Author Archives: Anke Schwede

LLK beantragt Bürgerentscheid zum Teilverkauf der Stadtwerke Konstanz

Noch vor der Sommerpause, am 20. Juli 2023, soll der Anteilsverkauf von 25,1 % der Stadtwerke Konstanz an die Thüga beschlossen werden. Die Linke Liste Konstanz (LLK) hat sich seit Bekanntwerden der Pläne, den zu 100 % städtischen Kommunalversorger teilzuprivatisieren, gegen einen Verkauf stark gemacht.

Nun hat zwar ein „Expert*innenrat“ zu dieser Frage getagt, jedoch nichtöffentlich – echte Bürgerbeteiligung sieht anders aus. Deshalb fordert die LLK auf der letzten Gemeinderatssitzung vor den Ratsferien in einem Antrag, „die Entscheidung über eine strategische Partnerschaft zwischen der ThüGa (ThüGa Holding GmbH & Co KG) und der Stadtwerke Konstanz GmbH der Bürgerschaft zu übertragen (Bürgerentscheid)“.

Bei einer solch schwerwiegenden Entscheidung, die unter anderem die Konstanzer Energie- und Wasserversorgung betrifft, müssen die Konstanzerinnen und Konstanzer beteiligt werden. In dem Antrag heißt es: „Die Stimme der Konstanzer Bevölkerung muss gehört werden – und zwar nicht als eine den Gemeinderat nicht bindende Mitbestimmungsmaßnahme, sondern als Entscheidung über die grundlegende Frage eines Verkaufs von Gesellschaftsanteilen“

Paragraph 21, Absatz 1 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg lässt einen solchen Bürgerentscheid zu. Es handelt sich nach Ansicht der Ratsfraktion in dieser wichtigen Frage der Daseinsvorsorge um das richtige Instrument: „Grundsatzfragen sollen demokratisch in besonderem Maße legitimiert gefällt werden – die unmittelbare Abstimmung der Bürger*innen genießt die höchsten Weihen demokratischer Legitimation“.

Simon Pschorr, Holger Reile, Anke Schwede
Linke Liste Konstanz (LLK)

Bild: (c) Pit Wuhrer

Veranstaltung: Wie geht progressive Kommunalpolitik?

Es war eine faustdicke Überraschung: Bei der Landtagswahl Ende April fuhr die KPÖ im österreichischen Bundesland Salzburg ein Ergebnis ein, das niemand für möglich gehalten hätte. Was lässt sich hierzulande daraus lernen? Dazu hat der Verein seemoz e.v., die LLK  und Die Linke Konstanz u. a. Ernest Kaltenegger, den Erfinder der Grazer KPÖ-Strategie, für den 17. Mai in den Treffpunkt Petershausen eingeladen.

„Wir werden an Stimmen gewinnen. Aber reicht das auch, um über die Fünfprozenthürde zu kommen? Rainer Hackauf, einer der Pressesprecher der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), blieb bis zuletzt skeptisch. Die Meinungsumfragen hatten zwar einen Trend nach oben prognostiziert, aber darauf verlassen wollte sich der bodenständige Wiener lieber nicht: „Mit etwas Glück schaffen wir die Fünfprozenthürde“, sagte er.

Was am Abend der Salzburger Wahl dann herauskam, übertraf nicht nur seine Erwartungen, sondern auch die aller seiner Genoss:innen: Die KPÖ von Salzburg, die bei der Landtagswahl 2018 noch auf 0,4 Prozent der Stimmen gekommen war, landete bei 11,7 Prozent – und in der Landeshauptstadt selber bei über 21 Prozent. Nur die Volkspartei ÖVP gewann in Salzburg-Stadt ein paar Prozentpunkte mehr. Damit wiederholte sich im erzkonservativen Salzburg, was anderthalb Jahre zuvor – ebenfalls zur Überraschung aller – bei der Kommunalwahl in Graz geschehen war: Im September 2021 gewannen dort die Kommunist:innen mit fast 29 Prozent der Stimmen die Gemeinderatswahl und verfügen seither in der zweitgrößten Stadt Österreichs nicht nur über die stärkste Fraktion im Gemeindeparlament, sondern stellen mit Elke Kahr auch die Bürgermeisterin.

Zu Beginn das Thema Wohnen

Wohnen, wohnen, wohnen – das sei das Wahlkampfthema des Salzburger KPÖ-Spitzenkandidaten Kay-Michael Dankl gewesen, urteilte nach dem Erfolg die internationale Presse wie Die Zeit. Und in der Tat: „Wenn man für eine 70-Quadratmeter-Wohnung 1300 oder 1400 Euro zahlen muss, bleibt nichts fürs Leben übrig“, argumentierte Dankl bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Und versprach, sich künftig darum zu kümmern. Damit traf der 36-jährige ehemalige Vorsitzende der Jugendorganisation der Grünen – die 2017 aus der grünen Partei geworfen wurden – offenbar einen Nerv. Dass viele ihm sein Engagement abnahmen, hat freilich auch mit der beharrlichen Arbeit der KPÖ in der steirischen Landeshauptstadt Graz zu tun. Dort widersetzt sich die österreichweit eher unbedeutende Partei seit Jahrzehnten allen Privatisierungen (auch im Wohnungsbereich), organisierte schon früh einen Mieter:innen-Notruf, kämpfte erfolgreich für eine kommunale Mietbelastungsobergrenze und entwickelte das Konzept einer linken Wohnungspolitik. Angesichts der überall vorherrschenden Wohnungsnot „kann einerseits das Versagen des kapitalistischen Systems sehr deutlich vor Augen geführt werden“, schrieb Ernest Kaltenegger in einem seemoz-Beitrag nach dem Grazer Wahlerfolg 2021, „andererseits kann Betroffenen oft wirksam geholfen werden“.

