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Veranstaltungshaus: Keine Entscheidung im Schweinsgalopp

centrotherm1-494x310Geht es nach dem Willen von Oberbürgermeister Uli Burchardt und vermutlich auch der bürgerlichen Fraktionen, soll nun alles ganz schnell gehen. Dem Gemeinderat will man zumuten, bei der letzten Sitzung der laufenden Wahlperiode – drei Tage bevor am 25. Mai neu gewählt wird – die Pläne für ein Veranstaltungshaus abzusegnen. Damit will die Stadt ein Gremium auf Abruf buchstäblich auf den allerletzten Drücker über eine Investition von mindestens 17,4 Millionen Euro entscheiden lassen, die auf Jahre hinaus richtungsgebend für den Verlauf der Konstanzer Stadtentwicklung sein dürfte. MandatsträgerInnen, die dann schon längst nicht mehr in Amt und Würden wären, hinterließen mit einem Beschluß über den Kauf des Centrotherm-Gebäudes in der Reichenaustraße ihren NachfolgerInnen und vor allem der Bevölkerung ein sündhaft teures Großprojekt, das die finanziellen Spielräume der Stadt für andere Investitionen empfindlich einengen würde. Immerhin beliefen sich die genannten Kauf- und Umbaukosten auf rund 20 Prozent des gesamten im Doppelhaushalt 2013/14 vorgesehenen Investitionsvolumens. Was im übrigen von Summen zu halten ist, die für solche Projekte genannt werden, wissen nicht nur kommunalpolitisch Informierte. Sie sind bestenfalls grobe Hausnummern für die tatsächlich zu erwartenden Kosten, schlimmstenfalls dienen sie deren Verschleierung. Erinnert werden soll nur an das Trauerspiel um die innerstädtische Fußgängerbrücke über die Bahnlinie, die der Gemeinderat für 1 Million beschlossen hatte, am Ende die SteuerzahlerInnen aber fast 4 Millionen kostete.

Das alles muss nicht nur für diejenigen, die in der Stadt händeringend nach einer erschwinglichen Wohnung suchen, wie Hohn klingen. Seit Jahren vertröstet man im Rathaus die Bevölkerung mit dem Verweis auf fehlende Gelder und der Begründung, die erforderlichen Maßnahmen benötigten eben viel Zeit. Wie verlogen das ist, zeigt jetzt der Fall Centrotherm: Wenn die Verantwortlichen nur wollen, sitzen die Millionen plötzlich ganz locker.

Egal wie man zu der Frage steht, ob ein neues Veranstaltungshaus für die Stadt möglich oder nötig ist – eine solch weitreichende Unternehmung gewissermaßen im Schweinsgalopp durch die letzte Sitzung des Rats peitschen zu wollen, ohne dass alle Fakten bekannt sind, ist in höchstem Maße undemokratisch und deshalb vollkommen inakzeptabel. Die Linke Liste wird aus diesem Grund am Donnerstag den Antrag stellen, den Punkt abzusetzen und in die nächste Amtszeit zu vertagen. Nach unserer Überzeugung dürfen Entscheidungen von solcher Tragweite sowieso nicht vom Gemeinderat gefällt werden, dazu müssen die Bürgerinnen und Bürger befragt werden.

Jürgen Geiger

Sozialverbände: Wohnungsnot ist “zentrales Thema” im Landkreis

Hegau-Tower

Hegau-Tower in Singen: Protzbauten statt Sozialwohnungen

Die Liga der freien Wohlfahrtspflege im Landkreis Konstanz hat Wahlprüfsteine an alle KandidatInnen für die Kreistagswahlen am 25. Mai verschickt. Darin beschäftigen sich die Sozialverbände, darunter die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas und das Deutsche Rote Kreuz unter anderem mit der Wohnsituation im Landkreis. Sie ziehen ein vernichtendes Resume: Es gäbe schon lange keinen ausreichenden bezahlbaren Wohnraum mehr, viele Menschen müßten als Folge davon in “prekären, ungesicherten und belastenden Unterkunftssituationen” leben. Außerdem sei zu beklagen, dass immer mehr Menschen im Landkreis obdachlos werden. Für die Sozialverbände ist deshalb die Wohnungsnot “das zentrale Thema, das sich durch alle Bereiche der sozialen Arbeit zieht”. Die Verbände fordern vom Landkreis die Einberufung einer Wohnraumkonferenz noch 2014, bei der unter Einbeziehung von Städten und Gemeinden, der Liga und weiteren Akteuren eine “Gesamtkonzeption” für den Kampf gegen die Wohnungsnot erarbeitet werden soll. Peter Mannherz, Kreistagskandidat der Partei DIE LINKE bei den Kommunalwahlen, nimmt die Wahlprüfsteine zum Anlass, um am Beispiel der Stadt Singen den Ursachen der Wohnungsnot nachzugehen.

