratungsresistenten Stadtwerke gekreißt und immerhin ein Mäuslein namens Kurzstreckenticket geboren. Das wird allerdings nicht ausreichen, den ÖPNV im klimapolitisch nötigen Maß aufzuwerten – zumal es exklusiv jenen Fahrgästen vorbehalten bleiben soll, die über ein Smartphone verfügen. Die LLK-Stadträt*innen sind deshalb jetzt beim Regierungspräsidium vorstellig geworden, wie aus einer Medienmitteilung hervorgeht.

Die Mitteilung im Wortlaut:

Die Stadträt*innen der Linken Liste Konstanz (LLK) legen Aufsichtsbeschwerde beim Regierungspräsidium Freiburg (RP) gegen das seit 1. Oktober erhältliche Kurzstreckenticket der Stadtwerke Konstanz ein, weil es nur online erworben werden kann. Nach Überzeugung von Simon Pschorr, Anke Schwede und Holger Reile verstößt die für den Busverkehr zuständige städtische Gesellschaft damit gegen geltendes Recht.

Stein des Anstoßes für die LLK-Rät*innen war die am 1. Oktober in Kraft gesetzte neue Tarifstruktur der Stadtwerke. Diese erweitert das bisherige Fahrschein-Angebot um ein Kurzstreckenticket, mit dem die Führung der Stadtwerke auf die immer lauter werdende Kritik an zu hohen Preisen im städtischen Nahverkehr reagiert hatte. Die LLK-Fraktion, die seit langem zu den vehementesten Verfechtern einer Aufwertung des ÖPNV-Angebots der Stadt gehört – sie fordert etwa engere Taktfrequenzen, einen Ausbau des Netzes vor allem in die Randbezirke und nicht zuletzt eine drastische Senkung der Fahrpreise, – begrüßt zwar die Entscheidung, für kurze Wege einen verbilligten Fahrschein einzuführen, als einen – wenn auch zögerlichen – Schritt in die richtige Richtung. Dass dieses Ticket aber nur kaufen kann, wer über ein Smartphone oder einen Internetzzugang verfügt, kritisieren die Ratslinken scharf als rechtswidrig.

Aus ihrer Sicht verstoßen die Stadtwerke damit gegen in den Paragrafen 39 und 45 festgeschriebene Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG). Das darin vorgeschriebene Gebot der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifstrukturen müsse „den Grundsätzen der Transparenz und Gleichmäßigkeit Genüge tun, um den gleichen Zugang zu Leistungen im Daseinsvorsorgeinteresse sicherzustellen“, zitiert Simon Pschorr einen Rechtskommentar zu Paragraf 39 PBefG. Dazu gehöre, dass die Tarifgestaltung insbesondere der Gleichbehandlung von Fahrgästen Rechnung trage. Ein Grundsatz, so der LLK-Stadtrat und Jurist, gegen den das Konstanzer Kurzstreckenticket klar verstoße. „Um die Anforderungen an einen gleichberechtigten Zugang zu Leistungen öffentlicher Daseinsvorsorge zu wahren“, so der Kern von Pschorrs Argumentation, „müssen wesentlich gleiche Nutzer gleichbehandelt werden.“ Dagegen verstoße die Konstanzer Regelung, die es Fahrgästen ohne Smartphone unmöglich macht, das billigere Ticket zu kaufen. Die LLK-Rät*innen verweisen darauf, dass in der Altersgruppe ab 65 Jahren lediglich 41 Prozent über ein solches Mobiltelefon verfügen, und deshalb „überproportional viele Senioren das neue Kurzstreckenticket nicht nutzen“ können.

Weil die Stadt Konstanz als zuständige Genehmigungsbehörde und zugleich Mehrheitsgesellschafterin der Stadtwerke die neue Tarifstruktur durchgewunken hatte, wenden sich die linken Rät*innen jetzt an das Regierungspräsidium. „Es ist Aufgabe der Aufsichtsbehörden, diese verfehlte Ermessensentscheidung hinsichtlich der Genehmigungserteilung im Rahmen des § 39 PBefG zu korrigieren.”