„K wie Kahr und Kaltenegger“

Der 73-jährige Kaltenegger gehört zum Urgestein der steirischen KPÖ: Er saß ab 1981 lange Zeit als einziges Parteimitglied im Grazer Gemeinderat, wurde 1998, als die Zahl der KPÖ-Abgeordneten auf vier angewachsen war, in die proportional zusammengesetzte Verwaltungsspitze, den Stadtrat, gewählt – und war dort für das von den anderen Parteien verschmähte Wohnbauressort zuständig. Bei der steirischen Landtagswahl 2005 verhalf er als Spitzenkandidat der Partei erstmals seit 1970 wieder zum Einzug in den Landtag. 2009 schließlich, nach knapp drei Jahrzehnten in der parlamentarischen Politik, zog er sich in die zweite Reihe zurück – und überließ Elke Kahr das Feld, die von ihm 2005 das Referat für Wohnungsangelegenheiten übernommen hatte. Das K im Parteinamen, schrieb einmal die österreichische Tageszeitung Standard, stehe „vor allem für K wie Kahr und K wie Kaltenegger“. Es war jedoch nicht nur die Wohnungsnot und die linke Antwort darauf, die zum beeindruckenden Aufstieg der Grazer KPÖ beitrugen (2008 holte sie 11 Prozent, 2017 waren es 20 Prozent, 2021 schließlich 28,8 Prozent). Eine große Rolle spielten auch ihre Offenheit und Bündnisbereitschaft, ihre vielen Vorstöße und Initiativen – etwa im Gesundheitswesen (für das der junge KPÖ-Stadtrat Robert Krotzer zuständig ist), beim kommunalen Klimaschutz, bei der Unterstützung von Minderheiten und Migrant:innen, beim Widerstand gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur, in der kollektiven Erinnerung an den Faschismus. Sowie ihr Pragmatismus und ihre Prinzipientreue.

Offene Türen, offene Konten

So spenden die sogenannten Mandatar:innen, die Rät:innen und die Bürgermeisterin, einen Großteil ihrer Bezüge für einen Nothilfefonds. Wie einst die Abgeordneten der Pariser Commune 1871, dem ersten sozialistischen Großprojekt, verzichten sie auf alles, was den Durchschnittslohn übersteigt. Allein 2021 kamen auf diese Weise 200.000 Euro für Hilfsbedürftige zusammen. Zur Transparenz gehört auch der „Tag der offenen Konten“, an dem jeweils zum Jahreswechsel dargelegt wird, wie viel die kommunistischen Mandatsträger:innen abgegeben haben. Zudem sind die Grazer Antikapitalist:innen stets erreichbar: Alle haben die Telefonnummern von Kahr und Kolleg:innen, und alle wissen, dass sie jeweils dienstags und donnerstags die Bürgermeisterin besuchen können – und zwar von morgens bis spätnachmittags. Aber lässt sich das Grazer Beispiel einfach kopieren? Das glaube er zwar nicht, sagt beispielsweise der österreichische Politologe Manès Weisskircher, den die linke Schweizer Wochenzeitung WOZ befragte. Der Grazer Ansatz setze eine langfristige Arbeit voraus. Aber: „Man kann viel lernen.“

Viel lernen kann man auch am Mittwoch, den 17. Mai, ab 19 Uhr im Treffpunkt Petershausen, Konstanz, Georg-Elser-Platz 1.

An diesm Abend berichtet Ernest Kaltenegger über seine Erfahrungen bei der Entwicklung des von ihm maßgeblich geprägten Konzepts einer bürgernahen, offenen, sozialen Kommmunalpolitik von unten. Der Eintritt ist frei.

Text von seemoz übernommen.

KOD keine Lösung für Konstanz

In einer Medienmitteilung bezieht die LLK Stellung zum „Kommunalen Ordnungsdienst (KOD)“ der Stadt Konstanz: Am 20. April 2023, nahezu sechs Jahre nach Einführung des KOD, hat der Konstanzer Gemeinderat erstmals über die Aufgaben der kommunalen Vollzugsbeamten und -beamtinnen entschieden, die in Konstanz vor allem durch ihre abendlichen Einsätze am Ufer des Seerheins sowie im Herosépark bekannt sind. Bisher arbeitete der KOD in Konstanz nämlich ohne Rechtsgrundlage, wie auch ein Gerichtsurteil bestätigte: Nicht der dafür zuständige Gemeinderat, sondern der dafür nicht zuständige Oberbürgermeister und die Verwaltung haben damals die Aufgaben des KOD festgelegt.

Die Linke Liste Konstanz (LLK) hat von Anfang an immer wieder auf diesen gravierenden Missstand hingewiesen, ohne damit bei der Verwaltung Gehör zu finden. Dass die Rechtsgrundlage für den KOD jetzt endlich nach so vielen Jahren durch einen Beschluss des Gemeinderates geschaffen wurde, ist vor allem den Bemühungen der LLK zu verdanken. Sie lehnt den KOD aber auch weiterhin ab, weil er zwar der Polizei vergleichbar Aufgaben übernimmt, aber keine gleichwertige Ausbildung erhält. Nach Meinung der LLK sollen derartige Aufgaben nicht von der Stadt, sondern von der besser ausgebildeten und ausgestatteten Landespolizei übernommen werden.