Rettet den sozialen Wohnungsbau – nicht nur in Singen!

Die Liga der freien Wohlfahrtspflege im Landkreis Konstanz beklagen in ihren Wahlprüfsteinen für die Kommunalwahl am 25. Mai 2014 den Zustand, dass es im Landkreis Konstanz schon lange keinen ausreichenden bezahlbaren Wohnraum mehr gibt. Gerade in Singen mit einem hohen Anteil an sozial schwachen Einwohnern wird das zunehmend zu einem riesigen Problem.

Die Stadt Singen hat sich leider vollständig aus dem Bereich „soziales Bauen und Wohnen“ verabschiedet. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GVV GmbH befindet sich finanziell in einer mehr als kritischen Situation. Daran ändert das Darlehen der Stadt Singen über 5 Mio. Euro und übernommene Bürgschaften der Stadt über insgesamt ca. 14 Millionen gar nichts. Viele Millionen wurden in der GVV für Protzbauten wie den Hegautower (siehe Bild) und anderes verschleudert.

Ganz schlimm sieht es auch mit den Grundstückskäufen im Kunsthallenareal aus. Hier wurden aberwitzig hohe Kaufpreise für den Aufkauf von Grundstücken bezahlt um dort ein Einkaufszentrum zu errichten. Große Teile des Wohnungsbestandes der GVV wurden bereits als Tafelsilber verschleudert und verkauft. Sollte sich herausstellen, dass alle Geschäftsbereiche der GVV chronisch defizitär sind, dürfte es für die GVV ganz eng werden…

Ein ähnlicher Wahnsinn bahnt sich nun am Bahnhof an. Singen soll ein Einkaufszentrum größer als das LAGO in Konstanz bekommen! Der neue OB Häusler muss nun starken Worten endlich auch Taten folgen lassen. Wenn er sich nicht erpressen lassen will, sollte er mit allen Mitteln dieses Einkaufszentrum am Bahnhof verhindern und dort mindestens eine Mischbebauung mit Wohnungen durchsetzen. Anstatt 16.000 nur 13.000 Quadratmeter neue Einzelhandelsflächen zu genehmigen, ist keine Lösung.

Das allerschlimmste ist, dass hohe finanzielle Reserven der Stadt in der GVV verschleudert wurden. Geld, das jetzt zur Wahrnehmung sozialer Aufgaben in der Stadt an allen Ecken und Enden fehlt.

So sieht sieht es mit der Perspektive einer sozialen Stadt mit Aktivitäten im Bereich des sozialen Wohnens, insbesondere für Kinderreiche, Sozialrentner und Hartz IV-Empfänger, ganz trübe aus. Den Betroffenen bringt die derzeit ausgetragene Schlammschlacht um den tragischen Tod des GVV-Geschäftsführers gar nichts.

Es ist eine Schande. Gäbe es nicht die Wohnbaugenossenschaften in Singen sähe es mit sozialverträglicher Vermietung von Wohnraum in Singen ganz trübe aus. Nur ist dieses Angebot für einkommensschwache Personen – nicht nur in Singen – völlig unzureichend.

Peter Mannherz

“Nimmt die EU den Tod von Flüchtlingen in Kauf?”

TobiasPflüger1_250px” … sie schafft ihn sogar”, konstatierte Tobias Pflüger vor rund 20 Interessierten von Linkspartei, Linksjugend und SympathisantInnen, unter anderem vom Bündnis Abschiebestopp. Diese leider überschaubare Runde bot dem frisch gewählten stellvertretenden Bundesvorsitzenden der LINKEN immerhin die Möglichkeit, intensiv auf Fragestellungen einzelner Besucher einzugehen.

Als Erfolgsmeldung verkaufe es Frontex, 42.000 Flüchtlinge im Zeitraum von Januar bis April dieses Jahres von der Einreise nach Europa abgehalten zu haben. “Was sie dabei nicht sagen ist, dass mindestens 23.000 Menschen von 2000 bis heute im Mittelmeerraum bei dem Versuch umkamen, nach Europa zu gelangen”, so Tobias Pflüger zu Beginn seines Referates. Das habe eine gemeinsame Recherchen von Journalisten verschiedener Zeitungen ergeben, darunter auch der NZZ. Pflüger, Mitbegründer der Tübinger “Informationsstelle Militarisierung (IMI)”, saß zwischen 2004 und 2009 für die Linksfraktion im Europaparlament und hat sich intensiv mit Flüchtlingsfragen beschäftigt. Sein Urteil über die EU-Politik fällt vernichtend aus. Beispielsweise würden “trotz Beschluss des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs… mit Grenzüberwachungsschiffen von Frontex Flüchtlinge weiter abgedrängt, auch wenn sie das offiziell nicht mehr dürfen.” Längerfristig werde die Konsequenz aus dem Beschluss “aber nicht sein, dass sie rausfahren, um ihnen zu helfen, sie werden einfach nichts tun, wenn sie ein Schiff orten.”

