Herosé-Park: Nicht auf Repression und Vertreibung aus dem öffentlichen Raum setzen

Autor | 16. Juli 2017

Beamte des Kommunalen Ordnungsdienstes in Karlsruhe (Quelle: Amtsblatt Stadt Karlsruhe)

Die Entscheidung ist gefallen: Am vergangenen Donnerstag stimmte eine Mehrheit im Gemeinderat für einen Kommunalen Ordnungsdienst. Lediglich die Linke Liste Konstanz (LLK), das Junge Forum und einige FGL-Rät*innen blieben am Ende bei ihrem Nein zum Ausbau der Ordnungskräfte. Ab dem nächsten Jahr sollen 5,5 neue Stellen für den polizeilichen Ordnungsdienst geschaffen werden, der im Herosé-Park und an anderen “Brennpunkten”, so die Verwaltung, für Ruhe und Ordnung sorgen soll. Damit findet ein Jahre anhaltender, teils erbittert geführter Streit ein Ende, zumindest vorläufig. Entzündet hatte der sich nach anhaltenden Klagen von Bewohnern der neuen “Stadt am Seerhein” über Lärm und Verschmutzung, den Feiernde verursachten. Die LLK hatte von Beginn an darauf hingewiesen, dass die zugrundeliegenden Probleme auch durch Polizeieinsätze nicht zu lösen sind. Nötig sind vielmehr Investitionen für frei zugängliche, nicht-kommerzielle Begnungsorte im öffentlichen Raum, an denen es in der auf Kaufrausch und Tourismus gebürsteten Stadt gerade für Jugendliche fehlt. Für die Linke Liste hat Stadträtin Anke Schwede bei der Ratssitzung noch einmal die Argumente gegen einen Ausbau der ortspolizeilichen Exekutive zusammengefasst. – jüg

Zum wiederholten Mal beschäftigt sich dieser Rat mit der Einführung eines Präventionsteams und/oder kommunalen Ordnungsdiensts, um Ruhestörungen und Verunreinigungen in stark frequentierten Bereichen der Stadt (v. a. am Seerhein und Bodenseeufer) zu unterbinden.

Die Einführung eines Präventionsteams werden wir wieder ablehnen, da – neben der bereits gefallenen Entscheidung vor zwei Monaten – die Vorlage wichtige Fragen offenlässt: zum Beispiel, wie genau die zukünftigen MitarbeiterInnen des Bürgeramtes (Abt. Öfftl. Sicherheit, Gewerbewesen/Prävention) ihre Aufgaben wahrnehmen und wie sie ausgebildet sein sollen. Personalkosten sollen durch „Minderausgaben im Personalbudget 2017“ gedeckt werden, um deren Erläuterung ich bei der bekannten Personalnot bzw. Überlastung der KollegInnen – quer durch alle Ämter – übrigens bitte. Nein, wir halten für die zitierten kommunikativen und präventiven Aufgaben vielmehr Sozialarbeiterinnen bzw. streetworker geeignet, die fundiert und mit der entsprechenden Ausbildung agieren und auf Jugendliche und natürlich auch ältere „Störer“ zugehen könnten.

Nun zu Einrichtung eines Kommunalen Ordnungsdienstes, der die Interessen der lärmgeplagten Anwohnerinnen und Anwohner durchsetzen soll. Klar ist, dass das mitunter provozierende und belästigende Verhalten mancher Mitmenschen als sehr störend empfunden werden kann. Aber: eine freie Gesellschaft oder sagen wir eine moderne Stadt, die die Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen will, darf nicht in erster Linie auf mehr Repression und Vertreibung aus dem öffentlichen Raum setzen.

Zu bedenken ist auch, dass durch die Einrichtung eines KOD die originär zuständige Landespolizei aus der Verantwortung entlassen wird und die Kommune mehr und mehr deren Aufgaben wahrnimmt. Die MitarbeiterInnen des Ordnungsdienstes haben ähnliche Befugnisse, greifen in die Freiheitsrechte ein, aber haben weder deren Ausbildung, Qualifikation, noch Erfahrung. Und: die eigentliche Krux liegt vielmehr in einer verfehlten Stadtentwicklungspolitik. Ein Abschnitt in unmittelbarer Nähe zum Herosé-Park wird bebaut, um ein betuchtes Klientel mit hochpreisigem Wohnraum zu versorgen. Die Konflikte, die dann auftraten, waren absolut vorhersehbar und lassen sich unserer Meinung nach nicht durch Vertreibung aus den attraktiven Bereichen der Stadt lösen – denn darum geht es ja, der Kommunale Ordnungsdienst soll unseres Erachtens auch den dafür nötigen Druck aufbauen.

Mit den in der Organisationsuntersuchung von 2015 definierten Aufgaben eines kommunalen Ordnungsdiensts würde einer Überwachung von Jugendlichen, aber auch Obdachlosen und anderen missliebigen Personen, auf den Plätzen und sonstigen Bereichen der Stadt Tür und Tor geöffnet. Eine polizeiähnliche Truppe mit insgesamt 5,5 Stellen soll es richten. Dafür ist dann überraschenderweise auch das Geld im Handumdrehen da.

Diese Gelder wären weitaus sinnvoller für die Einrichtung nicht kommerziell betriebener, dezentraler Treffpunkte für Jugendliche investiert. Seit Jahren setzen wir uns für den Ausbau der sozialen und kulturellen Infrastruktur in allen Stadtteilen ein: Zum Beispiel, wie auch schon mehrfach von uns gefordert, westlich des Bodenseeforums. Solche Begegnungsmöglichkeiten können nämlich so lokalisiert und konzipiert werden, dass Anwohnerinnen und Anwohner nicht unter Lärm und anderen Belästigungen zu leiden haben.

Abschließend: Wir haben zwar in der vergangenen Debatte auch schon eine Aufstockung der Ortspolizeikräfte gefordert, aber der Installierung einer zweiten, quasi parallelen Polizeistruktur können wir aus den oben genannten Gründen nicht zustimmen. Hierzu bedürfte es einer genaueren Definition bzw. politischen Diskussion darüber, was die kommunalen Ordnungskräfte dürfen, und was eben nicht.

Also ein Nein zu beiden Punkten des Beschlussantrags.

 

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