Zum Hintergrund

Im Juli 2017 beriet der Gemeinderat über die Einrichtung eines Kommunalen Ordnungsdienstes. Dabei handelt es sich um Vollzugsbeamte, die nicht vom Land, sondern von der Kommune beschäftigt werden. Rechtsgrundlage ist § 125 des Polizeigesetzes (PolG), der es den Gemeinden freistellt, auf solche Beamte und Beamtinnen zurückzugreifen. Der Gemeinderat entschied sich damals, die erheblichen Kosten für den Kommunalen Ordnungsdienst zu tragen, ohne allerdings darüber zu befinden, welche Pflichten dieser wahrzunehmen hat. § 31 der Durchführungsverordnung zum Polizeigesetz (DVOPolG) regelt die Aufgaben, die eine Kommune ihrem KOD übertragen kann – von der Straßenverkehrsordnungswidrigkeit über die Tierseuchenbekämpfung bis zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit. Aus diesem Aufgabenkatalog muss die Gemeinde auswählen, und dafür ist der Gemeinderat zuständig, wie aus den entsprechenden Bestimmungen des Polizeirechts hervorgeht. Der Oberbürgermeister allein ist für die Einrichtung und Aufgabenzuweisung an Kommunale Ordnungsbedienstete nicht zuständig, das ist allein Aufgabe des demokratisch legitimierten Gemeinderates.

Die Stadtverwaltung der Stadt Konstanz war damals anderer Ansicht und ließ den Oberbürgermeister darüber bestimmen, welche Aufgaben der Kommunale Ordnungsdienst übernehmen sollte. Bereits 2021 bestätigte das Amtsgericht Konstanz (Beschluss vom 27. 11. 2021 – 10 Cs 23 Js 15278/21 = BeckRS 2021, 52055) die Ablehnung der Linken Liste. Dies bewog die Stadtverwaltung, das Innenministerium um Klärung zu bitten. Das Votum aus Stuttgart ist eindeutig: Der Gemeinderat solle entscheiden. Sechs Jahre und ein Urteil später gab es am 20. 04. 2023 nun endlich die demokratisch erforderliche Entscheidung über die Aufgaben des KOD, die eigentlich bereits vor sechs Jahren hätte getroffen werden müssen.

Was soll der KOD?

Die Linke Liste hat der Aufgabenzuweisung, wie sie die Verwaltung jetzt dem Gemeinderat vorschlug, nicht zugestimmt. Die vielen Aufgabenfelder, die der Kommunale Ordnungsdienst übernehmen soll, entsprechen ihrer Meinung nach der Ausbildung der Beamten und Beamtinnen nicht. Bis heute hat es der Gesetzgeber unterlassen, nähere Regelungen zu den Ausbildungsanforderungen kommunaler Vollzugsbediensteter zu treffen. Dabei haben diese innerhalb ihres Aufgabenbereichs dieselben Rechte und Pflichten wie Polizistinnen und Polizisten der Vollzugspolizei in Uniform. Diese werden aber 30 Monate lang für ihre Aufgabe ausgebildet oder absolvieren ein 45-monatiges Studium (www.karriere-polizei-ausbildung-studium).

Mitarbeitende des Kommunalen Ordnungsdienstes werden in wenigen Wochen auf ihre Tätigkeit vorbereitet. Rechtliche Schulung und Ausbildung an der Waffe bleiben weit hinter der großen Verantwortung zurück, die sie im Einsatz tragen müssen. Diese Ausbildungsdefizite gehen zulasten der betroffenen Bürgerinnen und Bürger und der Beamtinnen und Beamten gleichermaßen. Kommt es zu Gewalt zulasten der Beschäftigten, sind sie nicht ausreichend geschult, um Angriffe grundrechtsschonend abzuwehren. Dann ist der Kommunale Ordnungsdienst auf die Hilfe der Landespolizei angewiesen – derjenigen Behörde, welche die Aufgaben zu bewältigen hat, die dem Kommunalen Ordnungsdienst jetzt übertragen wurden. Durch die Einrichtung eines Kommunalen Ordnungsdiensts entlasten Kommunen wie Konstanz, Stuttgart und Villingen-Schwenningen den Landeshaushalt zulasten der Stadtkassen.

Die Linke Liste setzt sich dafür ein, dass dieses kommunale Geld stattdessen auch in kommunale Aufgaben fließt: In öffentliche Parks, Obdachlosenunterkünfte und Freizeit- und Bildungsangebote für Jugendliche und junge Erwachsene. Für die dem KOD zugedachten Aufgaben braucht es die besser ausgebildeten Kräfte der Landespolizei.

7. Klimaschutzbericht im Gemeinderat

Am 30. März debattierte der Gemeinderat über den siebten Konstanzer Klimaschutzbericht, eingebracht von der städtischen Stabsstelle Klimaschutz. Die halbjährliche überblicksartige Darstellung von Fortschritten und Schwierigkeiten bei den städtischen Klimaschutzbemühungen geht auf den Beschluss der Klimanotstandsresolution von 2019 zurück. Holger Reile nahm für die Linke Liste Konstanz Stellung zu dem 55-seitigen Bericht:

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen:

Zuerst geht auch unser Dank an Lorenz Heublein und die beteiligten Organisationen für den aktuellen Klimaschutzbericht, der sehr deutlich aufzeigt, welche Anforderungen damit verbunden sind und was schlußendlich auf uns zukommt. Denn längst wissen wir nicht nur seit heute, dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu wenig getan wurde und wir jetzt unter massivem Zugzwang stehen. Da von meinen VorrednerInnen durchaus schon viel Richtiges vorgetragen wurde, möchte ich mich, um Wiederholungen zu vermeiden, auf einige wenige Anmerkungen beschränken.