Pflüger wies auch darauf hin, dass Frontex nicht nur an den EU-Außengrenzen operiert: “Ich wurde vor einiger Zeit am Frankfurter Flughafen von spanischen Polizisten kontrolliert, portugiesische waren auch dabei. Da kam ich vom Weltsozialforum in Venezuela. Nach langem Recherchieren habe ich dann herausgefunden, dass das ein Frontex-Manöver war, bei dem sie gezielt Leute festgenommen haben, die in Venezuela dem Flieger zugestiegen waren.” Ähnliche Einsätze habe es auch in Amsterdam und Madrid gegeben. “Frontex wird inzwischen umfangreich auch innerhalb der EU eingesetzt.”

Festung Europa baut Mauern, missachtet Flüchtlingskonventionen

Obwohl das Schengener Abkommen EU-Bürgern innerhalb der EU eigentlich Reisefreiheit garantiert, könne das jederzeit ausgesetzt werden. “Wenn in der Nähe der französischen Grenze beispielsweise ein NATO-Gipfel oder ähnliches stattfindet, wird davon Gebrauch gemacht”, sagt Pflüger und weiter: “Man baut derzeit mit Geldern der Europäischen Union Zäune und Mauern an den Grenzen der EU, zum Beispiel Griechenlands.” Erschreckend ist für ihn auch die Situation in Spanien: “Vor den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla werden Flüchtlinge von spanischen Polizisten sogar beschossen, wenn sie versuchen über die hohen Stacheldrahtmauern zu kommen. Sie wissen, dass sie die Leute formal zumindest fragen müssten, ob sie einen Antrag auf Asyl stellen wollen, sollten sie auf EU-Territorium kommen. Aber selbst das machen sie nicht mehr, sondern organisieren meist die Abschiebung zurück nach Afrika.”

Deutscher “Exportschlager”: Abschiebeknäste

Auch anderen Entscheidungen der EU in Sachen Flüchtlingspolitik stellt Pflüger ein vernichtendes Urteil aus. Griechenland gelte beispielsweise immer noch als sicherer Drittstaat, in den abgeschoben werden kann. “Doch das ist völliger Quatsch: Flüchtlinge werden dort regelrecht gejagt und verbringen nicht selten Jahre in Abschiebeknästen.” Bezeichnenderweise sei das eine deutsche Erfindung. “Basierend auf einer Idee von Wolfgang Schäuble (CDU) ist das inzwischen Beschlusslage der EU-Innenminister. Das trifft vor allem die, die praktisch keine Chance haben Asyl zu beantragen.” Mithilfe von EU-Geldern würden derzeit auch Auffanglager in Libyen, Tunesien und Ägypten gebaut. In Libyen treffe das auch Leute, die vor den NATO-Bomben flüchteten.

Ein aktueller Entwurf des Bundesinnenministeriums ärgert Pflüger besonders, da dieser die Inhaftierung zahlreicher Flüchtlinge in Deutschland zur Folge hätte. Der Entwurf stelle Flüchtlinge unter einen Generalverdacht. Eine Zuhörerin stellte heraus, dass Menschen so leichter abgeschoben werden könnten, wenn sie keinen gültigen Pass hätten oder bei ihrem Asylverfahren nicht kooperativ mitgewirkt hätten. Jürgen Geiger von der LINKEN Konstanz machte klar: “Das Schlimme ist ja, dass das anders verkauft wird. Den Menschen wird suggeriert, es ginge um Rechtssicherheit für Flüchtlinge. Dabei will man sie nur bequemer loswerden.”

EU-Politik schafft Flüchtlinge

Laut Pflüger zeige die EU nicht nur wenig Interesse an einer menschenwürdigen Flüchtlingspolitik. Es sei gerade die Wirtschafts- und Außenpolitik der europäischen Staaten, die zu einem nicht geringen Teil dafür verantwortlich sei, dass Menschen aus ihren Heimatländern fliehen: “Nehmen wir als Beispiel den Senegal. In dieses Land werden Kredite vergeben, die in dreifacher Höhe zurückgezahlt werden müssen.” Ziel dieser Praxis sei es, profitable Handelsbeziehungen zu pflegen. “Ein Interesse, die Lebenssituation der Menschen entscheidend zu verbessern ist nicht vorhanden”. Demzufolge könne sich niemand wundern, dass gerade der Anteil senegalesischer Flüchtlinge sehr hoch ist.

Arbeitsverbot in Deutschland – Schweden macht es anders

Scharf kritisierte der Linken-Politiker auch andere Aspekte insbesondere der deutschen Flüchtlingspolitik. “Wenn jemand in Deutschland behauptet, wie schlimm sich die Asylbewerber verhalten, dann soll er sich mal die Rechtslage anschauen. Menschen, die hierher fliehen, unterliegen faktisch einem Arbeitsverbot.” Selbst wenn Flüchtlinge eine Anstellung bekommen könnten, müsse zuerst aufwendig geprüft werden, ob jemand aus Deutschland oder der EU nicht ebenfalls für die Stelle geeignet wäre. Nur wenn das nicht der Fall sei, dürfe der Flüchtling angestellt werden.”

Als positives Gegenbeispiel führt Pflüger das kleine Schweden an: “Dort hat man beschlossen, allen Flüchtlingen aus Syrien Asyl zu gewähren – und Schweden ist ein kleines Land in der EU. Deutschland hat hingegen nur ein Kontingent von zuerst 5.000, dann von 10.000 Flüchtlingen genehmigt.”

Akteure attackieren

Selbstkritisch bedauert es Pflüger, dass er sich als EU-Parlamentarier – trotz Nichtzuständigkeit – nicht intensiver mit den Themen Frontex und Flüchtlingspolitik befasst hat. “Es ist schon merkwürdig, dass niemand von den etablierten Parteien offen für die von ihnen betriebene Flüchtlings- und Grenzpolitik eintritt.” Es sei Aufgabe der Linken, die Akteure in dieser Frage massiv zu attackieren. “Ich bin in Freiburg von Initiativen eingeladen worden, um gegen die Abschiebepolitik der grün-roten Landesregierung zu sprechen.” Stuttgart hänge zwar einen “Mantel des Schweigens” über die Flüchtlingspolitik. “Aber auch unter Kretschmann wird weiter abgeschoben”. Vor allem hinsichtlich der Rolle der SPD nimmt Pflüger kein Blatt vor den Mund: “Es waren sie, die damals in den 1990ern den Asylkompromiss und damit die faktische Abschaffung des grundgesetzlichen Rechts auf Asyl wesentlich eingetütet haben.”

Solidarität formiert sich

Ein positives Zeichen sieht Tobias Pflüger darin, dass in immer mehr Orten, so auch in Konstanz, solidarisch an der Seite der Flüchtlinge gekämpft wird. So macht das Bündnis Abschiebestopp mit dem Projekt “Roma-Solidarität – alle Kinder bleiben hier” gezielt auf drohende Abschiebungen und die damit verbundenen menschlichen Tragödien aufmerksam und bringt Petitionen auf lokaler und Landesebene voran. Dies sei wichtig, damit die Bevölkerung, die entgegen mancher Medienmeldungen viel solidarischer mit Flüchtlingen umgeht als die Politik der im Bund und im Land regierenden Parteien, besser über die bewusst politisch herbeigeführte prekäre Lage von Flüchtlingen aufgeklärt wird.

Symeon Börner

Verzehrzwang auf Schiffen der städtischen Reederei?

Stellen Sie sich vor, Sie wollen mal wieder ins Kino, um sich einen guten Film anzusehen. Sie lösen also wie es sich gehört eine Eintrittskarte und nehmen erwartungsvoll im Vorführsaal Platz. Da erscheint kurz nach Vorstellungsbeginn der Platzanweiser und will Sie zum Kauf einer Tüte Popcorn und der dazugehörigen Flasche Cola nötigen. Sie danken für das Angebot, lehnen aber ab, weil Ihnen der Sinn nicht nach Essen steht, Sie wollen einfach nur den Film genießen, dafür haben Sie schließlich Eintritt bezahlt. Daraufhin verweist Sie der Platzanweiser in den Vorraum – der ungestörte Blick auf die Leinwand sei mit der Verpflichtung verknüpft, etwas zu verzehren. Undenkbar, oder?

Bei den Bodensee-Schiffsbetrieben offenbar nicht. Denn seit die zur städtischen Reederei gehörende MS Überlingen wieder auf großer Fahrt über den Bodensee ist, herrscht dort eine Art Verzehrzwang. Ausflügler, die ordnungsgemäß eine Fahrkarte gelöst haben, und auf dem Oberdeck nur die schöne Aussicht auf die zahlreichen Naturschönheiten und Sehenswürdigkeiten genießen wollen, scheucht man von dort weg. Begründung: Diese Außen-Sitzplätze seien Gästen vorbehalten, die zusätzlich noch Geld für Essen und Trinken hinlegen. Wer nicht konsumieren will, soll sich sonstwohin trollen, unter Deck oder auf die Außengänge. Verantwortlich dafür ist der Restaurantbesitzer und Unternehmer Wäschle, an den die Restauration seit dieser Saison verpachtet ist. Völlig zu Recht sind viele Einheimische und Touristen empört über dieses skandalöse Geschäftsgebahren, das selbst einem privaten Anbieter nicht gut zu Gesicht stehen würde. Bei einer Reederei im Besitz der Stadt geht so etwas aber gar nicht. Die Linke Liste fordert deshalb die für die Bodensee-Schiffsbetriebe zuständigen Stadtwerke auf, umgehend dafür zu sorgen, dass diese Praxis abgestellt wird. Es kann ja wohl nicht Aufgabe der Stadt sein, mit solch anrüchigen Methoden die Umsätze eines Gastronomie-Unternehmers anzukurbeln. Wer eine Auflugsfahrt gebucht hat, muss diese genießen können ohne dass er zwangsverpflegt wird.

