Die Linke Liste hat dafür gesorgt, dass auf der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) eine Vorlage zur Diskussion stand, die die Stadtverwaltung gerne per sogenannter Offenlage ohne öffentliche Beratung durchgebracht hätte. Es ging dabei um die Ausschreibung des Caterings für eines der Lieblingsprojekte von OB Uli Burchardt: Den sehnsüchtig erwarteten Kongressgästen, die sich ab Oktober im Bodenseeforum einfinden sollen, will man selbstverständlich auch ein angemessenes Gastronomieangebot machen.
Da der neoliberal geimpfte Bürgerblock und die Stadtspitze das nicht mit städtischem Personal stemmen wollen, war die EU-weite “Ausschreibung eines Rahmenvertrages zur Lieferung von Speisen” für den neuen Kongress- und Veranstaltungstempel fällig. Den Zuschlag für die in sieben Bereiche (“Lose”) aufgeteilten Aufträge sollte jeweils der Anbieter erhalten, der das wirtschaftlichste Angebot abliefert. Dagegen hat nun Stadträtin Anke Schwede für die Linke Liste interveniert, und zwar nicht nur, weil es immerhin um ein finanzielles Volumen von geschätzten 1,5 Millionen geht. Für Ausgaben in solcher Höhe sollte die Stadtspitze generell keine Carte blanche per Offenlage haben.
Wer die Branche kennt, weiss, dass hier jede Menge Billiganbieter unterwegs sind, die ihre Profite auf Kosten der Beschäftigten machen – niedrige Löhne und miese Arbeitsbedingungen sind an der Tagesordnung. Auch über die Qualität und die Herkunft der verwendeten Nahrungsmittel lässt sich selbstverständlich an der Preisschraube drehen, um trotz eines “wirtschaftlichen” Angebots die Gewinne sprudeln zu lassen. LLK-Stadträtin Anke Schwede brachte deshalb einen Änderungsantrag ein, mit dem sichergestellt werden sollte, dass – neben den wirtschaftlichen – gleichberechtigt auch qualitative, umweltbezogene und soziale Kriterien wie Arbeitsbedingungen, Einkommenshöhen und Arbeitnehmerrechte in den Ausschreibungstext aufgenommen werden. Das ist nach gängiger Rechtssprechung nötig, um Billigheimer und Lohndrücker von vornherein ausschließen zu können.
Erfreulich, dass bei der Abstimmung im HFA – sie konnte erst erfolgen, nachdem die eigenen Fachleute der Verwaltungspitze den Irrglauben ausgeredet hatten, er sei nicht zulässig – alle drei Vertreter der FGL für den Antrag votierten; was die beiden SPD-Vertreter im Ausschuss dazu bewog, sich zu enthalten bzw. dagegen zu stimmen, bleibt ihr Geheimnis und zeugt schon von einem ganz speziellen Verständnis dieser Sozialdemokraten von sozialer Demokratie. Auch wenn der Antrag schließlich mit der großen Mehrheit des Bürgerblocks abgelehnt wurde: Anke Schwede ist es gelungen, die Aufmerksamkeit auf das oft vernachlässigte Thema der Arbeits- und Produktionsbedingungen von Firmen zu lenken, die von der Stadt öffentliche Gelder kassieren. Wir bleiben an dem Thema dran.
J. Geiger
Es ist erfreulich, dass die Stadt Konstanz bzw. das Hauptamt seit Jahren bei Ausschreibungen von Dienstleistungen auf die Einhaltung des Landestariftreuegesetzes Baden-Württemberg besteht, Kriterien für qualitative und umweltbezogene Aspekte berücksichtigt und Umweltaspekte durch die Verwendung regionaler Produkte gewährleistet sieht. So steht es in der Ergänzungsvorlage 2040/1. Aber: diese Kriterien müssen schon zu Beginn Bestandteil einer Ausschreibung sein, nachträglich können sie nicht oder nur sehr eingeschränkt angewandt werden. Dies ergibt sich aus verschiedenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes, wie in unserem Einspruch bzw. der e-mail vom 14. September dargelegt.
Zudem heißt es in Absatz 5 oben zitierten Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eindeutig: „Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden.“
Daher bitten wir um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, damit nicht nur wirtschaftliche, sondern auch qualitative, ökologische und sozialverantwortliche Aspekte im öffentlichen Beschaffungswesen ausreichend gewürdigt werden.