„Für Menschlichkeit und Solidarität“

Autor | 1. Februar 2016

seemoz-Villingen-1-768x348Einige Hundert folgen am Samstag dem Aufruf zur spontanen Kundgebung in Villingen +++ Der fast 100-jährige Publizist Theodor Bergmann fordert mehr Menschlichkeit und Solidarität +++ Bündnisdemonstration am kommenden Samstag, 6.2., 14 Uhr in Villingen +++

„Wir haben drei Geheimdienste und wer schützt die Flüchtlinge?“, fragte der Stuttgarter Publizist Theodor Bergmann mit kräftiger Stimme einige hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Villinger Innenstadt. Bergmann wird am 7. März 100 Jahre alt und war der Hauptredner einer spontanen Kundgebung am 30. Januar 2016, zu der das örtliche „Offene Antifaschistische Treffen“, das Bündnis „VS ist bunt“ und die Partei „Die Linke“ aufgerufen hatten.

Am Vorabend meldete das Polizeipräsidium Tuttlingen und die Staatsanwaltschaft Konstanz in einer gemeinsamen Erklärung: Die kriminaltechnischen Untersuchungen in der Erstaufnahmestelle am Tatort in der Villinger Dattenbergstraße seien abgeschlossen. Nun ermittle eine etwa 70-köpfige Sonderkommission “Container”. Alles konzentriere sich im Moment auf die Handgranate und den Splint. „Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen werden in alle denkbaren Richtungen geführt“, so die Behörden.

Bergmann forderte die Zivilgesellschaft auf „nicht auf den Staatsapparat zu warten“, um sich gegen die zu stellen, die „den Hass sähen“. Diese wollten damit ihre rechtsradikalen Ziele verwirklichen. Aber nicht nur gegen Neofaschisten richtete sich der rüstige Mann mit klaren Worten: „Auch die Hetze aus Bayern muss aufhören“. Die Menschen müssten sich jetzt nicht nur empören, sondern sich auch über Vorbehalte hinweg gemeinsam organisieren. In diesem Zusammenhang nannte er auf der Kundgebung die Gleichsetzung von „Rechts und Links“ als eine der großen Geschichtslügen. Er als Linker stünde für die Menschen hier, für die Flüchtlinge, die bedroht werden. Am Ende seiner Rede forderte er Menschlichkeit und Solidarität.

Theodor Bergmann (geboren 7. März 1916) ist deutscher Agrarwissenschaftler und Buchautor. Er war bis 1981 Professor für international vergleichende Agrarpolitik an der Universität Hohenheim. Er lebt in Stuttgart und ist aktives Mitglied der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken und Redaktionsmitglied des Netzwerk-Info Gewerkschaftslinke sowie ab 1990 Mitglied der PDS, für die er 1990 bei den Bundestagswahlen kandidierte und deren Landesverband in Baden-Württemberg er 1990/1991 vorstand. Seit 2007 ist Theodor Bergmann Mitglied der Partei Die Linke. Bergmann ist Autor, Herausgeber und Übersetzer von 50 Büchern zur Agrarpolitik und zur Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung.

Die Veranstalter warnten davor, dass „rechte Hetze immer mehr in die Mitte der Gesellschaft“ rücke. Wohin das führt, zeige sich in Villingen-Schwenningen, wo der NPD-Funktionär Jürgen Schützinger seit rund 30 Jahren in kommunale Parlamente gewählt würde.

Die Tat steht in zeitlichem Zusammenhang mit der Festnahme des Neonazi Ralph-Thomas K. aus dem Raum Villingen-Schwenningen Anfang der Woche. K. wird vorgeworfen, als Administrator bei der neonazistischen Internet-Plattform „Altermedia“ tätig gewesen zu sein. Die Meldung ging bundesweit durch die Medien. Als Reaktion auf die Festnahme von K. und weiteren Neonazis haben nach einer Meldung des „Schwarzwälder Boten“ 17 Personen aus dem rechtsradikalen Lager am selben Tag eine halbstündige Kundgebung auf dem Marktplatz in Villingen abgehalten. Einige Tage später ereignete sich der Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft.

Weitere Kundgebung am kommenden Samstag

Die Veranstalter kündigten eine Bündnisdemonstration für kommenden Samstag (6.2.) in Villingen an, die um 14 Uhr auf dem Bahnhofvorplatz beginnen soll. Nach der spontanen Kundgebung zogen einige Teilnehmende zum Tatort vor die Unterkunft in der Dattenbergstraße, um ihre Solidarität mit den geschockten Flüchtlingen zum Ausdruck zu bringen.

Jürgen Weber

(Dieser Text ist zuerst erschienen bei seemoz.de.)

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