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Öffentliche Diskussion um Soldaten-Denkmal ist überfällig

Die Linke Liste Konstanz hat die begrüßenswerte Aktion der Friedensinitiative unterstützt, das Soldaten-Standbild am Eingang des Chérisy-Areals mit einer Plane auszustatten, mit der auf den kriegsverherrlichenden Charakter dieses Denkmals hingewiesen wird. Bei der Verhüllungsaktion vor Ort waren deshalb neben unseren StadträtInnen Anke Schwede und Holger Reile auch die ehemalige LLK-Rätin Vera Hemm und der Linke-Kreisrat Hans-Peter Koch.

Die Soldaten-Statue wurde im Auftrag des Naziregimes errichtet, das für die größten Menschheitsverbrechen im Namen deutscher Großmachtinteressen verantwortlich ist. Für die Linke Liste ist es unerträglich, dass ein solches Monument von der Politik seit Jahrzehnten unbeachtet und nicht kommentiert im öffentlichen Raum stehen kann. Dies um so mehr, als wir gegenwärtig erleben müssen, dass deutsche RegierungspolitikerInnen, angeführt von Bundespräsident Gauck, lauthals für noch mehr militärische Gewalt zur Durchsetzung “deutscher Interessen” trommeln.

Wir sehen uns immer häufiger damit konfrontiert, dass die Herrschenden wirtschaftliche und politische Ziele mit Mord und Totschlag durchsetzen wollen – nicht nur in Afrika und dem Nahen Osten, sondern inzwischen auch auf europäischem Boden. Deshalb halten wir eine öffentliche Diskussion um die Zukunft des Soldaten-Denkmals nicht für akademisch, sondern betrachten sie als einen notwendigen Schritt: Nicht nur, um den Umgang mit solch traurigen Relikten der Vergangenheit zu thematisieren, sondern um die überfällige Auseinandersetzung mit dem gefährlichen außenpolitischen Kurs der Bundesregierung auch vor Ort anzustoßen. Die Linke Liste wird ihren Beitrag dafür leisten, eine solche öffentliche Diskussion zu initiieren. Bis dahin sollte die Plane hängen bleiben – als Mahnung in kriegerischen Zeiten.

Linke Liste Konstanz

Annette Groth: Roma haben ein Recht auf faire Asylverfahren

AnnetteGrothNoch gut in Erinnerung dürfte den meisten die Abschiebung einer Roma-Familie im Mai aus der Konstanzer Flüchtlingsunterkunft in der Steinstraße sein. Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, sollen solche Akte der Inhumanität in Zukunft noch zügiger vonstatten gehen. Sie plant, per Gesetz Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als “sichere Herkunftsstaaten” einzustufen. Das würde es den Behörden erheblich erleichtern, Roma, die vor Diskriminierung und Not aus diesen Ländern in die Bundesrepublik geflüchtet sind, aus dem Land zu werfen. Am 19. September muss das Gesetz noch die Hürde des Bundesrats nehmen.

Annette Groth, Bundestagsabgeordnete aus dem Bodenseekreis und menschenrechtspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, hat aus Anlass der Beratungen des “Gesetzes zur Einstufung von Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten” in einem Brief an Ministerpräsident Kretschmann appelliert, die Zustimmung Baden-Württembergs zu diesem Gesetz zu verweigern.

In ihrem Brief bittet sie den Ministerpräsidenten, “am 19.09. im Bundesrat eine weitere Verschärfung des Asylrechts zu verhindern”. Weiter in dem Brief: “Es liegt in Ihrer Hand, dieses Gesetz zu verhindern und dafür zu sorgen, dass auch Roma aus Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien die Möglichkeiten für ein faires Asylverfahren in Deutschland behalten.”

Annette Groth weist darauf hin, dass in der Anhörung und den Beratungen im Deutschen Bundestag zum Gesetzentwurf zur Einstufung von Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsstaaten sachkundige Verbände wie Amnesty International, Pro Asyl, UNHCR und der Kirchen klargestellt haben, dass die Menschenrechtssituation in den genannten Ländern eine Einstufung als “sicheres Herkunftsland” gerade für Angehörige der Roma nicht zulässt: In diesen Ländern gibt es weitreichende‚existenzgefährdende Formen der Diskriminierung und fehlenden staatlichen Schutz vor rassistischen Angriffen.

Annette Groth: “Ich freue mich, dass auch Mitglieder der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen eine eindeutige Ablehnung des Gesetzentwurfs fordern. Es ist in keiner Weise hinzunehmen, dass die Bundesregierung versucht, durch ‘Kompromissangebote’ in Bereichen wie Gesundheitsversorgung, Arbeitsmarktzugang oder Geldleistungen für Asylbewerber einen fairen Asylzugang für Menschen in Not aufzuweichen”.

Groth fordert deshalb in dem Brief an den Ministerpräsidenten: “Die grün-rote Landesregierung ist im April 2011 mit dem Slogan ‘Humanität hat Vorrang’ angetreten. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik soll der ‘Grundsatz eines menschenwürdigen Umgangs mit Flüchtlingen’ eingehalten werden. Dies lässt aus unserer Sicht nur ein deutliches NEIN zur geplanten Asylrechtsverschärfung zu.”

 Pressemitteilung, MdB Annette Groth

Antikriegstag 2014: Schluss mit Aufrüstung, Militäreinsätzen und Waffenexporten

Nein-zum-Krieg-LinkeVor 75 Jahren, am 1. September 1939, überfiel Hitlers Nazi-Deutschland Polen – der Beginn des 2. Weltkrieges. Erst 25 Jahre zuvor hatten die europäischen Großmächte, allen voran das deutsche Kaisserreich, den ersten weltumspannenden Krieg des 20. Jahrhunderts entfesselt. Die Friedensbewegung erinnert bis heute am 1. September, am Antikriegstag, an die Gräuel, die von kriegerischen Auseinandersetzungen ausgehen. Bundesweit macht die Friedensbewegung an diesem Tag mit Aktionen und Veranstaltungen auf die Aktualität der Forderung “Nie wieder Krieg” aufmerksam. Gerade angesichts der wachsenden Bereitschaft der Herrschenden, Konflikte mit Waffengewalt auszutragen, ist dies nicht nur historische Verpflichtung, sondern aktuelle Notwendigkeit.

Auch die Konstanzer LINKE ruft anlässlich dieser traurigen Jahrestage dazu auf, Krieg als Mittel der Politik endlich auszuschließen. Sie fordert, Militäreinsätze zu beenden und Rüstungsexporte zu verbieten. Sie wendet sich entschieden gegen eine weitere Militarisierung der bundesdeutschen Außen- und Innenpolitik. Die Vorstöße von Bundespräsident Gauck und anderer Politiker, “auch zu den Waffen zu greifen”, weisen wir zurück. DIE LINKE stellt sich gegen eine Politik, die immer mehr militärisch denkt und handelt. Wir treten konsequent für eine Zivilisierung der Außenpolitik ein.


Infostand, Montag, 1. September, 16 Uhr, Konstanz, Markstätte


Der drittgrößte Waffenexporteur der Welt – kaum Geld für friedliche Konfliktlösungen

Aktuell stehen im Bundeshaushalt 32 Milliarden Euro für Rüstungszwecke zur Verfügung, seit dem Jahr 2000 ist der Militäretat um rund 40 Prozent gestiegen. Die Rüstungskonzerne profitieren von staatlichen Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe. Von ca. 16.000 Waffenexportanträgen jährlich werden gerade einmal um die 100 vom Bundeswirtschaftsministerium nicht genehmigt. Seit Angela Merkel Kanzlerin ist, hat die BRD Waffen im Wert von jährlich durchschnittlich 8,16 Milliarden Euro exportiert. Damit ist Deutschland derzeit weltweit der drittgrößte Waffenexporteur. Während die Regierung die Geschäfte mit tödlichen Waffen großzügig fördert, stellt sie für zivile Krisenprävention gerade einmal 95 Millionen Euro pro Jahr im Bundeshaushalt zur Verfügung.

Die internationale Politik der LINKEN zielt dagegen auf Abrüstung und Entmilitarisierung. Jede exportierte Waffe trägt dazu bei, dass anderswo in der Welt Konflikte gewaltsam geführt und Menschen getötet werden. Damit muss Schluss sein.

Deutschland befeuert den Ukraine-Konflikt

An den Krisen in aller Welt verdient die Bundesrepublik nicht nur kräftig mit, sie facht sie teilweise selbst an. Schon seit Längerem drängt die deutsche Regierung auf Unterzeichnung des EU-Assoziationsabkommens mit der Ukraine, das darauf abzielt, das Land für westliche Konzerne zu öffnen: „Ein Markt von 45 Millionen Konsumenten lockt“ die europäischen Unternehmen (Osnabrücker Zeitung). Hinter der aggressiven Politik des Westens stehen auch geostrategische Interessen. Das als Konkurrent um Einflusssphären betrachtete Russland soll isoliert und geschwächt werden, wenn nötig auch mit militärischen Mitteln.

peace-actionZur Durchsetzung dieser Ziele führt die ukrainische Putsch-Regierung einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung in der Ostukraine, die sich dieser Politik nicht beugen will. Mehr als 2.000 zivile Opfer hat der von den USA, der EU und der NATO unterstützte blutige Konflikt schon gekostet. DIE LINKE fordert ein Ende sämtlicher Kampfhandlungen sowie eine Verhandlungslösung unter Einbezug aller Konfliktparteien. Die Bundesregierung ist von uns aufgefordert, auf die ukrainische Regierung Einfluss zu nehmen, um eine wirksame Waffenruhe zu erreichen.

Nur Verhandlungen helfen in Gaza

Erneut brodelt es in Gaza: Über 2.000 Menschen wurden getötet, 75% davon Zivilist_innen, über 10.000 wurden verletzt. Die Angriffe auf die Zivilbevölkerung müssen aufhören. DIE LINKE ist der Meinung, dass der Krieg, den die Regierung Netanjahu in Gaza führt, durch nichts zu rechtfertigen ist. Er muss scharf verurteilt werden. Jedoch dürfen die Rolle der radikalislamischen Hamas und ihre Verantwortung für die jetzigen Gewaltexzesse nicht ausgespart werden. Es darf nicht der Eindruck entstehen, Israel – dessen Bevölkerung zu Unrecht als Ganzes in Kollektivhaftung genommen wird – sei der alleinige Aggressor. In diesem Konflikt müssen Scharfmacher auf beiden Seiten für die völlig inakzeptablen Gewalttaten in die Pflicht genommen werden. Es gibt in diesem Konflikt keine Seite, für die man einseitig Partei ergreifen könnte, Leidtragende sind sowohl die palästinensische als auch die israelische Bevölkerung. Unsere Bündnispartner_innen vor Ort sind jene, die eine friedliche, gerechte, nichtmilitärische Lösung anstreben. DIE LINKE betont nochmals, dass sie Antisemitismus, wie er vereinzelt während Protestaktionen gegen den Gazakrieg auch hierzulande zu beobachten war, aber auch antimuslimischen Rassismus sowie Nationalismus aller Couleur scharf verurteilt.

Irak: Ein dritter Krieg ist keine Lösung

Ein dritter der vielen Brandherde ist der Nordirak. Die barbarischen Gewalttaten des „Islamischen Staats“ (IS) kosten täglich Menschenleben und vertreiben Zehntausende aus ihrer Heimat. Die kalkuliert zur Schau gestellten Gräueltaten durch den IS, die Bilder vom unermesslichen Leid der Flüchtlinge und das offenkundige Scheitern des Iraks als Staat führen auf der ganzen Welt zu Verunsicherung und zu einem neuen Nachdenken über die richtigen Strategien für eine Beendigung des Konflikts. Zur Wahrheit gehört, dass es den Vormarsch des „Islamischen Staats“ nicht gäbe, wenn es 2003 den völkerrechtswidrigen Einmarsch in den Irak unter Führung der USA nicht gegeben hätte und wenn der Westen in Syrien nicht ständig Öl ins Bürgerkriegsfeuer gegossen hätte. Die IS-Banden sind Geschöpfe einer völlig verfehlten und gescheiterten Sicherheitspolitik des Westens, die gescheiterte Staaten in Serie produziert hat und weiter produziert.

Bomben_schaffen_keinen_FriedenErst die Zerrüttung Syriens in dem auch von Deutschland befeuerten dortigen Krieg („Befreiung von Assad“) hat es diesen Terroristen ermöglicht, ganze Landstriche unter Kontrolle zu bekommen und sich eine Machtbasis für die weitere Expansion zu schaffen. Nahost-Experten, auch aus dem westlichen Lager, sind sich einig: Ohne finanzielle und logistische Hilfen aus Saudi-Arabien, Katar und der Türkei, zweier enger Verbündeten des Westens, hätte der IS seine heutige Stärke nicht erlangen können.

Vor allem von kurdischen Kämpfer_innen, namentlich der in Deutschland verbotenen PKK, kann die Zivilbevölkerung Hilfe erwarten. Zur Unterstützung des Widerstands gegen den IS sind nicht weitere Waffen nötig, es bedarf vielmehr spürbarer Sanktionen gegen die Staaten, die ihn finanziell und mit Kriegsgerät unterstützen: Türkei, Saudi-Arabien, Katar. Nichts dergleichen tun die NATO-Staaten indes. Sie paktieren weiter mit den Ausstattern des IS, der Status der PKK bleibt. Statt Waffen zu liefern, wie jüngst vom Kabinett beschlossen, muss die Bundesregierung diese Fragen endlich angehen.

Waffenlieferungen bedeuten Öl ins Feuer

Waffen jetzt in eine Krisenregion wie den Nordirak zu liefern, gießt nur mehr Öl ins Feuer. Diese Lieferungen und militärisches Eingreifen bereiten – solange die Wirtschaftsmächte dieser Welt ihre neoliberale und militaristische Außenpolitik zulasten der Entwicklungsländer nicht ändern – zwangsläufig nur die nächsten Krisenherde vor. Das ist stets fruchtbarer Boden für Organisationen wie IS. Die internationale Gemeinschaft muss in dieser Krise nach drei gleichberechtigten Prämissen handeln: akute Konflikt-eindämmung, politische Deeskalation und humanitäre Hilfe. Dies darf nicht die Stunde von militärischen Interventionen werden. Ein dritter Irakkrieg ist keine Lösung.

Humanitäre Hilfe leisten, Flüchtlinge aufnehmen, Region demilitarisieren!

Anstatt immer wieder auf Militärinterventionen und Waffenlieferungen als vermeintliche Lösungsansätze zurückzugreifen, ist eine konsequente Politik der Demilitarisierung der Region nötig, beginnend mit einem umfassenden Waffenembargo. Wir brauchen eine massive Aufstockung der humanitären Hilfe und nicht zuletzt müssen die europäischen Regierungen dazu bereit sein, in Zukunft mehr Flüchtlingen aus Krisenregionen Schutz zu gewähren. Die Politik muss endlich die Voraussetzungen für eine ausreichende Aufnahme von Asylsuchenden in Deutschland schaffen. Ein kleines Land wie Schweden geht mit gutem Beispiel voran, indem es sich dazu bereit erklärt hat, künftig alle syrischen Flüchtlinge aufzunehmen.

Nie so viele Konflikte wie heute

Seit dem zweiten Weltkrieg hat es nie eine solche Vielzahl an bewaffneten Konflikten gegeben wie heute. Noch nie zuvor hat außerdem eine Bundesregierung in so kurzer Zeit so viele Auslandseinsätze der Bundeswehr im Bundestag beschließen lassen wie die derzeitige CDU/ CSU/SPD-Bundesregierung. Damit muss endlich Schluss sein. Nicht nur in Afghanistan und aktuell im Irak stehen die kriegführenden Staaten vor den Trümmern ihrer eigenen militärischen Logik. Mit der Waffe in der Hand lässt sich keine Demokratie verbreiten, lassen sich keine Konflikte lösen, lassen sich keine Menschenrechte schützen. Das Gebot der Stunde ist es, zivile, nichtmilitärische Konfliktlösungen voranzutreiben. Rüstungsproduktion, Militärmacht und Krieg dürfen kein Standbein für Wirtschaft und Politik sein.

DIE LINKE, Kreisvorstand Konstanz

Regionales Bündnis gegen Handelsabkommen TTIP plant Aktionen

TTIP stoppen!Auf Initiative des Ortsvereins Medien der Gewerkschaft ver.di formiert sich im Raum Konstanz ein regionales Bündnis gegen das derzeit zwischen der EU und den USA verhandelte Freihandelsabkommen TTIP. Auf einem ersten, gutbesuchten Treffen Anfang August einigten sich die Beteiligten darauf, im Herbst auch regional Aktionen gegen TTIP zu organisieren; jetzt laden die InitiatorInnen alle Interessierten zu einem zweiten Treffen am 21. August ein, um das weitere Vorgehen zu beraten (Besprechungsraum des DGB-Hauses, Beyerlestraße 1, Konstanz).

Der Kreisverband der Linken, die örtliche Linksjugend solid und die Linke Liste Konstanz unterstützen die Initiative.

Zur Notwendigkeit von lokalen Aktivitäten gegen das geplante Abkommen schrieben die InitiatorInnen in ihrer Einladung:

“Das sogenannte Freihandelsabkommen TTIP muss uns Sorge bereiten: Es wird hinter verschlossenen Türen verhandelt, senkt Standards bei Verbraucher- und Arbeitsschutz, gibt den Großkonzernen weitreichende Vollmachten und hebelt die Demokratie aus. Gegen dieses Abkommen mobilisieren europaweit zahlreiche Gruppierungen; TTIP-GegnerInnen haben inzwischen den 11. Oktober zum internationalen Aktionstag ausgerufen.

Wir vom ver.di-Ortsverein Medien wollen diesen Tag auch in Konstanz begehen und machen uns derzeit Gedanken über eine Informationsveranstaltung, die im Vorfeld dieses Aktionstags stattfinden soll.

Damit der Protest vor Ort von einem breiten Bündnis getragen wird, schlagen wir ein Treffen aller interessierten Umweltverbände, Gewerkschaften, Initiativen, Interessensgemeinschaften und örtlichen Parteien vor, auf dem wir mögliche Aktionsformen und gemeinsame Standpunkte besprechen wollen. Als Diskussionsgrundlage bietet sich die Gemeinsame Erklärung von über 120 europäischen Organisationen an, die auf der Website www.ttip-unfairhandelbar.de zu finden ist.

Beim geplanten transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen TTIP geht es um weit mehr als Chlorhühnchen oder Genmais. TTIP soll nach allem, was man bisher weiß, eine weitgehende Deregulierung erkämpfter Standards ermöglichen und es Firmen erlauben, Staaten zu verklagen, wenn diese Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung beschließen. TTIP kommt zudem nicht allein. Zwar hat sich die deutsche Regierung vor zwei Tagen gegen ein ähnliches Vorhaben zwischen Kanada und der EU ausgesprochen, doch ihre Vorbehalten richten sich nur gegen einzelne Teile des geplanten Vertragswerks. Und teilweise noch viel weiter geht das derzeit von den USA, der EU und 21 anderen Staaten verhandelte Privatisierungsabkommen TISA.”

Redaktion

Wir melden uns dann mal ab

Liebe Mitglieder, FreundInnen und Interessierte, auch wir machen Ferien. Im August finden keine regelmäßigen Treffen der Linken Liste Konstanz und keine Sprechstunden der StadträtInnen statt und auch Online treten wir etwas kürzer.
Wir sind aber per E-Mail (die-linke-kn@gmx.de) und telefonisch (07531 900 836) erreichbar.

Ab 1. September melden wir uns an dieser Stelle in alter Wachheit zurück; am 8. September 2014 starten wir dann wie gewohnt um 17.00 Uhr mit der wöchentlichen BürgerInnen-Sprechstunde und um 18.30 Uhr findet die öffentliche Sitzung im Büro an der Unteren Laube 24 statt.
Bis dahin eine gute Zeit und erholsame Tage!

Die Gemeinschaftsschule ist ein Erfolgsmodell

Alle fördern durch GemeinschaftsschulenLernen ohne Notendruck und Angst vorm Sitzenbleiben? Wovon Generationen von Schülern träumten, wird langsam Wirklichkeit: Die Konstanzer Gemeinschaftsschule wächst deutlich rasanter als geplant und stellt die Verwaltung daher vor erhebliche Herausforderungen. Der Gemeinderat fasste daher jetzt einige für die Konstanzer Schulentwicklung wegweisende Beschlüsse, die für gleich zwei Traditionsschulen das Aus bedeuten dürften.

Der Trend ist nach Angaben der Verwaltung ganz eindeutig: “Das Wahlverhalten bei den weiterführenden Schulen ist in Konstanz nach wie vor dadurch geprägt, dass über 60% das Gymnasium und annähernd 20% die neue Schulart Gemeinschaftsschule wählen, was zu Lasten der Schularten Werkreal- und Realschule geht und die Frage nach dem Erhalt aller Standorte aufwirft.” Die in konservativen Kreisen kritisch beäugte Gemeinschaftsschule, die mit dem strikten Selektionsmodell des traditionellen mehrgliedrigen Schulsystems brechen und dem Nachwuchs mehr Chancengleichheit beim Start ins Leben bieten soll, wird in Konstanz also zum Erfolgsmodell, bereitet den Planern aber Kopfzerbrechen.

Abstimmung mit den Füßen

Bürgermeister Andreas Osner verwies darauf, dass die Planer eigentlich eine vierzügige Gemeinschaftsschule einrichten wollten, dann aber von der hohen Zahl der Anmeldungen überrollt wurden und jetzt, da sie aus rechtlichen Gründen keine Schüler abweisen dürfen, eine sechszügige Gemeinschaftsschule einrichten müssen, was immense organisatorische Probleme mit sich bringe. Waltraut Liebl-Kopitzki, die Leiterin des Amtes für Schule, Bildung und Wissenschaft, ergänzte, dass nach derzeitigem Stand insgesamt 1246 Quadratmeter für diese Schule fehlten, weshalb nicht daran zu denken sei, am Standort Zähringerplatz zusätzlich zur Gemeinschaftsschule auch noch eine zweizügige Theodor-Heuss-Realschule beizubehalten. Die Verwaltung plant vielmehr “bis auf Weiteres den Ausbau der sechszügigen Gemeinschaftsschule durch Nutzung des Raumbestands am Zähringerplatz und den Neubau auf dem Pestalozzi-Areal.”

Theodor-Heuss-Schule ade?

Der Hintergrund dieser ihrer Bemerkung war ein Zusatzantrag des Gesamtelternbeirates, der wollte, dass – nach der Ausbreitung der Gemeinschaftsschule auf das neue Gebäude an der Pestalozzistraße – am Zähringerplatz in der Theodor-Heuss-Schule dauerhaft eine zweizügige Realschule beibehalten werden solle. Derzeit ist von nur einem Zug die Rede, der später aber der Gemeinschaftsschule geopfert werden könnte, was das Ende für die Theodor-Heuss-Schule wäre.

Einen Fürsprecher fand die Realschule am jetzigen Standort in Heinrich Everke (FDP), der meinte, der derzeitige Run auf die Gemeinschaftsschule sei eine Modeerscheinung, die sich in ein paar Jahren “normalisiert” haben dürfte, so dass man hier auf jeden Fall eine mindestens einzügige Realschule vorhalten müsse. In dieselbe Kerbe schlug der offensichtlich agitierte Kurt Demmler (CDU), sonst eher einer der Stillen im Rate, der die Gemeinschaftsschule in Bausch und Bogen als ausschließlich ideologisch motiviertes rot-grünes Teufelswerk verdammte.

Nach einem wirren Ringen um einzelne Worte seines Beschlusses beauftragte der Gemeinderat mit 28:10 Stimmen die Verwaltung, wie es in prächtigstem Vorlagendeutsch heißt, “darzustellen, wie die dauerhafte Aufnahme von bis zu sechs Zügen an der Gemeinschaftsschule Gebhard räumlich gelöst werden kann und welche Auswirkungen dies auf die bestehende Schullandschaft hat.”

Nun hat die Theodor-Heuss-Schule, die sichtlich um ihr Überleben kämpft, beantragt, sich auch zur Gemeinschaftsschule fortentwickeln zu dürfen, und so ihre Eigenständigkeit zu erhalten, stand damit aber auf verlorenem Posten, da der Gemeinderat einstimmig der Meinung war, man brauche in unmittelbarer Nachbarschaft nicht zwei separate Gemeinschaftsschulen. Benötigt man später eine weitere Gemeinschaftsschule, wird diese wohl eher in Wollmatingen entstehen.

In dieser Sitzung wurde auch klar, was künftig aus den Realschülern in Konstanz werden soll: Die Geschwister-Scholl-Schule in Wollmatingen soll so ausgebaut werden, dass sie genug Raum für alle Realschüler/innen aus Konstanz bietet. Sollte die Gemeinschaftsschule weiter derartigen Zuspruch finden, dürfte die Theodor-Heuss-Schule geopfert werden.

Zoffingen ade!

Eine andere Entscheidung der Gemeinderätinnen und -räte löste bei einigen Alteingesessenen sichtlich emotionale Reaktionen aus: Da die Anmeldungen stetig zurückgegangen sind, ist das Ende der Werkrealschule/Realschule Zoffingen gekommen, denn ab dem Schuljahr 2015/2016 werden keine Schülerinnen mehr in die Eingangsklassen 5 aufgenommen, und am 31.08.2019 läuft der Mietvertrag mit dem Nonnenkloster aus, was dann nach annähernd 250 Jahren das Ende der Traditionsschule bedeutet.

Es gibt auch in der Schulpolitik zahlreiche Unwägbarkeiten: Niemand weiß genau, für welche Schultypen sich Eltern und SchülerInnen in einigen Jahren entscheiden werden, und niemand kann vorhersagen, ob es nicht in der Bildungspolitik nach den nächsten Landtagswahlen einen erneuten Richtungswechsel geben wird. Der Plan für Konstanz ist jedenfalls derzeit recht klar: “Die Zahl und Auslastung der 4 Gymnasien mit jeweils 4 Zügen entwickelt sich wie geplant seit Jahren stabil, die Werkrealschule bildet mit der Berchenschule einen starken Standort, die Realschule kann am Standort Geschwister-Scholl-Schule ein hohes Maß an Profilen und Wahlangeboten offerieren. Sollte durch weitere Entwicklungen und Nachfrage in Wollmatingen eine zweite Konstanzer Gemeinschaftsschule entstehen, kann mit der dargestellten Konzeption der Gemeinschaftsschule Gebhard reagiert werden.”

Man darf sich aber sicher sein, dass die Diskussion um Standorte und Konzepte insbesondere in Gemeinderat und Elternschaft bald weitergeht, denn man sollte nicht vergessen, welch großes Land Deutschland ist – es beherbergt ja neben 80 Millionen Fußballbundestrainern auch noch ca. 40 Millionen Bildungsexperten.

Kinderbetreuung für Gemeinderatsmitglieder

Manche/r Normalmensch/in mag diese Entscheidung mit einem gewissen Neid beäugen: Der Gemeinderat beschloss auf Antrag der FGL eine Regelung für die Kinderbetreuung für MandatsträgerInnen mit dem schönen Titel “Satzung zur Änderung der Satzung über die Entschädigung ehrenamtlich tätiger EinwohnerInnen”. Demnach werden Gemeinderätinnen und -räten für die Dauer ihrer Anwesenheit bei einer Sitzung des Gemeinderates sowie seiner Ausschüsse und Beiräte gegen Nachweis die Betreuungskosten bis max. 10 €/Stunde für die Betreuung von Kindern unter 14 Jahren erstattet. Dies gilt allerdings nicht, und dies brachte der Oberbürgermeister noch in letzter Sekunde ein, wenn die Betreuung durch Ehepartner oder LebensgefährtInnen erfolgt. Einzig Anselm Venedey (FWK) stimmte dagegen – er findet, dass diese Entschädigung angesichts der schwierigen Lage bei der Kinderbetreuung ein Geschmäckle von Selbstbedienung habe. In der Tat ist dies eine nicht unproblematische Entscheidung: Einerseits ist es dringend an der Zeit, die Arbeit im Gemeinderat, die sich für engagierte Mitglieder kleinerer Fraktionen schnell zu einer 20-Stunden-Woche auswächst, besser zu honorieren und auch für abhängig Beschäftigte und Eltern attraktiver zu gestalten. Andererseits könnte so manche Werktätige, die bis in den späten Abend hinein hinter einer Verkaufstheke stehen muss, ein wenig mehr Unterstützung etwa durch die Abendöffnung von Betreuungseinrichtungen auch dringend gebrauchen.

Der OB und die Mitbestimmung

Eine scheinbare Petitesse am Rande zeigte, wes Geistes Kind CDU-Oberbürgermeister Uli Burchardt ist, wenn es um Arbeitnehmerbelange geht: Der OB klagte darüber, dass die Stadt jetzt, wo sie mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigt und das neue Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) in Kraft getreten ist, statt des bisherigen einen gleich drei Personalräte freistellen muss. Er verstehe einfach nicht, was diese Regelung bringen solle. Nach seiner Ansicht würde auch weiterhin ein einziger freigestellter Personalrat genügen, und zudem (so barmte er im Tone eines beleidigten Unternehmers, der wieder einmal den Hit vom Standortnachteil anstimmt) seien es sogar sechs Menschen, die sich diese drei Stellen teilen. Angesichts dieser Äußerungen klingt das Lob, das er (wie auch der Gemeinderat) den Beschäftigten immer wieder üppig spendet, wenn Jahres- und Tätigkeitsberichte vorgestellt werden, ziemlich hohl. Die Arbeit machen dürfen die Beschäftigten, doch ansonsten gilt für den Oberbürgermeister scheint’s: Mitbestimmung – nein danke!

O. Pugliese

Gemeinderat beschließt Resolution für kommunales Wahlrecht für “Drittstaatsangehörige”

Kommunales-Wahlrecht-für-alleDer politische Willen von mehr als 4.500 Menschen in Konstanz findet im Ergebnis der Kommunalwahlen vom Mai keine Berücksichtigung. Hartnäckig verweigert nämlich der bundesdeutsche Staat MigrantInnen, die keinen deutschen Pass haben und nicht aus einem Mitgliedsland der Europäischen Union stammen, immer noch das Wahlrecht. Noch nicht einmal auf kommunaler Ebene gesteht man den sogenannten Drittstaatsangehörigen dieses fundamentale Recht auf politische Mitwirkung zu; und das, obwohl sie mehrheitlich seit Jahren in Deutschland leben und arbeiten, der hiesigen Rechtsordnung unterworfen sind, Steuern und Abgaben zahlen und auch allen sonstigen Anforderungen nachkommen, die das Gemeinwesen seinen BürgerInnen abverlangt. Das Recht dieses mitzugestalten verweigert ihnen der Staat jedoch. Gegen diese diskriminierende Behandlung regt sich inzwischen im ganzen Land Widerstand, so auch in Konstanz. Der Gemeinderat sah sich bei seiner letzten Sitzung mit einem Antrag aus dem Forum für Integration konfrontiert, eine Resolution zum Thema “Kommunales Wahlrecht von Drittstaatsangehörigen” zu verabschieden. Der Beitrag von LLK-Stadträtin Anke Schwede, mit dem sie begründete, warum das kommunale Wahlrecht für diese Menschen längst überfällig ist.

“Seit langem schon fordert die Linke Liste ein Wahlrecht für alle Konstanzer EinwohnerInnen und Einwohner. Seit 1992 besitzen immerhin EU-BürgerInnen hierzulande ein kommunales Wahlrecht. Für die vielen Menschen aus anderen Ländern aber, die in unserer Stadt leben, arbeiten, Steuern zahlen und ihren sonstigen Verpflichtungen nachkommen, gilt das nach wie vor nicht. Wir vertreten die Auffassung, dass ein gelingendes Gemeinwesen nur möglich ist, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen an Entscheidungen beteiligt sind, die sie vor Ort betreffen. Dazu gehört in erster Linie die Wahl des Gemeinderats als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger und Hauptorgan der Gemeinde.

