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Flüchtlingsunterkünfte: Alternative Standorte frühzeitig öffentlich bekannt geben

Für die Linke Liste Konstanz ist die menschenwürdige Unterbringung der vor Krieg, Verfolgung und Elend Geflüchteten von großer Bedeutung – sie sind auf unsere Hilfe und Solidarität angewiesen. Wir sind uns aber bewußt, dass die Stadtverwaltung angesichts der angespannten Situation nicht immer angemessene Lösungen finden kann. Die Unterbringung von Flüchtlingen am Hörnle fällt sicher in diese Kategorie, nicht wegen der geäußerten Befürchtungen aus der rassistischen Ecke, sondern weil sie der Integration der Betroffenen aus baulichen und infrastrukturellen Gründen nicht eben förderlich ist. Trotzdem wird die LLK dem Standort zustimmen, denn die Menschen brauchen ein Dach über dem Kopf, und zwar jetzt.

Wir verlangen allerdings gleichzeitig, dass die Verwaltung ihre intransparente Informationspolitik ändert. Die Debatten um geplante Flüchtlingsunterkünfte zeigen seit geraumer Zeit, dass in der Bürgerschaft ein Informationsdefizit beklagt wird. Immer wieder tauchte von dieser Seite berechtigterweise die Forderung auf, man möge doch bei allen Standorten gleichzeitig mögliche Alternativen benennen.

Die Linke Liste Konstanz unterstützt diese Forderung, soweit dies möglich ist. Denn Entscheidungen, die nahezu ausschließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen werden, führen meist zum Vorwurf, damit würden die BürgerInnen vor vollendete Tatsachen gestellt und hätten keinerlei Mitspracherecht. Das kann nicht im Sinne einer sachbezogenen Diskussion sein, vergiftet die sowieso schon angespannte Atmosphäre, schafft Raum für größtenteils abenteuerliche Spekulationen und spielt Rassisten und Fremdenfeinden in die Hände.

Grund genug also für die Verwaltung, umgehend über die Tauglichkeit vermeintlicher Alternativstandorte aufzuklären, die immer wieder genannt werden. Als da beispielsweise wären: Ravensberg-Areal/Flugplatz/Telekom-Gebäude/Siemens-Gelände/Kompetenz-Zentrum und die brachliegende Fläche neben dem Bodenseeforum. Nach Auffassung der LLK müsste es der Verwaltung möglich sein, dazu schon in der kommenden Gemeinderatssitzung am 25.2. klare Auskünfte zu erteilen.

Angebracht wäre es unserer Meinung auch, die dementsprechenden Ergebnisse der Presse zur Verfügung zu stellen und diese auch auf der städtischen Website zu veröffentlichen.

Anke Schwede, Holger Reile
Linke Liste Konstanz (LLK)

Hörnle-Unterbringung würde Integration erschweren

Die Konstanzer Stadtverwaltung plant, in der Tennishalle am Hörnle Flüchtlinge unterzubringen. Gegen die Standortwahl ist – soll man sagen: selbstverständlich – umgehend Protest laut geworden. Neben der inzwischen sattsam bekannten Vorbehalte (nicht nur) von AnwohnerInnen, die um Grundstückswerte bangen, ein Ende des Naherholungsgebiets voraussagen oder gleich eine Zunahme der Kriminalität herbeireden wollen, gibt es in diesem Fall aber auch Stimmen, die auf tatsächlich vorhandene Defizite des Standorts hinweisen. So fehlt eine vernünftige Anbindung an die städtische Infrastruktur, die Geflüchteten wären weitgehend isoliert, weil von Einkaufs- und Begnungsmöglichkeiten abgeschnitten. Kurzum: der Standort würde die notwendige Integration der Betroffenen erheblich erschweren. Deshalb hatte auch die Linke Liste Konstanz (LLK) Vorbehalte gegen die Hörnle-Unterbringung geäußert.

