Author Archives: Linke Liste

Linke Liste: Stadt soll Büdingen-Areal kaufen

Die Linke Liste Konstanz (LLK) will die Stadtverwaltung dazu verpflichten, mit dem Büdingen-Park-Besitzer Hans Jürg Buff über den Kauf des Grundstücks zu verhandeln. Der am 20.3. dazu lancierte Antrag an den Gemeinderat ist eine Reaktion auf den jüngst gerichtlich verhängten Baustopp für das Luxushotelprojekt des Schweizer Investors. Die Linken sehen darin die Möglichkeit, das Gelände gemeinwohlorientiert zu entwickeln.

Die LLK sieht durch die vom Verwaltungsgericht Freiburg Ende Februar verfügte vorläufige Einstellung aller Arbeiten doch noch die Chance, “eine der letzten grünen Lungen der Stadt Konstanz” zu retten, schreiben die StadträtInnen Anke Schwede und Holger Reile in der Begründung des Antrags. Der Richterspruch mache amtlich, dass sich der Investor nicht an geltendes Baurecht halte, umso unverständlicher sei, dass Buff dabei “bis dato von der Stadt Konstanz unterstützt” werde. Die LLK-RätInnen, die sich juristisch kundig gemacht haben, erwarten jedenfalls, “dass diese Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof Mannheim bestätigt wird”.

Für die LLK, die das Superreichen-Domizil von Beginn an abgelehnt hatte, öffnet sich damit ein Fenster für eine Kurskorrektur. Schwede und Reile wörtlich: “Das Projekt ‘Sea Palace’ ist gestorben. Es ist nicht zu erwarten, dass sich der Investor eines Besseren und des deutschen Baurechts besinnt. Genauso wenig ist zu erwarten, dass eine geänderte Bauplanung die Besonderheit der Umgebung, die Bedürfnisse der Bevölkerung der Stadt Konstanz oder den Erhalt von Natur und Seeufer im Blick haben wird. Solange das Grundstück in den Händen des Privatinvestors ist, droht Büdingen zu einem Luxustempel für wenige zu werden.”

Nur der Kauf des Park-Grundstücks könne hier Abhilfe schaffen, sind die LLK-RätInnen überzeugt. Die Stadt könnte so “mit dem vorliegenden Grundstück nicht nur einen großen Beitrag zum Umweltschutz leisten – Fridays for future lässt grüßen – sondern auch die städtebauliche Entwicklung vorantreiben”. Den Ratslinken schwebt danach eine “schonende Wohnbebauung” bei gleichzeitigem Erhalt des öffentlichen Parks vor, wodurch die Lebensqualität “massiv gesteigert” und dringend benötigter bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden könne.

Eindringlich appellieren die LLK-StadträtInnen deshalb an die Verantwortlichen, “im Hinblick auf die prozessuale Situation” mit dem Investor zu verhandeln und durch den Kauf auch das eigene Gesicht vor dem Verwaltungsgericht zu wahren. “Im Gegensatz zum Bodenseeforum wären das gut investierte Millionen.”

Jürgen Geiger

Linke diskutiert über Steuerflucht in Europa

Richard Pitterle (DIE LINKE) kommt am 27. März 2019 nach Konstanz. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete aus Sindelfingen wird auf Einladung der Konstanzer Linken über Steuerflucht in Europa referieren. Schwerpunkt sind dabei insbesondere die fragwürdigen Praktiken großer Konzerne, wie Amazon, Google und Co.

Derzeit führt vor allem der Standortwettbewerb zwischen den EU-Mitgliedsstaaten zu einer absurd niedrigen Besteuerung von Konzerngewinnen und lässt Tricksereien zumeist ungestraft. Die Linke setzt sich für ein Ende inner- und außereuropäischer Steueroasen ein. Sie spricht sich etwa für eine europaweite und einheitliche Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen ein.

Während seiner Zeit im Bundestag war Pitterle Obman der Linksfraktion im CumEx- Untersuchungsausschuss, der die Verstrickung von Bundesregierung und Finanzbehörden in dubiose Aktiengeschäfte von Banken untersuchte, mit denen Steuern in Milliardenhöhe hinterzogen wurden.