In vielen EU-Ländern wie Schweden, Dänemark oder den Niederlanden ist das kommunale Wahlrecht für Nicht-Unionsbürger bereits eine Selbstverständlichkeit, insgesamt sind es 16 fortschrittliche Staaten.

Dass bei rund 66.000 Wahlberechtigten in Konstanz gegenwärtig immer noch fast 5.000 Menschen dieses zentrale demokratische Recht vorenthalten wird, weil sie nicht über den richtigen Pass verfügen, darf nicht weiter hingenommen werden. Nicht alle MigrantInnen, die bereits lange in Konstanz leben, können oder wollen die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen.

Wir fordern deshalb alle Ratskolleginnen und -kollegen auf, die Resolution ‘Kommunales Wahlrecht von Drittstaatenangehörigen’ zu unterstützen. Es wird Zeit, dass der Grundsatz: ‘Hier, wo ich lebe, will ich wählen’ endlich umgesetzt wird.”

Der Rat hat die Resolution schließlich mit großer Mehrheit beschlossen, lediglich die CDU-Fraktion votierte geschlossen dagegen – wieder mal ein Beleg für die ewiggestrige Weltsicht der Unionschristen.

Jürgen Geiger

Resolution des Gemeinderates Konstanz an den Landtag zum Thema „Kommunales Wahlrecht von Drittstaatsangehörigen (nicht EU)“

Resolution und Antrag an den Landtag

Wir bitten unsere Landtagsabgeordneten Sigfried Lehmann (GRÜNE), Hans-Peter Storz (SPD) und Wolfgang Reuter (CDU) um Unterstützung, indem sie folgenden Antrag im Landtag einbringen.

Der Landtag wolle beschließen

Die Landesregierung wird gebeten, durch eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Grundgesetzes die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dauerhaft in Deutschland lebende Bürgerinnen und Bürger aus Drittstaaten ein kommunales Wahl- und Abstimmungsrecht erhalten.

Begründung

Die Bundesratsinitiative ist notwendig, um die bestehende Diskrepanz zwischen dem Wahlrecht deutscher Staatsbürgerinnen und -bürger, Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie Drittstaatsangehörigen aufzuheben. Mit der Einführung des aktiven und passiven Kommunalwahlrechts für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger hat sich der Begriff des Staatsvolks, an den das Wahlrecht aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts geknüpft war, grundlegend weiter entwickelt. Die Diskriminierung der dauerhaft in Deutschland lebenden Drittstaatsangehörigen, die Teil unserer Gesellschaft sind, der Rechtsordnung unterworfen und z.B. durch die Steuerpflicht in gleicher Weise verpflichtet sind, muss beendet werden. Die Menschen aus Drittstaaten sollen in gleicher Weise an der Gestaltung ihrer örtlichen Lebensverhältnisse teilhaben können, wie ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger. 16 EU-Länder haben dieses Recht, das Verbände, EU-Kommission und Expertinnen und Experten fordern, bereits umgesetzt. Das geforderte Wahlrecht umfasst selbstverständlich auch das Recht, sich an Referenden und Abstimmungen zu beteiligen.

Der identische Antrag wurde 2013 in den Schleswig-Holsteinischen Landtag unter dem Titel „Kommunales Wahlrecht auch für Nicht-EU Bürgerinnen und Bürger“ eingebracht.

Konstanz, den 3. Juni 2014
Elke Cybulla

Konstanzer Gemeinderat streitet um Ausrichtung des Handlungsprogramms Wohnen

Mietabzocke stoppenWohnungsmangel zu beheben heißt nicht einfach nur Wohnungen zu bauen, sondern Entscheidungen zu fällen, die Menschen existenziell betreffen – es gilt, sozial Farbe zu bekennen: Will ich Eigentumswohnungen, will ich sozialen Wohnungsbau, will ich Villen? Der unausweichliche Kampf darum, welche Schichten von dem Handlungsprogramm Wohnen, dem Gesellenstück von Oberbürgermeister Uli Burchardt, am Ende profitieren werden, begann gestern im Konstanzer Gemeinderat.

Vordergründig scheint alles ganz einfach. Gemeinderat und Verwaltung haben vor einiger Zeit erkannt, dass es so nicht weitergeht mit der Wohnungsnot, und sich die renommierten Gutachter von empirica ins Haus geholt, die den künftigen Bedarf ermittelten und Lösungsvorschläge unterbreiteten. Der Rat hat vor einem Jahr beschlossen, diesem Gutachten zu folgen. Der Oberbürgermeister verglich diesen Prozess gestern mit einem Gang zum Arzt, und nachdem dieser Arzt die Diagnose gestellt und die Therapie vorgeschlagen habe, gelte es jetzt, seinem ärztlichen Rat auch zu folgen, und dies mit Vollgas.

Die Diagnose

Die Ausgangslage, und hier zitiere ich die Vorlage der Verwaltung: „Zur Ermittlung des konkreten Konstanzer Wohnungsbedarfs hat das Institut empirica 2013 die ‚Wohnungsbedarfsprognose 2030 für die Stadt Konstanz’ erstellt. Demzufolge ist zur Deckung des Wohnungsbedarfs die Fertigstellung von ca. 5.300 Wohneinheiten für den Zeitraum 2011 bis 2030 erforderlich. Kurzfristig (Zeitraum 2011 bis 2015) besteht ein Bedarf von durchschnittlich 370 WE pro Jahr. Mittelfristig (Zeitraum 2015 bis 2020) sind durchschnittlich 300 WE pro Jahr und langfristig (Zeitraum 2021 bis 2030) durchschnittlich 180 Wohneinheiten pro Jahr fertig zu stellen. 78% der erforderlichen Wohnungen sollen im Geschosswohnungsbau und 22% als Ein- und Zweifamilienhäuser bzw. in kleineren überschaubaren Einheiten bis max. sechs Wohneinheiten pro Gebäude erstellt werden. […] Bedarf besteht vor allem im unteren und mittleren Preissegment. Für Haushalte mit mittleren und kleineren Einkommen ist es zunehmend schwierig, auf dem Konstanzer Wohnungsmarkt Wohnungen zu günstigen Mieten zu finden. Aber auch im Hochpreis- und Luxussegment wird der Bau von Wohnungen erforderlich sein, weil Nachfrager dieser Wohnungen aufgrund des mangelnden Angebots auf das mittlere Preissegment ausweichen und das beschränkte Angebot in diesem Segment weiter verknappen. Insofern ist bei der weiteren Wohnungsentwicklung die Entwicklung aller Preissegmente zu berücksichtigen. Empirica empfiehlt aus diesem Grund, die Preissegmente [der Neubauten] wie folgt zu verteilen:
1/6 (879 WE) im unteren Preissegment
3/6 (2638 WE) im mittleren Preissegment
2/6 (1758 WE) im oberen Preissegment.

Die Therapie

Damit die Verwaltung jetzt sofort mit dem Erwerb von Grundstücken, der Bauplanung, den Anträgen auf Förderung durch das Land usw. beginnen kann, wollte sie vom Gemeinderat gestern Abend einen Grundsatzbeschluss, genau mit diesen Quoten aus dem Gutachten, das seit einem Jahr vorliegt, zu planen. Sprich – salopp gesagt – doppelt soviel Luxuswohnungen wie Sozialwohnungen.

Doch an genau dieser Stelle gab es zwei Tage zuvor bei den Vorberatungen im zuständigen Ausschuss einen großen Aufschrei, denn Menschen, denen man als Außenstehender nicht mal einen Blutkreislauf zugetraut hätte, entdeckten plötzlich ihr Herz für die niederen Klassen. 1/6 der Neubauten als Wohnraum für die Armen, 2/6 für die Reichen – das kann doch nicht sein? Umgekehrt wird ein Schuh draus!

Oberbürgermeister Uli Burchardt ist taktisch gewieft: Er hat (so erzählte er dem Gemeinderat) am Vorabend mit dem Mieterbundvorsitzenden und SPD-Urgestein Herbert Weber telefoniert, der ihm volle Unterstützung für seinen Plan signalisierte, und er hielt noch ein paar andere Fachleute parat. Außerdem präsentierte er einen Kompromissvorschlag: Man solle jetzt doch erst mal diese Quotierung der Neubauten (ein Sechstel arm, zwei Sechstel reich, drei Sechstel mittel) beschließen mit dem Zusatz, dass man sich im Laufe des Jahres 2014 nochmals mit der Gutachterin treffen werde, um sie zu fragen, ob man nicht doch etwas mehr für jene armen Leute tun könne, bei denen bei 8,50 Kaltmiete oder gar einem Wohnberechtigungsschein das Ende der Möglichkeiten erreicht sei. Kurzum: Beschließt mal diese Vorlage, sonst passiert monatelang nichts, weil wir ohne diese sozialen Vorgaben Grundstückspreise, Baupreise, Landeszuschüsse usw. nicht kalkulieren können und daher alle Planungen einstellen müssen. (Zwischenruf Holger Reile von der Linken Liste: „Genug der Daumenschrauben!“).

Die Debatte krankte an einem: Sollten die Gemeinderäte zustimmen und dem Zusatz glauben, dass man im Lauf des Jahres 2014 nochmals mit den Gutachtern reden und die soziale Verteilung ändern kann, oder wäre die heutige die endgültige Entscheidung für die nächsten 15 Jahre? Die Verwaltung nebelte rum: nachdem die (wie immer) äußerst kompetente und konzise Marion Klose, Leiterin des Amtes für Stadtplanung und Umwelt, klargestellt hatte, diese Entscheidung über die Quote sei mehr oder weniger endgültig, während der OB den Gemeinderätinnen und -räten just das Gegenteil versprochen hatte, gab es eine lange Debatte, in der eines klar wurde: Es ist nichts klar. Insbesondere der Oberbürgermeister spielte geschickt Vernunft (Daten aus dem Gutachten) gegen das soziale Bauchgefühl aus.

Man muss den Gemeinderätinnen ins Stammbuch schreiben, dass sie das empirica-Gutachten offensichtlich nicht aufmerksam genug gelesen haben, um diese soziale Schieflage zu erkennen, dort stehen diese Verteilungsquoten seit einem Jahr drin. Die Frage des sozialen Gewissens wurde letztlich zu einer des Bauchgefühls erklärt. FWG-Rat Weisschedel behauptete: „Wäre ich als Arzt meinem Bauchgefühl gefolgt, wären viele schon unter der Erde.“

Am Ende entschied der Rat sich mehrheitlich dafür, das Programm so zu verabschieden und noch im Jahre 2014 zu debattieren, ob es nicht angesagt sei, im unteren Segment mehr Wohnungen zu errichten. Dass er dabei nach dieser Entscheidung nichts mehr zu sagen haben wird, ist ihm scheint’s entgangen.