Die LLK fordert, dass Senioren und andere Menschen, die kurze Strecken mit dem Bus zurücklegen müssen, weil sie weniger mobil sind als andere Verkehrsteilnehmer, sämtliche Arten von Fahrkarten auch beim Busfahrer oder an Automaten kaufen können.

MM/jüg (Foto: jüg)

Mietenwahnsinn stoppen – aber wie?

Veranstaltung mit Caren Lay, Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik der Fraktion DIE LINKE.

Dienstag, 8.10., 19.30 Uhr, Konstanz, Hotel Barbarossa (Obermarkt 8-12).

Viele KonstanzerInnen müssen zähne­knirschend zur Kenntnis nehmen, dass die Miete einen immer größeren Teil ihres Einkommens auffrisst, andere suchen lange und oft vergeblich eine bezahlbare Wohnung. In der Rangliste der 30 teuersten Städte der Republik belegt die Stadt am See mittlerweile Platz 15, hat jüngst ein bundesweiter Vergleich der Mietspiegelindices ergeben. Die Konstanzer Linke hat Caren Lay zu einer Veranstaltung eingeladen, um über Wege zu diskutieren, wie dem Mietenwahnsinn ein Ende bereitet werden könnte. Die Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik der Linksfraktion im Bundestag wird am 8.10. im Hotel Barbarossa die wohnungspolitischen Konzepte der Linken vorstellen.

Längst stellt die Wohnungsnot nicht nur für die wachsende Zahl der Haushalte von Geringverdienenden eine existenzielle Bedrohung dar, auch Normalverdiener*innen leiden zunehmend unter dem Mietenwahnsinn. Fakt ist: Auch im reichen Konstanz müssen heute viele mehr als die Hälfte ihres verfügbaren Einkommens für Wohnkosten aufbringen.

Dass die Stadt unter den teuersten Pflastern der Republik im Spitzenfeld liegt, hat Gründe. Eine marktfixierte Bundes- und Landespolitik fördert Bodenspekulation und Luxussanierungen. Während so die Mieten in die Höhe getrieben werden, vernachlässigen Bund und Land den sozialen Mietwohnungsbau. Jedes Jahr fallen auch in Konstanz viele öffentlich geförderte Wohnungen aus der Mietpreisbindung, staatliche Mittel für den Bau neuer Sozialwohnungen sind viel zu dünn gesät. Mieterrechte wurden zudem geschwächt, öffentlicher Wohnraum in großem Stil an Immobilienkonzerne wie Vonovia verscherbelt. Die nutzen ihre Marktmacht schamlos für Mietabzocke in großem Stil, wie gegenwärtig Bewohner*innen der Schwaketenstraße erfahren müssen. Doch auch die Mehrheitspolitik in Konstanz setzt bevorzugt auf den “freien Markt”, verkauft gerne ihre Grundstücke an Immobilienunternehmen, die Hochpreisobjekte aus dem Boden stampfen wie auf dem Vincentius-Gelände.

Was tun angesichts dieser Verhältnisse gegen Wohnungsnot und Mietenwahnsinn? Was muss sich in der Bundes- und Landespolitik ändern, welche Möglichkeiten haben die Kommunen, ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Und vor allem: Wie können Mieterinnen und Mieter gemeinsam ihre berechtigten Ansprüche auf ein bezahlbares Dach über dem Kopf gegen Immobilienhaie und eine willfährige Politik erkämpfen? Darüber wollen wir – zusammen mit Betroffenen und allen Interessierten – mit Caren Lay diskutieren, der wohnungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Über die Situation in Konstanz und ihre Initiativen gegen die Wohnungsnot im Gemeinderat wird Anke Schwede berichten, Stadträtin der Linken Liste Konstanz.

