Der AStA der Universität hat der Frauenrechtsgruppe “Terre de Femmes” die Unterstützung entzogen und sie aus einer Infobroschüre gestrichen. Begründet wurde dies ausgerechnet mit einem Beschluss des Studierendenparlaments, der sich u. a. gegen Geschlechterdiskriminierung richtet. Dass ein katholischer Männerbund in derselben Broschüre für sich wirbt, scheint die StudierendenvertreterInnen hingegen nicht gestört zu haben. Mehrere Hochschulgruppen, darunter die grüne offene linke Liste, haben den Vorgang zum Anlass genommen, um gegen einen Rückzug des AStA in die “Trutzburg des Unpolitischen” zu protestieren. Damit kapituliere er vor reaktionären Strömungen. Die Stellungnahme im Wortlaut.
Am 10.12.15 beschloss das Studierendenparlament der Universität Konstanz, dass Hochschulgruppen die Organisationen oder Vereinen nahestehen, welche der Präambel der Verfassten Studierendenschaft widersprechen, also nach Geschlecht*, Hautfarbe oder anderen biologischen Kriterien diskriminieren, der Zugang zu Strukturen der Studierendenvertretung verwehrt werden soll. Dies sollte insbesondere das Wirken und Werben von Männerbünden in der Universität Konstanz zumindest erschweren.
Zu Beginn des Sommersemesters 2016 entschied der AStA auf Grundlage dieses Antrages, der Hochschulgruppe „Terre des Femmes“ die Unterstützung zu entziehen. Das hieß primär, dass „Terre des Femmes“ aus der Erstsemester-Infobroschüre herausgestrichen wurde. Bei dem katholischen Männerbund K.d.S.t.v. wurde dies aber „vergessen“. All dies geschah, ohne dass die Hochschulgruppe darüber informiert worden wäre. Auch im AStA selbst schien es (nach Sichtung der Protokolle) niemals Thema auf einer Sitzung gewesen zu sein, vielmehr wurde in guter technokratischer Manier der Beschluss des StuPa vom 10.12.15 unreflektiert umgesetzt, sodass sich der Beschluss nun in seiner Wirkung gegen seinen originären Sinn stellte.
Tatsächlich ist es aber so, dass es keine biologischen Ausschlusskritierien bei „Terre des Femmes e.V.“ gibt. Männer* können ebenso Fördermitglieder sein und in den Städtegruppen Mitglied werden. Eine Mitgliedschaft bleibt ihnen aber verwehrt, mit dem Verweis darauf, Schutzräume in einer patriarchalen Gesellschaft zu schaffen. Dies ist nicht zu vergleichen mit der Form der Diskriminierung, die durch Männerbünde betrieben wird. Selbstorganisation von diskriminierten Gruppen gegen sie unterdrückende gesellschaftliche Prinzipien wie Sexismus, Rassismus usf. ist unbedingt zu unterstützen und fördern. In diesem Sinne sendet der AStA-Konstanz das falsche politische Signal.
Das Studierendenparlament wird in Kürze über eine Änderung des Antrages diskutieren: Nichtsdestotrotz bleibt der fade Beigeschmack, dass Amtsträger*innen des AStA-Konstanz ohne Rücksprache oder Nachfrage emanzipatorischen Hochschulgruppen Steine in den Weg legt, während Männerbünde protegiert werden. Auch vom Gleichstellungsrat der Universität Konstanz kam bisher keine Reaktion in Richtung AStA – vielmehr empfahl er „Terre des Femmes e.V.“ eine Satzungsänderung – eine Dreistigkeit, die er sich bei ansässigen Männerbünden sicherlich nicht getraut hätte.
Wir fordern den AStA der Universität Konstanz auf, sich mit ihrem gepflegten Diskriminierungs-Begriff auseinander zusetzen. Eine anti-diskriminierend arbeitende Hochschulgruppe in dieser Art zu gängeln, kann und darf nicht sein. Die entsprechenden Gremien müssen die Vorgänge rekonstruieren und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Weiterhin sprechen wir die Empfehlung aus, Kommunikationsstrukturen zu etablieren. Es kann nicht sein, dass die Hochschulgruppe „Terre des Femmes“ von ihrem Ausschluss en passant erfährt.
Letztlich bleibt zu konstatieren, dass der Allgemeine Studierendenausschuss sich immer mehr als Service-AStA versteht und vor politischen Entscheidungen zurückschreckt. Vor diesem Hintergrund zeigt sich einmal mehr, dass der Rückzug in die „Trutzburg des Unpolitischen“ eine Illusion ist. Denn auch das unbesorgte „Abarbeiten“ von Beschlüssen sendet politische Signale an die Studierendenschaft der Universität Konstanz und darüber hinaus. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Kapitulation gegenüber reaktionären Strömungen, die sich gerne im Schafspelz des „unpolitischen“ verkleiden. Lassen wir uns das nicht länger gefallen: Es ist unser aller Studierendenvertretung und nicht die einer Hand voll Technokrat*innen.
Wir müssen gemeinsam entscheiden, wie sie in Zukunft das Leben der Studierenden an der Universität Konstanz mitprägen und gestalten soll.
Jana Ammann und Michael Schiefelbein
Unterzeichnende Gruppen:
Terre des Femmes
Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit
Grüne Offene Linke Liste (GOLL)
Die Linke. Sozialistisch-demokratischer Studierendenverband (sds)
Grüne Hochschulgruppe
Gleichstellungsreferat des AStA
IG Gender Studies
Input