Im Vorwort des vorliegenden Berichts ist beispielsweise zu lesen, ich zitiere: „Neben einer kurzfristigen Abfederung von Energiekrisenfolgen müssen folglich Strategien zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern energisch weiterverfolgt werden. Konkret bedeutet dies insbesondere, dass neue fossilfreie Wärmeversorgungsangebote unter anderem von unseren Stadtwerken entwickelt werden müssen“. Soweit diese klare Aussage. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehen wir auch so – müssen uns aber schon wundern, warum es unsere Stadtwerke sind, die mit der ThüGa, die in vielen Kommunen überwiegend fossil unterwegs ist – wegen einer strategischen Partnerschaft verhandeln. Das ist unserer Meinung nach der falsche Weg, den wir auch nicht mitgehen werden, denn die Stadtwerke müssen in Gänze in kommunaler Hand bleiben, und das aus mehreren und durchaus guten Gründen.

Beim Thema Klimaschutz müssen wir insgesamt ehrlich konstatieren: Es geht viel zu langsam, wie andernorts auch. Richtig – einiges bewegt sich durchaus, aber eben eher im Schneckentempo, und damit erreichen wir unsere Klimaziele sicher nicht. Da sollten wir uns nichts vormachen, denn Fakt ist beispielsweise: Laut unserer Klimaschutzstrategie will die Stadt die CO2-Emissionen bis 2035 auf rund 10 Prozent des Ausgangswerts von 2018 senken – doch von diesem Ziel sind wir sehr weit entfernt, wie Fridays for Future schon im Februar deutlich machte. Wir haben uns zwar überregional abfeiern lassen, als wir vor einigen Jahren den Klimanotstand erklärten, hinken aber den eigenen Zielen gewaltig hinterher. Vor allem die großen Bereiche Stromversorgung, Heizen und Verkehr sind hauptsächlich für unsere CO2-Emissionen verantwortlich. Weitgehend sind wir uns ja darüber einig, dass der Anteil an erneuerbarer Energie, vor allem im Bereich der Photovoltaik deutlich steigen muss, natürlich auch auf Freiflächen. Groteskes am Rande: Ein Konstanzer Bürger installierte eine PV-Anlage an seinem Balkon – wird aber seitdem in den Senkel gestellt und juristisch schikaniert. Das ist schon ziemlich irrwitzig, denn in anderen Städten wie Heidelberg oder Singen, um nur einige wenige zu nennen, gibt es für diese Anlagen sogar staatliche Zuschüsse. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen ….

Auch der aktuelle Stand zur beabsichtigten Wärmewende inklusiv Wärmeplan der Stadt ist richtigerweise auf dem Prüfstand: Wann und wo in Konstanz ist mit Wärmenetzen, die auf unserer Gemarkung geplant sind, überhaupt zu rechnen? Wo ist das umsetzbar und wo nicht? Fragen über Fragen, die auf Antworten und auch auf Umsetzung warten. Zum Bereich Verkehr: Auch hier möchte man die Anzahl des motorisierten Autoblechs deutlich reduzieren und zwar bis 2035 um etwa die Hälfte. Ein löbliches Vorgehen, aber wir haben unsere Zweifel daran, ob das beispielsweise mit dem angedachten C-Konzept auch klappt. Und was ist von der gewünschten Verkehrswende zu halten, wenn derzeit die Anzahl der Autos in Konstanz sogar zunimmt und im Vergleich zu anderen Städten eher schlecht abschneidet?

Dazu kommt erschwerend, dass auf dem Döbele ein zum Teil öffentliches Parkhaus geplant ist und somit weiter mit verkehrspolitischen Chaos-Tagen zu rechnen ist. Klar ist für uns aber auch: Wollen wir die PKW-Flut zumindest deutlich eindämmen, müssen wir unseren Bürgerinnen und Bürgern vernünftige Alternativen anbieten. Und die sollten unserer Meinung nach beispielsweise sein: Noch besser vertakteter Busverkehr – weg mit dem Tarif-Dschungel – hin zu einem sozialverträglichen Preis, am besten sogar zum Nulltarif, wie es andere Städte zum Teil schon vormachen. Das wird unser Verkehrsproblem nicht gänzlich lösen, aber sicher dazu beitragen, die Situation deutlich zu entschärfen und halbwegs in die richtigen Bahnen zu lenken. Natürlich ist auch der Ausbau weiterer Fahrradstraßen, verbunden mit einer deutlich verbesserten Rad-Infrastruktur, schnellstmöglich voranzutreiben, und auch die berechtigten Belange unserer FußgängerInnen, die oft in den Hintergrund geraten, sind zu berücksichtigen.

Kolleginnen und Kollegen: Wir stehen fraglos vor einem gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozess, wie ihn auch unsere Stadt in den vergangenen Jahrzehnten so noch nicht erlebt hat. Und der erfordert mutige und vorausschauende Entscheidungen, wenn wir unseren Nachkommen eine halbwegs lebenswerte Welt übergeben wollen. Dazu eine Anmerkung zum Schluß: Wir sollten die jungen Aktivisten und Aktivistinnen von Fridays for Future und auch der letzten Generation sehr ernst nehmen und sie weitestmöglich in Beteiligungs- und Entscheidungsprozesse mit einbinden. Über diverse Aktionsformen der jungen Leute kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber sie – wie auch in unseren Breitengraden festzustellen ist – sogar unter Terrorismusverdacht zu stellen, ist völlig neben der Spur und trägt nur zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft bei. Und daran kann uns nicht gelegen sein.

Holger Reile

Büdingen-Park: Fallen noch mehr Bäume?

Das umstrittene Gesundheits-Luxushotel des Schweizer Investors Hans Jürg Buff im Büdingen-Park wächst und wächst, und viele BürgerInnen befürchten, dass dort noch mehr Bäume der Kreissäge zum Opfer fallen werden. Diese Sorge ist nicht unberechtigt, denn unlängst hat der Bauherr verlauten lassen, dass er an 27 weitere Baumfällungen denke. Das ist allerdings nicht so einfach, und wir NormalbürgerInnen können nur hoffen, dass die zuständigen Stellen in der Verwaltung ganz genau hinschauen, denn im Spätsommer soll mit den Arbeiten an den Freianlagen begonnen werden. Es ist wichtig, um jeden Baum auf diesem Areal zu kämpfen und weitere Fällungen, wo immer juristisch möglich, zu verhindern.

Vorsorglich erklärte der Verein Bürgerpark Büdingen erst kürzlich: „Aus Sicht des Vereins dürfen keine weiteren Bäume gefällt werden, wenn es nur darum geht, freie Sichtachsen für Hotelgäste auf den See zu schaffen. Es wurden bereits viel zu viele Bäume entfernt!“ Was Buff von den berechtigten Forderungen des Vereins hält, hat er Mitte Februar einer breiten Öffentlichkeit mitgeteilt: „Dem Verein Bürgerpark Büdingen ging es nie wirklich um die gefällten Bäume. Die wollen einfach verhindern, dass hier überhaupt gebaut wird, und lieber ihr Hundeklo behalten.“ Für markige Sprüche ist der Herr Investor bekannt und ebenso dafür, die Grenzen des Machbaren auszuloten, oft über die Schmerzgrenze hinaus. Das Hotel nahe dem Seeufer, geplant für Bestverdienende, die es sich leisten können, für eine Übernachtung bis zu 1.000 Euro zu berappen, ist bedauerlicherweise nicht mehr zu verhindern. Weit im Vorfeld der Buffschen Landnahme hat es die Stadt Konstanz versäumt, das Gelände zu kaufen, als es noch bezahlbar war. Daraus müssen wir für die Zukunft lernen.

Holger Reile (zuerst erschienen im Amtsblatt Nr. 6/2023)

Haushaltsrede 2023

Gehalten von Stadtrat Simon Pschorr am 2. März 2023:

Hohes Haus,

wie können Sie auf diese Zahlengrundlage einen Haushaltsbeschluss stützen? In den letzten drei Jahren mussten wir uns wiederholt mit coronabedingten Schwankungen unserer Einnahmen und Ausgaben auseinandersetzen. Mit allen Augen und Hühneraugen zugedrückt, mussten wir Haushaltsansätze durchwinken, deren Validität man nur mit einer Glaskugel bestätigen konnte. Dieses Jahr hat die Unsicherheit nichts mehr mit Corona zu tun. Dieses Jahr haben wir eine eigentlich erfassbare rechnerische Grundlage. Die Energiekosten stagnieren auf einem hohen Niveau. Die Inflation ist wider aller Vorhersagen nicht zurückgegangen und ist stabil bei knapp 9 Prozent. Die Inflation beeinflusst die Preise staatlicher Aufträge. Gerade im Bereich Bauen und Wohnen treffen uns diese Kosten genauso wie die Bürger*innen.

Doch anders als sie partizipieren wir auch an der Inflation: Unsere Gewerbesteuereinnahmen wachsen mit der Inflation mit! Auf diese Entwicklung habe ich bereits letztes Jahr hingewiesen. Wenig überraschend erzielten wir im Haushaltsjahr 2022 dann auch erhebliche Mehreinnahmen. Die Stadt Konstanz nahm letztes Jahr knapp 8 Mio. € mehr ein als prognostiziert. Weil unsere Prognosen zwar die Kostensteigerungen durch Inflation, nicht aber die Mehreinnahmen gebührend berücksichtigen. Darüber hinaus haben wir in 2022 mehr als 8 Mio. € weniger ausgegeben als geplant. Unser Haushaltsansatz wurde um mehr als 16 Mio. € verfehlt! Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Wir haben 16 Mio. € PLUS gemacht. Hr. Helff gab im HfA zu, dass man „zu konservativ“ geplant habe.
Diese „konservative Planung“ verbreitet hier im Rat Angst und Schrecken. Es gibt keine Haushaltsberatungen ohne „Monster-Schuldenkurven“. Im Angesicht des angeblich prognostizierten Haushaltsdefizits der nächsten Jahre lassen wir uns zu harten Sparmaßnahmen überreden. Und am Ende des Jahres erzählt man uns verschämt, dass man „zu konservativ“ geplant hätte. Mit anderen Worten: Man hat uns unnötig in Angst und Schrecken versetzt.

Der Oberbürgermeister meinte im HfA, dies hier sei kein Sparhaushalt. Da liegt er falsch. Wir haben einige massive Sparmaßnahmen umgesetzt und werden in den nächsten Monaten voraussichtlich einige weitere Einschnitte zur Beschlussfassung vorgelegt bekommen. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele:

Das Theater und die Philharmonie sollen massiv Kosten einsparen. Die pauschalen Reduktionen, die der Rat diesen Institutionen auferlegt hat, sind undurchdacht und berücksichtigen die Zukunftsfähigkeit des Spielbetriebs nicht. Aber Sparmaßnahmen bestehen nicht nur aus Reduktionen von Ausgaben. Der Gemeinderat hat vorwiegend Entscheidungen für Mehreinnahmen getroffen. Im letzten Jahr haben wir eine massive Erhöhung der Grundsteuer beschlossen. Damit treffen wir nicht die Grundstückseigentümer*innen großer Immobilien, sondern die Mieter*innen, die diese Gebäude bewohnen. Damit heizen wir die bereits jetzt exorbitanten Wohnkosten in Konstanz weiter an. Bei der Beratung dieser Mehrbelastung hieß es: Pro Wohnung würden ja nur ein paar Euro mehr fällig. Dasselbe Narrativ hören wir jetzt, wenn es um die Kitagebühren geht. Familien mit Kindern haben es in Konstanz besonders schwer. Eine ausreichend große Wohnung zu finden, ist schwer – die Miete will hart verdient werden. Wer Geld verdienen will, muss arbeiten. Alleinverdienerfamilien haben bei diesem Wohnungsmarkt keine Zukunft. Das bedeutet: Beide Partner müssen in die Arbeit gehen – die Kinderbetreuung also abgegeben werden. Dass die Kinder in die Kita gehen, sorgt nicht etwa für mehr „couple time“, sondern für die Freisetzung von Arbeitskraft! Das macht aber nur Sinn, wenn die Kita nicht mehr kostet als die Arbeit einbringt. Jeder Euro, der die Kitaunterbringung mehr kostet, wird eine Frau dazu bringen, den Job an den Nagel zu hängen und lieber die Kinder zu hüten. Ja, ich sage Frau – denn trotz 21. Jahrhundert haben wir in Deutschland noch immer einen Gender Pay Gap von wahnsinnigen 18 Prozent1 und zwei Drittel der unbezahlten care work wird von Frauen übernommen.2 Bereits heute arbeiten 66 Prozent der Mütter im Vergleich zu 7 Prozent der Väter in Teilzeit – bei jungen Müttern mehr als doppelt so viel wie im europäischen Durchschnitt!3 Und was machen wir? Erhöhen die Kitagebühren.

Ich weiß, es geht ja „nur um ein paar Euro“. Wenn Sie in Konstanz leben und in beispielsweise in unserem Krankenhaus arbeiten, dann drehen Sie „diese paar Euro“ jeden Monat sorgfältig um. Und wenn wir ehrlich sind: Wir wissen gar nicht, ob es nur um „ein paar Euro“ oder aber für viele um eine ganz erhebliche Steigerung geht: Der HFA hat zu Recht empfohlen, eine Gebührenerhöhung wenn dann nur gestaffelt nach dem Haushaltseinkommen zu beschließen. Doch die von der Verwaltung vorgelegte Empfehlung der Staffelung ist alles andere als gerecht! Die niedrigste Stufe soll bei einem Bruttomonatseinkommen von 3.666 € enden, die dritte, erhöhte, Stufe bereits bei 4.917 € Brutto/Monat beginnen. Der deutsche Durchschnittshaushalt verdient 4.979 €/Monat – zählt also in Konstanz offensichtlich zu den Besserverdienern. Herr Kaufmann meinte dazu im HfA, er ginge davon aus, dass Familien mit Kindern weniger verdienten, weil ja ein Partner nicht arbeitete. Moment, wozu diente die Kitaunterbringung gerade noch gleich? Ja genau: Damit beide Partner zum Haushaltseinkommen beitragen können! Unseres Erachtens haben auch die Änderungen im HfA die Kitagebührenerhöhung nicht sozial gerecht ausgestaltet. 25 Prozent mehr Beiträge sind zu viel für die Konstanzer*innen. Das Abstellen auf das Bruttohaushaltseinkommen vernachlässigt, dass normalen Arbeitnehmer*innen nur der Lohn nach Steuern und Sozialabgaben bleibt – und diese Abgaben sind bei zwei Verdienern regelmäßig höher. Diese signifikante Mehrbelastung kommt auf die Grundsteuererhöhung und auf die Inflation oben drauf. Am Stärksten steigen momentan die Lebensmittelpreise: Genau das, was einer kinderreichen Familie richtig weh tut. Jede Erhöhung für sich mag noch erträglich sein – die Summe aller „kleinen“ Erhöhungen macht zusammen einen Berg, den die Konstanzer Familien nicht mehr schultern können.

Und dann blicke ich auf die unnötigen Ausgaben, die unser Haushalt noch immer ausweist. Wir wildern noch immer mit hohen Personalkosten in Aufgaben des Landes: Der Kommunale Ordnungsdienst übernimmt Polizeiaufgaben, für die Stuttgart zuständig ist. Auf Betreiben der CDU-Fraktion hat die Mehrheit des HFA zwei neue Dauerstellen für den KOD geschaffen. Zwei neue Personalstellen, die wir in der Pflege, in der Kinderversorgung und in der öffentlichen Bauverwaltung so dringend brauchten – um dem Klimawandel zuvorzukommen und unseren Kindern eine lebenswerte Erde zu hinterlassen. Sie werden sagen, wir arbeiten doch an unserer „Smart Green City“. Aber genau dieses Programm ist eine uferlose Geldverschwendung. Erklären Sie bitte der Öffentlichkeit, was das Umlenken individualmotorisierter Schweizer Einkaufstourist*innen auf den letzten freien Parkplatz mit Umweltschutz zu tun haben soll.

Sie, Herr Oberbürgermeister, behaupten doch immer, dass eine lebenswerte, verkehrsberuhigte Innenstadt, keinen Deut zum Umweltschutz beitrüge. Aber kaum lehnt der Rat die Finanzierung der digitalen Verkehrslenkung ab, wird sie plötzlich „umweltsensibel“ und lässt sich zusammen mit verpflichtenden Luftschadstoffmessungen in das Bundesprogramm pressen, für das die Stadt Konstanz insgesamt 16 Mio. € ausgeben wird. Ich werde jetzt nichts zur fünften „Konstanz App“ oder dem gestaltlosen „Innenstadt-Labor“ sagen. Was mich unfassbar erzürnt, das sind die immensen Ausgaben, die wir schon wieder für „externe Beratung“ aufwenden. Die „ganzheitliche Innenstadtstrategie“ – ach ja, unter dem allseits beliebten Namen „Regiebuch“ können wir schon wieder nicht selbst, sondern nur mit einem „externen Büro für co-kreative Stadtentwicklung“ gestalten. Das neue Amt für Digitalisierung und IT muss sogar von Grund auf mit externer Hilfe strukturiert werden. Können wir in Konstanz eigentlich noch irgendetwas selbst? Jeder Euro, den wir für Consultants, Beratungsbüros und PR-Manager verschleudern, fehlt für unsere Kitas.

Und was bekommen wir dafür: Neoliberale Erzählungen von einem besseren Haushalt – sobald wir die horrenden Beratungskosten wieder eingespart haben natürlich. Ach ja: da fällt mir ein, dass wir den größten Beratungsunfall immer noch nicht eingespart haben:

Ceterum censeo forum lacus Constantiensis esse claudendum.

Fußnoten:

(1)  https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-GenderPayGap/_inhalt.html.

(2) https://library.fes.de/pdf-files/wiso/05587.pdf, S. 3; https://www.bmfsfj.de/resource/blob/160276/b8b04489e225a368a0229400f12a63ec/kinder-haushalt-pflege-wer-kuemmert-sich-dossier-sorgearbeit-deutsch-data.pdf S. 8.

(3) https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/03/PD22_N012_12.html.

 

 

Keine Erhöhung der Kitagebühren!

VertreterInnen des Städtetages, Gemeindetages und der kirchlichen Fachverbände in Baden-Württemberg einigen sich regelmäßig auf Empfehlungen, um die Elternbeiträge für das Kindergartenjahr festzusetzen, sprich, zu erhöhen. Im Konstanzer Gemeinderat konnte in den letzten Jahren keine Mehrheit für die verschiedenen „Anpassungen“ gefunden werden. Diesmal sieht es wohl anders aus, im Haupt- und Finanzausschuss fand sich auf Antrag der FGL eine stabile Mehrheit für eine Erhöhung von satten 25 % pro Betreuungsstunde im Vergleich zum derzeitigen Stand.

Dies ist zwar besser als die von der Verwaltungsspitze vorgeschlagenen 35 %, aber unserer Meinung nach keine zustimmungsfähige Alternative. Die LLK wird auch diesmal wieder gegen die Verteuerung stimmen, denn von den geplanten Beitragserhöhungen sind vor allem Eltern mit geringen und mittleren Einkommen betroffen. Und dies in einer Zeit, die viele Familien wegen der stark gestiegenen Energiekosten vor große Probleme stellt. Zumal in Konstanz das Leben aufgrund hoher Mieten und Lebenshaltungskosten teurer ist als in anderen Mittelstädten.

Wir bleiben dabei: Kitas sind frühkindliche Bildungseinrichtungen und Bildung ist eine öffentliche Aufgabe. Es kann nicht sein, dass Eltern Probleme haben, die Kita-Gebühren zu bezahlen – da reichen auch keine Sozialstaffelungen. Gerade für Alleinerziehende ist das ein Problem, rund die Hälfte dieser Gruppe gilt als armutsgefährdet. Daher setzen wir uns weiterhin als Fernziel für gebührenfreie Kitas ein. Warum soll in Baden-Württemberg nicht möglich sein, was andere Bundesländer und Städte umsetzen? So hat unlängst die saarländische Landesregierung beschlossen, kontinuierlich die Kita-Elternbeiträge zu reduzieren und bis 2027 abzuschaffen. Ein leuchtendes Beispiel für das reiche „Ländle“ Baden-Württemberg!

Anke Schwede (zuerst erschienen im Amtsblatt Nr. 4/2023)

Mal wieder teure externe Hilfe

Wie geht das bloß: Verwaltung?

Verwaltungsorganisation ist eine komplizierte Wissenschaft. Deshalb wundert es nicht, dass eine Umstrukturierung der Stadtverwaltung Schwierigkeiten bereitet. Doch manchmal reiben sich selbst erfahrene Stadtrat*innen verwundert die Augen. Das Amt für Digitalisierung und IT (DigIT) soll weiterentwickelt werden. Das kann unsere Verwaltungsspitze scheinbar nicht selbst, denn sie will dafür eine teure „externe Beratung“. Was sie damit bezweckt, lässt uns angesichts der strengen Sparvorgaben staunen: „Erhalt einer groben Abschätzung, welche digitalstrategischen Herausforderungen für den Bereich des DigIT in den nächsten 5 Jahren zu erwarten sind; Stärkung der Handlungsfähigkeit […] des DigIT in allen Themen; Erfolgreicher Aufbau […] des Bereichs Schul-IT; Datenmanagement und Aufbau einer Data Governance; Stärkere Wahrnehmung einer Treiberrolle des DigIT für die Verwaltungsmodernisierung“ usw.

Mit anderen Worten: Sagt uns bitte, wie ein Amt für Digitalisierung eigentlich funktioniert und wofür wir das überhaupt haben wollen. Die Vorlage schweigt über die konkreten Kosen, doch ist erfahrungsgemäß mit bis zu 100.000 € zu rechnen. Wofür, fragen Sie sich? Wir uns auch. Mit dem Geld ließe sich neues Personal gewinnen und Wissen in der Verwaltung bündeln, statt einige Berater*innen reich zu machen. Externe Hilfe ist sinnvoll, wenn die Verwaltung vor Fragen steht, für die ihr das Fachwissen fehlt. Ginge es beispielsweise um die Integration eines neuen cloudbasierten Systems in die Softwarearchitektur der Stadt, kann es Sinn machen, auf Fachleute zurückzugreifen. Doch hier will die Stadtspitze um OB Uli Burchardt Hilfe bei der Verwaltungsorganisation, und das ist ihre ureigenste Aufgabe, dafür ist sie überhaupt da.

Diese Unkultur der kostspieligen externen Gutachten und Untersuchungen muss ein Ende haben.

Simon Pschorr (zuerst erscheinen im Amtsblatt Nr. 2/2023)

Konstanzer Flugplatz muss bleiben!

Eigentlich hätte der Gemeinderat Ende September den Pachtvertrag für den Verkehrslandeplatz Konstanz verlängern sollen, die entsprechende Vorlage wurde aber vom OB zurückgezogen. Dies wurde u. a. damit begründet, dass „noch Klärungsbedarf“ bestünde, den nun ein weiteres Gutachten bringen soll. Wozu? Die Linke Liste Konstanz steht weiterhin zu dem 2018 vom Gemeinderat mit großer Mehrheit verabschiedeten Kompromiss, den Verkehrslandeplatz zu erhalten und nur im südlichen Teil gewerbliche Nutzung zuzulassen. Mit Beteiligung des Regierungspräsidiums Stuttgart, der Stadt Konstanz und Flugplatz-Vertretern war diese schwierige Einigung erzielt worden, die inzwischen von der Stadtspitze und CDU-Fraktion torpediert wird. Obwohl für den Landeplatz als offizielle Infrastruktur-Einrichtung eine Betriebspflicht besteht, worauf das Regierungspräsidium die Stadt auch hinwies. Davon abgesehen stellt der Flugplatz eine der größten Grünflächen in Konstanz dar. Ihn komplett zu überbauen, würde unseren ehrgeizigen klimapolitischen Zielen widersprechen. Denn dazu gehört auch, sich für den Erhalt von Grünflächen einzusetzen.

Ein weiteres Argument für den Landeplatz ist seine Bedeutung für die Forschung zum „Tier-Schwarmverhalten“ des global anerkannten Prof. Martin Wikelski (Max-Planck-Institut für Ornitologie). Nicht zuletzt diese Infrastruktur war einer der Hauptgründe des MPI, von Princeton/USA nach Konstanz zu wechseln. Der Aufbau einer zweiten Abteilung sowie eines Forschungsverbundes mit der Universität wurden vor allem unter der Annahme vorangetrieben, dass weiterhin der Landeplatz zur Verfügung steht (andere regionale Flugplätze kommen für das Institut nicht in Frage). Für die kommenden rund 25 Jahre sind Investitionen von mindestens 60 Millionen Euro vorgesehen. Wie kurzsichtig wäre es da, diese Infrastruktur zu zerschlagen!

Anke Schwede (zuerst erscheinen im Amtsblatt Nr. 23)

Nein zu massiven Kürzungen im Sport- und Kulturbereich

Die Stadtverwaltung Konstanz hat im Zusammenhang mit den aktuellen Haushaltsberatungen eine umfangreiche Liste mit Vorschlägen vorgelegt, die einschneidende Kürzungen im Sport- und Kulturbereich vorsieht. Holger Reile, unser Vertreter im Sport- und Kulturausschuss, hat eindeutig Stellung bezogen:

Kolleginnen und Kollegen,

Wir werden den Kürzungen – vor allem im Sport- und Kulturbereich – überwiegend nicht zustimmen. Denn beide Bereiche bilden in vielerlei Hinsicht ein wesentliches Rückgrat unserer Stadtgesellschaft. Oft ist bei den Zuschüssen von sogenannten Freiwilligkeitsleistungen die Rede – ich bin der Ansicht – das sind eher Pflichtleistungen, zu denen wir auch stehen sollten – und zwar ohne Wenn und Aber. Die vorgeschlagenen Kürzungen bei der Kultur hätten verheerende Konsequenzen, das steht außer Frage. Ebenso im Sportbereich: Viele Vereine kämen in massive Existenznot, und das kann nicht in unserem Sinne sein. Da mit dem Rasenmäher drüber zu gehen, ist grob fahrlässig und würde zu einer weiteren Entfremdung zwischen Verwaltung und Bürgerschaft führen – mit äußerst unguten Folgen. Das sollten wir tunlichst bleiben lassen, denn trotz eines derzeit finanziellen Engpasses ist Konstanz immer noch eine halbwegs reiche Stadt. Im Vorfeld der Haushaltsberatungen haben wir beschlossen, alle Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen – ein erstmal normaler Vorgang und die Betonung lag auf ALLE, bis hinunter zum Putzdienst in den Verwaltungsgebäuden.

Wirklich alle? Eine unserer größten Steuergeldverbrennungs-Anlagen, nämlich das Bodenseeforum, hat das Gremium von der Prüfliste genommen. Kolleginnen und Kollegen: Damit machen Sie sich unglaubwürdig, denn das ist ein finanzpolitischer Skandal allererster Güte. Kleines Zahlenspiel: Im Sportbereich will man rund 300 000 Euro sparen, was dort einen massiven Kahlschlag nach sich ziehen wird. Aber das achtfache dieser Summe – bis zu 2,5 Millionen Euro- wirft man jährlich dem Siechenhaus am Seerhein hinterher. Das ist ein unhaltbarer Zustand, den zumindest wir von der Linken Liste unter keinen Umständen akzeptieren.

Holger Reile, Fraktionssprecher LLK