Jürgen Geiger
Linke Liste Konstanz

Kreolenfest erhalten

kreolenfest3Ohne eigenes Verschulden haben die Organisatoren des überaus beliebten Kreolenfests ihren bisherigen Veranstaltungsort im Paradies verloren. Um das Kulturereignis, zu dem Jahr für Jahr hunderte KonstanzerInnen strömen, zu erhalten, wandten sich die Macher um die Dixieland-Band „Blue Birds of Paradise“ hilfesuchend an die Stadtverwaltung. Sie schlugen den Stadtgarten als neuen Standort für das Kulturereignis vor, zu dem Jahr für Jahr hunderte KonstanzerInnen strömen. Doch im Rathaus bissen sie auf Granit: Das sei nicht möglich, aus “Sicherheitsgründen”, teilte ihnen das Amt mit. Als nichtkommerzieller Kleinveranstalter könnten die Festorganisatoren sicherheitsrelevante Auflagen nicht erfüllen.  Diese Absage will Holger Reile, Gemeinderat der Linken Liste, nicht gelten lassen. Er fordert die Stadt auf, “alles mögliche zu unternehmen” um das Fest zu erhalten.

“Mit Bedauern stellen wir fest”, schreibt Reile dazu, “dass die Stadtverwaltung nichts tut, um das beliebte Kreolenfest stattfinden zu lassen. Da der bisherige Standort im Paradies nicht mehr zur Verfügung steht, wäre der Stadtgarten der ideale Standort für das Kreolenfest. Aus Sicherheitsgründen, so die ablehnende Haltung der Verwaltung, könne man aber dort keine Genehmigung erteilen. Im Notfall, so heißt es weiter, stünden Rettungsfahrzeuge eventuell vor einer geschlossenen Bahnschranke.

Die Linke Liste Konstanz fordert die Stadt auf, alles mögliche zu unternehmen, um das Kreolenfest , das seit knapp zwanzig Jahren zum Konstanzer Kulturangebot gehört, zu erhalten und dafür den Stadtgarten zur Verfügung zu stellen. Es kann nicht sein, dass der Stadtgarten nur noch Großveranstaltern überlassen wird und kleinere Initiativen außen vor bleiben.

Der Hinweis der Verwaltung, der Stadtgarten stünde auch für kleinere Veranstaltungen erst dann wieder offen, wenn die Unterführung nach Klein Venedig gebaut würde, ist fast schon zynisch. Denn mit diesem Vorhaben ist die kommenden fünf Jahre aus unterschiedlichen Gründen nicht zu rechnen. Bleibt es bei dieser Verweigerungshaltung, können wir den Stadtgarten auch zubetonieren. Nach Auffassung der Linken Liste stünde es der Stadt gut zu Gesicht, diese nicht nachvollziehbare Regelung für Veranstaltungen im Stadtgarten, die wie im Falle des Kreolenfestes mit maximal 600 bis 800 Besuchern rec hnen, etwas moderater und bürgerfreundlicher zu handhaben.”

Flagge zeigen: Gute Pflege braucht Zeit für Patienten und Pflegebedürftige

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Gewerkschaft fordert gesetzliche Personalbemessung.

“Wir sind zu wenige und wir sind zu schlecht bezahlt”. Kein Wehklagen, eher ein Alarmruf, den die sieben Gewerkschafter und BetriebsrätInnen im Konstanzer Gewerkschaftshaus anstimmen. Anlass war ein bundesweiter “Flaggentag” am gestrigen Montag: Flaggen mit der Forderung nach gesetzlicher Personalbemessung wehten von den Krankenhäusern. Nur in Singen, Radolfzell und Konstanz nicht – da prangt ein Transparent am Gewerkschaftshaus (s. Foto), weil die Geschäftsleiter Fischer und Ott des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz einen Protest an den Klinik-Fassaden untersagt hatten. Im letzten September beteiligten sie sich noch an einer gewerkschaftlichen Sternfahrt, redeten gar auf der Protest-Veranstaltung – jetzt hat offenkundig Landrat Hämmerle sein Machtwort gesprochen.

