BoFo: Steuermillionen werden weiter versenkt

Autor | 12. April 2019

Weitermachen trotz dauerhafter Millionenverluste: Das entschied am 11.4. eine Mehrheit des Konstanzer Gemeinderats, der sich – zum wiederholten Mal – mit dem Bodenseeforum beschäftigte. Die Verwaltung hatte sich angesichts katastrophaler Zahlen gezwungen gesehen, vier verschiedene Szenarien für die Zukunft des schwarzen Finanzlochs am Seerhein zu präsentieren. Alle gehen davon aus, ein Veranstaltungshaus auf Teufel komm raus über Wasser zu halten, das offenkundig am Bedarf vorbei geplant wurde. Die Varianten reichen von Stadthalle bis Kongresszentrum, mit mal mehr, mal weniger (teurer) Beteiligung von Wirtschaftsakteuren.

Die Linke Liste hingegen wollte einen klaren Schnitt und hatte beantragt, das Bofo auf Jahresende zu schließen, um weiteren Schaden von den Steuerzahler*innen abzuwenden. Ein Antrag, der nur fünf Stimmen fand – die übergroße Mehrheit scheint das teure Spiel weiter treiben zu wollen. Wir dokumentieren den Redebeitrag, mit dem Stadtrat Holger Reile den LLK-Antrag begründete.

Werte Gäste, Kolleginnen und Kollegen, Herr Oberbürgermeister,

Zum wiederholten Male steht heute das Bodenseeforum zur Debatte – und über manches, was ich bislang gehört habe, kann man nur noch den Kopf schütteln. Bei der letzten Sitzung wurde mir aufgrund kritischer Anmerkungen das Mikrophon abgeschaltet. Ich gehe davon aus, dass zumindest heute das freie und unzensierte Wort möglich ist. Vorab dafür untertänigsten Dank …

Es ist allgemein bekannt, dass wir von der Linken Liste von Anfang an vor diesem Projekt eindrücklichst gewarnt haben – aber das hat eine überwältigende Mehrheit hier nicht die Bohne interessiert. Vielmehr wurden wir von Ihnen als Fortschrittsverweigerer bezeichnet und sogar behauptet, wir würden mit unserer Haltung der Stadt großen Schaden zufügen und hätten demzufolge mit juristischen Konsequenzen zu rechnen.

Dahinter versteckte sich pralle Hilflosigkeit, die – Sie erinnern sich – bundesweit für Aufsehen und ungläubiges Gelächter gesorgt hat. Da stellt sich schon die Frage, wer eigentlich Schaden verursacht hat.

Desweiteren wird von Seiten des Oberbürgermeisters, der das Bodenseeforum von Anfang zur Chefsache erklärt hat, ständig behauptet, auch die negative Presseberichterstattung habe zu einem Image-Schaden geführt. Gegenfrage, Herr Burchardt: Soll über ein Projekt, das jährlich Millionen kostet, und von dem kaum jemand profitiert, positiv berichtet werden? Sollten Sie wirklich dieser Meinung sein, wäre es in der Tat angebracht, Ihre Auffassung über Presse- und Meinungsvielfalt kritisch zu überprüfen.

Denn die Fakten zum Bodenseeforum, Kolleginnen und Kollegen, sehen völlig anders aus: Mittlerweile wurden weit über 20 Millionen Euro investiert, um diese Totgeburt am Seerhein künstlich über Wasser zu halten. Jahr für Jahr werden weitere Millionen hinterher geschoben, die wir an anderer Stelle dringendst bräuchten. Locker hätte man dafür – wie von uns schon mehrfach vorgeschlagen – Stichwort Klimawandel und Klimanotstand – zumindest das Ein-Euro-Ticket oder sogar den Nulltarif für den ÖPNV finanzieren können, um nur ein Beispiel zu nennen. Das BoFo steht aber auch dafür: Ein Geschäftsführer nach dem anderen verschwindet – zum Teil abgefunden mit hohen Summen, für die eine Kassiererin bei Aldi mindestens vier Jahre lang buckeln muss.

Lassen Sie uns in diesem Zusammenhang doch mal über Glaubwürdigkeit in der Politik reden, gerade jetzt, kurz vor den anstehenden Kommunal- und OB-Wahlen. Ja, man kann Fehler machen, sie passieren ständig, auch in der Kommunalpolitik. Aber irgendwann steht man dafür gerade und beweist Charakter. Will heißen: Hören Sie endlich auf, den Steuerzahlern, die man für das Bodenseeforum seit Jahren gewaltig zur Ader lässt, weiter Sand in die Augen zu streuen. Ihr blauäugiger Traum von einem international anerkannten Tagungs- und Kongresszentrum ist längst geplatzt. Mit Halsstarrigkeit, Kolleginnen und Kollegen, befeuert man die grassierende Politikverdrossenheit, die die Wähler teilweise in dunkle Ecken treibt. Geben Sie doch einfach mal zu: Wir haben es verzockt und vergeigt, sind falschen Propheten hinterher gelaufen, und um weiteren Schaden von der Stadt abzuhalten, machen wir den Laden dicht und überlegen in Ruhe, welche andere Nutzung sich anbietet. Vorschläge gibt es, sie sollten ernst genommen werden.

Aber stattdessen – das ist der aktuellen Vorlage zu entnehmen und auch den bisherigen Stellungnahmen – suchen Sie als gemeinderätliche Notgemeinschaft krampfhaft einen Rettungsanker. Auswärtige Empfehlungen wurden eingeholt, frei nach dem üblichen Motto: Und wenn ich nicht mehr weiter weiß, kauf ich mir einen Beraterkreis – der natürlich darauf hofft, auch weiterhin im lukrativen Geschäft zu bleiben.

So auch jetzt und es werden diverse Optionen vorgestellt, nach deren Prüfung aber keine dabei ist, die uns überzeugt. Unter anderem sollen private Investoren als Heilsbringer an den Seerhein gelockt werden – von einem weiteren Hotel ist die Rede – ein Gastronomiegebäude soll es richten – und die allermutigsten erträumen sich – fernab jeder Realität – immer noch einen Konzertsaal für schätzungsweise 30 Millionen Euro aufwärts, der so wunderbar auf die freie Fläche neben dem Bodenseeforum passen würde.

Traumtänzereien also in praller Dichte und da taucht schon die Frage auf: In welcher Blase leben Sie eigentlich? Es kann nur eine sein, die schall- und sichttechnisch so abgedichtet ist, dass Sie als Entscheidungsträger gar nicht mehr wahrnehmen können oder wollen, wie es um die tatsächlichen Ansprüche und Bedürfnisse unserer Bevölkerung bestellt ist.

Ich komme zum Schluß: Wir stellen hiermit den Antrag, das Bodenseeforum spätestens bis zum 31.12. 2019 zu schließen und von weiteren Terminvergaben darüberhinaus abzusehen. Schaut man sich auf der BoFo-Seite um, ist bislang keine einzige Buchung für 2020 in trockenen Tüchern, also müssen wir auch keine Schadensersatzansprüche für diesen Zeitraum befürchten. Wie die Berater auf die Idee kommen, dass eine Schließung die schlechteste aller Möglichkeiten wäre, ist nicht nachvollziehbar dargestellt. Selbstverständlich plädieren wir auch dafür, den Mitarbeitern des Bodenseeforums eine Weiterbeschäftigung – evt. in der Stadtverwaltung – anzubieten.

Das war es von unserer Seite.
Vielen Dank.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert