Silvesterknallerei, Wärmeverbund und Wasserbus

Autor | 31. Mai 2025

Mehrere kommunalpolitisch besonders relevante Themen wurden kürzlich in verschiedenen gemeinderätlichen Gremien behandelt. Hier die Debattenbeiträge unseres Stadtrates Holger Reile.

Silvesterknallerei

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen,

wir haben den Erfahrungsbericht zu Silvester angefordert, weil es auch in unserer Stadt aus vielerlei Gründen zunehmend berechtigte Zweifel gibt, ob die traditionelle Knallerei überhaupt noch vertretbar ist. Auch wenn es derzeit noch an den gesetzlichen Grundlagen fehlt, die Böllerverbotszone deutlich über unsere Altstadt hinaus auszuweiten, bleibt das Thema auf der Tagesordnung.

Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Deutsche Umwelthilfe und der Berliner Landesbezirk der Gewerkschaft der Polizei bereits am 6. Januar 2025 rund 2 Millionen Unterschriften vorgelegt haben, die ein komplettes Pyrotechnikverbot für den Privatgebrauch fordern, um Mensch, Tier und Umwelt vor schweren Verletzungen und irreparablen Schäden zu schützen. Ein vernünftiger Vorschlag, den man ernst nehmen sollte und der von mittlerweile 34 Organisationen aus ganz Deutschland unterstützt wird. Die ausführliche Begründung für diesen Antrag ist in unserer Vorlage nachzulesen.

So gesehen ist die Absicht unserer hiesigen Touristikabteilung MTK, als Alternative zur gewalttätigen Böllerei eine Lasershow anzubieten, eine gute und unterstützenswerte Idee. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Seenachtfest schon um die Ecke schielt: Nicht nur ich habe noch nie verstanden, warum es da direkt nebeneinander zwei Knall-Orgien mit all ihren negativen Begleiterscheinungen gibt, deren Sinnhaftigkeit sich einfach nicht erschließen mag. Das Ganze erinnert eher an ein spätpubertäres und albernes Gehabe, das unnötigerweise auch noch einen Haufen Geld kostet.

Aber vielleicht – die Hoffnung stirbt zuletzt – setzen sich die zuständigen Stellen beider Seiten mal zusammen und planen endlich eine gemeinsame und nachhaltige Alternative, mit der man sicher auch punkten kann.

In diesem Sinne: Viel Erfolg!

Wärmeverbund

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen,

dass dieses Projekt im Kern sicher mittelfristig ein Eckpfeiler für Klimaschutz, Klimawende und eine zukunftsfähige kommunale Wärmeversorgung werden könnte, steht außer Frage. Ebenso klar ist, dass die Stadt Konstanz deutlich hinter ihren selbstauferlegten Klimaschutz-Zielen zurückliegt. Es besteht also umgehend Handlungsbedarf.

Nach den gescheiterten Verhandlungen mit dem Thüga-Konzern, der sich unsere Stadtwerke zum großen Teil einverleiben wollte, glaubt man nun, mit Iqonie Energies einen passenden Partner gefunden zu haben, hinter dem allerdings ein privater spanischer Investor steht, der natürlich auch Rendite für seine Aktionäre erwirtschaften will.

Da drängen sich logischerweise einige Fragen auf. Denn wer die heutige Vorlage genau liest, wird erfahren, dass der neue Wunschpartner bei der noch zu gründenden Gesellschaft in strittigen Fällen das letzte Wort haben wird. Zitat: „Diese Struktur führt zu einer faktischen teilweisen Beherrschung der Gesellschaft durch Iqonie“. Zitat Ende. Das, so lesen wir dann weiter, gehe in der Regel gar nicht anders und sei durchaus üblich bei solchen Geschäften. Aber irgendwie werde man sich im Konfliktfall wohl schon einigen. Beruhigt uns das und wollen wir dieses Risiko tatsächlich eingehen?

Im Vorfeld der Partnersuche und bis zur heutigen Entscheidung gab es mehrere Sitzungen, die sich mit dem Thema ausführlich beschäftigten – alle waren allerdings nichtöffentlich, zum Teil aus durchaus nachvollziehbaren Gründen – Stichwort Betriebsgeheimnis und anderes mehr. Da aber auch die Mitglieder des Aufsichtsrates der Stadtwerke – also nicht wenige von uns – zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, können und dürfen sie auf konkrete Anfragen aus der Bürgerschaft gar nicht oder nur ausweichend antworten.

