Musikern des Roma Balkan Express droht Abschiebung

Autor | 19. Juli 2015

roma-balkan-expressRund um den Bodensee kennen sie inzwischen viele, auch in Freiburg und sogar in Magdeburg standen sie schon auf der Bühne: Die acht Musiker der Flüchtlingsband Roma Balkan Express haben mit ihren Auftritten bei Flüchtlingsfesten, Festivals und Konzertveranstaltungen Tausende in ihren Bann gezogen. Jetzt droht den Mitgliedern des Bläser-Ensembles, wie vielen Roma, die Abschiebung im Schnellverfahren. Grund ist die verschärfte asylpolitische Gangart des Bundesinnenministeriums und der Innenministerkonferenz. Flüchtlingsaktivist_innen haben eine Petition dagegen initiiert.

Die Musiker gehören der Ethnie der Roma an, die in ihrem Heimatland Serbien systematisch drangsaliert und diskriminiert wird. In vielen Staaten Europas, besonders aber auf dem Westbalkan, leben Roma nicht nur buchstäblich am Rand der Gesellschaft sondern auch in ständiger Angst vor gewalttätigen Übergriffen. Viele sehen in dieser verzweifelten Situation die Flucht in vermeintlich sicherere Länder der EU als den einzigen Ausweg, so auch die Musiker des Roma Balkan Express. Sie waren unabhängig voneinander geflohen und landeten auf ihren Irrwegen schließlich in Flüchtlingsunterkünften in Radolfzell, Rielasingen, Bodman, Stockach und Tuttlingen.

Der Freundeskreis Asyl Radolfzell, der viele Geflüchtete in der Region unterstützt, war auf die Musiker aufmerksam geworden und hatte sie im Februar zusammengebracht. Innerhalb weniger Wochen formierten sie sich zu einer eingespielten Truppe, die seither eine wachsende Zahl von Konzertbesucher_innen in Begeisterung versetzt. Das ist selbst Behörden und Rathäusern nicht verborgen geblieben. So musizierten sie beispielsweise beim Radolfzeller See-Ufer und die Stadt Singen hat die Flüchtlingskombo bis Oktober gleich für drei Gigs gebucht.

Sonderlager geplant

Doch nicht nur diese Auftritte könnten nun platzen. Denn Mitte Juni hat die Innenministerkonferenz der Länder einen Vorstoß des Bundesinnenministers Thomas de Maizières gebilligt, der für Geflüchtete aus den Westbalkanländern, vor allem Sinti und Roma, eine Spezialbehandlung vorsieht. Sie sollen künftig in zwei bis drei Sonderlager mit 3.000 bis 5.000 Plätzen verbracht werden. Beamte der Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sollen dort dann innerhalb weniger Tage über Asylanträge beschließen, Widerspruchsverfahren abwickeln und die Betroffenen umgehend abschieben lassen.

Die Absicht von Bund und Ländern ist klar und wird von Politikern, auch der baden-württembergischen grün-roten Koalition, offen ausgesprochen. Nachdem man Länder wie Serbien wider besseren Wissens kurzerhand zu „sicheren Herkunftsländern“ deklariert hat, soll nun die Bürokratie auf Trab gebracht werden, um die Geflohenen so schnell wie möglich loszuwerden. Dass zahlreiche Flüchtlingsorganisationen Sturm gegen dieses Vorgehen laufen und beispielsweise Amnesty International scharf kritisiert, dass die Gewalttäter „von der passiven Haltung der Regierungen“ ermutigt werden, „die eine systematische Diskriminierung von Roma stillschweigend hinnehmen“, kümmert die verantwortlichen Politiker wenig. Sie wollen den steigenden Flüchtlingszahlen damit begegnen, dass man einer Opfergruppe die Berechtigung abspricht, um Hilfe vor Verfolgung und Diskriminierung zu bitten.

Online-Petition für Bleiberecht

Gegen diese neuerliche Verschärfung der bundesdeutschen Flüchtlingspolitik, von der nun auch die Musiker des Roma Balkan Express bedroht sind, rührt sich in der Region erster Widerstand. Der Freundeskreis Asyl Radolfzell hat eine auch von weiteren flüchtlingspolitischen Gruppen unterstützte Online-Petition lanciert, die ein Bleiberecht für die acht Musiker fordert. „In Serbien haben die Band-Mitglieder die institutionelle und alltägliche Diskriminierung gegenüber der Volksgruppe der Roma erfahren. Bei uns haben sie davor Schutz gesucht“, heißt es darin und weiter: „Mit ihrer Musik haben sie die Gelegenheit ergriffen, für die Sache der Flüchtlinge und für eine wahrhaft offene und vorurteilsfreie Gesellschaft zu werben. Jetzt hätten die Behörden eine großartige Gelegenheit, Großmut und Dankbarkeit für den Beitrag der Band zu zeigen“.

jüg

Die Linke Liste ruft zur Unterstützung der Petition auf:
Bleiberecht für alle Musiker des Roma Balkan Express!

Roma Balkan Express

Foto: Nico

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