Klimanotstand: Radikale Maßnahmen gefragt

Den Klimawandel erleben wir längst hautnah: Auch am Bodensee weisen die Temperaturkurven nach oben, leiden die Menschen vermehrt unter Hitzewellen und Extremwettersituationen. Wenn wir jetzt nicht alles dafür tun, unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, wird es bald zu spät sein. Der Klimanotstand-Beschluss hat kurzzeitig zwar für Schlagzeilen gesorgt, die Stadtspitze schläft aber noch immer ihren Dornröschenschlaf. Ehrenamtliche haben sich mit Verwaltungs-VertreterInnen zu einer ersten Klimakonferenz getroffen, um Maßnahmen zu diskutieren. Einige Ideen sollten wir schnell umsetzen: Städtische Dachflächen können zur Energiegewinnung genutzt werden. Eine autofreie Innenstadt und ein attraktiveres Busangebot würde die Stadtluft (schadstoff-)freier machen. Bei niedrigeren Preisen würden TINK und Conrad besser angenommen. Die LLK drängt darauf, solche vor Ort umsetzbare Maßnahmen in Richtung emissionsfreie Stadt umgehend in Angriff zu nehmen. Wichtig ist, die Kosten für den ökologischen Umbau nicht auf die Schultern des ärmeren Teils der Bevölkerung abzuwälzen. Die reichsten 10% der Gesellschaft verursachen 49% der CO²-Emmissionen. Hier müssen wir ansetzen. Deswegen erwägen wir, ein neues Anwohnerparkkonzept zu beantragen, gestaffelt nach Fahrzeug-Hubraum: SUV-BesitzerInnen müssen Kompensation leisten.

Simon Pschorr (zuerst erschienen im Amtsblatt Nr. 18/2019)

Genehmigungspraxis der Stadt: Doppelmoral vom Feinsten

Wiederholt wurden UmweltaktivistInnen in Konstanz AdressatInnen von strengen Versammlungsauflagen oder Versammlungsverboten. Am 27.7.2019 hatte eine Gruppe engagierter BürgerInnen auf dem Stephansplatz eine Kundgebung angemeldet, die die Attraktivität des öffentlichen Stadtraums ohne Autos aufzeigen sollte. Dazu wollten sie einen kleinen Pavillon aufstellen und ihre Fahrräder abstellen – typische Hilfsmittel einer erfolgreichen Kundgebung. Die Antwort der Stadt: Verbot!

Die Fahrraddemo Ciclo, die durch ihre regelmäßige Präsenz und die Fahrtstrecke durch die größten Konstanzer Stadtteile große Wirkung erzielt, soll nach dem Willen des Ordnungsamtes auch zukünftig eine massiv verkürzte Strecke fahren und trotz der Fahrt im Verband auf den Fahrradweg gezwungen werden bzw. bei Rotphasen anhalten müssen. Das reißt die Demo auseinander und führt tatsächlich zu riskanten Situationen! Die Veranstalter mussten deswegen bereits eine Demonstration absagen, nachdem sie unter diesen Auflagen den Sinn der Versammlung gefährdet und ihre eigene Sicherheit bedroht sahen.

In beiden Fällen ist die vom Versammlungsgesetz geforderte unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung schwerlich zu erkennen. Auf eine gemeinderätliche Anfrage bezüglich der Fahrraddemo antwortete die Stadt, dass eine solche Gefahr sicherlich gegeben sei (!), ohne aufzuzeigen, auf welche Gefährdung mit welchen Auflagen konkret reagiert wurde. Es ist auffällig, dass hier gerade Umweltschutzaktivitäten betroffen sind: In Zeiten des Klimanotstands sollte die Stadt aktiven BürgerInnen doch mit offenen Armen begegnen.

Dementgegen genehmigte die Stadt ohne Schulterzucken einen Infostand der Identitären Bewegung (IB) auf der Marktstätte. Diese Gruppierung wird mittlerweile selbst vom Verfassungsschutz (VS) als „rechtsextremistisch“ eingestuft. Sie bekenne sich, so der VS, offen zum Konzept des Ethnopluralismus, wonach die Idealvorstellung einer staatlichen beziehungsweise gesellschaftlichen Ordnung in einem ethnisch und kulturell homogenen Staat besteht.“ Die IB stelle die aktuelle Zuwanderungssituation als Verschwörung von Politik und Medien dar mit dem Ziel, die „angestammten Völker Europas vollständig durch außereuropäische Zuwanderer zu ersetzen und damit traditionelle europäische Kultur(en) zu zerstören.“ IB-Mitglieder unterhalten Kontakte in die Neonazi-Szene, „auch gehörten einige Führungsaktivisten zuvor rechtsextremistischen Organisationen an“, was für Mitglieder der Identitären Bewegung Bodensee ebenfalls zutrifft.