Seltsamer Weise scheint nach Ansicht des Gutachtens die Wohnungsnot daraus zu resultieren, dass Menschen, die aus Mangel an teuren Wohnungen in Mittelklasse-Wohnungen wohnen müssen, nichts Teureres finden, in das sie bald umziehen können. Vielleicht wäre die Lösung des Problems ja auch, dass wir alle einfach am nächsten Samstag im Lotto gewinnen?

O. Pugliese

Abschiebung einer Roma-Familie: Stadt schweigt zu Protestresolution des Forums für Integration

Lager schließen Stopp AbschiebungEs war einer ihrer letzten Vorstöße als Stadträtin der Linken Liste. Bei der Sitzung des Gemeinderats Ende Mai brachte Vera Hemm einen Resolutionsvorschlag von Mitgliedern des städtischen Forums für Integration (seit dieser Legislaturperiode umbenannt in „Internationales Forum“) ein, der sich gegen die Abschiebung einer Roma-Familie aus der Konstanzer Flüchtlingsunterkunft in der Steinstraße richtet. In den frühen Morgenstunden des 21. Mai hatten die Behörden Beamte der Polizeidirektion Konstanz in die Unterkunft geschickt und die sechsköpfige Familie, darunter vier Kinder im Alter zwischen sieben und dreizehn Jahren, in Richtung Mazedonien abtransportieren lassen. Den aus dem Schlaf gerissenen Flüchtlingen ließ man nur wenige Minuten Zeit, um wenigstens das Allernötigste zusammenzuraffen.

Gegen dieses menschenverachtende Vorgehen der zuständigen Behörden, Regierungspräsidium, Landratsamt und Polizei, hatten die Forums-Mitglieder, darunter auch LLK-Rätin Hemm, mit einer Resolution protestiert (weitere Informationen hier). Die Endfassung der Resolution wurde vom Forum für Integration am 2. Juni an die Stadtspitze (u. a. Uli Burchardt und Andreas Osner), das Regierungspräsidium Karlsruhe und das Integrationsministerium übermittelt. Obwohl die von den 19 Mitgliedern des Forums für Integration unterschriebene Resolution dem OB schon seit längerem vorliegt und um deren Veröffentlichung gebeten wurde, blieb man im Rathaus untätig. Bis zum heutigen Tag haben sich weder der OB noch der Sozialdezernent zu dem Fall öffentlich geäußert – in unseren Augen ein nicht zu akzeptierender Versuch, sich um eine klare Stellungnahme zum inhumanen Umgang der regionalen Behörden mit Flüchtlingen herumzudrücken.

Damit die Resolution des Forums für Integration also nicht in diversen Schubladen verschwindet, veröffentlichen wir den Text und rufen dazu auf, sich an den Aktivitäten gegen die Abschiebungspraxis des Landratsamts zu beteiligen.

Resolution des Forums für Integration aus Anlass der Abschiebung einer Familie mit vier Kindern aus der Gemeinschaftsunterkunft in Konstanz am 20. Mai 2014

Immer wieder kam es in der Vergangenheit vor, dass Familien, die hier Schutz gesucht haben, unter menschenunwürdigen Bedingungen in einer Nacht- und Nebelaktion abgeschoben wurden.

Erneut wurde am 20.05.2014 eine Familie mit 4 Kindern im Alter von 7 bis 13 Jahren mitten in der Nacht aus der Konstanzer Flüchtlingsunterkunft Steinstraße von der Polizei abtransportiert. Hierbei wurden die Eltern und die Kinder von Polizeibeamten unvermittelt aus dem Schlaf gerissen.

Binnen kürzester Zeit mussten sie zusammenpacken, was sie tragen konnten und wurden – ohne Rücksicht auf die Konstanzer Schulen besuchenden, minderjährigen Kinder in eine ungewisse Zukunft geschickt.

Das Forum für Integration der Stadt Konstanz protestiert auf das Entschiedenste gegen diese unmenschlichen Abschiebungen und deren Umsetzungspraxis; es fordert ein Bleiberecht für Asylbewerber/innen – verbunden mit einem respektvollen Umgang mit diesen Menschen.

Alle relevanten Gruppen – Kommunen, Land und Bund – sind aufgerufen, die Würde des Menschen tatsächlich zu achten und dem auch entsprechend Taten folgen zu lassen.

Insbesondere fordert das Forum für Integration den Konstanzer Oberbürgermeister auf, seinen Einfluss auf das Regierungspräsidium und die Landesregierung geltend zu machen, um weitere Abschiebungen zu verhindern.

Übrigens: Durch Recherchen des Konstanzer Journalisten Jürgen Weber vor Ort wurde inzwischen bekannt, dass die mazedonischen Behörden den Abgeschobenen die Pässe abgenommen haben; die mittellosen ZwangsrückkehrInnen erhalten keinerlei Unterstützung und müssen unter beengtesten Verhältnissen in einer Notunterkunft hausen. Die Kinder sind vom Schulbesuch ausgeschlossen worden, dem Familienvater droht nun ein Gerichtsverfahren wegen “Verunglimpfung des mazedonischen Staates”.

Am 19. Juli haben VertreterInnen des Konstanzer Aktionsbündnisses Abschiebestopp Oberbürgermeister Burchardt eine von 1870 Menschen unterzeichnete Petition überreicht, in der die lokalen Politiker aufgefordert werden, „sich in ihrem Bereich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen“, dass Roma-Familien aus den Unterkünften im Landkreis nicht abgeschoben werden. Die Initiative will ihr Anliegen auch erneut in den Gemeinderat tragen, die Linke Liste hat ihre Unterstützung dafür zugesagt.

Sozial- und Technischer und Umwelt-Ausschuss einstimmig für “Handlungsprogramm Wohnen”

Handlungsprogramm WohnenImmerhin: Einstimmig hat der Sozialausschuss und der Technische und Umweltausschuss (TuA) am Dienstag den zweiten und entscheidenden Teil des von der Verwaltung vorgelegten “Handlungsprogramms Wohnen” verabschiedet und dem Gemeinderat am 24. Juli zur Annahme empfohlen. Damit haben sich die Räte festgelegt: Statt es in Sachen Wohnungsnot bei allgemeinen Absichtserklärungen zu belassen, wie bisher, hat man sich nun auf konkrete Schritte festgelegt, zumindest ansatzweise.

Das Handlungsprogramm ist ein Schritt, um einen der wichtigsten Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge aus den Fängen der neoliberalen Geschäftemacherei zu befreien und stattdessen öffentlich legitimierte, gesellschaftliche Planung zur Handlungsgrundlage zu machen. Die Linke Liste hat ihm deshalb zugestimmt, bei aller Kritik im Einzelnen. Von den bürgerlichen Fraktionen, das macht der Diskussionsverlauf auf der Sitzung deutlich, muss aber auch in Zukunft mit Störfeuer gerechnet werden. Zwar haben sie zähneknirschend für die Pläne votiert – das Ausmaß der Wohnungsmisere kann selbst der abgebrühteste Marktapologet nicht mehr schön reden. Aber selbstverständlich passt ihnen die ganze Richtung nicht. Folgerichtig versuchte die CDU-Fraktion postwendend, die weiteren Planungen für das Döbele-Areal, wo unter anderem auch der Bau bezahlbarer Wohnungen im Gespräch ist, zu blockieren. Ein Vorgeschmack auf die zu erwartende Obstruktionspolitik der Konservativ-Liberalen?

Schritt in die richtige Richtung

Die Linke Liste warnt dagegen seit Jahren vor den Folgen der herrschenden Baupolitik der Stadt. Eine der wichtigsten Aufgaben der kommunalpolitischen Daseinsvorsorge, die Stadtentwicklung und dabei das Recht der Menschen auf ein anständiges Dach über dem Kopf, hat die Politik, mehr als ein Jahrzehnt lang, sträflich vernachlässig. Beseelt von einer ans Religiöse grenzenden Marktgläubigkeit hat die bürgerliche Ratsmehrheit und eine willfährige Verwaltung nicht nur allzu häufig städtisches Tafelsilber verscherbelt, man ist de facto komplett aus dem sozialen Wohnungsbau ausgestiegen und hat die sozialpolitische Aufgabe des Wohnungsbaus zum Gegenstand der Profitmacherei verkommen lassen. Jedes Luxusprojekt, in dessen Glanz die lokalen Honoratioren sich sonnen konnten, war der Ratsmehrheit wichtiger als die Bedürfnisse und Rechte derer, die aufgrund der Entwicklung dieser Gesellschaft zunehmend jeden Euro zweimal umdrehen müssen.

Bankrotterklärung bürgerlicher Baupolitik

Wenn wir nun endlich über ein Programm reden, das diesen Namen auch verdient, müssen verschiedene Dinge festgehalten werden.

Erstens. Es wird zwar von den Mehrheitsfraktionen ängstlich vermieden es auszusprechen, ist aber natürlich trotzdem eine Tatsache: Mit ihrer Zustimmung gestehen CDU, FDP, FWG und auch große Teile der Grünen ein, dass sie mehr als zwei Jahrzehnte lang eine Katastrophenpolitik betrieben haben – Marktchaos statt vernünftige Entwicklung.

Das Handlungsprogramm Wohnen geht unserer Auffassung nach in die richtige Richtung, wenn auch viel zu zögerlich und mit einer verzerrten Schwerpunktsetzung. Wenn es darin heißt, “Haushalte, die sich am Markt nicht angemessen versorgen können, bedürfen der Förderung und Unterstützung”, bedeutet das nichts weniger als das Eingeständnis, dass es ohne die planende Hand der Gesellschaft nicht geht. Das findet unsere Zustimmung.

Zweitens. Kritisch sehen wir jedoch vor allem die anvisierte lange Laufzeit. 5300 Wohnungen hört sich gut an, gestreckt auf einen Zeitraum bis 2030 ist das aber deutlich zu wenig. Die Situation brennt jetzt auf den Nägeln, notwendig ist deshalb ein Sofortprogramm. Die Orte dafür sind vorhanden, das Geld auch, jetzt ist der politische Willen gefragt. Jede weitere Verzögerung ist verantwortungslos. Schaut man sich das Planungsprogramm jedoch an, wird deutlich, dass der Baubeginn beim Gros der Projekte nicht vor 2018 liegt – viel zu spät. Wenn es Ratsmehrheiten wichtig ist, kann die Umsetzung von Plänen sehr viel schneller gehen – man vergleiche dazu nur den ins Auge gefassten Zeitplan für das Centrotherm-Veranstaltungshaus.

