Author Archives: Anke Schwede

Tourismus- und Klimaschutzabgabe: 1,66 Millionen Mehreinnahmen für die Stadt

Am 13. Oktober hat sich der Haupt- und Finanzausschuss (HfA) dafür entschieden, die Kurtaxe durch eine Tourismus- und Klimaschutzabgabe zu ersetzen. Stadt und Gemeinderat rechnen dadurch mit Mehreinnahmen von 1,66 Mio. € zugunsten der Allgemeinheit für wichtige soziale und kulturelle Belange. Diese sollen durch Steuereinnahmen in Höhe von 5,6 % vom Bruttoübernachtungspreis touristischer Übernachtungen in Konstanz erbracht werden. Allein 310.000 Euro der Mehreinnahmen sollen dadurch erzielt werden, dass auf eine Tourismus- und Klimaschutzabgabe im Gegensatz zur Kurtaxe keine Mehrwertsteuer an den Bund abgeführt werden muss.

Der Beschluss geht auf eine Initiative von FGL und SPD zurück, die nunmehr fast vollständig umgesetzt werden soll. Doch bis dahin mussten einige Schwellen überwunden werden: Den ersten Pflock versuchten der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) und seine Mitgliedsunternehmen einzuschlagen. Diese schützten einen Verwaltungsmehraufwand vor und fürchteten einen Rückgang der Tourist*innenzahlen in Konstanz. Dadurch konnten sie die MTK mit ihrem Geschäftsführer Thiel und zunächst auch die Stadtverwaltung überzeugen, die einen vermeintlichen Kompromissvorschlag vorlegten. Demzufolge sollte die Abgabe als Fixbetrag, nach Sternen gestaffelt, erhoben werden. Diese Lösung hätte jedoch deutlich geringere Einnahmen erzielt. Zudem wäre eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung entstanden: Die Sternekategorien sind nicht trennscharf genug, um Übernachtungen unterschiedlichen Werts klar voneinander zu unterscheiden. Denn nicht selten kostet ein Bett im Drei-Sterne-Hotel ähnlich viel wie eine Vier-Sterne-Übernachtung. Fair ist es deshalb, die Abgabe anhand des konkreten Übernachtungspreises zu erheben. So sieht das auch die Rechtsprechung: Das Bundesverfassungsgericht bestätigte erst kürzlich die Verfassungsmäßigkeit einer Tourismusabgabe anhand des Übernachtungspreises, zumal die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung gestaffelte Abgaben nach Sternen kritisch sah.

Simon Pschorr (LLK) konnte die Mehrheit des HfA und die Verwaltung anhand dieser rechtlichen Erwägungen in der Sitzung vom 20. September 2022 von derjenigen Abgabe-Gestaltung überzeugen, die der Ausschuss nun dem Gemeinderat empfahl. Die Verwaltung erarbeitete eine entsprechende neue Vorlage. Doch die konservative Seite des Gemeinderats versuchte wiederum, die Entscheidung zu verschieben. Jürgen Faden (FWK) beantragte, die Entscheidung zu vertagen, da die CDU ein Alternativmodell vorschlagen wolle – ohne allerdings einen konkreten Antrag vorlegen zu können. Das Gremium lehnte die Verschiebung deshalb bei Stimmengleichheit ab. Auch der Antrag der CDU, die Verwaltung zu beauftragen, einen neuerlichen Satzungsentwurf im Interesse der Hotellerie von der Verwaltung ausarbeiten zu lassen, scheiterte. Schließlich ließ sich eine Mehrheit (8:5 Stimmen) vom Konzept der Tourismus- und Klimaschutzabgabe überzeugen. Jetzt muss noch der Gemeinderat am 27. Oktober zustimmen.

Die Einnahmen werden dazu dienen, den Konstanzer Stadtbusverkehr auf eine stabile Finanzierungsbasis zu stellen und Angebote für einen nachhaltigen Tourismus dauerhaft zu finanzieren. Diese Abgabe ist gerecht: Tourist*innen zahlen einen Beitrag für die Leistungen, die Konstanz ihnen bietet. So werden finanzielle Lasten von den Schultern der Konstanzer*innen genommen und mit Umweltschutzmaßnahmen die Grundlage des Reisens in eine gesunde Bodenseeregion gesichert.

Vergebene Chance

Im August 1970 erschoss Hans Obser den damals 17-jährigen Lehrling Martin Katschker mit einem Hasentöter. Vorausgegangen war der Tat eine wochenlange Hetze gegen „Gammler“, organisiert von Walter Eyermann, einem ehemaligen Mitglied der rechtsradikalen NPD. Vor rund zwei Jahren stellte die Linke Liste den Antrag, am Blätzleplatz, dem Ort der Bluttat, eine Gedenktafel aufzustellen. Daraufhin wurde Stadtarchivar Jürgen Klöckler beauftragt, ein Gutachten und einen passenden Text für das geplante Mahnmal zu verfassen. Das gestaltete sich schwierig.

In einem ersten Textentwurf Klöcklers für die Gedenktafel war weder der Name des Opfers zu lesen, noch die von Obser und Eyermann. Angeblich müsse das postmortale Persönlichkeitsrecht berücksichtigt werden, so die Erklärung. Erst auf Drängen des Kulturauschusses wurde wenigstens Katschker namentlich erwähnt. Ein nahezu grotesker Vorgang, denn über einen auf der Gedenktafel angebrachten QR-Code kommt man auf das umfangreiche Gutachten von Klöckler, in dem alle Beteiligten namentlich genannt werden. Völlig unverständlich ist zudem, dass auf Veranlassung von Jürgen Klöckler Ende Juli die Tafel nahezu klammheimlich aufgestellt wurde – im Rahmen einer eiligst einberufenen Pressekonferenz und dem Hinweis, dass damit die Tafel „der Öffentlichkeit übergeben“ werde. Doch die Öffentlichkeit wusste gar nichts davon, ebenso wenig der Kulturausschuss. Angemessen wäre gewesen, die Tafel bei einer von städtischer Seite organisierten Gedenkfeier zu enthüllen und dazu die Bevölkerung einzuladen. Denn der damalige Vorfall zeigt ebenso wie aktuelle Angriffe, wozu Hass und Hetze gegenüber anderen Lebensentwürfen führen können. Die Erinnerung an Martin Katschker hat mehr Würde und Selbstreflexion verdient. Aber so bleibt eher der bittere Eindruck, dass man die ganze Angelegenheit schnell vom Tisch haben wollte.

Holger Reile (zuerst erschienen im Amtsblatt Nr. 17 / 2022).
Das Bild zeigt die (Interims-)Mahntafel, die die Linke Liste Konstanz nach der Gedenkveranstaltung für Martin Katschker Ende August 2020 anbrachte.

Keine Zustimmung für Schließung von Kliniken im Landkreis

Am 21. Juli hat der Stiftungsrat (= Gemeinderat) der sogenannten 2-Standort-Lösung zugestimmt, die nur noch zwei große Kliniken im Landkreis vorsieht. Die LLK hat dagegen gestimmt, denn wir haben deutliche Zweifel an dem zugrundeliegenden Gutachten von Lohfert & Lohfert, das vor allem betriebswirtschaftlich argumentiert.

