Rede zum Haushalt 2025/26, gehalten von Stadtrat Wolfgang Moßmann

Autor | 21. März 2025
Wolfgang Moßmann

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Verwaltung, wertes Publikum,

wir sind im März und beraten den Haushalt noch immer. Nichts dagegen, gerade beim Haushalt sehr sorgfältig vorzugehen und genügend Raum für Diskussion und Meinungsbildung zu geben.

Was hier jedoch stattfand war ein Haushaltsprocedere, das von Anfang an große Fragen aufwarf und nicht den eigenen Vorgaben bzw. sonstigem Vorgehen entsprach. Und so verliefen dann auch die Diskussionen in den Ausschüssen und hier im Rat: Anstatt einen Haushalt zu erstellen, der sich realistisch am Bedarf der Einwohnerinnen und Einwohner orientiert, wurde der Gemeinderat aufgefordert, Vorschläge für Einsparungen einzubringen. Und dieser Aufforderung entsprachen die verschiedenen Fraktionen mit ganz unterschiedlichen Anträgen.

Die einschneidentsten Anträge wurden nun auch in den Haushalt überführt und standen bzw. stehen nun zur Abstimmung. Die globale Minderausgabe bzw. pauschale Einsparung von 1 % ist in unseren Augen keine gute Lösung und wird in Teilbereichen auch so nicht einfach umzusetzen sein. Und die drastisch reduzierten Stellenvermehrungen werden sich noch negativ auf die Entwicklung dieser Stadt auswirken. Die globale Minderausgabe „Personal“ von 0,8 Prozent halten wir ebenfalls für die falsche Entscheidung. Schon jetzt schiebt die Verwaltung eine sogenannte Bugwelle vor sich her, auf die ich später noch zu sprechen komme.

Kein Bestandteil der Bugwelle ist das Projekt „Heinrich Suso Gymnasium – Erweiterung und Neubau 3-Feld-Sporthalle“. Am Bedarf orientiert, sollte das Bauvorhaben schon länger umgesetzt sein. Stattdessen müssen sich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer in einem schon Jahre andauernden Provisorium abmühen. Dasselbe gilt im Übrigen auch für die Grundschule Wollmatingen, deren grundlegende Sanierung längst überfällig ist und die zumindest teilweise endlich gestartet wird.

Dazu lässt sich grundsätzlich sagen: Alle Kinder und Jugendlichen an sämtlichen Konstanzer Schulen, Kindertagesstätten und anderen Einrichtungen brauchen gute Lernbedingungen für eine freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Dazu gehören freundlich eingerichtete Räumlichkeiten, in denen das Lernen Spaß macht, ausreichend Lehrpersonal, aber auch scheinbare Nebensächlichkeiten wie ein bezahlbares – oder nach unserem Vorschlag: kostenloses – Essen sowie die Förderung des Schwimmunterrichts. Hier wurde in den letzten Jahren einfach zu wenig investiert. Etwa an der Geschwister-Scholl-Schule hätte viele Jahre oder gar ein Jahrzehnt früher mit den Bauarbeiten begonnen werden müssen, sie wurde buchstäblich kaputtgespart. Nicht zuletzt, weil das nötige Personal in den Bauämtern fehlt.

Neben der von uns kritisierten Einführung der globalen Minderausgaben wurden zahlreiche Zuschüsse für soziale und kulturelle Projekte abgelehnt. Dazu gehört auch das Projekt Xenia. 17.500,- Euro wurden hier nicht genehmigt. Das ist so viel Zuschuss, wie das Bodenseeforum in drei Tagen verbraucht. Wie schief hier die Lage ist, bestätigt auch der Brief von Save me Konstanz:

Ich zitiere: „Deshalb beunruhigt es uns sehr, dass in den Haushaltsberatungen des Gemeinderats Kürzungen der vorgesehenen Zuschüsse für das Projekt Xenia diskutiert werden. Die Stadt profitiert finanziell von dem Projekt, wenn man die Opportunitätskosten berücksichtigt: einer städtischen Ausgabe von 56.000 € jährlich stehen Einsparungen von 378.000 € gegenüber. Für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder anderen Sozialleistungen für 70 unbeschäftigte Frauen. Kleine Budgetkürzungen für soziale Projekte können längerfristig erheblich höhere Ausgaben nach sich ziehen”.

Auch ein Projekt des Mahagoni-Kollektivs über 7500,– Euro wurde abgelehnt – das ist etwas mehr als ein Tageszuschuss für das Bodenseeforum.

Wir fordern deshalb:

Die Verwaltung muss umgehend ein klares Ausstiegsszenario vorlegen, zumindest aber die jährlichen Zuschüsse um 20 Prozent deckeln, das wären rund 500.000 Euro.