Handlungsprogramm mit sozialer Schieflage

Drittens. Wir halten die Gewichtung der Projekte nicht für angemessen. Empfohlen wird nach dem Handlungsprogramm, die “Preissegmente” wie folgt zu verteilen: 1/6 (879) Wohneinheiten im unteren Segment, 3/6 (2638) im mittleren und 2/6 (1758) im oberen Preissegment. Die Stadt strebt also den Bau von doppelt so viel Hochpreis- und Luxuswohnungen wie geförderten Wohnungen im “unteren Preissegment” an. Das halten wir für eine groteske Verkehrung der Notwendigkeiten. Indirekt wird das im Programm auch eingestanden, wenn es heißt, die “Preisgestaltung im unteren und mittleren Qualitätssegment verdeutlicht, dass nicht alle Haushalte mit kleineren und mittleren Einkommen über diesen Ansatz ausreichend versorgt werden können und zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind.”

Für uns wird deshalb umgekehrt ein Schuh daraus: Es müssen vordringlich Wohnungen für Leute mit Niedrigeinkommen gebaut werden, deren Mieten dauerhaft bezahlbar bleiben. Eine Verteilung, die diesen Anforderungen gerecht wird, sieht für uns deshalb so aus: 3/6 unteres, 2/6 mittleres, 1/6 oberes Segment. Das heißt auch, dass die Rolle der Wobak deutlich größer werden muss, als jetzt vorgesehen. Wir brauchen außerdem dauerhafte Belegungsbindung und gedeckelte Mieten. 1800 geförderte Wohneinheiten bis 2030 im unteren und mittleren Bereich, wie jetzt vorgesehen, sind jedenfalls deutlich zu wenig.

Viertens. Die Nagelprobe, wie ernst der Gemeinderat es im Kampf gegen die Wohnungsnot meinen, kommt schon bei den Haushaltsberatungen im Herbst. Die Linke Liste wird jedenfalls beantragen, dass im Doppelhaushalt 2015/16 die erforderlichen Mittel bereit gestellt werden, in diesen zwei Jahren mindestens 1000 öffentlich geförderte Wohnungen zu bauen.

Jürgen Geiger

Neues Sozialpass-Tarifmodell für den Nahverkehr

Bus

Neue Tarifstruktur für InhaberInnen des Sozialpasses.

Hauptthema der ersten Sitzung des Sozialausschusses in der neuen Amtsperiode des Gemeinderats am 8. Juli: der Konstanzer Sozialpass. Die Stadtverwaltung stellte einen Erfahrungsbericht für das Jahr 2013 vor, der steigende NutzerInnenzahlen vermeldet und damit dokumentiert, dass leider immer mehr Leute auf diese Leistungen angewiesen sind. Zur Abstimmung stand in diesem Zusammenhang auch ein neues Tarifmodell für den öffentlichen Nahverkehr. Das wird SozialpassinhaberInnen zwar einige Verbesserungen bringen, ruft gleichzeitig aber durch unübersichtliche Neuregelungen auch einige Verwirrung hervor. LLK-Stadträtin Anke Schwede plädierte bei der Sitzung dagegen für Nulltarif für die Betroffenen. Ihr Redebeitrag im Wortlaut.

“Ich kann mich meinen VorrednerInnen insoweit anschließen, dass der Sozialpass ein „Erfolgsmodell“ ist, der nicht zuletzt dem beständigen Engagement der Linken Liste Konstanz zu verdanken ist.

Wir begrüßen, dass nun endlich auch Kinder vergünstigt Bus- und Fähre fahren können, das war in der Tat überfällig. Aber warum dieser Tarifdschungel? Einzelfahrscheine Bus sollen nun nicht mehr ermäßigt zu erhalten sein, Hin-und Rückfahrt aber doch, jeweils zu unterschiedlichen Konditionen für Erwachsene und Kinder. Keine Ermäßigungen in der Regel auch beim Umweltticket, der persönlichen Halbjahreskarte etc. pp.

Das Mindeste wäre unserer Ansicht nach, dass alle Leistungen bzw. Fahrausweise der Stadtwerke Konstanz zur Hälfte des Preises an alle SozialpassInhaberInnen abgegeben würden. So kann jede/r frei entscheiden, welches Angebot er/sie nutzen möchte.

Unser Ziel, unser Wunsch, ist es aber, dass der ÖPNV, also Bus- und Fährefahren in Konstanz, für Menschen mit wenig Einkommen grundsätzlich kostenfrei ist. Denn diese Personengruppe ist in besonderem Maße auf Mobilität angewiesen und es stünde unserer prosperierenden Stadt gut zu Gesicht, dies umzusetzen und sich großzügig zu zeigen.”

Der Ausschuß verabschiedete den Verwaltungsvorschlag einstimmig, auch LLK-Rätin Schwede votierte dafür, da er den Anspruchsberechtigten immerhin einige Verbesserungen bringt.

LINKE-Kreisvorstand gegen Mega-Einkaufszentrum in Singen

Singen-muss-leben

Initiative „Singen muss leben“: Unterschriften sammeln gegen das ECE-Center, für eine „lebendige, lebenswerte Innenstadt“.

Die Hamburger Investorengesellschaft ECE will in der Nähe des Singener Bahnhofs ein Einkaufszentrum mit einer Fläche von 16.000 Quadratmetern bauen lassen. Es wäre damit sogar größer als das Lago-Center in der Nachbarstadt Konstanz. Die ECE, im Besitz der Milliardärsfamilie Otto, ist der europäische Marktführer bei der Entwicklung von Projekten im Bereich Gewerbe- und Einzelhandelsimmobilien. Schwerpunkt ist der Bau von sogenannten Shopping-Malls, Einkaufszentren nach US-Vorbild, in denen auf möglichst großen Verkaufsflächen ein möglichst breites Sortiment angeboten wird, das – ergänzt durch Dienstleistungs und gastronomische Angebote – strikt nach außen abgeschottet ist. Dieses Konzept findet in der Singener Stadtverwaltung prominente Befürworter, allen voran OB Häusler trommelt für das Zentrum. Schon bei der nächsten Sitzung des Gemeinderats am 24. Juli soll ein Grundsatzbeschluss zur Ansiedlung des Einkaufszentrums gefasst , der geltende Flächennutzungsplan entsprechend geändert und ein Bebauungsplan verabschiedet werden. Damit wären die Weichen für das Mega-Einkaufszentrum am Bahnhof gestellt.

Die LINKE lehnt diese Pläne aus mehreren Gründen ab. Empirische Studien zeigen, dass sich solche Zentren schnell zu Institutionen entwickeln, die die vorhandene Kaufkraft zugunsten der Mall-Mieter absorbiert, und damit dem bestehenden lokalen Einzelhandel massiv schadet. Die Erfahrungen aus anderen Städten belegen die negativen Auswirkungen insbesondere für Einzelhandel und Gastronomie und damit einhergehend einer Verödung des urbanen Lebens insgesamt. Um diese Fakten zu entkräften, verweisen die Befürworter darauf, man wolle vor allem Schweizer Kundschaft in die Stadt ziehen. Einmal davon abgesehen, ob sich solche Erwartungen kurzfristig bewahrheiten würden, sind sie als Begründung für eine Investition, die das Singener Stadtbild auf Jahrzehnte prägen würde, schlicht verantwortungslos. Denn schon eine geringfügige Veränderung des Wechselkurses zwischen Euro und Franken könnte genau den gegenteiligen Effekt auslösen. Nebenbei sei nur darauf verwiesen, dass eine Realisierung der jüngst vorgestellten Pläne des Bundesverkehrsministeriums für eine Ausländer-Maut auf allen Straßen das Schielen nach Kunden aus dem Nachbarland mit noch mehr Fragezeichen behaften würden. Unabhänig davon droht mit dem Neubau einer solchen Mall außerdem eine massive Zunahme des automobilen Verkehrs, der einerseits zu einer Verödung der Innenstadt beitragen und andererseits die Steuerzahler Millionen für einen Ausbau der passenden Verkehrsinfrastruktur kosten würde.

Gewichtigstes Argument für die LINKE gegen die Pläne für eine Shopping-Mall ist aber, dass sie an den Aufgaben, die sich der Singener Kommunalpolitik stellen, völlig vorbei gehen. Wie andere Gemeinden im Landkreis auch leidet Singen unter einer massiven Wohnungsnot. Es fehlt an allen Ecken und Enden an Wohnraum vor allem für Menschen mit geringem Einkommen. Zentrale Aufgabe der Stadt wäre es in dieser Situation, ein Investitionsprogramm für Sozialwohnungen aufzulegen. Das sanierungsbedürftige Bahnhofsareal wäre ein idealer Standort dafür. Die LINKE fordert deshalb: Sozialwohnungen statt Shopping-Mall am Bahnhof. Sie begrüßt, dass sich inzwischen eine Bürgerinitiative gegen die ECE-Pläne gebildet hat, und unterstützt deren Aktivitäten nach ihren Möglichkeiten. Eine Entscheidung von solcher Tragweite für die künftige Stadtentwicklung darf nicht der Gemeinderat allein fällen, daran müssen alle BürgerInnen beteiligt werden.

Uns drängt sich der Eindruck auf, dass mit dem massiven Werben der Stadtspitze für das ECE-Einkaufszentrum nicht zuletzt von den selbstverschuldeten schwerwiegenden Problemen abgelenkt werden soll, unter denen Singen ächzt. Offenkundig getrieben von nackter Gier hat sich die städtische Wohnungsbaugesllschaft GVV mit Rückendeckung von Verwaltung und Gemeinderat in den letzten Jahren durch eine Mischung aus Mißwirtschaft und Inkompetenz an den Rand der Insolvenz manövriert. Anstatt ihrer Aufgabe nachzukommen, die Versorgung der Bevölkerung mit erschwinglichem Wohnraum sicherzustellen, hat man in fragwürdige Prestige- und Luxusprojekte wie den sogenannten Hegau-Tower investiert und sich damit nur allzuhäufig verspekuliert. Wenn in der Stadt aktuell Gerüchte die Runde machen, wonach GVV-Aufsichtsräte den ECE-Verantwortlichen ihre Unterstützung im Gemeinderat angedient haben sollen, wenn die Gesellschaft für die Millionenschulden der Wohnungsbaugesellschaft aufkomme, spricht das jedenfalls Bände über die politischen Zustände in der Stadt unter dem Hohentwiel. Sollten sie zutreffen, hieße das nichts weniger, als dass Teile der politischen Elite bereit sind, die Stadt bedenkenlos einem Privatinvestor auszuliefern.

Kreisvorstand DIE LINKE. Konstanz,
Jürgen Geiger

Netzpräsenz der Initiative Singen muss leben!

