Mehr als 250 Menschen demonstrierten am Samstag in Konstanz, um ihre Solidarität mit dem Kampf der kurdischen Verteidiger der Stadt Kobanê gegen die Angriffe der IS-Milizen zum Ausdruck zu bringen. Die Demonstration “Solidarität mit Kobanê – Stoppt den IS-Terror”, zu der KurdInnen aus der Region Rojava, die “Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland” (ATIF) und der Kreisverband der Linken aufgerufen hatten, führte vom Benediktinerplatz über die Fahradbrücke durch die Innenstadt und endete mit einer Kundgebung auf der Markstätte. In Sprechchören riefen die DemonstrantInnen, darunter viele MigrantInnen kurdischer und türkischer Herkunft, zur Unterstützung des Widerstands gegen den IS-Terror und der Verteidigung der kurdischen Selbstverwaltungsstrukturen in der Region Rojava auf. Sie forderten das Ende jeder direkten oder indirekten Unterstützung der islamistischen IS-Terrorbanden durch den NATO-Staat Türkei, die Freilassung des Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, sowie die sofortige Aufhebung des Verbots der PKK in Deutschland und der EU.
Auf der Abschlußkundgebung bekundeten Rednerinnen und Redner in deutscher, türkischer und kurdischer Sprache ihre Unterstützung der demokratischen Selbstverwaltungsstrukturen, die von der mehrheitlich kurdischen Bevölkerung in der Region Rojava aufgebaut wurden. Dieses Modell der Demokratischen Autonomie will allen Ethnien, Religionen und Geschlechtern ermöglichen, gleichberechtigt und in gegenseitigem Respekt zusammen ein selbstbestimmtes Leben, ohne Ausbeutung und Unterdrückung, zu gestalten. Dazu erprobt die Bevölkerung Wirtschaftsmodelle, die mit feudalistischen Clan-Strukturen und kapitalistischer Profitproduktion brechen und sich stattdessen an den Bedürfnissen der BewohnerInnen orientieren. Dass dieses emanzipatorische Modell insbesondere auch die Befreiung der Frauen von patriarchalischer Unterdrückung auf die Tagesordnung gesetzt hat, unterstrich nicht zuletzt der auffällig hohe Frauenanteil unter den kurdischen TeilnehmerInnen der Demonstration.
Jürgen Geiger, Sprecher des Kreisvorstands der Linken, verwies in seinem Redebeitrag auf die Verantwortung der westlichen Großmächte für das Erstarken der reaktionären islamistischen Terroristen. Der IS sei ein Produkt der skrupellosen Machtpolitik der kapitalistischen Großmächte, die sich den ölreichen Nahen Osten als Rohstofflager für die Profitproduktion sichern wollten. “Dafür zetteln sie seit Jahrzehnten Kriege an, stürzen Regierungen und finanzieren nicht zuletzt Gruppierungen wie den IS”, sagte Geiger. Das Erstarken des Islamismus sei auch ein Ergebnis der gesellschaftlichen Hoffnungslosigkeit von Millionen, die eine solche Politik mit sich bringe. “Solange Gruppen wie der IS westlichen Interessen dienen, läßt man sie wüten.” Erst nachdem die “von der Leine gelassene Bestie ein Eigenleben” entwickelt habe, versuche man nun, den Schaden zu begrenzen. Der Linke-Sprecher bezeichnete den Kampf um das demokratische Projekt in Rojava als “Symbol der Hoffnung”, das alle Unterstützung verdiene: “Hier haben Menschen ihre eigenen Geschicke in die Hand genommen. Sie nehmen Armut, Unterdrückung und Ausbeutung nicht mehr länger hin und demonstrieren, dass ein anderes Leben möglich ist. Diese Revolution von Rojava hat eine Strahlkraft entwickelt, die weit über die Region hinaus reicht.” Geiger erläuterte, dass die Linke als antimilitaristische Partei eine weitere militärische Intervention der Westmächte in der Region klar ablehne. Er forderte stattdessen, endlich alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Selbstverteidigungskräfte der gegen die IS kämpfenden KurdInnen schwächen. Die Bundesregierung müsse die kurdische Selbstverwaltung als “legitimen Entwicklungspfad für die dort lebenden Menschen” anerkennen und Anstrengungen unternehmen, den IS von seinen Finanziers nicht nur in der arabischen Welt und vom Handel mit Rohstoffen und Waffen effektiv abzuschneiden. Oberste Priorität müsse der Schutz der Flüchtinge und der Zivilbevölkerung haben. Geiger: “Deutschland muss endlich die humanitäre Hilfe für die aus Syrien und dem Irak geflüchteten Menschen massiv verstärken. Grenzen auf für die Flüchtlinge!” Auch der Linke-Vertreter forderte die Aufhebung des PKK-Verbots: “Die Arbeiterpartei Kurdistans und ihre Schwesterorganisationen tragen die Hauptlast des Kampfes gegen den IS, sie haben Zehntausenden das Leben gerettet. Ihre Anhänger werden in unserem Land trotzdem nach wie vor verfolgt, das muss aufhören – sofort!” Die Linke werde sich dafür parlamentarisch und außerparlamentarisch einsetzen.
Redaktion