Die LLK fordert darüberhinaus vor allem, dass die Stadt endlich Klarheit über andere möglichen Standorte schafft. Am Donnerstag stand das Thema nun auf der Tagesordnung des Haushalts- und Finanzausschusses. Die gutbesuchte Sitzung – Unterbringungsgegner übergaben zu Beginn 549 Unterschriften – blieb nach teils kontroverser Debatte ergebnislos. Eine Entscheidung wird nun erst am 25. Februar im Gemeinderat fallen. Dafür hatte auch die Linke Liste plädiert, damit Raum für eine möglichst breite Debatte vor allem auch über Alternativstandorte bleibt. Wir dokumentieren den Beitrag, den LLK-Stadträtin Anke Schwede bei der Sitzung hielt. – red

WORTLAUT | Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, keine Frage, die adäquate und menschenwürdige Unterbringung von Menschen, die in großer Zahl vor Krieg und Not aus ihrer Heimat fliehen mussten und unserer Hilfe und Solidarität bedürfen, ist für die Linke Liste von großer Bedeutung. Leider ist es aber nicht immer möglich, Plätze zu finden, die die besten Möglichkeiten für eine gelungene Integration bieten, so wie wir uns das wünschen würden. Probleme sehen wir daher bei der geplanten Flüchtlings-Unterkunft beim Helle-Müller-Tennis-Park am Hörnle. Und zwar nicht, weil die Umwandlung der Anlage den Wert oder die Attraktivität des Naherholungsgebietes entscheidend schmälern oder gar bedrohen würde, sondern weil es an diesem Ort an Infrastruktur, Einkaufsmöglichkeiten, Aufenthalts- und Begegnungsmöglichkeiten mangelt. Wo sollen die in der Notunterkunft untergebrachten Menschen einkaufen gehen, die Kinder zur Schule gehen? Im Winter gibt es dort rein gar nichts, im Sommer stünde wenigstens der Hörnle-Kiosk zur Verfügung – der aber bei weitem nicht ausreicht.Ausdrücklich distanzieren will ich mich von den Aussagen „besorgter Bürgerinnen und Bürger“, die Geflüchtete, die Unvorstellbares erlebt haben und es glücklicherweise zu uns geschafft haben, unter einen durch nichts zu rechtfertigenden Generalverdacht stellen und Horrorszenarien an die Wand malen.

Nichtsdestotrotz: Wir bitten um Auskunft darüber, wie es mit der Bewertung und möglichen Nutzung stadtnaher und infrastrukturell besser ausgestatteter Alternativ-Flächen für die Unterbringung von Flüchtlingen aktuell aussieht, wie zum Beispiel das Ravensbergareal an der Schneckenburgstraße, das Telekomhochhaus, das ewige Sorgenkind Kompetenzzentrum und last but not least das Siemensareal.

Anke Schwede

Veranstaltung mit LINKE-Spitzenkandidatin Akbulut: Asylrecht verteidigen, Fluchtursachen bekämpfen!

Gökay AkbulutDer Kreisverband der LINKEN lädt am Dienstag, 16. Februar, um 18 Uhr, zu einer Veranstaltung mit der Spitzenkandidatin der Partei ins Singener Hotel Sternen ein. Gökay Akbulut wird über die Gründe sprechen, die Millionen zur Flucht aus ihrer Heimat treibt, und auch über die Aufgaben, die sich unserer Gesellschaft nun stellen.  Thema wird aber auch der brutale Krieg sein, den Erdoğans AKP-Regierung im Südosten der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung führt.

Weltweit sind mehr als 60 Millionen Menschen aufgrund von Krieg, Verfolgung, Umweltzerstörung sowie Armut und Not auf der Flucht. Der Westen trägt durch Interventionskriege, Kampf um Märkte und die gezielte politische Destabilisierung ganzer Regionen Mitverantwortung für dieses Elend. Tausende ertrinken an den Küsten Europas, weil ein menschenwürdiges Leben in ihren Herkunftsländern nicht möglich ist.

In Baden-Württemberg haben zwischen Januar und Dezember 2015 über 100.000 Menschen einen Antrag auf Asyl gestellt, die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge ist weitaus höher, weil nicht alle registriert worden sind. Die grün-rote Landesregierung hat viel zu spät auf diese Situation reagiert und damit Landkreise und Kommunen mit den Problemen weitgehend allein gelassen.

Gökay Akbulut tritt dafür ein, Flüchtlinge menschenwürdig aufzunehmen und ihnen Teilhabe an unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Sie wendet sich gegen die Abschreckungspolitik der Bundesregierung, die das Grundrecht auf Asyl immer stärker einschränkt, und kritisiert die grün-rote Landesregierung scharf, die in dieser Frage ein zuverlässiger Partner Berlins ist.

Von zentraler Bedeutung ist es für die Spitzenkandidatin der LINKEN, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Das heißt, in einem ersten Schritt jede Form von militärischen Einsätzen der Bundeswehr in Syrien, in Mali oder in Afghanistan und anderen Staaten zu beenden und Waffenexporte zu verbieten – auch und gerade aus Baden-Württemberg!

Gökay Akbulut – Mannheimerin mit kurdisch-alevitischen Wurzeln – wird aber auch über die Situation der KurdInnen in der Türkei sprechen, über den Krieg, den Erdoğan auf unmenschliche Weise gegen PKK-KämpferInnen und ZivilistInnen führt. Die Wucht der Kämpfe im Südosten der Türkei ist immens. Hilfsorganisationen kritisieren das Vorgehen der türkischen Armee, die selbst in Stadtzentren kämpft. In Cizre harren tausende EinwohnerInnen in ihren Kellern aus und leiden schrecklichen Hunger, mehr als 200 ZivilistInnen sind ums Leben gekommen, unzählige Menschen sind auf der Flucht.

red

„Für Menschlichkeit und Solidarität“

seemoz-Villingen-1-768x348Einige Hundert folgen am Samstag dem Aufruf zur spontanen Kundgebung in Villingen +++ Der fast 100-jährige Publizist Theodor Bergmann fordert mehr Menschlichkeit und Solidarität +++ Bündnisdemonstration am kommenden Samstag, 6.2., 14 Uhr in Villingen +++ Weiterlesen

Scala-Kino: Verwaltung muss aktiv werden

Rettet-das-ScalaWie wäre das nicht nur bei KonstanzerInnen beliebte Scala-Kino eventuell noch zu retten? Diese Frage beschäftigt einen großen Teil der Konstanzer Bevölkerung. Könnte die Stadt einspringen und eventuell als Pächterin dafür sorgen, dass eine der letzten Kulturstätten im Herzen der Stadt erhalten bleibt und dort eine lebendige Bühne für Kino, Lesungen, Kabarett, Diskussionen und/oder Live-Konzerte entsteht?

Gibt es im Zusammenhang damit weitere Möglichkeiten, um der fortschreitenden Kommerzialisierung der Innenstadt entgegenzuwirken? Die Linke Liste Konstanz (LLK) fände es angebracht, wenn die Verwaltungsspitze dazu endlich öffentlich Stellung beziehen würde. Ein schmallippig formuliertes Bedauern über die drohende Schließung des Scala, wie bei der letzten Gemeinderatssitzung von OB Burchardt und Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn vorgetragen, ist eindeutig zu wenig.

Zumindest wurde vereinbart, dass bei der kommenden TUA-Sitzung am Donnerstag das Thema erörtert und dem Ausschuss dargelegt wird, welche Chancen (auch juristischer Art) vorhanden sind, um einer weiteren Verödung der Innenstadt zugunsten nur an Profiten orientierter Filialisten einen Riegel vorzuschieben. Da erwartet die LLK eine klare Vorlage, die alle Eventualitäten mit einbezieht und gegeneinander abwägt.

Desweiteren treibt nicht nur uns die berechtigte Sorge um, dass vor allem die Stadtmitte auch architektonisch verkommt und zunehmend zu einer drögen Einkaufsmeile verkümmert. So sieht unserer Meinung nach eine soziale, menschenfreundliche und lebenswerte Stadt nicht aus. Auch das gehört auf die Tagesordnung, denn eine Diskussion darüber ist längst überfällig.

Anke Schwede, Holger Reile,
Linke Liste Konstanz (LLK)

„Flüchtlinge in Konstanz sind nicht kriminell“

In der gestrigen Sitzung des Gemeinderates bot die Verwaltung einen Überblick über den aktuellen Stand in Sachen Flüchtlinge. Demnach ist vor allem unklar, wie viele Menschen die Stadt im Jahr 2016 aufnehmen muss, so dass die Verwaltung immer noch nicht sinnvoll planen kann. Eine wichtige Botschaft sandte die Verwaltungsspitze einmütig aus: Allen Unkenrufen aus interessierten Kreisen zum Trotz ist die Kriminalität in Konstanz durch die Flüchtlinge nicht gestiegen. Weiterlesen

LINKE-Landtagskandidaten: Der AfD entgegentreten

Pschorr1GeigerDie LINKE begrüßt die Stellungnahmen von Peter Friedrich (SPD) und Nese Erikli (Bündnis 90/Die Grünen) zu gemeinsamen Podiumsdiskussionen mit der AfD. Bereits vor einem Monat haben wir in einer E-Mail ein entsprechendes Vorgehen angeregt – woraufhin leider keine Rückmeldung erfolgte. Umso erfreuter können wir nun zur Kenntnis nehmen, dass auch die SPD und Die Grünen rechtsradikale Parteien nicht tolerieren. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Wankelmütigkeit des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel in Fragen des Asyl- und Ausländerrechts begrüßen wir, dass Peter Friedrich Position bezieht. Allerdings wird sich das Problem AfD nicht selbst lösen, wenn es nur ausreichend ignoriert wird.

