
Der am 12. Oktober eingeweihte, neu gestaltete Konstanzer Bahnhofplatz ist für den privaten motorisierten Verkehr mit wenigen Ausnahmen gesperrt. Große, gut sichtbare Schilder am Lago-Kreisel und an der Einmündung der Dammgasse verbieten die Durchfahrt außer für Linien- und Lieferverkehr, Fahrräder und bestimmte Anlieger. Außerdem wurde über das neue Verkehrskonzept seit Wochen derart umfassend berichtet, dass es allgemein bekannt ist.
Trotzdem ignorieren vor allem Autofahrende dieses Verbot ganz bewusst. Die Stadt Konstanz hat dort daher am 15.10. einen Blitzer abgestellt und nach eigenen Angaben etwa 2800 unberechtigte Durchfahrten pro Tag (also mehr als 100 pro Stunde!) fotografiert. Die „Konsequenz“: Der Blitzer wurde am 17.10. wieder abgebaut und bekanntgegeben, dass „für die in den vergangenen Tagen am Bahnhof erfassten Fehlfahrten keine Bußgelder erhoben“ werden.
Wir halten dieses Vorgehen der Verwaltung für unverantwortlich.
Die Stadt Konstanz steckt derzeit in einer schweren Finanzkrise, hat eine Haushaltssperre verhängt und will selbst am Notwendigsten sparen. Hier aber verzichtet sie zugunsten jener Verkehrsteilnehmer:innen, die – ganz bewusst – das Recht brechen, auf Einnahmen im sechsstelligen Bereich.
Indem die Verwaltung den Bahnhofplatz faktisch auch weiterhin für den Durchgangsverkehr öffnet, gibt sie das eigentliche Ziel des kostspieligen Umbaus auf. Versprochen hatte sie dort „mehr Sicherheit, weniger Konflikte, einen verlässlichen ÖPNV-Betrieb und mehr Aufenthaltsqualität“. Nichts dergleichen ist davon derzeit zu sehen, der Autoverkehr fließt, behindert Busse und Fußverkehr und nötigt Radfahrende zu gefährlichen Ausweichmanövern. An eine sichere Überquerung des Platzes ist gerade für ältere Menschen nicht zu denken.
Durch ihr Zurückweichen vor diesem massenhaften Rechtsbruch setzt die Stadt, die sonst so großzügig Knöllchen verteilt, außerdem ein gefährliches Signal. Schon heute eskaliert die Gewalt auf unseren Straßen, Fußgänger:innen benutzen auf der alten Rheinbrücke zuhauf den Radweg, während auf dem Fußweg auf der anderen Seite der Brücke Radfahrer:innen die Fußgänger:innen beiseite klingeln und abdrängen und in den Wohnquartieren Autofahrer:innen wie selbstverständlich Fuß- und Radwege blockieren.
In dieser Situation der zunehmenden Missachtung von Verkehrsvorschriften und Verrohung darf die Stadt keine rechtsfreien Räume schaffen, sondern muss ihrer Aufgabe, die Grundregeln eines vernünftigen Umgangs miteinander durchzusetzen, unbedingt nachkommen. Ganz abgesehen davon, dass sie die Strafgelder bitter nötig hätte.
Es darf unserer Ansicht nach keine Extrawurst oder gar rechtsfreien Räume für die von der Verkehrsplanung ohnehin seit Jahrzehnten einseitig bevorzugten Autos geben.
Für die LLK: Holger Reile – Wolfgang Moßmann – Anke Schwede