LINKE: SBG-Schließung geht aufs Konto des Kreises

Die Südbadenbus-Gesellschaft (SBG) hat angekündigt, ihre Niederlassung in Radolfzell Ende des Jahres schließen zu wollen. Die Bahn-Tochter, die bisher für das regionale ÖPNV-Angebot im Kreis Konstanz verantwortlich zeichnete, zieht damit die Konsequenz aus dem Aus im Tauziehen um die Neuvergabe des öffentlichen Regionalbusverkehrs im Landkreis. Der Konstanzer Kreisvorstand der Partei DIE LINKE sieht sich dadurch in seiner Kritik am Agieren von Kreisverwaltung und Kreistagsmehrheit bei der ÖPNV-Neuausschreibung bestätigt.

Die Linkspartei weist darauf hin, dass bei den von der Landkreisverwaltung aufgestellten Ausschreibungskriterien Vorgaben fehlten, die einen ausreichenden Schutz der Beschäftigten sicherstellen. Statt zwingend zu verlangen, zumindest die bisher von der SBG gewährten Beschäftigungsstandards einzuhalten, beschränkte sich die Ausschreibung auf den sogenannten WBO-Tarif. Dieses Regelungswerk des Verbands der baden-württembergischen Busunternehmer stellt die Beschäftigten im Vergleich zum SBG-Tarifwerk unter dem Strich bei Löhnen und Arbeitsbedingungen deutlich schlechter. Linke-Kreissprecher Jürgen Geiger: „Letztlich signalisiert der Landkreis damit, dass er Lohndrückerei und Arbeitshetze billigend in Kauf nimmt, eine zynische Haltung für eine der öffentlichen Daseinsvorsorge verpflichteten Institution.“

Beide Unternehmen, die nun den Zuschlag erhalten haben, beschäftigen ihre Mitarbeiter nach den schlechteren WBO-Standards. Die SBG hatte darauf verzichtet, ein Angebot abzugeben, weil sie sich aufgrund dieser Ausgangslage keine Chancen ausrechnete, den Zuschlag zu erhalten. Kreissprecher Geiger: „So kritikwürdig das und die nun angekündigte Schließung des Standorts in Radolfzell ist; die Verantwortung dafür trägt die Kreisverwaltung und der Kreistag, der das Verfahren abgesegnet hat.“

Die Linke-Kreisrätin Anke Schwede will nun den Sachverhalt per Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Kreistagssitzung setzen lassen. „Wir müssen darüber beraten, wie der Kreis die von der Schließung betroffenen Kolleginnen und Kollegen unterstützen kann“, so Schwede. Zudem fordert die Rätin Nachverhandlungen mit den neuen Trägern des ÖPNV-Regionalverkehrs. Anke Schwede: „Es kann nicht sein, dass Landkreisverwaltung und Kreistag Hilfestellung für Lohndrückerei leisten.“ Die Linken im Kreistag wollen erreichen, dass der Kreis auf die beiden Busunternehmen einwirkt, die Mitarbeiter*innen nach SBG-Konditionen zu beschäftigen.

jüg

Infokneipe zum Frauenkampftag

Dem internationalen Kampftag der Frauen erweist auch die Konstanzer Infokneipe ihre Referenz. Am 7. März laden die linken Veranstaltungs­macherIn­nen zu einem Vortrag zum Thema ins Konstanzer Contrast ein. Nach einem historischen Abriss wird eine Aktivistin über den Einsatz der kurdi­schen Frauenkampfeinheiten der YPJ berichten, die in Nordsyrien das basis­demo­kra­tische Räteprojekt Rojava verteidigen. Weiterlesen

Buspreise: Es soll bei Kosmetik bleiben

Die Linke Liste fordert seit langem den ticketlosen Nahverkehr, zumindest aber eine drastische Senkung der teuren Preise für den Roten Arnold. Auch aus einigen anderen Fraktionen waren zuletzt Stimmen zu vernehmen, die Entlastungen anmahnten. Nun haben die Stadtwerke ein Schreiben an den Aufsichtsrat verfasst, in dem sie zu den Bustarifen Stellung nehmen. Weiterlesen