An Propagandaständen der Identitären Bewegung kam es in Konstanz wiederholt zu körperlichen Auseinandersetzungen, auch dieses Mal gab es Handgreiflichkeiten. Mitglieder der Vereinigung werden zudem in Verbindung mit gefälschten Wahlplakaten der Grünen im Kommunalwahlkampf gebracht. Unverständlich, warum die Stadtverwaltung bei dieser Ausgangslage die Stadtverwaltung keinen Spielraum sieht, gegen diese Rassisten einzuschreiten. Es ist Doppelmoral vom Feinsten, Fahrraddemos zu verbieten, aber Rechtsradikale gewähren zu lassen. Die Gefahr der Identitären Bewegung kann man nur dann nicht erkennen, wenn man auf dem rechten Auge blind ist. Und dabei ist nicht nur das Gedankengut gefährlich: Die Gewaltbereitschaft dieser Gruppierung ist eine Bedrohung für die Sicherheit der KonstanzerInnen. Ein erster Schritt wäre deshalb, sich zu informieren und das Propagandamaterial vorlegen zu lassen. Dann könnte man die Augen vor den klar erkennbaren Gefahren nicht mehr verschließen. Wir fordern die Stadt auf, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, die fremdenfeindliche Propaganda der Identitären Bewegung zu verhindern!

Simon Pschorr

Fehlstart des neuen Rats: Stadt überlässt Geflüchtetenunterbringung Stiftung

Insgesamt 775 Geflüchtete warten in Konstanz derzeit vergeblich auf eine Unterbringung in einer Anschlußunterkunft. Eigentlich ist die Sache seit langem klar: Verwaltung und Gemeinderat waren dafür, unter Federführung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobak übers Stadtgebiet verteilt Wohnraum zur Verfügung zu stellen, um Ghettobildung vorzubeugen. Ein Vorhaben, das auch von der LLK vehement unterstützt wurde. Geschehen ist allerdings lange nichts. Nun drängt die Zeit: Einerseits kassiert der für die Erstunterbringung zuständige Landkreis viel Geld dafür, dass er die Anspruchsberechtigten weiter mehr schlecht als recht unterbringt. Zudem hat das Land Fördermittel gestrichen.

Derart unter Druck geraten, reagierte das Rathaus mit einem Schnellschuss: Bürgermeister Langensteiner-Schönborn legte dem gerade neu gewählten Gemeinderat eine Lösung vor, die nicht nur der Absicht zuwiderläuft, die Betroffenen dezentral unterzubringen, sondern erneut den Verkauf von zwei städtischen Grundstücken an einen privaten Akteur vorsieht, in diesem Fall eine Stiftung. Eine knappe Mehrheit des Rats folgte nach kontroverser Diskussion dem Verwaltungsantrag, obwohl in deren Verlauf herauskam, dass die Stadtspitze dabei die Wobak regelrecht ausgebootet hatte.

Die LLK lehnte den neuerlichen Grundstücksverkauf ab und verlangte, dass die Stadt die nötigen Maßnahmen in eigener Regie und unter Trägerschaft der Wobak in Angriff nimmt. Wir veröffentlichen den Redebeitrag, den LLK-Fraktionsvorsitzende Anke Schwede dazu gehalten hat. Außerdem einige Überlegungen, die Simon Pschorr, der neu für die Linke Liste in den Rat eingezogen ist, nach dem knapp ausgefallenen Abstimmung (18 zu 14) angestellt hat. – jüg