Die Krankenhäuser in Radolfzell und Singen werden aufgrund der Beraterempfehlung künftig durch ein Großkrankenhaus ersetzt. Nun fürchten die MitarbeiterInnen gerade der Radolfzeller Klinik, dass ihre Teams auseinandergerissen werden und medizinische Aufgaben zwischen Konstanz und dem neuen Zentralkrankenhaus willkürlich aufgeteilt werden. Statt zunächst zu klären, welche Aufgaben künftig in Konstanz, welche im neuen Zentralkrankenhaus erbracht werden sollen, hat man sich vorschnell für die vermeintlich günstigere Lösung entschieden. Krankenhausschließungen verschlechtern die Gesundheitsversorgung vor Ort – laut einer deutschlandweiten Forsa-Umfrage von 2020 lehnen 88 Prozent der Befragten Krankenhausschließungen ab. Zudem ist der Bau eines Großkrankenhauses auch aus ökologischer Sicht fragwürdig: Denn ein Krankenhaus-Neubau dieses Kalibers führt zu einem enormen Verbrauch von knappen Umwelt-Ressourcen und verbraucht viel „graue Energie”.

Mindestens 500 Millionen Euro kommen auf uns für das Neubau-Projekt zu. Die doppelte finanzielle Belastung wird den Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz – d. h.  auch das Konstanzer Krankenhaus – ganz erheblich belasten. Und von den 600 Betten, die in Singen und Radolfzell bestehen, sind nur 450 neu geplant. Dies kann zu Lasten der Konstanzer Krankenversorgung gehen: Im Notfall werden KonstanzerInnen, die im hiesigen Klinikum keinen Platz mehr finden, ins neue Großkrankenhaus verlegt. Ist aber auch dieses unterdimensioniert, müssen PatientInnen verlegt werden, was beispielsweise in einer Corona-Pandemie Leben gefährden kann.

Anke Schwede (zuerst erschienen im Amtsblatt Nr. 15 / 2022).

Warum ein autofreier Sonntag keinen Sinn macht

Auf der Gemeinderatssitzung vom  30. Juni sprach unser Stadtrat Hoger Reile zu den Tagesordnungspunkten „Autofreier Sonntag in der Konstanzer Innenstadt“ und „Urban Audit – Koordinierte Bürgerbefragung in deutschen Städten: Lebensqualität in Konstanz 2021 im deutschen Städtevergleich“:

 

Kolleginnen und Kollegen,

Herr Thiel hat von uns den den Auftrag erhalten, zum Thema „Autofreier Sonntag“ ein dementsprechendes Konzept vorzulegen. Das hat er auch gemacht, wie wir lesen können, dafür besten Dank. Allerdings halten wir das vorgestellte Vorhaben in diesem Umfang so nicht für sinnvoll. Wie Sie alle wissen, haben wir mehrmals dafür plädiert, einen „autofreien Samstag“ zu planen, denn dieser hätte Strahlkraft über die Stadtgrenze hinaus, vor allem dann, wenn man beispielsweise das benachbarte Kreuzlingen mit in diesen Aktionstag einbindet. Ein „autofreier Sonntag“ hingegen ist nichts anderes als seeallemannische Symbolpolitik – gut gemeint, aber im Endeffekt wohl eher ein Rohrkrepierer.

Warum, so unsere Frage, sollten wir mit immensem Aufwand und dementsprechenden Kosten für einen „autofreien Sonntag“ die Laube absperren lassen – denn an Sonntagen ist der motorisierte Individual-Verkehr in der Regel kaum ein Problem. Das könnte ziemlich peinlich werden. Also Finger weg davon.

In dem Konzept erkennen wir aber einige Vorschläge, die wir auch unterstützen können. Unsere Anregung: Planen wir vorgeschlagene Veranstaltungen – die ja fast alle sinnvoll sind – erstmal für den Stephansplatz und den Augustinerplatz ein, eventuell können wir auch die Marktstätte dazu nehmen und mit Informationsständen zum Thema Klimawandel und Verkehrswende bestücken. Sehen wir dann, dass der Zuspruch erkennbar ist, steht es uns ja frei, das Ganze für ein zweites oder drittes Mal etwas größer zu denken.

