Rede zum Haushalt 2022 von Stadtrat Simon Pschorr

Autor | 17. Dezember 2021

Hohes Haus,

dieser Haushalt versucht, so wenig wie möglich zu ändern: Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Dabei besteht wesentlicher Handlungsbedarf. Wir müssen unsere Ausgaben senken. Nachhaltig und dauerhaft.

Wir nehmen knapp 400.000 € für ein Innovationslabor in die Hand und tragen jährlich weiter 50.000 €. Nicht einmal, jährlich. Eine rationale Betrachtung der Erfolgsaussichten? Fehlt. Wir zahlen über eine Mio. € jährlich an die MTK. Nicht einmal, jährlich. Eine Erfolgsbilanz? Fehlt. Wir finanzieren das Bodenseeforum mit 2,4 Mio. € jährlich. Nicht einmal, jährlich. Eine Erfolgsbilanz? Fehlt. Diese Dauerkosten können wir uns nicht leisten. Leider sind Sie nicht bereit, diese Aufgaben kritisch zu überdenken. Dabei wissen Sie genauso gut wie ich, dass wir die vielen Millionen für den Kauf des Bodenseeforums unter der Prämisse aufwandten, der Betrieb könne kostendeckend erfolgen. Wenn Sie mir jetzt entgegenhalten: Das Bodenseeforum finanziere sich aus „Umwegerentabilität“ möchte ich Sie fragen, wie hybride Veranstaltungen für die Stadt Konstanz Rentabilität einspielen sollen? Durch hybride Veranstaltungen wird nicht eine Übernachtung generiert, kein Euro in den Einzelhandel getragen und kein Bier mehr ausgeschenkt.

Dabei wissen Sie genauso gut wie ich, wie sehr der Tourismussektor in Konstanz unter der Pandemie gelitten hat. Im HfA habe ich Ihnen aufgezeigt, dass die MTK ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist, die Pandemiefolgen gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung und anderen städtischen Stellen abzufedern. Stattdessen ging der Trend zum Urlaub in Deutschland nahezu völlig an Konstanz vorbei. Wenn Sie jetzt sagen: Die MTK finanziere sich über „Umwegerentabilität“ halte ich Ihnen entgegen: Ein schrumpfender Tourismussektor ist nicht rentabel, er kostet uns Steuereinnahmen! Besonders bitter: Trotz unserer tollen Ausgangslage am See, in der Nähe der Schweizer Berge, mitten in wunderschöner Natur haben wir noch immer kein Konzept für „Urlaub im grünen Konstanz“. Dabei wissen Sie genauso gut wie ich, dass wir auf einen nachhaltigen Tourismussektor wirtschaftlich und für unsere ökologischen Ziele angewiesen sind. Ein neues Dezernat 4, für das wir uns heute einsetzen, wird auch ein Beitrag dazu leisten, dem unwilligen Geschäftsführer der MTK zu zeigen, wo die Reise des Schiffs „Konstanz“ hingeht.
Wenn Sie die benannten und viele weitere Ausgaben – ich sag nur „Smart City“, Hr. Faden hat dazu alles gesagt – ohne jede Zweifel, ohne jede Ermahnung an die defizitäre Aufgabenerfüllung, weiterlaufen lassen, ist es kein Wunder, dass der Haushalt blutet. Corona hat diese schwärende Wunde zum Brennen gebracht, ist aber keineswegs allein dafür verantwortlich. Weil auch Sie das erkennen, beabsichtigen Sie einen „langfristigen Haushaltskonsolidierungsprozess“ unter externer Beteiligung. Verschließen Sie doch nicht die Augen vor den erkennbaren Handlungsmöglichkeiten! Lassen Sie sich doch nicht von einem Consultant diktieren, wie Sie Ihr Haushaltsrecht ausüben! Sie werden sehen: In zwei Jahren werden „kreative Vorschläge“ kommen wie Stellenstreichungen und Abstriche bei Kunst, Kultur und Bildung. Hr. Everke hat gerade schon demonstriert, was uns blüht. Dieser Gemeinderat trägt die Verantwortung dafür, das vielfältige, bunte Angebot für alle Einwohner*innen zu sichern.

Die Linke Liste Konstanz hat Ihnen vielfältige Vorschläge präsentiert, wie Sie sparen können, ohne die Stadt ihrer Seele zu berauben und aus der öffentlichen Hand ein besseres Unternehmen zu machen. Sie haben sich dagegen entschieden. Wir haben Vorschläge präsentiert, wie gezielt zusätzliche Steuereinnahmen in leistungsfähigen Gewerbebereichen generiert werden können. Auch dagegen haben Sie sich entschieden. Stattdessen wollen Sie die Lücken im Haushalt auf Kosten der Bürger*innen mit Erhöhungen der Grundsteuer stopfen. Diese Steuer trifft jedermann – ungeachtet der Leistungsfähigkeit, ungeachtet ob Eigentümer oder Mieterin. Damit erdrosseln Sie das Portemonnaie vieler Arbeiter*innen, junger Familien und Rentner*innen. Es wird Ihre Verantwortung sein, diese Entscheidung den Einwohner*innen zu erklären. Die Linke Liste unterstützt diese Fehlentscheidung nicht.

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