Anke Schwede: Wichtige gesellschaftliche Aufgabe nicht privatisieren

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, wertes Publikum,

Ein kurzer Rückblick: 2016 startete das Projekt „Anschlussunterbringung Geflüchteter“: sieben dezentrale, über die Stadt verteilte Standorte wurden ausgewählt. Drei wurden inzwischen von der städtischen WOBAK umgesetzt, Mühlenweg/Zergle in Wollmatingen, die Schottenstraße 10 sowie die Anschlussunterkunft im Egger Flurweg. Unserer Meinung nach sind dies angesichts der schwierigen Wohnraumsituation in Konstanz drei gelungene Projekte. Der Bau in der Schottenstraße wurde ja als Pilotprojekt bezeichnet, das Konzept vom Vorarlberger Architekturbüro Kaufmann, das zusammen mit der WOBAK entwickelt wurde, gilt als flexibel, nachhaltig und innovativ.

Aber leider wurden aber im April 2017 die Fördermöglichkeiten für diese Art der Wohnbebauung von der grün-schwarzen Landesregierung gestrichen – wie also weiter?

Ich halte eine Bebauung der jetzt anstehenden drei Grundstücke allein durch die WOBAK nach wie vor für die beste Lösung, vorzugsweise im Rahmen des Erbbaurechts. Ein Verkauf dieser städtischen Grundstücke käme für uns auch nur an die städtische Wohnbaugesellschaft in Frage, nicht aber an eine Stiftung, die die Erstellung der Unterkünfte in Erbpacht ausschließt. Die Forderung „kein Verkauf städtischer Grundstücke“ ist ein zentraler Bestandteil unserer Politik, auch bei diesem, etwas verzwickten, Fall. Wenn wir in Sachen Stadtentwicklung am Ruder bleiben wollen, dürfen wir das Kommando nicht abgeben, denn dann könnten wir nur hilflos zusehen, wenn die beiden Projekte nach 30 Jahren Bindung einen ganz anderen Zweck verfolgen.

Sie werden nun einwenden, dass ja nicht an einen gewinnorientiertes Unternehmen verkauft werden soll, sondern an eine gemeinnützige Stiftung. Möglicherweise ist das einigen nicht bekannt, aber der Einfluss von Stiftungen wächst seit Jahren. 1999 gab es rund 8.000 davon, heute sind es weit über 20.000 mit einem riesigen Gesamtvermögen von mehr als 100 Milliarden Euro. Diese Zahlen stehen für eine schleichende Aufgabenverschiebung – weg von Staat und Kommunen, hin zu Wohlhabenden und Unternehmen, die Einfluss nehmen auf Bildung, Wissenschaft, Kultur, Politik und Soziales. Viele Stiftungen werden von den Reichen und Superreichen der Republik ins Leben gerufen, die nicht zuletzt kräftig Steuern damit sparen können. Zudem ist auch die „Hoffnungsträger“-Stiftung intransparent, sie unterliegt nicht der Publizitätspflicht. Und eine gemeinnützige Stiftung darf bis zu einem Drittel ihrer Einnahmen verwenden, um – so das Gesetz – „in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten“.

Wie bereits erwähnt, schließt die Stiftung eine Erbbau-Regelung grundsätzlich aus. Würde es in erster Linie darum gehen, Gutes zu tun, dürfte eine solche Regelung eigentlich kein ernstzunehmendes Hindernis darstellen. Zumal man über die Höhe der verlangten Zinsen durchaus verhandeln könnte, so dass ein solches Modell gegenüber dem Kauf auch nicht teurer kommen müsste.

Für mich wäre es also der falsche Weg, aufgrund der weggefallenen Landesförderung diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe zu privatisieren, denn die WOBAK kann sie – finanziell betrachtet – auch stemmen: Wir reden laut Geschäftsbericht 2017 von einer Gesellschaft mit einem Anlagevermögen von 235 Millionen, seit 2013 werden Bilanzgewinne jeweils in Millionenhöhe angehäuft. 2017 waren es 3,1 Millionen.