TOP Urban Audit – Städtevergleich

Wir nehmen die Vorlage dankend zur Kenntnis, mehr aber auch nicht. Die Gründe für unsere unterkühlte Begeisterung sind vielfacher Art. Dass Konstanz schon lange zu den teuersten Städten der Republik gehört, wissen wir seit Jahren. Ebenso wissen wir, dass bezahlbarer Wohnraum schon längst zu einer Konstanzer Rarität geworden ist und sich das in Kürze auch nicht ändern wird, denn die WOBAK alleine kann das beim besten Willen nicht lösen. Der neue Stadtteil Hafner liegt noch in weiter Ferne, und in der Vergangenheit wurden Fehler gemacht, die man auch ganz klar benennen kann: Nämlich den Verkauf des ehemaligen Vincentius-Geländes an einen privaten Investor, der dort nun seinen sündhaft teuren und potthässlich- modernen Wohnknast hochzieht,überwiegend für auswärtige Anleger.

Der vorliegende Städtevergleich ist zudem nicht repräsentativ und deswegen auch nur sehr bedingt aussagekräftig. Unter dem Strich fühlen sich die meisten wohl, leben gerne hier und sind im Großen und Ganzen zufrieden. So liest sich der Bericht. Aber ich befürchte, das wird der letzte sein, der auf einer Wohlfühlblase daher kommt – denn uns drohen Zeiten, die sich keiner wünscht. Da dürfen wir uns und unseren Bürgerinnen und Bürgern nichts vormachen, sondern sie frühzeitig informieren und vorbereiten.

Denn die apokalyptischen Reiter Klimawandel, Corona und Krieg fordern ihren Tribut. Die Schere zwischen Arm und Reich geht auch bei uns immer weiter auseinander – viele fürchten sich zu Recht vor den ständig steigenden Lebensmittel- und Energiekosten, weil sie schon jetzt nicht mehr wissen, wie sie in Zukunft ihr Leben finanzieren sollen. Kommt es im Herbst zum Energienotstand, dann drohen auch uns Verhältnisse, an die sich nur noch die Älteren erinnern werden.

Gut möglich, dass öffentliche Einrichtungen geschlossen werden müssen und auch bei uns die Arbeitslosigkeit steigt. Diese Prognosen lesen Sie auch seit geraumer Zeit in eher konservativen Wirtschaftsblättern – und wir müssen sie ernst nehmen. Sie dürfen mir glauben, dass ich mich gerne täuschen würde, befürchte aber, dem ist nicht so. Die von Bundeskanzler Scholz ausgerufene Zeitenwende betrifft nicht nur die internationale Sicherheitslage – sondern auch das gesellschaftliche Zusammenleben in unseren Städten zwischen Kiel und Konstanz. Darauf müssen wir vorbereitet sein, denn die Parole der kommenden Jahre wird leider wohl heißen: Adieu, Wohlstand – oder aber auch: Der ausufernde Spätkapitalismus frisst seine noch ahnungslosen Kinder.

Ein Letztes noch: Auch bei uns werden die Finanzen knapp und der Kämmerer läuft mit geschärfter Axt durch die einzelnen Dezernate, um Einsparungen in einer Größenordnung von bis zu 10 Millionen Euro einzufordern. Das ist sein Job. Aber es kann und darf nicht sein, dass wir vor allem in den Bereichen Kultur, Bildung und Sport die Gelder streichen – die größten Geldverbrenner aber – Sie wissen, was ich meine (Bodenseeforum) – ungeschoren lassen. Dieses finanzielle Ungleichgewicht werden zumindest wir von der Linken Liste nicht akzeptieren.

Anwohnerparkgebühren im Gemeinderat

Am 2. Juni stand das umstrittene Thema „Anwohnerparken” auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Nach kontroverser Debatte wurde die im Raume stehende Erhöhung auf 240 Euro für einen Anwohnerparkausweis  durch einen Kompromiss verhindert. Zukünftig müssen 120 Euro plus Verwaltungsgebühren pro Jahr berappt werden. Hier der Redebeitrag unseres Stadtrates Holger Reile dazu:

Kolleginnen und Kollegen,

Hiermit stellen wir den Antrag, die Gebühr für diejenigen, die einen Sozial- und Pflegefamilienpass haben oder mobilitätseingeschränkt sind, nicht nur zu halbieren – sondern ganz fallen zu lassen. (Dieser Antrag wurde abgelehnt).