Gemeinderat: Marienschlucht und Kita-Gebühren

Ausgiebig diskutierten die Stadträt*innen bei der Gemeinderatssitzung am 26.2. über die Zukunft der Marienschlucht. Es gibt Bestrebungen, die nach einem tödlichen Unfall seit 2015 gesperrte Natursehenswürdigkeit, wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bei einigen Rät*innen stieß die von der Verwaltung vorgelegte Planungsvorlage auf Skepsis. Auf der Tagesordnung außerdem das heiße Eisen Kita-Gebühren, deren geplante Erhöhung die Rathausspitze nun vorläufig auf Eis legen will. Begründung: Das unlässigst vom Bundestag beschlossene “Gute-Kitas-Gesetz”, dessen Folgen noch nicht absehbar seien. Außerdem will man das Ergebnis der von der SPD initiierten Volksabstimmung abwarten, die auch von der LINKEN unterstützt wird. Was unsere Stadträtin Anke Schwede zu beiden Themen zu sagen hatte:


Wiedereröffnung des Uferwanderweges zwischen Wallhausen und Bodman-Ludwigshafen und die Wiedererlebbarmachung der Marienschlucht

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen, wertes Publikum,

um es gleich vorweg zu nehmen: ich werde der Vorlage, den einzelnen Beschlussziffern, nicht zustimmen. Die Vorlage lässt wichtige Fragen leider offen.

Es ist sicherlich der Wunsch einiger Wanderfreundinen und -freunde, die Marienschlucht und den Uferweg zwischen Wallhausen und Bodman-Ludwigshafen wieder begehbar zu machen. Vor ihrer Sperrung war sie eine der Hauptattraktionen auf dem Bodanrück. Aber die Problemstellungen, die die Geologie und die natürlichen Gegebenheiten mit sich bringen, sind komplex. Wir haben uns mit dem BUND in Verbindung gesetzt, um einige grundlegende Dinge aus naturschutzrechtlicher Sicht zu beleuchten.

Das Gebiet ist bekanntermaßen eines der letzten naturbelassenen, längeren Uferabschnitte und liegt vollständig in einem FFH-Gebiet. Der Naturschutz hat hier Vorrang: Es gibt in diesem Gebiet einige wertvolle Rote-Liste-Arten, wie z. B. Kolkrabe und Wanderfalke. Außerdem seltene Pionierpflanzen, die die Abbruchhänge am Mondfelsen besiedeln.

Problematisch ist natürlich auch die Geologie: Das poröse Molassegestein führt immer wieder zu Hangrutschungen, insbesondere nach längeren Regenperioden. Wir erinnern uns: Nur wenige Wochen vor dem letzten tödlichen Unfall 2015 hatten Geologen den Weg als sicher eingestuft.

Weitere wichtige Fragen werden in der Vorlage nicht eindeutig beantwortet:

1. Die Finanzierung ist unsicher. Wieviel Gelder vom Land kommen werden, ist noch nicht bekannt. Es ist die Rede von gegebenenfalls 60%. Das ist angesichts der Gesamt-Kosten von 6 Millionen + x problematisch. Die konkreten Kosten sollten klar sein, bevor ein solch umfangreiches Projekt gestartet werden kann.

2. Für wen soll die Marienschlucht wieder geöffnet, wer soll angelockt werden?
Auch hier ist die Vorlage zu vage. Unserer Meinung nach müsste zuerst ein touristisches Konzept definiert werden, was genau geplant und wie umgesetzt werden soll, bevor wir heute sozusagen den Startschuss geben. Was sicherlich problematisch wäre, sind solche touristischen Attraktionen wie Baumwipfelpfad, Hängebrücken, Aussichtsplattform, Kiosk, Toiletten und Steg am Ufer, von denen schon die Rede war bzw. ist.

Sinnvoller wäre meiner Meinung nach ein „naturtouristisches Konzept“, das von Menschen ausgeht, die sich der Gefahren in der Marienschlucht bewusst(er) sind als ErlebnistouristInnen.
Abschließend möchte ich den Vorschlag meines Kollegen Holger Reile wiederholen, nämlich die Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Kommunen zu befragen bzw. in die nächsten Planungschritte miteinzubeziehen.


Neustrukturierung der Elternbeiträge in der Kindertagesbetreuung – Änderung des Auftrags der Verwaltung

Lassen Sie mich so beginnen: Was lange währt, wird (hoffentlich) endlich gut. Die Forderung nach einer gebührenfreien Bildung von der Kita bis zur Hochschule ist seit jeher ein essentieller Bestandteil unserer Politik. Die Linke Liste hat sich im Rat und den Ausschüssen immer wieder für die Kita-Gebührenfreiheit stark gemacht und daher begrüßen wir den SPD-Vorstoß, der in dieselbe Richtung zielt.

