Die Stadtwerke müssen städtisch bleiben!

Autor | 11. Juni 2023

Die Stadtwerke Konstanz sollen nach den Vorstellungen des Oberbürgermeisters Anteile an die „Thüga Holding“ verkaufen. Dieses Unternehmen hat sich auf Investitionen in kommunale Versorger spezialisiert. Verkauft wird diese Teilprivatisierung als „strategische Partnerschaft“, um sich für die Herausforderungen des Klimawandels zu wappnen. Warum gerade die Thüga ein geeigneter Partner sein soll, bleibt offen: Das Unternehmen kommt nämlich aus dem Erdgassektor. Seine Tochter „Thüga Energie“ ist Mitglied im Lobbyverband „Zukunft Gas“ – bis zum 31.12.2020 „Zukunft Erdgas“. Dieser bewirbt den fossilen Energieträger Gas als klimafreundliche Alternative und macht in den letzten Jahren Werbung für nicht marktreife Wasserstoff-Technologie, um die eigenen Pfründe zu schützen.

Genauso wenig erschließt sich, warum eine Partnerschaft nicht ohne den Verkauf von Gesellschaftsanteilen der Stadtwerke möglich wäre. Ein solcher Verkauf hätte schwerwiegende Folgen: Die Thüga würde eine sogenannte Sperrminorität erhalten und wäre damit in der Lage, die Ausrichtung der Energiesparte der Stadtwerke wesentlich zu bestimmen, denn die Thüga könnte Entscheidungen blockieren, die sie für unlukrativ erachtet. Vertreter*innen des Konzerns bekämen Stimmrecht im Aufsichtsrat und könnten jede Entscheidung im Sinne der Bürger*innenmehrheit verhindern. Der Gemeinderat würde als Akteur nahezu vollständig entmachtet.

Im Gegenzug erhielten die Stadtwerke Geld im Wert der Gesellschaftsanteile, müssten dafür aber Gewinn abführen. Der quotale Anteil übersteigt dabei voraussichtlich die Zinsen eines langfristigen Kredites. Diese Mehrkosten rechtfertigt die Stadtspitze mit „Synergien“ des Verbundes mit der Thüga. Der Gegenwert dieser vermeintlichen Vorteile kann in Geld nicht bemessen werden. Ein ideeller Wert ist nach Auffassung der LLK aber auch nicht ersichtlich. Dass die Thüga de facto Zugang zum Konstanzer Markt erhielte und verschiedene „Lösungen“ für Klimawandelfragen an die Stadt verkaufen könnte, wäre kein Vorteil für Konstanz, sondern ein Vorteil für die Thüga. Der einzige ökonomisch messbare Vorteil einer Partnerschaft wäre die Teilhabe an der Einkaufsgemeinschaft des Unternehmens – diese bezieht fossile Brennstoffe zu einem günstigeren Preis; doch ist es ja gerade das Ziel der Stadt Konstanz, die Abhängigkeit von Gas und anderen klimaschädlichen Energieträgern zu beenden. Die Konstanzer Stadtwerke sollen ein Vorreiter der Klimawandelanpassung werden und sozial verträgliche Klimaneutralität ins Zentrum ihres Geschäftsmodells stellen. Das aber ist mit der Thüga nicht zu machen.

Der Gemeinderat hat zu Recht entschieden, diese wegweisende Entscheidung nicht übers Knie zu brechen. Mit Expert*innen aus verschiedenen wissenschaftlichen Feldern sollen die Möglichkeiten und Alternativen einer Neuausrichtung der Stadtwerke eruiert und der Deal mit der Thüga überprüft werden.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass die endgültige Entscheidung alle Konstanzer*innen treffen können: Wir fordern einen Bürger*innenentscheid.

Foto: hr

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