Die AfD ist zunehmend ein Sammelbecken für verschiedene fremdenfeindliche Gruppierungen, die ihre Wurzeln noch auf den deutschen Nationalsozialismus zurückführen können und von Anbeginn der Bundesrepublik an menschenverachtendes Gedankengut propagieren. Im Gewand einer sogenannten bürgerlich-konservativen Partei lebt die AfD von der Differenzierung nach Herkunft, Religion und Hautfarbe. Das politische Programm dieser Gruppierung steht außerhalb der Grenzen, die grundlegende humanitäre und demokratische Werte ziehen. Wer Menschen in wertig und unwertig unterteilt, der macht eine demokratische Diskussion unmöglich. Für die Zurschaustellung rassistischer Propaganda ist DIE LINKE nicht zu haben.

Die AfD nutzt die real existierenden sozialen Nöte, Abstiegsängste und Bedürfnisse der BürgerInnen, um ihr rechtsradikales Gedankengut zu verbreiten. Diese Befürchtungen, verschuldet von den Regierungsparteien, müssen und werden wir adressieren. Den Boden, auf dem der dumpfe Rassismus in den vergangen Monaten in erschreckender Weise ins Kraut schießen konnte, hat eine Politik der sozialen Kälte bereitet. Die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse, der Abbau von Sozialleistungen, fehlende Sozialwohnungen, die schäbige Behandlung von Erwerbslosen – all das ist Nährboden für rassistische Hetze. Leider hat daran auch die grün-rote Landesregierung mit ihrer Politik, in der die soziale Frage kaum eine Rolle gespielt hat, ihren Anteil. Zu lange hat die politische Landschaft zugeschaut, wie das Krebsgeschwür gewachsen ist – diese Zeit ist vorbei.

Für uns gilt ohne Wenn und Aber: Den Rassisten der AfD entgegentreten!

Die Landtagskandidaten der LINKEN Konstanz und Singen
Simon Pschorr und Jürgen Geiger

Linke Liste Konstanz gegen Ansiedlung von „XXXLutz“

XXXLutz-Beschäftigte

München 2014: XXXLutz-Beschäftigte kämpfen für einen Sozialplan. Bild: ver.di

Seit Jahren drängt das österreichische Möbelunternehmen „XXXLutz“ die Konstanzer Stadtverwaltung, einen dem Unternehmen genehmen Standort für eine Niederlassung in der Stadt zur Verfügung zu stellen. Ins Gespräch gebracht hat der zuständige Projektentwickler das Areal am Nordende der Schänzlebrücke. „Möbel XXXLutz“, heute schon nach Ikea der zweitgrößte Möbelhandelskonzern in Europa, will weiter expandieren, auch am Bodensee. Die Firmenspitze versucht den Konstanzer Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit ihre Ansiedlungspläne mit dem Versprechen auf 150 neue Arbeitsplätze schmackhaft zu machen. Politische FürsprecherInnen findet der Konzern dabei vor allem in der örtlichen SPD-Gemeinderatsfraktion, die auf eine „ergebnisoffene“ Prüfung der Konzernpläne durch den Gemeinderat drängt.

Die Linke Liste Konstanz steht den Ansiedlungsplänen mehr als skeptisch gegenüber. LLK-Stadträtin Anke Schwede dazu: „Nicht jeder neu geschaffene Job ist zu bejubeln, es kommt vor allem auf die Qualität der Arbeitsplätze an.“ Und da sehe es bei dem Linzer Möbelunternehmen mehr als schlecht aus. „Die Eigentümer Andreas und Richard Seifert wollen um jeden Preis an die Spitze der Möbelbranche und den großen Konkurrenten Ikea auf Platz zwei verweisen, auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, sagt Schwede. „Löhne werden in der Regel untertariflich bezahlt, wer nicht pariert, fliegt und die MitarbeiterInnen sind mit einem System aus Subgesellschaften und Servicefirmen konfrontiert – so werden Betriebsräte verhindert und unrentable Filialen schnell und ohne viel Aufhebens abgewickelt.“

Die LLK-Rätin verweist auf eine Stellungnahme der Gewerkschaft ver.di aus dem Jahr 2014, in der dem Unternehmen ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt wird: „Die Verletzung der Rechte von Betriebsräten, fehlende Tarifbindung und wenig respektvoller, wertschätzender Umgang mit Beschäftigten sind bei XXXLutz Alltag und alles was einen vernünftigen Umgang mit Beschäftigten ausmacht, ist – freundlich formuliert – deutlich unterentwickelt.“

Die Linke Liste lehnt deshalb die Ansiedlung des Möbelgiganten in Konstanz ab. „Ein Ja zu einem Unternehmen mit solch arbeitnehmerfeindlichen Methoden wird es von uns im Gemeinderat nicht geben“, erklärt Anke Schwede.

