Haushaltsrede der Linken Liste Konstanz

Autor | 19. Dezember 2014

Zu der wehen Klage, die regelmäßig angestimmt wird, wenn es um die städtischen Ausgaben geht, gehören die Personalkosten. Die Stadt verweist auch diesmal darauf, dass sie seit 2011 insgesamt 60 neue Stellen eingerichtet hat und beschwört den Gemeinderat jetzt, die Zügel anzuziehen. Dass diese neuen Stellen eine Folge der gewachsenen Aufgaben sind, die vor allem im Bildungsbereich erfüllt werden müssen, wird meist nicht erwähnt. Der vorliegende Haushaltsentwurf sieht vor, nicht einmal ein Drittel der aus den Fachabteilungen beantragten 28,35 zusätzlichen Stellen zu genehmigen. Und das soll unter dem Strich auch noch, wie es in der Vorlage heißt, „stellenneutral“ stattfinden. Dazu will die Verwaltung „an anderen Stellen Aufgaben reduzieren“ – wie das angesichts gewachsener Aufgabenfülle gehen soll, bleibt das Geheimnis des zuständigen Personal- und Organisationsamtes. Zu erwartende Folge wird eine weitere Verdichtung der Arbeit der Beschäftigten sein.

Tatsächlich arbeiten die Beschäftigten schon längst am, wenn nicht über dem erträglichen Limit. Das ist nicht nur unverantwortlich gegenüber dem städtischen Personal, sondern auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die auf die Serviceleistungen der Stadt angewiesen sind. Aus den Ämtern kommen immer häufiger Klagen, dass anstehende Aufgaben nicht termingerecht und im notwendigen Maß erledigt werden können, und deshalb – meist für teuer Geld – nach außen vergeben werden müssen. Das sagt aus unserer Sicht alles über die Personalsituation.

Dazu kommt, dass die Stadt die Befristung aller seit 2013 eingerichteten Stellen erneut bis mindestens ins Jahr 2016 verlängern will. Auch das ist für uns inakzeptabel. Befristete Beschäftigung bedeutet existentielle und finanzielle Unsicherheit für die Betroffenen – daher treten wir uneingeschränkt für die Schaffung von sicheren Beschäftigungsverhältnissen ein. Gerade die Stadt als öffentlicher Arbeitgeber hat hier eine Vorbildfunktion, die sie auch erfüllen sollte.

Alles schön und gut, wird so Mancher jetzt zähneknirschend einwenden, aber wer soll das alles bezahlen, woher kommt das Geld? Es gibt durchaus Möglichkeiten, auf städtischer Ebene die Einnahmen zu verbessern. Eine solche Maßnahme könnte beispielsweise die Erhöhung der Hebesätze der Gewerbesteuer sein. Ein Gedanke übrigens, den die Fraktionen im Radolfzeller Gemeinderat kürzlich aufgegriffen haben.

Dort hat man nämlich geschlossen für eine Gewerbesteuererhöhung votiert. Für Konstanz würde schon eine Anhebung von jetzt 390 auf 400 oder 410 Punkte die städtischen Einnahmen um mindestens 1 bis 2 Millionen im Jahr verbessern. Ein Blick auf Städte wie Heidelberg (400 Punkte), Heilbronn (400 Punkte), Karlsruhe (410 Punkte) und Freiburg (420 Punkte) zeigt, dass eine solche Maßnahme keineswegs dazu führt, dass Unternehmen scharenweise den Standort wechseln.

Konstanz wächst nicht zuletzt deshalb, weil es der Wirtschaft eine hervorragende Infrastruktur bietet, über exzellente Kooperationspartner verfügt und für viele Unternehmen auch sonst interessante Standortfaktoren aufweist.

Die Linke Liste ist natürlich auch nicht prinzipiell gegen Einsparungen. Uns fallen da als erstes ganz generell die Millionen ein, die Jahr für Jahr für sogenannte externe Beratungen und Gutachten an private Unternehmen ausgegeben werden. Aus unserer Sicht geschieht das viel zu häufig, die nötigen Untersuchungen könnten meistens genauso gut von den zuständigen Fachämtern erledigt werden, wenn, ja wenn man sie endlich auch personell vernünftig ausstattet.

Dass solche externen Gutachten nicht unbedingt bessere Ergebnisse erzielen, zeigt übrigens anschaulich der Schlamassel, den PWC mit seiner grottenfalschen Bewertung der Vermögenssituation des Gesundheitsverbunds den beteiligten Städten eingebrockt hat. Auch Ausgaben für so exotische Ideen wie beispielsweise die Studie über die Seilbahntauglichkeit einer weitgehend ebenerdig gelegenen Stadt halten wir auf jeden Fall für verzichtbar. Und die Dauerfinanzierung von Prestigeprojekten wie der chronisch defizitären Katamaran-Linie, in die wir Jahr für Jahr mehrere hunderttausend Euro pumpen, können wir uns durchaus als Streichobjekt vorstellen.