Konstanzer Journalist Jürgen Weber berichtet über Verbleib abgeschobener Familie

Unterkunft abgeschobener Roma

Diese Unterkunft mit drei Zimmern muss sich Familie O. mit vier weiteren Personen teilen (Foto: Jürgen Weber).

„Ich bin erstmal überwältigt, dass so viele hier sind“, bedankte sich der Journalist Jürgen Weber (48) gleich zu Beginn bei den über 60 erschienenen Gästen im Treffpunkt Petershausen. Am Dienstag berichtete Weber über seine mehrtägige Reise Ende des vergangenen Monats, bei der er die Familie O. in Bansko bei Strumica (Mazedonien) besuchte. Die Familie mit vier Kindern war am 20. Mai aus Konstanz abgeschoben worden. Inzwischen sammelt das Konstanzer Bündnis Abschiebestopp Spenden für die Abgeschobenen und hat Anwälte eingeschaltet.

Es sorgt immer noch für ein Raunen und Verwunderung im Raum, wenn erzählt wird, dass am 20. Mai rund 30 Polizeibeamte nachts das Asylbewerberheim in der Steinstraße umstellten, um eine sechsköpfige Familie mit vier Kindern mitzunehmen. Derzeit ist Anwalt Tobias Lutze damit betraut, noch einige Ungereimtheiten zum Polizeieinsatz und der Abschiebung zu klären. So will der Vater der Familie beispielsweise gesehen haben, dass zum Zeitpunkt der Abschiebung ein Polizeibeamter die Wohnungstür aufgeschlossen habe, was gegen Artikel 13 des Grundgesetzes – die Unverletzlichkeit der Wohnung – verstößt. Aus Polizeikreisen heißt es derzeit, dass man sich dazu aufgrund interner Vorgänge nicht äußern könne.

Die Anteilnahme ist ungebrochen: 1.750 Euro Spenden wurden gesammelt. Zusätzlich gibt es noch Auslagen für einen Anwalt in Deutschland, einen in Mazedonien sowie eine Dolmetscherin. Die Reise wurde von Weber aus privater Tasche bestritten.

Behördenwald legt Familie O. Steine in den Weg

Das kurze Zeitfenster, das der Familie O. gegeben wurde, ihr Hab und Gut noch in Deutschland zusammenzupacken, reichte nicht, um persönliche Sachen mitzunehmen. Einerseits organisierten findige Flüchtlinge in Deutschland vor Ort einen Bustransport diverser Habseligkeiten nach Mazedonien. Andererseits brachte Jürgen Weber einiges mit. So etwa Nachrichten von ehemaligen MitschülerInnen der vier Töchter oder auch Schulbescheinigungen aus Deutschland, damit die Mädchen nach den Sommerferien endlich eingeschult werden können. Und das ist gar nicht so leicht.

Die Gängelung von Roma sei in Mazedonien allgegenwärtig. Der deutsche Staat behält die Pässe von AsylbewerberInnen ein, sofern Asylverfahren noch am Laufen sind. Bei einer Abschiebung sollten diese eigentlich wieder direkt an die Betroffenen zurückgegeben werden. Trotz dessen übergeben die deutschen Behörden die Pässe einfach den Mazedonischen Behörden, die die Pässe anschließend ein Jahr einbehalten. Das führte auch bei Familie O. vor existenzielle Probleme: „Nahezu alle Verwaltungsakte erfolgen in Mazedonien nur, wenn die Papiere vorgelegt werden“, schildert Weber: „Dann ist es auch so, dass wenn man in einer bestimmten Frist sich nicht beim Amt meldet, man aus allen Sozialleistungen rausfällt.“ Da die Familie keine Pässe besitzt, kann sie die Fristen auch nicht einhalten. Mit diesem Akt wird im Übrigen gegen die EU-Menschenrechtskonvention verstoßen. Die Schulbescheinigungen aus Deutschland? Ein Meilenstein für die Familie O., deren Zukunft dennoch alles andere als rosig aussieht. „Zuvor wurden die Mädchen immer von Schulen abgelehnt mit der Begründung, es seien ja Roma, die waren bestimmt noch nie auf einer Schule“, erläutert der Referent.

Der Vater arbeitet als Tagelöhner zwei, drei Mal die Woche bei umliegenden Bauern. Diese haben nicht jeden Tag Arbeit für ihn. Er verdient jetzt ungefähr umgerechnet 90 Cent die Stunde.

Das Problem ist ein politisches

Als Weber ausführt, dass Mazedonien in Verhandlungen mit der EU sei, kommt die Frage aus dem Publikum, wie es denn sein könne, dass gegen die Menschenrechtskonventionen verstoßen würde: „Mazedonien hat von der EU die Auflage bekommen, dafür zu sorgen, dass weniger Flüchtlinge aus ihrem Land in die EU kommen. Früher hat Deutschland da den stärksten Druck aufgebaut, im Moment sind es Frankreich und Belgien“, zeigt er sich besorgt. So wird über die drohenden abgenommenen Pässe versucht, potentielle Flüchtlinge abzuschrecken, das Land zu verlassen. RückkehrerInnen müssen sich Verhöre von PolizistInnen über ihre Fluchtgründe gefallen lassen und werden mit falschen Informationen eingeschüchtert, dass sie mit ihrer Flucht etwa den mazedonischen Staat verunglimpft hätten und das zu Freiheitsstrafen führen könne.

Alles in allem „ist die mazedonische Gesellschaft tief gespalten. Man sieht sich als Mazedonier, Albaner oder Roma und lebt auch entsprechend getrennt. Die Zustände für Roma sind sehr prekär“, beschreibt Weber die Situation, der stets betont, dass man die Lage politisch beleuchten muss. „Wir sprechen hier von direkten Nachkommen von Holocaust-Opfern. Mit keiner anderen Opfergruppe oder Minderheit wird heute so umgegangen“, unterstreicht er abschließend.

Ryk Fechner

Kommunale Wohnungsbaugesellschaft: Geschäftsbericht als hilflose Bestandsaufnahme

Wobak-Verwaltungsgebäude

Kaum Impulse im Kampf gegen die Wohnungsnot von der Wobak (Foto: Andreas Praefcke).

Wenn der neue Gemeinderat heute über den Entwurf des Geschäftsberichts der städtischen Wohnungsbaugesellschaft berät, liegt ihm ein Dokument des Scheiterns vor. Ein Blick hinter die üblichen blumigen Formulierungen und das Selbstlob für die eigenen Bemühungen, die solchen Berichten natürlich immer eigen sind, enthüllt nämlich die ganze Hilflosigkeit der kommunalen Wohnungspolitik der vergangenen Jahre.

So gelesen stellt es den dafür Verantwortlichen unter dem Strich ein vernichtendes Urteil aus. Die veröffentlichten Daten zeigen unter anderem nämlich, dass die miserable Situation auf dem Wohnungsmarkt allen, die es wissen konnten und wollten, schon seit langem bekannt ist. Seit Jahren liegt die Zahl der Wohnungssuchenden, die sich bei der Wobak auf deren BewerberInnenlisten eintragen ließen, auf anhaltend hohem Niveau. Schon zum 31.12.2009 suchten laut Geschäftsbericht bei der Wohnungsbaugesellschaft 2255 BewerberInnen vergeblich nach einer Wohnung, vier Jahre später waren es dann 2593. Allein schon diese Zahlen belegen den Ernst der Lage, denn sie bilden natürlich nur einen (und vermutlich noch nicht einmal den größten) Teil derer ab, die in der größten Stadt am Bodensee vergeblich nach einem Dach über dem Kopf suchten und suchen.

Das Ausmaß der Malaise zeigt sich erst so richtig, wenn man die Zahl der Suchenden ins Verhältnis zum vorhandenen Bestand setzt. Nach Angaben der Stadt gab es 2011 (aus diesem Jahr stammen die letzten bekannten Zahlen) in der 80.000-Einwohnerstadt rund 10.100 Wohngebäude mit knapp 42.000 Wohnungen, davon dürften, ausgehend von landesweiten Vergleichswerten, rund die Hälfte auf EigentümerInnen von selbst genutztem Wohnraum entfallen. Ein mehr als deutliches Mißverhältnis zwischen stagnierendem Angebot und stark gestiegener Nachfrage also.

All diese Fakten lassen nur einen Schluß zu: Ohne einen Paradigmenwechsel in der städtischen Wohnungsbaupolitik wird sich das Problem nicht lösen lassen. Doch die kommunalpolitisch Verantwortlichen, Stadtverwaltung, Gemeinderat und Wobak, haben über Jahre hinweg den Kopf in den Sand gesteckt. Auch das belegt das im Geschäftsbericht veröffentlichte Zahlenmaterial. Seit langer Zeit stagniert der Wohnungsbestand der Gesellschaft bei etwas mehr als 3.500 Objekten (2005: 3.577, 2013: 3.747, auch darunter natürlich Wohneigentum). Im vergangenen Jahr konnten gerade mal 62 Mietwohnungen fertiggestellt (davon nur 44 öffentlich gefördert, also mit der Aussicht auf einigermaßen erschwingliche Mietpreise) und lediglich 183 Neuvermietungen vorgenommen werden – eine wohnungspolitische Offensive sieht nun wirklich anders aus.

Tatsache ist, dass die Wobak der ihr obliegenden Aufgabe, “das Kerngeschäft”, wie das im Bericht formuliert wird, “des geförderten Mietwohnungsbaus der starken Nachfrage entsprechend zu forcieren” noch nicht einmal im Ansatz ausreichend nachkommt. Und zumindest die Planungen für die nächste Zukunft verheißen kaum eine Besserung der Lage: Für die nächsten vier, fünf Jahre stellt der Wobak-Bericht insgesamt weniger als 200 neue Wohneinheiten in Aussicht. Da klingt die Selbsteinschätzung der Geschäftsführung des Unternehmens, man sei der Hauptgesellschafterin Stadt Konstanz “ein kraftvolles Instrument der Daseinsvorsorge für den Wohnungsmarkt” wie blanker Hohn.

Natürlich kann man die wohnungspolitische Schieflage nicht der Wobak allein anlasten. Sie führt nur aus, was die Politik als Richtung vorgibt. Die Hauptverantwortung trägt der in Konstanz tonangebende Bürgerblock, der die kommunale Baupolitik nicht in erster Linie als Aufgabe der Daseinsvorsorge betrachtet, sondern bedenkenlos dem Laissez-Faire des Marktes ausgeliefert hat. Das lässt vor allem die Kassen privater Unternehmen und Anbieter klingeln, deren Ziel selbstredend nicht die Minderung der Wohnungsnot ist, sondern die Mehrung ihres Profits. Entstanden sind so hauptsächlich Neubauten im lukrativen Hochpreissegment, erschwinglicher Wohnraum für das untere und mittlere Einkommenssegment ist in solchen Geschäftsmodellen selten vorgesehen.