Bildung von Kindesbeinen an ist ein Menschenrecht und ein Grundpfeiler der Demokratie. Laut der unlängst veröffentlichten Erhebung „ElternZoom 2018“ geben Familien, deren Einkommen in Deutschland unter der Armutsgrenze liegt, im Schnitt fast zehn Prozent ihres Geldes für die Kindertagesstättenplätze ihrer Kinder aus, besser gestellte Familien dagegen nur 5,1 Prozent.

Wir werden deshalb alle Initiativen unterstützen, die zu einer Absenkung der finanziellen Belastung führen. Wichtig ist darüber hinaus aber auch, die immer noch vorhandene Unterdeckung bei Plätzen und Personal zu beseitigen. Und der Wegfall der Gebühren darf natürlich nicht heißen, dass bei der Qualität gespart wird. Je früher und intensiver Kinder gefördert werden, desto besser gelingt ihnen der Übergang in die Grundschule und die weiterführenden Schulen, eine hochwertige Förderung legt sozusagen das Fundament für eine gelungene spätere Schulkarriere.

Der zeitlichen Zurückstellung des Konstanzer Konzepts zur Neustrukturierung der Elternbeiträge bis die relevanten Rahmenbedingungen eindeutiger definiert werden können, stimme ich daher zu.


Bild: Plakat des Landesverbands Baden-Württemberg zur Landtagswahl 2016

Ferienwohnungen: München zwingt Airbnb zu Auskünften – Konstanz auch?

Ein Gericht hat die Buchungsplattform Airbnb dazu verdonnert, Fragen der Stadt München zur Überlassungsdauer vermittelter Ferienwohnungen zu beantworten. In der bayerischen Landeshauptstadt gilt wie in Konstanz ein Zweckentfremdungsverbot, das die Vermietung von Privatunterkünften zu gewerblichen Zwecken nur für wenige Wochen erlaubt (in München acht, in Konstanz sechs Wochen). LLK-Stadträtin Anke Schwede wollte bei der Gemeinderatssitzung am vergangenen Dienstag (26.2.) nun von Oberbürgermeister Uli Burchardt wissen, ob die Stadtverwaltung, gestützt auf das Urteil, entsprechende Schritte plant, um über Auskünfte der vielfrequentierten Buchungsplattformen Verstößen gegen die Zweckentfremdungssatzung auf die Spur zu kommen.

Eine ähnliche Anfrage hatte am 19.2. schon die FGL gestellt und zudem ein öffentliches Ferienwohnungs-Register angeregt. Wir dokumentieren die Anfrage der LLK-Stadträtin und ein Schreiben des Oberbürgermeisters, das Auskunft über allfällige Aktivitäten der Verwaltung gibt. Danach hat der OB schon im Dezember dem Baurechts- und Denkmalamt einen Prüfauftrag erteilt, will mit Maßnahmen aber abwarten, bis das Urteil Rechtskraft erlangt. Mittlerweile wurde bekannt, dass Airbnb beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen das Urteil eingelegt hat. Die LLK hat die Forderung nach einem Ferienwohnungs-Register begrüßt und regt zugleich an, nach dem Vorbild Münchens ein “Fahndungsteam” zu bilden, das Verstößen gezielt nachgeht.

jüg


Anke Schwede

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
EigentümerInnen dürfen ihre Wohnungen nach der gültigen Konstanzer Zweckentfremdungssatzung nicht länger als sechs Wochen zu gewerblichen Zwecken vermieten. Die Überprüfung, ob diese Frist in allen Fällen eingehalten wird, ist aufwändig, es ist deshalb zu befürchten, dass Verstöße ungeahndet bleiben. Eine Möglichkeit, dies zu kontrollieren, besteht seit Kurzem darin, Auskunft von Buchungsplattformen wie Airbnb, fewo-direkt.de, booking.com und anderen Unternehmen einzuholen, die sich auch auf die Vermittlung von Ferienwohnungen spezialisiert haben. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts München vom Dezember 2018 ist Airbnb verpflichtet, den Kommunen auf Anfrage entsprechende Daten zur Verfügung zu stellen (siehe dazu: http://www.vgh.bayern.de/media/muenchen/presse/pm_2018_12_13.pdf und MieterZeitung, Ausgabe Februar 1/2019, S. 8ff).