Nirgends so wenig, so schlecht bezahltes Pflegepersonal

Dabei gibt es gute Gründe zum Protest: In keinem anderen Land Europas gibt es weniger Pflegepersonal im Verhältnis zur Zahl der Patienten wie in Deutschland. Hierzulande versorgt eine Krankenpflegerin durchschnittlich 10,3 Patienten, in Norwegen sind es lediglich 3,8. Und nirgends wird so schlecht bezahlt: Eine voll ausgebildete Krankenschwester kommt im reichen Deutschland in der Höchststufe auf 2 980 Euro. Nicht verwunderlich darum die Gewerkschaftsforderung: “Eine examinierte Pflegekraft, die Vollzeit arbeitet, soll künftig nicht weniger als 3000 Euro monatlich verdienen”.

Diese Forderung ist Knackpunkt in den Tarifverhandlungen, die am 5. Mai aufgenommen wurden. Zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände wird über eine Entgeltordnung für die Gesundheitsberufe verhandelt. Auf Basis einer solchen Entgeltordnung wird die tarifliche Eingruppierung der Beschäftigten – und damit die Höhe des zustehenden Gehalts – festgelegt. Und man glaubt es kaum: Seit 2005(!), seit dem Wechsel vom Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvöD), liegt eine solche Neuordnung auf Eis. “Immer versprochen, aber nie eingehalten”, kritisiert Sylvia Nosko, ver.di-Sekretärin für das Gesundheitswesen.

“SPD hat ihre Forderung geopfert”

Auf die Politiker sind die Betriebsräte (BR) ohnehin schlecht zu sprechen. Johannes Kölzer, BR-Vorsitzender in Singen, schimpft: “Eine gesetzliche Personalbemessung hat die SPD in den Koalitionsverhandlungen geopfert”. Und damit spricht er ein Problem an, das den Betriebsräten besonders wichtig ist: Eine Gesetzesvorschrift, wie viel Personal pro Pflegestation unabdingbar ist, “würde den Konkurrenzdruck zu den privaten Anbietern im Gesundheitssektor verringern”. “Und würde eine Wertschätzung für den Pflegeberuf und seine Probleme erhöhen”, weiß Elisabeth Keller, Betriebsrätin aus Konstanz.

Denn alle bisherigen Versuche, den Pflegenotstand in den Krankenhäusern des Landkreises Konstanz zu beheben, waren erfolglos. Die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte stößt nach Erfahrungen der Gewerkschafter nicht nur auf Sprachprobleme: “Solche Lückenbüßer bei uns”, so Sylvia Nosko, “fehlen in ihren Heimatländern. Und den dann absehbaren Pflegenotstand dort bezahlen wir später als Steuerzahler”. Auch beim Einsatz von Leih-Pflegekräften, Hotelfachleuten oder Schwesternschülerinnen – längst gängige Praxis in hiesigen Kliniken – sind die BetriebsrätInnen skeptisch: “Da fehlt es häufig an der nötigen Kompetenz”.

Kritik am Konstanzer Gemeinderat

In diesem Zusammenhang zeigten sich die Gewerkschafter enttäuscht von den Gemeinderatsmitgliedern im Konstanzer Spitalausschuss, die jüngst den Pflegekräften in der Spitalstiftung eine Bonuszahlung verweigerten: “Das hat nicht nur die Betroffenen bis ins Mark getroffen. Das zeigt uns allen die fehlende Wertschätzung unserer Arbeit in der Öffentlichkeit”, wettert Barbara Lembrecht, BR beim Hegau-Jugendwerk in Gailingen. (Anmerkung der Redaktion: Solche fehlende Wertschätzung zeigen auch die übrigen Presseorgane, wenn als einziges Medium seemoz über diesen Protest berichtet).

30 000 Stellen sind derzeit im deutschen Pflegebereich nicht besetzt, allein 700 im Landkreis Konstanz – “und die Zahl wird unweigerlich steigen”, sagt Clemens Kehl, BR aus Radolfzell voraus. “Für junge Leute gibt es weit attraktivere Ausbildungsberufe”. Und: “Die Belastung in unserem Beruf ist so hoch, dass nur noch wenige Beschäftigte in Vollzeit arbeiten können. Statistisch gesehen, ist der Pflegenotstand also noch weitaus höher”. Da helfen keine betrieblichen Teilzeit-Modelle, da hilft nur noch ein Gesetz. Deshalb: Personalbemessung per Gesetz und angemessene Bezahlung jetzt.