Fazit: Wir werden dieser Vorlage nicht zustimmen und stellen stattdessen den Antrag, eine neue Vorlage zu erarbeiten, die eine Trägerschaft der WOBAK für die Errichtung aller Anschlussunterkünfte vorsieht.


Simon Pschorr: Hoffnungsträger? Nur auf ein gutes Geschäft

Für mich ist „Hoffnungsträger“-Stiftung ein zynischer Name: Hoffnung auf ein gutes Geschäft ist die einzige, die sie haben. Leider hat die Stadt Konstanz den Fehler gemacht, zwei Grundstücke an die Stiftung, die aus dem Privatvermögen des Merckle-Familienclans hervorgegangen ist, verkauft. Nach einer erbitterten, fast vierstündigen Gemeinderatsdebatte hat sich eine knappe Mehrheit für den Verkauf ausgesprochen.

Die Entscheidung hat eine Geschichte von fast vier Jahren. Spätestens seit 2016 ist sich die Stadt Konstanz der Notwendigkeit der Errichtung von Anschlussunterbringungen für Geflüchtete gewahr. Seitdem wurden verschiedene Versuche unternommen, die notwendigen Wohnungen bereitzustellen. Eigentlich sollte der WOBAK dabei eine zentrale Rolle zukommen. Doch durch Nachlässigkeit und Verzögerungen in der Planung entfielen 2017 Fördergelder, die die WOBAK in Anspruch nehmen wollte. Seitdem herrscht de facto Stillstand. Da kam es der Stadt ganz recht, dass sich die „Hoffnungsträger“-Stiftung, eine dem Profil nach gemeinnützige Organisation, anbot, in Konstanz zwei Gebäude jn Holzbauweise zu errichten.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Dass Wohnungen für Geflüchtete, noch dazu geplant mit sozialer Durchmischung, gebaut werden, finde ich klasse! Noch besser finde ich, dass diese Gebäude in einer klimaneutralen Art und Weise errichtet werden, möglicherweise sogar einen negativen CO²-Footprint aufweisen. Stutzig bin ich allerdings geworden, als ich feststellen musste, dass sich die Stiftung vehement dagegen wehrt, die dafür vorgesehenen Grundstücke in Erbbau zu pachten.

Was heißt Erbbau? Nach diesem Modell der Grundstücksvergabe wird der Bauherr nicht zugleich Eigentümer des Grundstücks, sondern erhält das Grundstück auf lange Zeit zur Nutzung gegen Zahlung eines Pachtzinses. Ein Kaufpreis wird nicht fällig, aber monatliche Zahlungen. In Konstanz wird nach den Erbbaurichtlinien momentan 4% Erbbauzins verlangt – das liegt deutlich über den aktuellen Marktpreisen für Kredite und ist deshalb meiner Meinung nach zu teuer. Diese Höhe ist aber nicht gesetzlich festgeschrieben, da kann man deutlich nach unten gehen.

Das Erbbaumodell hat für die Stadt zwei große Vorteile: Sie verliert das Grundstück nicht und erhält statt auf einmal einen Kaufpreis regelmäßige monatliche Zahlungen über einen langen Zeitraum. Für den Bauherrn ergeben sich eigentlich keine Abweichungen vom „normalen Bauen“, außer: Er wird nicht Grundstückseigentümer. Jetzt sollte man meinen, dass das für eine gemeinnützige Organisation wie der „Hoffnungsträger“-Stiftung egal sein könnte. Dieser sollte es ja eigentlich nur um die Erfüllung des sozialen Zwecks gehen? Leider weit gefehlt.

Konfrontiert mit meiner Frage, ob sich die Stiftung die Errichtung der Gebäude auch dann vorstellen könnte, wenn die Grundstücke in Erbbau vergeben würden, antwortete der Geschäftsführer der Stiftung: Nein, denn dann erwerben wir nicht in 20 Jahren das Grundstück, wie das bei einem Kreditmodell möglich wäre. Das war ehrlich – dafür hat der Geschäftsführer meinen Respekt. Jedoch war für mich zu diesem Zeitpunkt klar, dass ich dem Verkauf nicht zustimmen könnte. Denn: Offensichtlich soll hier Grundstücksspekulation betrieben werden. Der Grund wird heute gekauft. Für 30 Jahre soll Geflüchtetenwohnen ermöglicht und dazu Fördergelder in Anspruch genommen werden. In derselben Zeit fließen Mieten. Danach ist man frei und kann das Grundstück an den Meistbietenden verkaufen.

Die Stadt wollte sich dagegen durch ein Vorkaufsrecht absichern. Ungeachtet der Tatsache, dass wir Gemeinderäte den Vertrag nicht zu Gesicht bekamen – weil er noch nicht ausgehandelt ist – hilft dieses Instrument nichts gegen Spekulation, sondern befeuert sie sogar noch! Der Rückkauf soll in 30 Jahren zu Gutachterpreisen möglich sein. Das heißt: Nicht zu dem heutigen Verkaufs-, sondern zu den zukünftigen Marktpreisen!

Diese dubiose Situation wurde für mich noch dadurch verstärkt, dass die Stadt Konstanz eines der Grundstücke eigentlich der WOBAK zur Entwicklung zur Verfügung stellen wollte. Diese hatte bereits konkrete Pläne, wie man dieses nutzen kann. Die ganze Planungsarbeit ist jetzt für die Tonne – hier wurde zusätzliches Geld verbrannt, weil Bürgermeister Langensteiner-Schönborn über den Kopf des WOBAK-Geschäftsführers Götsch hinweg entschied, der „Hoffnungsträger“-Stiftung den Vorrang einzuräumen. Die Bedenken der WOBAK bezüglich der Eignung des Grundstücks wurden dabei komplett ignoriert. Dabei offenbarte sich auch ein tiefer Bruch zwischen Stadtverwaltung und WOBAK-Geschäftsführung – und das obwohl die WOBAK das städtische Flaggschiff zur Bekämpfung der Wohnungsnot sein sollte!

Alles in Allem eine kapitale Fehlentscheidung. Auch wenn die Zeit drängt, Geflüchtete jetzt ein Recht auf Wohnungen haben: Die Stadt Konstanz den Immobilienhaien zum Fraß vorzuwerfen, das geht gar nicht. Deswegen plädiert die LINKE LISTE für ein striktes Verkaufsverbot für Grundstücke an Private und eine vorrangige Vergabe an die WOBAK.

Wie soll‘s weitergehen an der Reichenaustraße?

Schon seit Dezember 2018 rührt sich auf der Maxx-e-motion-Baustelle an der Reichenaustraße nichts mehr, der Projektentwickler Euro Concept ist pleite, zudem wurden mutmaßlich AnlegerInnen betrogen. Dabei sollte an der Haupteinfallstraße der Stadt eigentlich schon seit 2015 ein gigantisches Hotel (Hilton!) samt Tagungsräumen und Parkhaus in Betrieb sein. Herausgekommen ist eine Bauruine – ein weiterer Beleg, dass Stadtentwicklung nicht profitorientierten Unternehmen überlassen werden darf. Im schlimmsten Fall kann man dann nur ohnmächtig zusehen, wenn Abzocker ihr Unwesen treiben. Der Verwaltung muss vorgeworfen werden, dass sie das städtebaulich fragwürdige Projekt (noch ein Hotel, diesmal besonders für autovernarrte Gutbetuchte gedacht) ohne große Gegenwehr passieren ließ. Die LLK hat sich immer konsequent gegen den überflüssigen Klotz am Ortseingang ausgesprochen, nicht nur des dubiosen Entwicklers wegen. Laut Medien bemüht sich der Insolvenzverwalter nun um einen Käufer, der das Projekt weiterbauen will. Aus Sicht der LLK muss geprüft werden, ob sich durch einen Kauf des Geländes doch noch eine sinnvolle Lösung realisieren lässt. Denkbar wäre ein mit viel Grün aufgelockerter Mix aus Gewerbe und öffentlichem, bezahlbarem Wohnraum.

Alles exzellent – oder was?