Linke Liste Konstanz

Grüne im Konzil: Ein verhagelter Wahlkampf-Auftakt

seemoz-Grünen-Auftakt-1Friede, Freude, Kretschmann. Der „Bürgerdialog“ der Landes-Grünen im Konstanzer Konzil, als Wahlkampf-Auftakt gedacht und als „Herzensanliegen“ angekündigt, war bunt und platt. Vor allem war es kaum ein Dialog. Denn die fast 700 Besucher mussten sich zunächst 130 Minuten lang Reden mit sattsam bekannten Inhalten anhören – Zweidrittel der Zeit war dann schon verplempert: Dass mit der grünen Landesregierung alles besser geworden sei im Ländle, betonten die Stuttgarter Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann in einer arg holprigen Ansprache und „Landesvater“ Winfried Kretschmann mit ungewohnt markigen Sprüchen. Lässig allein der einzige, der nicht zum grünen Lager zählte: CDU-OB Uli Burchardt konnte mit einer launigen Grußadresse überzeugen und seine Heimatstadt ins rechte Licht rücken.

Immerhin fünf LandeministerInnen und 35 Abgeordnete hatten die Landes-Grünen für diese Veranstaltung aufgeboten, die während einer Klausurtagung ihrer Fraktion auch noch Zeit für etliche Betriebsbesuche fanden: Die Umweltpolitiker besuchten solarcomplex in Singen, die Sozial-Experten die Diakonie Tettnang und die Bildungspolitiker z. B. die Gebhardschule in Konstanz. Da blieb dann kaum noch Zeit für die örtlichen Landtagskandidatinnen Nese Erikli (Wahlkreis Konstanz) und Dorothea Wehinger (Wahlkreis Singen): Die, um die es den Grünen im anstehenden Wahlkampf vor Ort eigentlich gehen sollte, durften zwar während der „Dialog-Veranstaltung“ kurz zur Vorstellung auf die Bühne, doch reden durften sie nicht.

Ein verräterisches Zitat

Das besorgte dann ausgiebig der „Landesvater“. Der 67jährige Kretschmann erwies sich in seinem politischen Rundumschlag als wahrer Hardliner, der für eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen eintrat, einer flotten „Rückführung“ nicht anerkannter Asylanten das Wort redete und gegen vermeintlich kriminelle Flüchtlinge wetterte: „Keine Freiheit den Feinden der Freiheit“. Wer aber unter den heftig applaudierenden KonstanzerInnen wusste schon, dass dies ein Zitat aus der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichtes ist, mit dem 1956 das Verbot der KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) verteidigt wurde? Aus dem Mund eines ehemaligen KBW’lers (Kommunistischer Bund Westdeutschland) entpuppt sich das dann schon als recht verräterisches Zitat.

Ansonsten warb Kretschmann für sich und seine Politik, die auf den Feldern von Bildung, Wohnungsbau und Klimawandel für Baden-Württemberg ohne Alternative sei. Auf die auch im Konzil vorgebrachten Proteste (s. Fotos) ging der Ministerpräsident dann jedoch nicht ein.

Proteste sollten verhindert werden

Die nämlich hätten eigentlich schon im Vorfeld verhindert werden sollen. Der Stuttgarter Fraktionsgeschäftsführer hatte die örtlichen Polizisten angewiesen, Proteste und Transparente höchstens im Foyer zuzulassen. Die ZuhörerInnen wurden dann auch ausreichend „gefilzt“; Rucksäcke wurden peinlichst überprüft und Winterjacken mussten ausgehändigt werden. Dennoch gelang es wenigen aus Reihen von attac, BUND und dem „Konstanzer Bündnis gegen TTIP und CETA“, Transparente in den Festsaal zu schmuggeln und rechtzeitig zur Kretschmann-Rede zu entrollen.

