Nicht nur, dass es in Konstanz immer noch zu wenig öffentliche Unterbringungsmöglichkeiten für kleine Kinder gibt. Jetzt will die Stadtverwaltung auch die Gebühren für bestehende Kita-Plätze drastisch erhöhen. In der Elternschaft regt sich bereits scharfer Protest. Verwaltungsangaben zufolge will man die Preiserhöhungen im Herbst dem Gemeinderat zur Abstimmung vorlegen. Werden die Gemeinderät*innen diese ausgemachte Sauerei mitmachen? Die Linke Liste spricht sich entschieden gegen die Rathauspläne aus, für sie sollten Kindergärten und Kitas – als Einrichtungen frühkindlicher Bildung – eigentlich beitragsfrei sein. Wir dokumentieren einen seemoz-Beitrag über die Verwaltungspläne und den Protest von Eltern. – jüg
Der alljährliche Ärger um die Kita-Plätze
Alfred Kaufmann, dem Chef des Konstanzer Sozial- und Jugendamtes, steht einmal mehr Ärger ins Haus. Doch anders als in den Vorjahren geht es heuer nicht nur um die Vergabe der Kita-Plätze, sondern auch um eine Erhöhung der Kita-Preise. Die sollen nämlich ab 1. September um satte 13,6 Prozent erhöht werden, wenn denn der Gemeinderat zustimmen sollte. Elternbeiräte, Mütter und Väter, laufen Sturm gegen diese „willkürliche Erhöhung“.
„Wir haben 3 Kinder in der Einrichtung und der Betrag steigt nun inkl. Essensgeld von 512,50 Euro auf 636,00 Euro“, beklagt sich eine Mutter in einem Brief an den Oberbürgermeister. Und weiter: „Mein Mann ist Arbeiter und ich bin Angestellte. Unser Einkommen liegt im unteren Durchschnitt, genug, um nicht auf Hilfe angewiesen zu sein. Aber bei dieser Mehrbelastung geht die Rechnung nicht mehr auf. Ich werde meine Arbeitszeit deutlich reduzieren, um meine Kinder selber zu betreuen …“ Und dann fehlt der Familie das Einkommen der Mutter.
Mag ja sein, dass den Stadtverantwortlichen solche Eltern gerade recht sind, wenn die auf städtische Hilfe durch Krippen und Kitas verzichten wollen. Nur – das hat nichts mehr mit dem „Bildungs- und Erziehungsauftrag der Kindertagesstätten“ zu tun, auf den die Eltern einen Rechtsanspruch haben, worauf auch Barbara Glasner, Vorsitzende des Elternbeirates der Städtischen Kindertagesstätte Im Grün, hinweist. Und sie geht noch weiter: Sie fordert, dem Beispiel von Rheinland-Pfalz zu folgen – „das bisher einzige Bundesland, das den Kindergarten ab dem 2. Lebensjahr beitragsfrei gestaltet. Hier steht das Angebot unabhängig von Voraussetzungen der Finanzierbarkeit durch die Eltern allen Kindern zur Verfügung. Gleichzeitig besteht ein individueller Rechtsanspruch für Kinder ab vollendetem 2. Lebensjahr für den Besuch des Kindergartens. Die Erwerbstätigkeit oder Ausbildungssituation der Eltern wird bewusst nicht zur Voraussetzung für die Platzvergabe gemacht“.
„Deshalb ist es unser dezidierter Wunsch, die Gebühren zum derzeitigen Zeitpunkt wenigstens nicht zu erhöhen“, ist die Forderung von Barbara Glasner, der sich weitere Elternbeiräte anschließen. Damit ist das Sommerthema gefunden, die Diskussionen werden bis zur Entscheidung des Gemeinderates noch hoch hergehen.
Mühsame Suche nach Kita-Plätzen
3394 Plätze in Kitas und Krippen, in Sondereinrichtungen und Spielgruppen hat die Stadt Konstanz im vergangenen Jahr genehmigt. „Und in diesem Jahr werden es kaum weniger sein“, weiß Alfred Kaufmann, der auf das umständliche, aber vorgeschriebene Auswahlverfahren hinweist, das seit Mai ingange ist. Da wurden alle infrage kommenden Eltern benachrichtigt und nach einem ausgeklügelten Punkteverfahren bewertet – „dennoch gibt es immer wieder Verschiebungen, wenn Familien wegziehen oder selber Plätze finden“. Deshalb laufen bis in den September hinein mehrere „Nachrückverfahren“, bei denen Eltern immer noch die Chance auf einen Betreuungsplatz haben.
Doch was sich derart technisiert-bürokratisch anhört, führt in der Eltern-Wirklichkeit hundertfach zu Problemen. Zum Beispiel bei Kai, 46 und Vertriebsleiter, und Janine, 37 und Sachbearbeiterin, die auf der Suche nach einem Krippenplatz für ihr zweites Kind sind. Schon bei der Unterbringung der älteren Tochter vor vier Jahren gab es Schwierigkeiten (damals verhalf eine seemoz-Veröffentlichung doch noch zu einem Krippenplatz), doch heute verschärfen sich für Janine und Kai, die ihren vollen Namen nicht nennen mögen, die Probleme. Die junge Mutter will im August ihren Arbeitsplatz wieder antreten, den ihr Arbeitgeber für sie freigehalten hat. „Doch bei dieser Unsicherheit wissen wir nicht, was wir tun sollen,“ stöhnt Kai.
Sogar Janines Arbeitgeber, der in seinem Betrieb fast nur Frauen beschäftigt und deshalb seit vielen Jahren die Problematik kennt, hat sich eingeschaltet. Er hat bitterböse Briefe an die Stadt geschrieben und der jungen Familie seine Hilfe beim möglichen Rechtsstreit angeboten. Denn auch diese Familie hat eine Rechtsgarantie auf einen Betreuungsplatz, die gerichtlich eingeklagt werden kann.
„Bisher hat es in Konstanz keine solchen Gerichtsverfahren gegeben“, versichert Alfred Kaufmann, „bisher konnten wir bis September alle unterbringen“. Bis dahin also wird die Geduld der Eltern noch auf eine harte Probe gestellt, bis dahin müssen auch Kai und Janine noch warten. Oder zum Anwalt gehen.
hpk