Unsere Anfrage lautet: Nutzt die Verwaltung diese Möglichkeit, um herauszufinden, wer Wohnungen zu Ferienzwecken länger vermietet als laut Zweckentfremdungssatzung erlaubt bzw. sind solche Anfragen geplant?

Anke Schwede


OB Burchardt

Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Antrag vom 19.02.19 beantragt die FGL, ein offizielles und freizugängliches Register der Ferienwohnungen in Konstanz zu schaffen.
An dieser Stelle kann ich Ihnen mitteilen, dass ich bereits im Dezember 2018 einen entsprechenden Prüfungsauftrag an das Baurechts- und Denkmalamt gegeben habe.
Bezüglich des von Ihnen zitierten Urteils der Stadt München gegen Airbnb ist derzeit noch nicht bekannt, ob nicht seitens des Unternehmens beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Beschwerde eingelegt wurde. Die Verwaltung hält es daher für sinnvoll, die endgültige Rechtskraft des Urteils abzuwarten.

Sobald mir neue Informationen vorliegen werde ich Sie natürlich umgehend informieren. Ich gehe daher davon aus, dass sich derzeit eine Behandlung Ihres Antrags erübrigt.

Mit freundlichen Grüßen,
Uli Burchardt
Oberbürgermeister

Konstanz in der ersten Liga – beim Mietenwahnsinn

Es gibt Hitlisten, auf denen die Beteiligten lieber nicht ganz vorne auftauchen wollen. In diese Kategorie fällt gewiss ein letzte Woche veröffentlichtes Ranking jener deutschen Städte, in denen MieterInnen die höchsten Preise fürs Wohnen zahlen müssen. Konstanz liegt unter den Top 30 der teuersten Pflaster auf Platz 17 – noch vor Frankfurt und Düsseldorf. Der Bodensee-Mieterbund nimmt das Ergebnis zum Anlass, neue Regeln für die Berechnung von Mietspiegeln zu fordern.

Verantwortlich für den am 20. Februar veröffentlichten “Mietspiegelindex” zeichnet das auf Wohnen und Immobilien spezialisierte Forschungsunternehmen F+B, das dafür die offiziellen Mietspiegel von 350 deutschen Städten ausgewertet hat. Das Ergebnis bestätigt, dass die Mieten in Deutschland kontinuierlich weiter steigen, 2018 im Schnitt um 2,2 Prozent, und damit stärker als im Jahr zuvor.

Neben den üblichen Verdächtigen wie München, Stuttgart, Hamburg oder Frankfurt/Main tauchen im Ranking des Mietenwahnsinns zunehmend auch kleinere Städte und Gemeinden auf – Folge der höheren Nachfrage in den Umlandgemeinden der Großstädte. So hat im Vergleich der ortsüblichen Vergleichsmieten die Kleinstadt Karlsfeld im Landkreis Dachau erstmals München als teuerste Kommune des Landes abgelöst.

Für eine 65-Quadratmeter-Wohnung in mittlerer Lage und mit mittlerer Ausstattung zahlte man 2018 dort eine Nettokaltmiete von 10,62 Euro pro Quadratmeter und damit 53 Prozent mehr als im deutschen Durchschnitt, in München wurden dafür 10,45 Euro (Indexwert: 151 Prozent) fällig, Stuttgart folgt mit 9,97 Euro (144 Prozent) auf Platz drei der teuersten Pflaster. Zumindest beim Mietniveau kann nach dieser Auswertung auch Konstanz Großstadtniveau vorweisen: Mit rund 8,50 Euro oder 124 Prozent landete die Bodensee-Stadt noch einen Platz vor Frankfurt und Düsseldorf auf Rang 17 der Top 30.

