Am 31. Mai entscheidet der Gemeinderat in Singen darüber, ob der Hamburger Immobilienentwickler ECE im Herz der Innenstadt ein gigantisches Einkaufszentrum bauen lassen darf. Es ist eine Entscheidung von großer Tragweite, die auf Jahrzehnte einen gravierenden Einfluss auf die Entwicklung des öffentlichen Raums in der Stadt Singen haben wird, stadtplanerisch, wirtschaftlich und sozial. DIE LINKE hat von Anfang an klare Kante gegen die Shoppingmall gezeigt und unterstützt die breite Bewegung Singener Bürgerinnen und Bürger, die gegen die Pläne von ECE und Stadtverwaltung kämpft.
Architektonisch würde ein gigantischer Komplex entstehen, der die Zerschlagung gewachsener Strukturen – Wohnungen, Geschäfte, ja eine Straße – in einem Herzstück der Innenstadt direkt gegenüber dem Bahnhof zur Voraussetzung hätte. Statt einer vorausschauenden Weiterentwicklung des urbanen Raums will die Verwaltung wieder städtisches Eigentum privatisieren und damit der öffentlichen, demokratischen Planung und Kontrolle entziehen. Eine moderne Stadtplanungs-Politik sieht anders aus. Singen braucht keine gigantische Konsum-Monokultur, sondern eine lebendige, vielfältige Innnenstadt, die urbane Qualitäten wie Wohnen, Einkaufen, Kultur- und Erholungsangebote vereint. Das sanierungsbedürftige Holzerareal bietet sich für einen solchen Mix geradezu an.
Wirtschaftlich gibt es keinerlei Notwendigkeit für ein neues, riesiges Einkaufszentrum, denn Singen verfügt über ein breit gefächertes, gut funktionierendes Einzelhandelsangebot. Ein Votum Pro-ECE würde dagegen für viele kleine Einzelhandelsgeschäfte Umsatzeinbussen oder gar den Ruin bedeuten. Unternehmenspleiten, Arbeitsplatzverluste und nicht zuletzt Steuereinbußen wären die Folge – das zeigen nicht nur Erfahrungen, die vergleichbare Städte mit solchen Shoppingmalls gemacht haben, sondern sagen auch mehrere Gutachten für das Singener ECE-Zentrum voraus.
Auch für die im Einzelhandel Beschäftigten verheißt eine Shoppingmall nichts Gutes. Das Geschäftsmodell von ECE und Co verschafft sich im gnadenlosen Kampf um Konkurrenzvorteile Vorteile nicht zuletzt durch miese Arbeitsverhältnisse – Mini- und Midijobs, von denen niemand vernünftig leben kann. Neben dem Verlust regulärer Arbeitsplätze würde also eine Ausweitung des Billiglohnsektors drohen. Völlig zu Recht warnt die Gewerkschaft ver.di vor einem Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten.
DIE LINKE appelliert deshalb an alle Fraktionen im Singener Gemeinderat, den ECE-Plänen nicht zuzustimmen. In Singen fehlen nicht Einkaufsmöglichkeiten, sondern Wohnungen, vor allem für Leute mit schmalem Geldbeutel. Stadtverwaltung und Gemeinderat müssen sich endlich auf ihre Hausaufgaben besinnen und den Bau neuer Sozialwohnungen ankurbeln. Mehr als 6.000 Quadratmeter des Geländes gegenüber dem Bahnhof sind städtisches Eigentum – der Gemeinderat hat es in der Hand, dort die Weichen für dringend benötigten neuen Wohnraum zu stellen.
Jürgen Geiger