Dieser Protest blieb zwar ohne erkennbare Reaktion der Verantwortlichen, in den nachfolgenden Gesprächsrunden an den Diskussionstischen spielte er aber schon eine Rolle. Da nämlich fand im letzten Drittel der zur Verfügung stehenden Zeit der Bürger-Dialog statt. Zu Themen wie „Flüchtlinge, Asyl und Europa“, „Wirtschaft und Landeshaushalt“ oder „Mobilität und Verkehr“ waren insgesamt zehn Diskussionsrunden vorbereitet worden, die von den übrig gebliebenen KonstanzerInnen auch fleißig in Anspruch genommen wurden. Die meisten der 700 BesucherInnen waren da aber schon auf dem Heimweg durch einen verregneten, verhagelten Winterabend.

hpk (zuerst erschienen bei seemoz, Fotos: pw u. hpk)

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Was hat die GVV-Pleite mit dem geplanten ECE-Einkaufszentrum am Bahnhof in Singen zu tun?

Die Städtische Baugesellschaft GVV GmbH ging 2015 in Insolvenz. Fehlentscheidungen um die chaotische Baupraxis der GVV GmbH um Sintec, Hegau Tower und anderer Bauträgergeschäfte waren letztlich nicht der auslösende Faktor für den Insolvenzantrag der GVV. Es war die bereits im Herbst 2013 zur Rückzahlung fällige Finanzierung für die gekauften Grundstücke im Kunsthallenareal, die dem städtischen Unternehmen das Genick brach. „Das Projekt Kunsthallenareal basiert auf einem Auftrag des Gemeinderats vom 19.09.2007“, heißt es im Bericht zur Bilanz. Sollten doch die zu überhöhten Preisen gekauften Grundstücke im Kunsthallenareal schon dem Bau eines ECE-Einkaufszentrums gewidmet werden. Dieses ECE-Projekt ist deshalb gescheitert, weil eine Eigentümerfamilie im Kunsthallenareal ihr Elternhaus nicht verkaufen wollte. Somit war der Kauf aller übrigen Grundstücke eine glatte Fehlinvestition.

Gemeinderäte am Katzentisch

Die Gründung einer GmbH mit städtischen Sozialwohnungen war in 1985 vermeintlich ein strategisch kluger Schachzug. Immerhin konnte die Kommunalaufsicht, das Regierungspräsidium, den Akteuren wie Bürgermeister und Gemeinderat – nun den kommunalen Immobilienzockern – nicht mehr dreinreden. Die Rollen waren verteilt, der jeweilige OB war Aufsichtsratsvorsitzender, Geschäftsführer Grundler führte die Geschäfte und Gemeinderäte durften als Aufsichtsräte wie Frühstücksdirektoren am Katzentisch Platz nehmen. Das Ziel war erreicht, städtische Immobilienspekulation wurde an die Stelle des sozialen Wohnungsbaues gesetzt.

Monopoly spielen macht Spaß, ist eine hochemotionale und Glückshormone produzierende Angelegenheit. Jeder Immobilienzocker weiß das. OBs, Geschäftsführung und Gemeinderat wissen jetzt hoffentlich auch, dass das Geschäft brandgefährlich ist, und kaufmännische Kompetenz erfordert. Auch Kontrollmechanismen wie Kostenrechnung, Projektkalkulation, Marktkenntnisse mit viel Erfahrung sowie eine professionelle Buchführungsorganisation sind nötig. Wurden doch die Kritiker der immer wilderen Bauträgergeschäfte der GVV jahrelang mit dem Argument abgespeist, dass die Bauträgergeschäfte der GVV GmbH Gewinne macht, um den sozialen Wohnungsbau in der Stadt anzukurbeln. Was aber hat eine städtische Wohnungsbaugesellschaft im Bauträgermarkt verloren?

Alle Diskussionen und das Gutachten für die Stadt um Schuld und Verantwortung für die Insolvenz der GVV lenken vom Tatbestand ab, dass die GVV dem Untergang geweiht war, nachdem der neue OB Häusler damit nicht mehr Monopoly spielen wollte. Ein Verkauf von GVV-Immobilien in 2015 zu einem Preis, der eine vollständige Abdeckung aller (!) Schulden der GVV erlaubte, erbrachte den Nachweis, dass eine Weiterführung der Gesellschaft möglich gewesen wäre.

Der Verkaufspreis lag sicher deutlich über 50 Millionen Euro, weist die Bilanz per 31.12.2013 doch einen entsprechenden Schuldenstand auf. Ja, es gab für die GVV weitere Risiken: abgeschlossene Finanzderivate und Bürgschaften der Stadt über 14 Mio. Euro. Die Bürgschaften waren im Ergebnis gar kein Problem, da diese durch den entsprechenden Immobilienwert gedeckt waren. Die Finanzderivate wurden mutmaßlich durch die Hausbank, die örtliche Sparkasse, verkauft, ebenfalls in Rechtsträgerschaft der Stadt. Womöglich hat die Rechtsaufsicht der Stadt über die Sparkasse den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung der GVV davon abgehalten, juristisch prüfen zu lassen, ob beim Verkauf der Finanzderivate auf schwankende Frankenkurse auch richtig über die bestehenden Risiken aufgeklärt wurde.