Am letzten Freitag fiel in Bonn die Entscheidung über die zweite Förderrunde der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern. Auch Konstanz wollte selbstredend den Klassenerhalt in der ersten Liga schaffen. Zwei Forschungscluster wurden der Universität in der ersten Auswahlrunde im vergangenen Herbst bereits zugesprochen. Jubeln konnte man auf dem Gießberg nun auch nach der finalen Urteilsverkündung: Die Bildungseinrichtung behält ihren Status. Doch was heißt das eigentlich für die Betroffenen und was bedeutet es für die Verlierer im Wettbewerb um Forschungsgelder? Weiterlesen

Harrison bleibt Konstanzer

Freude und Erleichterung – natürlich vor allem beim Betroffenen selbst, aber auch imUnterstützerkreis. Am 16. Juli erreichte ihn die Mitteilung, dass der von Abschiebung bedrohte Harrison Ejike Chukwu in Konstanz bleiben kann. Das zuständige Regierungs­präsidium Karlsruhe wird dem Asyl­suchen­den wie gefordert eine Ausbildungsduldung erteilen. Zu verdanken ist das ist nicht zuletzt einer Kampagne für den Verbleib des Geflüchteten, die online in nicht einmal drei Wochen 2344 UnterstützerInnen fand.

Lanciert hatten die Online-Petition am 27.6. das Café Mondial, der Verein “83 integriert” sowie mehrere KonstanzerInnen. Sie appellierten an den Petitionsausschuss des Landtags, dem gebürtigen Nigerianer, der vor Jahren den bürgerkriegsähnlichen Zuständen in seiner Heimat entfliehen konnte, eine Ausbildungsduldung zu gewähren. Ein Ansinnen, das in der Stadt schnell Unterstützung erfuhr und auch von weiteren zivilgesellschaftlichen Gruppen und Parteien, darunter Linke/LLK und Grüne/FGL, unterstützt wurde.

Öffentlicher Druck war dringend geboten, drohte dem Asylsuchenden doch nach jahrelanger Hängepartie endgültig die Zwangsrückkehr in ein westafrikanisches Land, in dem Gewalt, Entführung, Folter und Mord immer noch Alltag sind. Für das Regierungspräsidium zählte das erst einmal nicht, ebensowenig, dass Harrison – trotz Arbeitsverbot – schon lange einen festen Platz in seiner neuen Lebensumgebung gefunden hat und etwa beim erfolgreichen Begegnungsprojekt Café Mondial wertvolle Arbeit als Ehrenamtlicher leistet. Auch die Ausbildungszusage eines Konstanzer Unternehmens perlte an der auf Abschiebung festgelegten Behörde zunächst ab.

Umso größer nun die Freude im Unterstützerkreis und vor allem natürlich bei Harrison Chukwu selbst. Man sei “sehr glücklich und dankbar für diese Entscheidung”, fassen Doris Künzel und Daniela Winkler als Vertreterinnen von Café Mondial und „83 Integriert“ in einer Pressemitteilung die Stimmungslage zusammen. Sie ermögliche Harrison Chukwu nun “nach einer langen Odyssee und nach fast neun Jahren Aufenthalt, geprägt von Angst und Unsicherheit, eine Perspektive auf ein menschenwürdiges Leben und eine Ausbildung in unserer Stadt”.

Die engagierten Flüchtlingshelferinnen weiter: “Unser aller Einsatz hat sich gelohnt und hat gezeigt, dass Solidarität und Willkommenskultur in Konstanz keine leeren Begriffe sind, sondern, aktiv gelebt, auch zu Erfolg führen können. Letzten Endes waren das große ehrenamtliche Engagement und der feste Wille von Harrison selbst, sich in unsere Gesellschaft positiv einzubringen und zu integrieren, ausschlaggebend für diese Entwicklung. Wir danken allen Beteiligten auf diesem Wege für ihre großartige Unterstützung! Harrison ist und bleibt Konstanzer! Darüber freuen wir uns sehr!” Wir auch.

jüg/MM (Bild: Screenshot “www.harrison-ist-konstanzer.de”)