Nur wiederholen können wir uns mit unseren Einsparvorschlägen beim Konziljubiläum, für das insgesamt rund 6 Millionen Euro zu Buche stehen. Wir haben von Anfang an erklärt, dass wir die gewünschte Signalwirkung für diese teure Dauerfeier über vier lange Jahre hinweg für völlig überschätzt halten. Wir haben unsere Kritik in den vergangenen Jahren mehrfach formuliert und ich will sie hier nicht erneut zum Besten geben. Wir haben aber auch mehrfach konstruktive Vorschläge eingebracht, die aber in der Regel an der Schreibtischkante von Frau Bader ergebnislos abtropften.
Kurzum – wir bleiben dabei: Für dieses Jubiläum wären 2 Millionen Euro mehr als genug gewesen.

Der unserer Auffassung nach entscheidende Grund für die prognostizierte finanzielle Schieflage des Haushalts liegt nicht nur in den Ausgaben für Investitionen im Sozialbereich oder bei den Personalkosten. Das vom Oberbürgermeister für 2016 vorausgesagte Defizit von rund 17 Millionen plus X ist eng mit dem Veranstaltungshaus verbunden. Bemerkung am Rande: Bei Ihrer Namenssuche für den Glaskasten am Seerhein kursiert in der Bevölkerung mittlerweile der Begriff „Centro-Dermitis“. Wie wir alle wissen, ist die Haut der Spiegel der Seele.

Ist vom Centrotherm die Rede, verspüren immer mehr Konstanzerinnen und Konstanzer spontanen Juckreiz und das aus gutem Grund. Das Vorhaben am Seerhein hängt jetzt schon wie ein beidseitig scharf geschliffenes Damoklesschwert über unserer Stadt und wird die kommenden Haushaltsdebatten- entscheidungen über Gebühr beeinflussen – und zwar negativ. Von wegen Jahrhundertchance – wer das glaubt, wird sicher nicht selig.

In seiner Rede zum Doppelhaushalt 2013/14 hat der damals noch ziemlich frischgebackene Oberbürgermeister folgende bemerkenswerte Äußerung zum Projekt Veranstaltungshaus gemacht.

Ich zitiere wörtlich: „Bis Ende 2014 werde ich, was dieses Thema angeht, ausschließlich zuhören. Dazu gehört auch, ein Konzept der Bürgerbeteiligung zu erarbeiten, bei dem nicht nur Lobbygruppen oder die Lautesten sich Gehör verschaffen können, sondern die gesamte Bürgerschaft die Möglichkeit hat, ihre Ansichten, Wünsche und Kritik in gleichem Maße vernehmbar zu äußern.“ Zitat Ende.

Dazu sage ich: Hätten Sie sich doch an Ihre Versprechungen gehalten. Stattdessen haben Sie all das in die Wege geleitet, was Sie nach Ihren eigenen Worten überwiegend vermeiden wollten. Im Schweinsgalopp haben Sie zusammen mit den Wirtschaftslobbyisten von der IHK und anderen Lautsprechern ohne nennenswerte Bürgerbeteiligung den Kauf des Centrotherm-Gebäudes durch die Gremien gepeitscht. Das von Ihnen und einer erdrückenden Gemeinderatsmehrheit beschlossene Projekt schlägt jetzt im Haushalt mit 18 Millionen Euro zu Buche und verursacht maßgeblich das beklagte Defizit. Und dass es bei diesen 18 Millionen nicht bleiben wird, zeigen alle Erfahrungen mit solchen Projekten nicht nur in Konstanz. Und eines dürfte Ihnen auch klar sein: Ein Konzerthaus auf dem Nachbargrundstück ist unter 40 Millionen aufwärts nicht zu bekommen.

Fangen Sie schon mal an zu sammeln, das scheint hier ja mittlerweile in Mode zu kommen. Für das Musik- oder Konzerthaus können Sie ja schon mal bei Hartmut Mehdorn nachfragen, der hat ab sofort wieder Zeit und wäre als Projektleiter allererste Wahl.

Die Linke Liste hatte im Mai als einzige Rats-Gruppierung vor den negativen finanziellen Folgen dieser Entscheidung gewarnt – jetzt bekommen die Kongress- und Konzerthaus-Enthusiasten für ihre abenteuerlichen Pläne, deren Lasten schlußendlich die Steuerzahler zu tragen haben, eine erste Quittung. Ich befürchte, dass es leider nicht die letzte sein wird.

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen: Ich komme zum Schluß. Nach meinen Ausführungen sollte klar sein, dass die Linke Liste Konstanz dem vorliegenden Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung nicht zustimmen wird. Das Zahlenwerk wird den Anforderungen vor allem im Wohnungs- und Sozialbereich nicht gerecht und stellt den weiteren Kita-Ausbau zur Disposition, um nur wenige Beispiele zu benennen. Auch eine Verbesserung der angespannten Personalsituation ist für uns nicht erkennbar. Kurz und schlecht: Zu diesem Haushalt, wie er uns hier vorliegt, kommt von der Linken Liste ein klares Nein.

Holger Reile

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