Leider hatte die GVV mit Genehmigung des Gemeinderates vom 19.09.2007 Grundstücke im Kunsthallenareal deutlich über den entsprechenden Verkehrswerten gekauft, ein Beschluss des Gemeinderates zum Kauf zum mutmaßlichen Kaufpreis von 6,8 Mio. war 2014 gefasst worden. Schaden für Stadt und Ihre Bürger entstand endgültig erst durch den Insolvenzantrag – das Eigenkapital und die nicht abgesicherten Kassenkredite von mindestens 32 Mio. € sind verloren.

Was war passiert?

Die Finanzierung für die Kunsthallen-Grundstücke war im Herbst 2013 ausgelaufen und die Rückzahlung nur noch kurzfristig gestundet worden. Der Wirtschaftsprüfer schrieb in seinem Prüfbericht zur Bilanz am 31.12.2013 zu bestehenden Risiken lapidar: „Es gibt Kredite, die wie oben beschrieben in 2013 ausgelaufen sind und bis zum heutigen Tage nur gestundet, nicht aber verlängert sind. Sollte eine Verlängerung nicht gelingen, läge hierin ebenfalls ein bestandsgefährdendes Risiko.“ Alles klar?

Was fehlte, war der Wille, den Schaden zu begrenzen, den die GVV-Geschäftsführung mit Genehmigung des Gemeinderates mit dem alten OB an der Spitze mit der völlig chaotischen Ankaufsaktion von Grundstücken im Kunsthallenareal angerichtet hatte. Ohne finanzielle Unterstützung der Stadt Singen für eine Anschlussfinanzierung des Kunsthallenareals war die Fortführung der GVV letztlich nicht möglich. Banken verschenken bekanntlich nichts und wollen deshalb ordentlich abgesichert sein. Singen hatte seinen Goldbarren verzockt und stand dann nur noch mit einer dummen Gans da.

Dass die Fortführung der GVV ein Risiko dargestellt hätte, bestreitet niemand, der etwas von Finanzierung, Immobilienwirtschaft und Insolvenzrecht versteht. Die GVV hatte allerdings ein tragfähiges Sanierungs- und Fortführungskonzept nach dem tragischen Selbstmord des Geschäftsführers Grundler erarbeitet. Dieses Konzept sah immerhin die Weiterführung der GVV GmbH als Unternehmen vor, das dem sozialen Wohnungsbau verpflichtet ist. Bauträgergeschäfte und gastronomische Aktivitäten waren bereits abgestoßen worden.

Das Geld für das jüngste Gutachten (über 2.000 Blatt Papier), um die „Schuldigen“ der Pleite ausfindig zu machen, hätte man sich sparen können. Ergebnis: Leichtsinn und Gutgläubigkeit sind nicht strafbar. Gerüchte sprechen von Kosten des Gutachtens in Höhe von einer Million Euro. Zahlbar aus dem Stadtsäckel.

Was hat die GVV-Insolvenz mit dem ECE am Bahnhof zu tun?

Die ursprüngliche Planung auf dem Kunsthallenareal stammte von Prof. Schomers aus Bremen, der den Architektenwettbewerb gewann. Die Planung war für ECE getätigt worden und Schomers schrieb in einem Leserbrief am 18.06.2013 an das Singerner Wochenblatt: „Potentieller Investor war die ECE (Familie Otto) aus Hamburg, für die ich zuvor und danach in Dresden, Dortmund und Oldenburg tätig war.“

Es ist in Singen bekannt, dass der ehemalige OB in seinem Amtszimmer bereits ein Modell des fertigen ECE auf dem Kunsthallenareal stehen hatte. Der Versuch der GVV-Geschäftsführung, Kosten in Höhe von 300.000 Euro an ECE weiter zu berechnen, scheiterten ebenfalls. Es gab niemanden, der sich an irgendetwas erinnern konnte, vor allem nicht an mündliche Absprachen.

Danach gab es eine Projektplanung auf dem Kunsthallenareal für Kaufland, wobei diese Firma nur anmieten wollte. Wieder fehlte ein Investor. Die GVV zahlte jahrelang nicht nur die Zinsen für Luftschlösser und Bauphantasien der kommunalen Entscheidungsträger – Profis hätten die Grundstücke notariell reserviert und wären später mit allen Verkäufern der Grundstücke und einem Investor zum Notar gegangen. ECE hat es am Bahnhof vorgemacht, wie es geht. Relevante Grundstücke sind mit einer Kaufoption erst mal reserviert.