Noch einige Bemerkungen zur Sache an sich: Die geplante Erhöhung insgesamt bereitet unserer Fraktion Bauchschmerzen, denn sie trifft vor allem die finanziell und sozial Schwächeren in unserer Stadt. Viele müssen derzeit jeden Euro zweimal umdrehen. Stichworte dazu: Ständig steigende Lebensmittelkosten – eine Inflationsrate von aktuell rund 8 Prozent – enorm gestiegene Energiekosten, die dazu führen, dass für die Heizkosten eine hohe Nachzahlung ansteht, und ebenfalls eine deutliche Erhöhung bei den Vorauszahlungen – für nicht wenige also eine Mehrbelastung, die über die Schmerzgrenze hinausgeht. Auch die Mieten steigen ständig, und die Ankündigung der Vonovia, ihre Mieter erneut zur Ader zu lassen, kommt erschwerend hinzu, und ist im Grunde genommen nicht hinnehmbar. Aber das interessiert deren Entscheider nicht, sie führen ihren Beutezug weiter fort.

Kurz und schlecht: Die Schere zwischen Arm und Reich geht auch hier bei uns immer weiter auseinander, und das kann nicht in unserem Sinne sein. Wer nun sagt, die paar Euro mehr für eine Parkberechtigung seien nicht der Rede wert – argumentiert aus einer arroganten Wohlstandsblase heraus, in der die Nöte eines großen Teils unserer Bevölkerung anscheinend keine Berücksichtigung finden. Ein Letztes noch: Richtig ist, dass wir aufgrund der schlechten Haushaltslage schauen müssen, wo wir sparen können (da fielen mir einige Beispiele ein Stichwort Bodenseeforum) – aber doch nicht ausschließlich auf dem Rücken derer, die sich ein Leben in dieser hochpreisigen Stadt bald nicht mehr leisten können.

Wohnen nicht zusätzlich verteuern

Die Linke Liste Konstanz steht für eine Grundsteuererhöhung nach den Vorstellungen des Oberbürgermeisters nicht zur Verfügung. Eine Haushaltssanierung auf dem Rücken der Bewohner*innen der Stadt Konstanz ist ungerecht. Die Wohnpreise gehen schon seit Jahren durch die Decke – leider hat die Stadt in der Vergangenheit wiederholt Chancen zum Kauf großer Bauflächen ungenutzt gelassen und greift noch immer nicht ausreichend in den Markt ein, wenn (Groß-)Investoren mit Grund und Boden horrende Gewinne zulasten der Allgemeinheit erzielen.

Stattdessen hat die Stadtverwaltung z. B. dem Unternehmen I+R freie Hand dabei gelassen, hohe Gewinne auf dem Siemensareal einzufahren. Nicht zuletzt hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine eine Welle der Inflation verstärkt, wie sie die Bundesrepublik lange nicht mehr gesehen hat. In dieser Situation die Grundsteuer auf 190 Punkte, also um fast 50 %, zu erhöhen, heißt Öl ins Feuer gießen. Pro Monat erscheinen die Auswirkungen gering, doch addieren sich momentan so viele ‚kleine‘ Kostensteigerungen, dass die Grundsteuererhöhung die Zahlungskraft vieler Konstanzer*innen übersteigen könnte. Für Mieter*innen, auf die in der Regel diese Steuer umgelegt wird, kann das Obdachlosigkeit bedeuten – für die Linke Liste Konstanz unvertretbar.