Mietspiegel reformieren

Dabei unterschätze die angewandte Methodik von F+B noch das derzeitige Konstanzer Mietniveau, sagt Winfried Kropp, Sprecher des Mieterbundes Bodensee: Da für Konstanz “die Werte der letzten Mietspiegel-Fortschreibung aus dem Jahr 2017 berücksichtigt wurden, liegen die tatsächlichen Preise über den ermittelten Werten.” Die Mieterorganisation mahnt deshalb eine Reform der gesetzlichen Mietspiegel an. “Hohe Mieten für neu abgeschlossene Mietverträge treiben nicht nur in Konstanz, sondern bundesweit das gesamte Mietpreisniveau nach oben”, so Kropp. Da derzeit nur die Daten der letzten vier Jahre als Berechnungsgrundlage dienten, seien “viele günstige und faire Mieten” daher “gar nicht mehr mietspiegelrelevant”. Die Folge: Der Mietspiegel wirkt bei Neuvermietungen als zusätzlicher Preistreiber.

Der Bodensee-Mieterbund fordert die Bundesregierung deshalb auf, einen versprochenen Gesetzentwurf zur Neuregelung der ortsüblichen Vergleichsmiete nun “unverzüglich auf den Weg zu bringen”. Im September hatte Berlin beim sogenannten Wohnungsgipfel angekündigt, den maßgeblichen Berechnungszeitraum von vier Jahren verlängern zu wollen. Geschehen ist bislang allerdings nichts. Die Mieterorganisation ist deswegen inzwischen bei den Bundestagsabgeordneten Andreas Jung (CDU) und Johannes Fechner (SPD) vorstellig geworden.

Nur eine Baustelle von vielen

Klar ist: Eine Mietspiegelreform ist überfällig. Sie wäre allerdings nur eine von vielen Stellschrauben, an denen gedreht werden müsste, um die Mietenexplosion einzudämmen. Längst bietet das Wohnraummietrecht keinen ausreichenden Schutz mehr vor der grassierenden Spekulation mit dem Betongold. Ein Beispiel dafür ist etwa die verunglückte Mietpreisbremse, die sich, wie Studien belegen, mit ihren vielen Ausnahmeregelungen als untauglich erwiesen hat, ein anderes die durch die sogenannte Modernisierungsumlage gesetzlich begünstigte Überwälzung von Sanierungskosten auf die Mietparteien. In der Konstanzer Schwaketenstraße müssen gegenwärtig BewohnerInnen schmerzlich erfahren, dass ihnen ihr Vermieter Vonovia so ganz legal bis zu 40 Prozent mehr Miete abknöpfen darf.

Verschiedene Organisationen und Parteien, etwa die Linke, fordern deshalb eine umfassende Überarbeitung des Mietrechts mit dem Ziel, soziale Schutzstandards bindend zu verankern. Nötig seien zudem geeignete Maßnahmen gegen die Immobilienspekulation, bis hin zur Enteignung, sowie vor allem eine Offensive im Sozialwohnungsbau.

Der Konstanzer Mietspiegel übrigens wird dieses Jahr neu erarbeitet, erstmals unter Beteiligung der Gemeinden Allensbach und Reichenau. Ändert sich an den Berechnungsgrundlagen nichts, kann er Profitjägern erneut als willkommener Mietpreiserhöhungsspiegel dienen.

jüg (Quellen: F+B-Mietspiegelindex 2018, MM Mieterbund Bodensee; zuerst erschienen bei seemoz.)

Foto: die-linke.de

LLK legt Aufsichtsbeschwerde gegen Burchardt ein

Die von Uli Burchardt bei der letzten Gemeinderatssitzung im Alleingang durchgesetzte Verlegung eines Tagesordnungspunkts in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung könnte für den Konstanzer Oberbürgermeister noch ein Nachspiel haben. Die Linke Liste Konstanz (LLK) legte deswegen jetzt beim Regierungspräsidium Freiburg Dienstaufsichtsbeschwerde und Aufsichtsbeschwerde ein. In einem zweiseitigen Schreiben begründen die Stadträt*innen der Liste, Holger Reile und Anke Schwede, diesen Schritt mit dem Verhalten des Rathauschefs, als es bei der Sitzung am 31. Januar wieder einmal um den Verlustbringer Nummer eins gehen sollte.

Auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung stand damals auch ein Antrag der SPD-Fraktion, der sich mit dem defizitären Bodenseeforum und der Nachfolgeregelung für dessen vakante Geschäftsführung befasste. Völlig überraschend entschied der Oberbürgermeister nach der Vorstellung des Antrags durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden, das Thema zu einem späteren Zeitpunkt unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu behandeln. Den Versuch von LLK-Stadtrat Reile, Widerspruch gegen das Ansinnen des OB anzumelden, weil das Thema von öffentlichem Interesse sei und nicht hinter verschlossenen Türen behandelt gehöre, unterband Burchardt kurzerhand durch das Abschalten des Mikrofons, und erzwang eine Abstimmung seines Antrags ohne Aussprache. Die Mahnung eines weiteren Stadtrats, ein solches Vorgehen sei riskant, kommentierte der OB mit der Ankündigung, dass „wir bei diesem Thema die Diskussion in Zukunft eng fassen werden.“

Diesen selbstherrlichen Auftritt des Stadtoberhaupts will die LLK-Fraktion nicht hinnehmen. „Mit dem vorliegenden Verhalten beschneidet der Oberbürgermeister als Sitzungsleiter das Rederecht eines Stadtrats eklatant“, schreiben die Beschwerdeführer*innen, zugleich missbrauche Burchardt damit den Paragrafen 35 der Gemeindeordnung, der die Öffentlichkeit von Sitzungen regelt. Es handele sich im vorliegenden Fall „um eine Angelegenheit von erheblichem öffentlichen Interesse, das demzufolge auch öffentlich behandelt werden muss“. Nichtöffentlich darf laut Gemeindeordnung nur verhandelt werden, „wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern“. Beides lag nach Überzeugung der LLK nicht vor. Ein möglicher „Reputationsschaden“ für das Veranstaltungshaus könne nicht als Begründung herhalten, schreiben Reile und Schwede, „das Recht der Öffentlichkeit auf demokratische Kontrolle zu beschneiden.“

Dieses Recht sei gerade für die Debatten um die Zukunft des Veranstaltungshauses am Seerhein unverzichtbar, ist LLK-Rat Reile überzeugt. „Das BoFo, eines der Lieblingsprojekte des OB, wird die Steuerzahler*innen auf Jahre hinaus Millionen kosten“, beklagt der Ratslinke. Trotz des offenkundigen Scheiterns des undurchdachten Konzepts halte Burchardt mit Zähnen und Klauen an seinem Lieblingsprojekt fest, auf Kosten der Konstanzer Bevölkerung. Habe er sich bislang der Gefolgschaft einer überwältigenden Mehrheit der Gemeinderät*innen sicher sein können, bröckle angesichts der dramatischen Talfahrt und der nahenden Kommunalwahlen die Unterstützung erkennbar. „Nicht zum ersten Mal versucht Burchardt aufkommenden Widerspruch durch autokratisches Gebaren abzubügeln“, erklärt LLK-Rat Reile. „Wir werden das nicht hinnehmen, denn gerade im Fall des Eurograbs am Seerhein ist eine breite öffentliche Diskussion unverzichtbar, um weiteren Schaden abzuwenden.“

Linke Liste Konstanz/J. Geiger

Unterstützung für psychisch belastete Geflüchtete

Flucht und Integration sind zentrale Themen linker Politik, daher begrüßen wir, dass die Zuschuss-Erhöhung auf 5.000 € für „vivo international e.V.“ sowohl im Internationalen Forum als auch im Haupt- und Finanzausschuss einstimmig beschlossen wurde. In diesem Konstanzer Verein erarbeiten Fachleute seit einiger Zeit ein Modellprojekt zur Unterstützung psychisch belasteter Flüchtlinge mit dem Ziel, diese am Ende in die psychotherapeutische Regelversorgung zu integrieren. Dafür werden niedergelassene TherapeutInnen fortgebildet, DolmetscherInnen geschult und in Zusammenarbeit mit den Behörden eine Koordinierungsstelle errichtet. Außerdem werden unter den Geflüchteten GesundheitspatInnen ausgebildet, die einen direkten Draht zu ihren Landsleuten haben und bei Krisen erste Anlaufstelle für Traumatisierte sind.

Das Modellvorhaben wird von der Universität Konstanz wissenschaftlich begleitet und soll ein engmaschiges, bedarfsnahes Gesundheitsnetz entstehen lassen, das auch von anderen Regionen Deutschlands übernommen werden kann. In dem Wissen, dass etwa 30–50% der Geflüchteten psychisch schwer belastet sind, wird sich die LLK dauerhaft für die Förderung von vivo international starkmachen.

red (zuerst erschienen im Amtsblatt Nr. 4/2019)