Und wie der Rat in Anbetracht der Bugwelle weiter Personal einsparen will, verwundert uns doch sehr. Fehlt es hier an Sensibilität oder ist es großen Teilen des Rates einfach egal, unter welchen Bedingungen die Aufgaben verrichtet werden? Schon jetzt sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Überstunden belastet. Und auch gerade angesichts des vielfach beschworenen Fachkräftemangels machen die Personal-Einsparungen keinen Sinn. Denn wer will schon in einem unterbesetzten Amt arbeiten? In Anbetracht der bevorstehenden Aufgaben und der Erfahrungen mit der Bugwelle erscheint es uns dagegen eher sinnvoll, mehr Personal für die vielen Investitionsaufgaben bereitzustellen.

Wir beantragen daher für eine der nächsten Sitzungen: Die Stadtverwaltung möge eine Übersicht der sich verzögernden Projekte erstellen, unter dem Gesichtspunkt, ob diese Verzögerungen durch den Einsatz von mehr Personal vermeidbar gewesen wären.

Ein weiterer Punkt: Ob wir als Stadt etwas von dem 500-Milliarden-Bundes-Sondervermögen abbekommen, bezweifeln wir stark. Vielmehr ist mit weiteren Kürzungen im Sozialbereich auf Kosten der Ärmsten zu rechnen. Schauen wir uns mal die Situation in der Bildung, im Gesundheitswesen, im ÖPNV und beim Wohnen an: Müssten wir da nicht schon viel weiter mit unseren Vorhaben sein, um den gesellschaftlichen Zusammenhang nicht weiter zu gefährden?

Mitarbeiter:innen der Stadt müssen z. B. aufs Land ziehen, weil sie sich eine Wohnung in Konstanz nicht mehr leisten können. Schon immer sind wir grundsätzlich der Meinung, dass den Kommunen vom Bund und Land mehr Geld zur Verfügung gestellt werden muss, um die wachsenden Aufgaben im sozialen und Umwelt-Bereich nicht nur notdürftig, sondern nachhaltig umsetzen zu können.

Breite Unterstützung braucht auch die Konstanzer Kultur. Nicht nur die Hochkultur wie Theater und Philharmonie, sondern auch freie Initiativen vom K9 und Kula über das Zebra bis hin zum Jazzclub benötigen einen verlässlichen Zuschuss. Eine wichtige Rolle, nicht nur für jüngere Menschen, spielen auch die zahlreichen Konstanzer Vereine, die wesentliche Verbindungen zwischen Menschen verschiedenster sozialer Schichten, Nationalitäten und Altersgruppen ermöglichen. Für sie müssen wir unserer Meinung nach ein offeneres Ohr als bisher haben.

Dass die Klimawende in Konstanz nicht so schnell vorankommt, wie es zur Rettung der Erde nötig wäre, ist nicht nur, aber auch einer zu zögerlichen Verkehrspolitik zu verdanken. Während andere Kommunen wie Kreuzlingen oder Radolfzell mit einer deutlichen Senkung von Tarifen im ÖPNV gute Erfahrungen gemacht haben, verfährt Konstanz weiter nach dem Motto „Was nix koscht, ist auch nix wert“ und verhindert so einen zumindest teilweisen Umstieg vom Auto auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel. In diesem Sinn sollte die Stadt nicht versuchen, an den sogenannten Hochlasttagen den Verkehr besser zu lenken, sondern ihn gleich ganz aus der Innenstadt heraushalten.

Ich habe hier viele Wünsche geäußert, und sie werden fragen, woher das Geld dafür kommen soll. Einerseits denken wir, dass die kommunale Haushaltslage zwar schwierig, aber deutlich besser ist, als von der Verwaltungsspitze prophezeit wurde: Der Ergebnishaushalt schließt signifikant besser ab, was an Grundstücksverkäufen und der Erhöhung verschiedener kommunaler Steuern sowie mehr Einkünften liegt.

Von der sogenannten Bugwelle bleibt bei realistischer Berechnung ebenfalls einiges im Stadtsäckel hängen. Und dann, lassen Sie mich das bitte nochmal in Erinnerung rufen, gibt es ja auch noch das Bodenseeforum, das bisher ungerupft blieb. Immer wieder müssen Millionenzuschüsse in ein Haus gesteckt werden, das v. a. ein Prestigeprojekt ist und das die Mehrheit der Konstanzer:innen nicht braucht. Frau Bader und ihr engagiertes Team hätten eine sinnvollere Aufgabe in der Stadtverwaltung verdient, und die Millionen – waren es 20, 30, 40 oder 50 insgesamt, ich bin mit dem Zählen nicht mehr nachgekommen – die bisher im Bodenseeforum versenkt wurden, könnten in den von uns genannten Bereichen Soziales, Bildung, Kultur und Klimaschutz wesentlich sinnvoller und zum Nutzen wirklich aller Konstanzer:innen angelegt werden.

Ich komme zum Schluss: Nicht zuletzt das Festhalten am verlustträchtigen Bodenseeforum und die bedauerlichen sowie kontraproduktiven Einsparungen beim Personal haben uns dazu bewogen, diesem Haushalt nicht zuzustimmen.

Konstanz, 20. März 2025; Bild: © Patrick Pfeiffer

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