Eine verantwortungsbewußte Politik, die es ernst meint mit dem Kampf gegen Wohnungsnot und Mieterhöhungen, muss diesen Katastrophenkurs schleunigst verlassen. Sie muss das Heft des Handelns, sprich ausreichend Geld in die Hand nehmen, um gezielt Konzepte vor allem für den sozialen Wohnungsbau entwickeln und realisieren zu können. Stadtentwicklungspolitik besteht nicht darin, privatwirtschaftliche Begehrlichkeiten bestmöglich zu bedienen, sie muss die sozialen Interessen der Bevölkerung zur Leitlinie haben. Ein solcher Kurswechsel ist die Voraussetzung dafür, dass das vom Oberbürgermeister initiierte und vom Gemeinderat im letzten Jahr beschlossene “Handlungsprogramm Wohnen” nicht ein weiteres leeres Versprechen der kommunalen EntscheidungsträgerInnen bleibt. Und nur dann könnte die städtische Wohnungsbaugesellschaft auch ihrer im Geschäftsbericht selbst formulierten “Kernaufgabe” gerecht werden, nämlich “die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum”.

Jürgen Geiger

StadträtInnen der Linken Liste: Kossmehl sollte sein Mandat zurückgeben

Sparkasse-Logo

Knatsch um Aufsichtsratsposten Auslöser des Fraktionswechsels?

Kaum hatte Klaus-Peter Kossmehl für die CDU erneut einen Gemeinderatssitz errungen, wechselte er zu den Freien Wählern. Wir sind wie viele BürgerInnen der Meinung, dass man hier durchaus von Wahlbetrug reden kann. So trägt ein Kommunalpolitiker mit seinem undemokratischen Verhalten dazu bei, dass die grassierende Politikverdrossenheit unter der Bevölkerung weiter steigt.

Klaus-Peter Kossmehl hat auch das Ansehen des Gemeinderates beschädigt. Die Linke Liste fordert Kossmehl auf, umgehend und vor der konstituierenden Sitzung des neuen Gemeinderats sein Mandat zurückzugeben. Damit trüge er zumindest zur Schadensbegrenzung bei. Die Behauptung, eine Kommunalwahl sei eine reine Personenwahl, greift hier nicht. Er wurde auf der Liste und für das politische Programm der CDU gewählt. Wenn er sich dieser Partei nicht mehr zugehörig fühlt, sind die Voraussetzungen für seine Wahl entfallen. Der politische Anstand gebietet deshalb die Rückgabe des Mandats. Die Gemeindeordnung sieht das im übrigen ausdrücklich vor. In §16 heißt es dazu, „Ferner kann ein Bürger sein Ausscheiden aus dem Gemeinderat oder Ortschaftsrat verlangen, wenn er aus der Partei oder Wählervereinigung ausscheidet, auf deren Wahlvorschlag er in den Gemeinderat oder Ortschaftsrat gewählt wurde.“

Auch die Freien Wähler geben in der Causa Kossmehl ein schlechtes Bild ab. Sie müssen sich vorwerfen lassen, sich als Auffangbecken für Pöstchenjäger herzugeben, um die eigenen Einflussmöglichkeiten im Gemeinderat zu verbessern. Wenn das die Quintessenz ihres Slogans „Frei statt Partei“ ist, dann bedeutet das eine Verhöhnung des WählerInnenwillens.

Klaus-Peter Kossmehl äußert sich öffentlich nicht zu den Gründen seines Fraktionswechsels. Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen aber verlautet, war mit ausschlaggebend für seine Entscheidung, dass ihm die CDU den Aufsichtsratsposten bei der Sparkasse entzogen und diesen finanziell lukrativen Nebenjob CDU-Rat Roger Tscheulin zugeschustert hat.

Unserer Meinung nach ist es längst an der Zeit, dass alle RätInnen ihre gemeinderätlichen Einkünfte offenlegen, die über das grundsätzliche Mandatssalär von 370 Euro hinausgehen. Während des Kommunalwahlkampfs betonten alle Parteien, dass sie sich für Transparenz einsetzen möchten. Die Offenlegung der zusätzlichen Honorare für diverse Beirats-, Verwaltungsrats- und Aufsichtsratsposten wäre dazu ein erster und auch nötiger Schritt.

Anke Schwede, Holger Reile

Danke Vera

Verabschiedung Vera Hemm

Mit Amtskette: OB verabschiedet Vera Hemm

Elf GemeinderätInnen verabschiedete der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt am Montag bei einer Sondersitzung des Gemeinderats. Sie waren am 25. Mai nicht gewählt worden oder nicht mehr zur Wahl angetreten. Unter letzteren ist auch Vera Hemm, die seit 2005 für die Linke Liste im Gemeinderat saß. Die gebürtige Konstanzerin hatte in den 10 Jahren ihres politischen Wirkens im Rathaus Partei- und Fraktions übergreifend Anerkennung gewonnen, was sich auch an langanhaltendem Beifall im Ratssaal zeigte, als der OB ihre Tätigkeit würdigte. Hemms Schwerpunkte lagen auf dem Feld der Sozialpolitik, sie hat sich konsequent immer für die Interessen der Menschen eingesetzt, die das kapitalistische System auf der Strecke lässt: Wohnungs- oder Erwerbslose, MigrantInnen und Flüchtlinge konnten auf ihre Unterstützung zählen. Sie begründete bei den Beratungen über den städtischen Haushalt regelmäßig die Forderungen der Linken Liste nach einem Paradigmenwechsel kommunaler Politik weg von einer Politik, die vor allem saturierten Kreisen diente, hin zum notwendigen Ausbau der sozialen Infrastruktur. Für die LLK hat sie, lange bevor andere das Thema nicht mehr ignorieren konnten, immer wieder auf die herrschende Wohnungsnot hingewiesen und Konzepte für den sozialen Wohnungsbau eingefordert.

Am Montag hat Vera Hemm bei ihrem letzten Auftritt im Kommunalparlament einen Redebeitrag gehalten, den wir im Folgenden dokumentieren wollen, verbunden mit einem Dank für ihre politische Arbeit.

Jürgen Geiger

Herr Oberbürgermeister, liebe Ratskolleginnen und -kollegen, meine Damen und Herrn,

auch ich möchte mich heute nochmals kurz zu Wort melden und dabei über zwei Ereignisse aus meiner ersten Gemeinderats-Sitzung berichten, die mich – damals noch Einzelkämpferin der PDS/LL und Nachrückerin von Michael Venedey – geprägt und all die Jahre auch begleitet haben.

Ereignis eins: Meine erste Gemeinderats-Sitzung fand am 27.1.2005 statt, es war gerade der 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee. Aus diesem Anlass hielt der damalige OB Frank vor Eintritt in die Tagesordnung eine Rede, mit der er mich stark beeindruckte. Einen solch antifaschistischen Start im Gemeinderat hatte ich nicht erwartet, ich war hocherfreut und sah darin ein gutes Omen für meine neue Aufgabe. Dass der Gemeinerat dann im Jahr 2007 einen „Konstanzer Aufruf gegen Neofaschismus“ beschlossen hat, war zu Beginn meiner Amtszeit natürlich noch nicht absehbar. Aber ich bin heute noch sehr glücklich darüber.

Ereignis zwei: Eine weitere Überraschung war für mich, dass nach meiner Vereidigung zwei Gemeinderätinnen zu mir an meinen inzwischen eingenommenen Platz am Ratstisch kamen und mich beglückwünschten, und zwar Frau von Waldhausen von der CDU und Frau Weiner von der FWG. Ich, zunächst erstaunt und fast sprachlos, freute mich natürlich über die Wünsche und nahm sie ebenfalls als gutes Omen an. Und in der Tat, ich erlebte später auch im Rat – trotz oftmals unterschiedlicher Meinungen – eine kollegiale und sachliche Arbeitsatmosphäre, die mir lag. Bündnispolitik war ohnehin meine Stärke und ich denke, der positive Umgang miteinander hat sich bewährt.

Zum Schluss nochmals zum 27.1.2005: Damals lautete mein erster Satz nach der Vereidigung: „Ich freue mich auf mein Mandat…“. Es war für mich Neuland, aber ich kam relativ bald, freilich mit viel Energie und Disziplin, im Gemeinderat an. Es folgten interessante zehn Jahre, anstrengend aber bereichernd. Und menschlich sehr angenehm, wofür ich mich herzlich bedanke. Und das gilt nicht nur für den Rat, sondern auch für die Verwaltung.

Heute sagen ich nur noch: Ich freue mich auf eine ruhigere Zeit, ich wünsche Ihnen allen weiterhin alles Gute und selbstverständlich auch eine glückliche Hand für Ihre weiteren Entscheidungen im Gemeinderat.

Singen: Linke Kreisräte stellen sich vor

Marco Radojevic

Marco Radojevic

Hans-Peter Koch

Hans-Peter Koch

Zwei Kandidaten der Partei DIE LINKE sind am 25. Mai in den Konstanzer Kreistag gewählt worden. Die BürgerInnen haben Marco Radojevic und Hans-Peter Koch ein Mandat für ein Programm verliehen, in dessen Zentrum Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit und einer Stärkung von Mitsprache- und Mitentscheidungsrechten stehen. Die Linke-Räte wollen nach der Wahl Ernst machen mit der Forderung nach mehr BürgerInnen-Beteiligung und Transparenz im Kreistag. Deshalb werden Marco Radojevic und Hans-Peter Koch regelmäßig das Gespräch mit der Bevölkerung suchen. Den Beginn machen die beiden Linken-Abgeordneten mit einer Veranstaltung am 25. Juni in Singen, bei der sie ihre politischen Ziele für die Arbeit im Kreistag vorstellen werden. Vor allem aber wollen die neugewählten Räte dabei Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit bieten, ihre Erwartungen an die Politik der Linken im Vertretungsorgan der Bevölkerung des Landkreises zu formulieren.

„Demokratie lebt nicht nur von Wahlen, sondern vor allem auch durch bürgerschaftliches Engagement“, ist sich Marco Radojevic sicher. Und Hans-Peter Koch ergänzt: „Soziale Gerechtigkeit ist nur erreichbar, wenn Menschen nicht mehr von politischen Entscheidungsprozessen ferngehalten werden, sondern Möglichkeiten zur Mitbestimmung bekommen.“ Deshalb wollen die beiden Linken-Räte die Menschen dabei unterstützen, ihre sozialen und demokratischen Ansprüche selbst stärker ins politische Geschehen einzubringen.

BürgerInnen-Gespräch mit den Kreisräten der Linken
Mittwoch, 25. Juni, 19.30 Uhr, Singen, Restaurant „Am Stadtgarten“ (Lindenstr. 31)

Kreisvorstand DIE LINKE. Konstanz,
Jürgen Geiger