Hans-Peter Koch

Demo gegen Handelsabkommen: “Keine Deals für die Konzerne”

Rund 500 Leute folgten am Donnerstag einem Aufruf von BUND, Attac, Greenpeace und anderen Umweltschutzorganisationen, gegen das transatlantische Handelsabkommen TTIP und die umstrittene Energiefördermethode Fracking zu demonstrieren. Anlass war die Tagung der Umweltministerkonferenz von Bund und Ländern, die am selben Tag im Konstanzer Inselhotel stattfand. Die Linke Liste Konstanz und der LINKE-Kreisverband hatten ebenfalls zur Demo mobilisiert, mehrere ihrer Mitglieder, darunter auch die Spitzenkandidatinnen für die Gemeinderatswahl Anke Schwede, Holger Reile, Bernhard Hanke und Simon Pschorr, forderten auf Plakaten den sofortigen Stopp der geheim geführten Verhandlungen: Keine Deals für die Konzerne. Nicht nur vor Ort unterstützt die Linke den immer breiter werdenden Widerstand gegen das geplante Abkommen. Würde es umgesetzt, bedeutete das einen erheblichen Abbau von Sozial-, Verbraucherschutz- und Umweltstandards sowie die Einschränkung von Arbeitnehmerrechten und weitere Deregulierungen für die Finanzmärkte.

Die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender (Bild unten) griff als Hauptrednerin auf der Abschlußkundgebung die demokratiefeindlichen Geheimverandlungen zwischen EU und USA an. Sie warnte eindringlich vor den Folgen für Arbeitnehmer und Umwelt. Das Abkommen ziele darauf ab, hart erkämpfte Schutzrechte zur Disposition zu stellen. Im Fall eines Inkrafttretens von TTIP wären die Interessen der Konzernen künftig das Mass der Dinge, die Staaten würden ihren Einfluss auf politische Entwicklungen verlieren. Sie rief zum außerparlamentarischen Widerstand auf: Das Abkommen müsse “in die Tonne” getreten werden.

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Veranstaltung: Die extreme Rechte in Europa vor den Wahlen

A2 Plakat(S).inddNicht nur über die Zusammensetzung der Gemeinderäte und Kreistage können die BürgerInnen am 25. Mai entscheiden, auch die Europawahlen stehen auf der Tagesordnung. Aktuelle Umfragen sagen dabei alten und neuen rechten Parteien europaweit einen veritablen Aufschwung voraus. Grund genug, der Frage nach den Ursachen dieser beunruhigenden Entwicklungen nachzugehen. Die Konstanzer Linke lädt deshalb zusammen mit der DKP am 10. Mai zu einer Veranstaltung ein, bei der der Journalist und Autor Bernhard Schmid den Aufstieg der extremen Rechten analysieren wird. Der promovierte Jurist ist ausgewiesener Kenner der rechtsextremen Szene in Frankreich und Europa und Autor mehrerer Bücher über das Thema.

Von Athen bis Budapest, Paris und Berlin

Nicht zuletzt die Wahl in Ungarn vom 6. April, bei der die offen faschistische Partei Jobbik stattliche 20,7 % der Stimmen erhielt, belegt, welche starke Stellung solche „Bewegungen“ inzwischen vielerorts erreicht haben.

Während im krisengeschüttelten Griechenland Neonazis von der Partei „Goldene Morgenröte“ mit offener Gewalt gegen Einwanderer und politische Gegnerinnen vorgehen und Morde verüben, setzen andere Rechtsextreme auf unterschiedliche Strategien. Sie reichen von der Selbstdarstellung als Saubermannpartei in Schlips und Kragen bis zum Versuch, sich als „soziale Bewegung“ darzustellen – und die Wut von Lohnabhängigen, Arbeitslosen, Verlierer/inne/n der Umverteilung von unten nach oben auf ihre Mühlen zu lenken. In Deutschland zum Beispiel reicht die Spannbreite vom Auftreten der ,Alternative für Deutschland‘ (AfD) bis zu dem der neonazistischen NPD; beide machen sich Hoffnungen auf den Einzug ins Europaparlament.

Welche Gefahren wohnen diesen politischen Kräften inne? Was haben sie miteinander gemeinsam, aber was unterscheidet sie auch? Immerhin finden sich unter ihnen ehemalige Regierungsparteien ebenso wie politische Kräfte, die sich als „Fundamentalopposition“ aufführen. Ebenso, wie manche dieser Parteien – oder auch Strömungen in ihrem Inneren – offen wirtschaftsliberal argumentieren, andere dagegen eher eine „national-soziale“ Agitation betreiben. Manche ihrer Vertreter geben sich als glühende Israel-Anhänger, andere wiederum sind Israelhasser aus antisemitischen Motiven. Welche Zugkraft besitzen ihre Argumente auch in den sozialen Unterklassen, wenn sie u.a. mit protektionistischen Anliegen daherkommen und behaupten, damit Schutz vor den Stürmen der Globalisierung zu bieten? Erlaubt es der „Populismus“begriff, diese Parteien wirklich angemessen zu beschreiben? Nicht zuletzt aber: Was können wir versuchen, dagegen zu tun?


