Stuttgart 21: Gericht stellt Wasserwerfer-Prozess ein

Autor | 26. November 2014
Wasserwerfer Angriff im Schlossgarten

30. September 2010: Massiver Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlossgarten gegen Parkschützer.

Das Landgericht Stuttgart hat der an Skandalen nicht armen Geschichte um das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 heute ein weiteres, skandalöses Kapitel hinzugefügt. Es stellte am Nachmittag den Prozess gegen zwei Polizeiführer ein, die wegen des blutigen Wasserwerfer-Einsatzes am “Schwarzen Donnerstag” im September 2010 vor Gericht standen. Ihnen war fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen worden, weil bei dem Polizeieinsatz mehrere Personen während der Proteste gegen Baumfällungen im Schlossgarten schwer verletzt worden waren. Ein Rentner, der im Prozess auch als Nebekläger auftrat, erblindete dauerhaft. Richterliche Begründung der Verfahrenseinstellung: Es sei in dem seit Juni andauernden Verfahren nur eine “geringe Schuld” der Angeklagten zu erkennen gewesen.

Nach der Bekanntgabe der Entscheidung kam es im vollbesetzten Saal zu Protesten, die Vorsitzende Richterin ließ ihn daraufhin räumen. Der Sprecher der “Initiative Parkschützer”, Matthias von Herrmann, sprach von einem “Justizskandal”. Es könne nicht sein, dass der Prozess “im entscheidenden Moment abgebrochen wird”. Pikanterweise wäre der nächste Zeuge der Führungsassistent des damaligen Polizeipräsidenten Stumpf gewesen, der den Einsatzbefehl seines Vorgesetzten an die Polizeiführer im Schlossgarten weitergab.

Der LINKE-Vorsitzende Bernd Riexinger hat die Verfahrenseinstellung scharf kritisiert. Seine Erklärung im Wortlaut: “Am 30. September 2010 begann die Polizei mit der Räumung des Schlossgartens in Stuttgart. Mit beispielloser Härte und Brutalität ging sie gegen tausende Menschen vor, die sich dort in friedlichem Protest und zivilem Ungehorsam versammelt hatten, darunter viele Schülerinnen und Schüler. Gewalt, Schlagstöcke und Wasserwerfer – und am Ende mehrere hundert Verletzte. Das Bild eines älteren Demonstranten, der von Wasserwerfern im Gesicht getroffen wurde, in der Folge nahezu erblindet ist, wurde zum Bild des Widerstandes, zum Sinnbild eines unverhältnismäßig harten Polizeieinsatzes – der mit der heutigen Einstellung des Verfahrens endgültig ungesühnt bleibt.

Das Urteil macht fassungslos und wütend, weil das Niederknüppeln von Menschen wegen ihres Protestes gegen ein sinnloses Prestige-Bauwerk auf diese Art scheinbar nachträgliche Legitimität erhält.

Ein Prozess hätte auch bedeutet, dass der grüne Ministerpräsident Kretschmann sich hätte erklären müssen. Dass er darum herum kommt, Position zu beziehen, sich auch noch erleichtert zeigt, gibt der Einstellung des Verfahrens einen weiteren faden Beigeschmack.

Es ist ein schwarzer Tag für Stuttgart und diejenigen, die an den Protesten beteiligt waren, dabei verletzt wurden. Es ist ein schwarzer Tag für bürgerschaftliches Engagement gegen milliardenschwere Steuerverschwendung wie das Stuttgart-21-Desaster.”

Redaktion

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