Immerhin hätte sich der geplante Bau für ECE im Kunsthallenareal mit einem breiten Haupteingang zur Fußgängerzone in der August- Ruf- Straße – mit wesentlich weniger Fläche als jetzt am Bahnhof geplant – noch einigermaßen organisch in die Innenstadt eingefügt. Der nun geplante Bau am Bahnhof (deutlich größer als auf dem Kunsthallenareal) hat gar keinen direkten Zugang von der Fußgängerzone.

Die geplanten beiden Kopfbauten mit dem eingeklemmten Café Hanser zur Fußgängerzone schirmen das Zentrum zur August-Ruf-Straße, der Fußgängerzone, ab. Das Projekt auf dem Kunsthallenareal hätte eine quadratische Anordnung mit sternförmigen Zu- und Ausgängen in die Innenstadt erlaubt, ganz im Gegensatz zur jetzigen Planung am Bahnhof. ECE taucht nun am Bahnhof als lang gezogenes, autonomes innerstädtisches Einkaufszentrum auf. Alles wird nun 220 Meter lang, recht schmal an der Bahnhofstraße entlang geplant, kein Laden öffnet sich nach außen und die sechs Eingänge (drei zur Bahnhofstraße und drei zur Hegaustraße) werden mit abschließbaren Türen versehen. Käufer fahren auf das Dach, parken und können ihren gesamten Bedarf im ECE abdecken.

Die typische Knochenstruktur eines zur bisherigen Innenstadt geschlossenen Einkaufszentrums bildet auf drei Geschossen eine ins ECE verlagerte Fußgängerzone und wird den bestehenden Einzelhandel mit der Gastronomie nach Eröffnung mehr oder weniger kannibalisieren. Ein Besuch in der übrigen Innenstadt ist ja nicht mehr notwendig und von ECE architektonisch verhindert.

In einem von ECE bezahlten Gutachten wird darauf hingewiesen, dass das Vorhaben der ECE deshalb unbedenklich sei, weil der bestehende Singener Handel zum Umsatz hauptsächlich beitragen wird. Eine gleiche Aussage trifft ein vorläufiges Verkehrsgutachten zum Raumordnungsverfahren: Mit zusätzlichen Verkehr sei im Umfang von ca. 25% zu rechnen, vorhandene Verkehrsströme werden eben im ECE am Bahnhof einkaufen. Singener Einzelhändler fürchten somit nicht grundlos um Ihre Existenz und arbeiten deshalb in der Singener Bürgerinitiative „Für Singen“ mit, die eine Beschränkung auf maximal 15 % der Singener Mietfläche fordert.

Sozialwohnungen? Fehlanzeige!

Vielleicht werden viele neue Schweizer Kunden diesen Prozess der Kannibalisierung verzögern. Der starke Schweizer Franken hat es aber auch anderen Gemeinden angetan. Neben Singen beabsichtigen Gottmadingen und Radolfzell ebenfalls große neue Einzelhandelsflächen. Was aber passiert nach einer Normalisierung der Wechselkurse?

Verzögerungen des Zeitplanes in Singen sind vorprogrammiert. Konstanz hat Klage gegen einen positiven Entscheid des Regierungspräsidiums für das Projekt bereits angekündigt. Der Ausgang einer immer wahrscheinlicher werdenden Bürgerentscheidung ist offen.

Die Stadtverwaltung als treibendes Element des Vorhabens plant vor der entscheidenden Abstimmung über den Bebauungsplan eine Klausurtagung mit allen Gemeinderäten. Die Klausurtagung haben die Gemeinderäte Singens sicher bitter nötig, um bestehende Zweifel auszuräumen und sie von der Alternativlosigkeit der Planung des Projektentwicklers ECE zu überzeugen.

Sozialwohnungen werden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – seit vielen Jahren in Singen ohnehin nicht mehr gebaut, fehlt es doch am politischen Willen – nach wie vor. 1985 war die Stadt Singen noch stolze Besitzerin von 718 Sozialwohnungen. 2013 hatte die GVV GmbH noch 460 Wohnungen. Nun sind alle Wohnungen verzockt und die Stadt hat von den ursprünglich vorhandenen Sozialwohnungen gar nichts mehr. In Singen geht der Wahnsinn weiter. Monopoly eben.

Peter Mannherz