Eine Erhöhung der Gewerbesteuer erscheint uns allerdings angesichts der deutlich verbesserten Konjunkturzahlen zumutbar. Die Konstanzer Unternehmer*innen sind besser als erwartet durch die Corona-Pandemie gekommen, wie die erheblichen Gewerbesteuernachzahlungen Ende 2021 zeigen. Diese verbesserten Steuereinnahmen wurden aber bei der Begründung der Grund- und Gewerbesteuererhöhungen nicht zugrunde gelegt. Last but not least: es besteht nach wie vor großes Einsparpotential beim Bodenseeforum, das die Stadt jährlich rund zwei Millionen Euro kostet.

Simon Pschorr (zuerst erschienen im Amtsblatt Nr. 11 / 2022).

Keine maßlose Erhöhung der Anwohnerparkgebühren!

In der Sitzung des Technischen und Umweltaus-schusses (TUA) am 19. Mai wurde über eine Erhöhung der Gebühren für Bewohnerparkausweise diskutiert. Geplant war eine Erhöhung von derzeit 30 Euro auf 240 Euro jährlich. Wir von der Linken Liste können das nicht mittragen. Hier der Antrag unseres Stadtrats Holger Reile im Wortlaut:

Werte Kolleginnen und Kollegen,

Ich beantrage, den Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung zu nehmen, erstmal zu vertagen, und zwar aus folgenden Gründen: Bis vor kurzem hätten wir der Erhöhung der Parkgebühren in mehrerer Hinsicht wohl zugestimmt. Aber die Zeiten haben sich seit bald drei Monaten geändert. Nach Putins Überfall auf die Ukraine haben auch unsere Bürgerinnen und Bürger mit deutlichen Kostensteigerungen zu rechnen. Die Lebensmittelpreise steigen ständig, die Inflation liegt bei rund 7 Prozent und vor allem die Kosten für Energie klettern in ungeahnte Höhen. Vielen auch in unserer noch reichen Stadt steht finanziell jetzt schon das Wasser bis zum Hals und sie fürchten zu Recht den Nachzahlungsbescheid für die Heizkosten, der ihnen bald ins Haus flattert und gleichzusetzen sein wird mit einer dreizehnten Monatsmiete. Zusätzlich wird ihnen dann noch erklärt, dass auch die monatlichen Vorauszahlungen für die Energiekosten im kommenden Jahr erhöht werden.

Kolleginnen und Kollegen: So geht das nicht, denn das alles trifft diejenigen, deren Finanzen sowieso längst auf Kante genäht sind – und auch denen gegenüber haben wir eine Verpflichtung. Eine Erhöhung der Parkgebühren um rund das Achtfache ist derzeit einfach nicht angemessen. Richtig ist, aufgrund der angespannten Haushaltslage müssen wir schauen, wo gespart werden kann und wie wir zu Mehrein-nahmen kommen. Stimmen Sie der Erhöhung der Parkgebühren zu, würde das zusätzliche 860 000 Euro in unsere Kassen spülen – aber zu einem Preis, den zumindest wir von der Linken Liste aus genannten Gründen nicht mittragen wollen. Ich mache Ihnen einen konkreten Gegenvorschlag zur Verbesserung der städtischen Finanzen: Trennen Sie sich endlich vom Eurograb Bodenseeforum, für das Sie mehrheitlich Jahr für Jahr bis zu 2,5 Millionen Euro – wohlgemerkt Steuergelder – in den Seerhein kippen.

Unser Antrag auf Vertagung wurde abgelehnt. Nach langer Debatte einigte man sich auf eine Erhöhung von 30 auf 120 Euro jährlich. Holger Reile stimmte schließlich zu, denn ansonsten hätte es eine Mehrheit für die Erhöhung auf 240 Euro gegeben. Das Thema beschäftigt am 24. Mai auch den Haupt- und Finanzausschuss (HFA). Die endgültige Entscheidung trifft dann der Gemeinderat am 2. Juni 2022.

Schwaketenbad: ein Schwimmvergnügen für alle?