Das, Kolleginnen und Kollegen – empfinde ich als ein Dilemma auf der kommunalpolitischen Kommunikations-Schiene. Es erschwert den offenen Diskurs, blockiert teilweise die nötige Debatte und führt auch oft zu Spekulationen in der Öffentlichkeit, die der Sache nicht dienlich sind. Denn viele von uns wissen aus langjähriger Erfahrung ganz genau, dass richtungsweisende Vorhaben wie dieses meist nur dann gelingen, wenn wir unsere Stadtgesellschaft frühzeitig und transparent informieren und in den Entscheidungsprozess einbinden. Und da wäre, mit Verlaub, unserer Meinung nach noch Luft nach oben gewesen.

Fragen aus der Bürgerschaft gab es und gibt es immer noch. Zum Beispiel: Worauf wird man sich mit dem neuen Partner konkret einstellen müssen? Wäre es nicht sinnvoll gewesen, für den veranschlagten Finanzbedarf bei dem gewünschten Wärmenetz eine genossenschaftlich ausgerichtete Bürgergesellschaft zu gründen, die die Finanzierung in Angriff nimmt und bereit ist, in regionale und fortschrittliche Technologien zu investieren? Erfolgreiche Beispiele dieser Art gibt es mehrere. Wurde diese Option überhaupt ernsthaft geprüft? Und: Was kommt an Kosten im Endeffekt auf die Verbraucher zu, wenn man den Deal mit Iqonie eingeht?

Ein Letztes noch: Meine Fraktion hat dazu keine einheitliche Meinung und wird dementsprechend unterschiedlich abstimmen.

Anmerkung: Anke Schwede und Holger Reile enthielten sich, Wolfgang Moßmann stimmte für den Wärmeverbund, der mit großer Mehrheit vom Gesamtgemeinderat befürwortet wurde.

Wasserbus

Herr Bürgermeister, Kolleginnen und Kollegen,

auf den ersten Blick hat das Projekt elektrobetriebener Wasserbus durchaus Charme, aber bei näherer Betrachtung gibt es diverse Punkte, die dagegensprechen. Niemand sollte uns daran hindern, über Nacht klüger zu werden.

Die geplante Wasserbusverbindung ist nämlich weniger ein Klimaschutzprojekt, das zur angeblich beabsichtigten Verkehrswende beiträgt, es ist weit mehr ein touristisches Angebot, von dem unsere Stadtgesellschaft kaum oder auch gar nicht profitiert. Fast alles nur touristischen Belangen unterzuordnen, führt uns in die falsche Richtung.

Dagegen sprechen auch die enormen Kosten in Millionenhöhe, die veranschlagt sind – und das bei unserer extrem angespannten Haushaltslage. Eine zusätzliche Risiko-Investition können wir guten Gewissens nicht vertreten.

Es gibt mehrere Stellungnahmen, nicht nur von Natur- und Umweltschutzverbänden, die den E-Wasserbus sehr kritisch sehen, darunter auch die von Ionnis Karipidis, der während der Probephase des Wasserbusses zwischen 2018 und 2020 Fahrplaner der Bodensee Schifffahrtsbetriebe (BSB) war und sehr genau weiß, wovon er spricht. Seine sachbezogene Bedenkenliste liegt allen Fraktionen vor. Da ist unter anderem zu lesen:

– „Aus verkehrsplanerischer Sicht bietet ein wassergebundener Personentransport zwischen dem Parkplatz am Bodenseeforum und dem Hafen keine Vorteile gegenüber einem straßengebundenen Verkehrsmittel …“.
– „Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Stadt Konstanz basieren auf einem sehr optimistischen Szenario mit deutlich zu hoher angenommener Auslastung.“
– „Der Probebetrieb hat gezeigt, dass keines der angestrebten Ziele erreicht wurde: Die Schiffe waren nur gering ausgelastet, konnten den Fahrplan nicht zuverlässig einhalten und trugen nicht zur Entlastung des innerstädtischen Verkehrsnetzes bei …“
– „Insgesamt lässt sich die Einführung eines Wasserbusses aus verkehrsplanerischer und wirtschaftlicher Sicht weder begründen noch empfehlen …“

Meine Fraktion wird dem E-Wasserbus nicht zustimmen und dafür plädieren, unseren ÖPNV, und da vor allem den normalen Busverkehr, attraktiver und vor allem auch günstiger zu machen.

Anmerkung: Der gewünschte E-Wasserbus wurde aus Kostengründen buchstäblich versenkt. Stattdessen will man nun einen erneuten Probelauf mit einem dieselbetriebenen (!) Schiff anbieten. Wir erinnern uns: Die Stadt Konstanz hat vor nicht allzu langer Zeit den Klimanotstand ausgerufen. Die Linke Liste hat dem nun zweiten Probelauf, der ein fauler Kompromiss ist, nicht zugestimmt, ebenso zwei VertreterInnen der Grünen. Schlussendlich wird der Gesamtgemeinderat in seiner Sitzung im Juni über den weiteren Verlauf des umstrittenen Vorhabens entscheiden.

Bild von Pedro Cuevas auf Pixabay

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