Wir erinnern uns: im Juli 2015 brannte das alte Schwaketenbad fast komplett ab, die Presse berichtete landesweit. Mehrere Wieder-Eröffnungstermine konnten aus verschiedenen Gründen nicht gehalten werden, schließlich wurde das Familien- und Vereinsbad am 1. April 2022 in Betrieb genommen. Nach wie vor halten wir den Neubau als wichtigen Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge für die richtige Entscheidung. Auch die Erweiterung des Bades, mit einem zweiten 25-Meter- und einem Kursbecken, macht im Hinblick auf die gestiegenen EinwohnerInnenzahlen in Wollmatingen und die berechtigten Ansprüche der Sportvereine Sinn. Aber ist die Schwimmanlage „ein Bad für alle!“, wie die Stadt selber im Amtsblatt vom 6. April schreibt? Angesichts der neuen Tarife wohl eher nicht.

Schon 2016, als die ersten Projektschritte im Rat definiert wurden, wandte sich die Linke Liste gegen eine Preispolitik, die satte Erhöhungen und zeitliche Staffelungen vorsah. Heute wie damals sind wir der Meinung, dass nach der Umwandlung des „Jaköble“ in die Bodensee-Therme wenigstens das Schwaketenbad dem Anspruch eines „Bürgerbades“ gerecht werden sollte. Denn städtische Schwimmbäder sind eigentlich ein selbstverständliches Sport- und Freizeitangebot, das sich wirklich alle leisten können müssen. Nun kann ein Besuch im Schwaketenbad aber richtig teuer werden: 90 Minuten kosten für Erwachsene 5,50 € (ermäßigt 4,00 €). Die Tageskarte 9,50 € (erm. 7,00 €), die Tageskarte für eine Familie mit zwei Kindern 24,75 €. Zum Vergleich: im alten Bad kostete ein zeitlich unbegrenzter regulärer Einzel-Eintritt 4,70 €. Und wie sieht es für Sozialpass-InhaberInnen aus? Sie zahlen die Hälfte der regulären Tarife, also für drei Stunden beispielsweise 3,80 €.

Unser Fazit: Das Schwaketenbad wird angesichts dieser Zahlen dem Anspruch, „ein Bad für alle“ zu sein, bei weitem nicht gerecht.

Anke Schwede, Amtsblatt 09/2022

ver.di-Aktionstag am 8. März zur Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst

Die Linke Liste Konstanz unterstützt den ver.di-Aufruf, der für eine Aktion im Rahmen der Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst mobilisiert. Und zwar am

8. März 2022, 16:30 Uhr, am Rathaus Singen.

Nachdem in der ersten Verhandlungsrunde im Sozial- und Erziehungsdienst am 25. Februar in Potsdam in den zentralen Punkten und insbesondere beim Thema Entlastung kein Entgegenkommen der ArbeitgeberInnen erkennbar war, wird ver.di auch in Baden Württemberg am internationalen Frauentag am 8. März in zahlreichen Städten und Gemeinden zu Aktionen und auch ersten Warnstreiks aufrufen. An vielen Orten wird gemeinsam mit Frauen-Organisationen und feministischen Gruppen, aber auch mit anderen Unterstützer*innen demonstriert.

ver.di will an diesem Tag ein starkes Signal an die Arbeitgeber:innen sowie Politik und Gesellschaft richten, dass es in dieser Runde auch um die Aufwertung von immer noch typischen „Frauenberufen“ geht: rund 90 Prozent der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst sind weiblich. Wo Kitas ganz geschlossen sind, werden die Eltern über die Einrichtungen informiert.

Unterstützt die Kolleg:innen im Sozial- und Erziehungsdienst! Kommt zur Kundgebung und Soli-Aktion!
Dienstag, 08. März 22 | Rathaus Singen, 16:30 Uhr

Was kann sonst getan werden? Im Bekannten- und Freundeskreis und auf der Arbeitsstelle über die ver.di-Tarifbewegung sprechen. Informationen finden sich regelmäßig auf der Kampagnenseite www.mehr-braucht-mehr.de. Dort kann frau sich auch als Unterstützer:in für die Tarifkampagne eintragen.

Die Aktion findet im Rahmen des Internationalen Frauentages statt.  Als dieser Tag 1911 das erste Mal begangen wurde, forderte die internationale, sozialistische Frauenbewegung das Frauenwahlrecht, kürzere Arbeitszeiten und höhere Löhne. Mit dem Beginn des ersten Weltkriegs wurde der Frauentag zu einem Aktionstag gegen den Krieg. Clara Zetkin gilt nicht nur als Begründerin des Internationalen Frauentags, sie ist auch eine der prominentesten Kritiker:innen des ersten Weltkriegs gewesen. Sie stellte sich gegen die Bewilligung der Kriegskredite durch die SPD im Reichstag und organisierte 1915 in der Schweiz die Internationale Konferenz sozialistischer Frauen gegen den Krieg.

Erzieher:innen, pädagogische Fachkräfte und Sozial-Arbeiter:innen werden am 8. März für bessere Arbeitsbedingungen, höhere Entlohnung und mehr Fachkräfte streiken. Die LLK unterstützt die Beschäftigten in ihrem Arbeitskampf. Bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal in Kitas, der Behindertenhilfe und Einrichtungen der Sozialen Arbeit sind ein Gewinn für unsere gesamte Gesellschaft. Dieser Arbeitskampf ist auch ein Kampf um die öffentliche Daseinsvorsorge. Statt 100 Milliarden mehr für die Bundeswehr brauchen wir Investitionen in soziale Infrastruktur, Bildung und Gesundheit.

Die Waffen nieder! Das ist nicht nur der Ruf der Friedensbewegung, sondern auch der Frauenbewegung.

Bild: (c) Kay Herschelmann

Endlich eine Jugendvertretung für Konstanz

Für die Wahl der ersten Konstanzer Jugendvertretung am 24. März 2022 sind 37 Bewerbungen vollständig und fristgerecht eingegangen. Damit liegen nun mehr als doppelt so viele Bewerbungen wie Plätze vor. Schön, dass sich so viele Jugendliche angesprochen fühlen und die Geschicke der Stadt mitlenken wollen. Dies war überfällig: Radolfzell hat schon seit 1993 einen Jugendgemeinderat. Frischer Wind kann nicht schaden – in den zuweilen verkrustet anmutenden kommunalpolitischen Gremien der Stadt Konstanz erst recht nicht. Uns ist wichtig, dass die Stimmen der Jugend wirklich gehört werden und die neuen KommunalpolitikerInnen die sie betreffenden Entscheidungen auch maßgeblich beeinflussen. Laut der städtischen Website „Jugendvertretung“ sollen die zwölf Gewählten im Alter von 14 bis 19 Jahren „mitüberlegen, mitdenken, mitsprechen, mitmachen“. Hier fehlt unserer Meinung nach das Verb „mitentscheiden“.

Die rechtliche Grundlage für die Beteiligung Jugendlicher bildet der 2015 novellierte § 41a der Gemeindeordnung Baden-Württemberg: „Die Gemeinde soll Kinder und muss Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen. Dafür […] kann die Gemeinde einen Jugendgemeinderat oder eine andere Jugendvertretung einrichten“. Auch die Teilnahme bei Gemeinderatssitzungen muss den JugendvertreterInnen gewährt werden, sofern es sich um „ihre“ Angelegenheiten handelt. Sie haben mindestens ein Rede-, Anhörungs- und Antragsrecht. Außerdem erhält das Jugendgremium angemessene finanzielle Mittel, um eigenverantwortlich die Stadt zu gestalten.

Die LLK freut sich jedenfalls auf die baldige Zusammenarbeit mit den neuen Kolleginnen und Kollegen in möglichst vielen Sitzungen!

Amtsblatt 03/2022