Veranstaltung mit Bernhard Schmid
Samstag, 10. Mai, 14 Uhr, Konstanz, Hotel „Graf Zeppelin“


Am 8. Mai: Demonstration am Bodensee – TTIP im Atlantik versenken!

TTIP-stoppen-linkeVom 7. bis zum 9. Mai treffen sich die Umweltminister von Bund und Ländern im Konstanzer Inselhotel zu einer Fachkonferenz, bei der es laut Mitteilung des baden-württembergischen Umweltministeriums um Themen wie die Energiewende und die Ressourceneffizienz gehen soll. Durchaus möglich, dass die Ministerrunde sich veranlasst sieht, noch über einige andere Themen zu sprechen, denn der BUND mobilisiert für den 8. Mai landesweit zu einer Demonstration gegen das Handelsabkommen TTIP und Fracking am Tagungsort auf. Die Linke Liste Konstanz und der Kreisverband der Partei DIE LINKE unterstützen diese Protestaktion und rufen zur Beteiligung auf, denn die Umsetzung der TTIP-Pläne hätte weitreichende negative Folgen nicht nur auf europa- und bundespolititischer Ebene, auch die Kommunen wären betroffen.

Was verbirgt sich hinter der nichtssagend klingenden Abkürzung TTIP? Seit Monaten verhandeln im Geheimen Technokraten der EU-Kommission und Wirtschaftslobbyisten über ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union. Ihr Ziel: Sie wollen einen gemeinsamen Handelsraum schaffen, in dem die für Konzerne besten Bedingungen gelten. Über die Folgen für die Menschen sprechen sie nicht. Aus gutem Grund: Tritt das TTIP in Kraft, werden mühsam erkämpfte Rechte, Standards und Schutzmechanismen über Bord geworfen. Erklärtes Ziel der Verhandlungen ist es, mit dem Abkommen in Zukunft alle diese Standards an die Interessen der Unternehmen anzupassen. Bei allen künftigen Gesetzesvorhaben soll immer zuerst geprüft werden, ob sie Handel und Investitionen behindern. Das Abkommen würde damit zentrale Bereiche unseres Lebens neu regeln, ohne dass die Öffentlichkeit oder die Politik mitentscheiden kann.

Beispiel Umweltschutz. Der ist zwar auch in der EU nicht immer spitze, doch immerhin gilt das “Vorsorgeprinzip”. So muss ein Chemie-Unternehmen in der EU erst die Unschädlichkeit neuer Substanzen, wie Chlor-Verbindungen oder Dioxine belegen, bevor sie zugelassen werden. In den USA muss dagegen die schädliche Wirkung eines Stoffes erst nachgewiesen werden, um ihn vom Markt nehmen zu können. Dagegen wehren sich in den USA seit Jahren viele Bürger und wollen das “Vorsorgeprinzip” auch bei sich einführen. Mit TTIP würde dies in den USA verhindert und bei uns dieses Prinzip einfach abgeschafft. Im Verhandlungsdeutsch nennt sich das harmlos: Standards werden angeglichen oder für gleichwertig erklärt, womit höhere Schutzgrundsätze stets unterlaufen werden können.

Anderes Beispiel, von dem auch die Bodensee-Region aktuell betroffen ist: die giftige Gasfördermethode “Fracking”. TTIP würde es den Unternehmen, die sich nicht umsonst Förderlizenzen auch in der Region gesichert haben, gegen bestehende Fracking-Verbote zu klagen, um ihre Profitinteressen gegen den weitverbreiteten Widerstand gegen diese brandgefährliche Energiefördermethode durchzusetzen.

Auch auf kommunaler Ebene hätte das Abkommen weitreichende negative Folgen. Erklärtes Ziel der transatlantischen Handels-Fans ist nämlich die weitere Öffnung öffentlicher Dienstleistungen für private Anbieter. Sei es die Versorgung mit Wasser und Energie, der öffentliche Verkehr oder das Gesundheitswesen – der Zugang zu allen diesen, häufig im Aufgabenbereich der Städte und Gemeinden angesiedelten, Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge soll durch TTIP für private Anbieter noch weiter geöffnet werden. Der heute schon hohe Druck auf Löhne, Arbeits- und Umweltbedingungen in den betroffenen Sektoren würde steigen, die Qualität der Leistungen, beispielsweise im Gesundheitswesen, weiter sinken. Selbst vor dem öffentlichen Beschaffungswesen will man nicht halt machen. So müßten Aufträge der Stadt Konstanz, vom Bleistift bis zur Theaterbestuhlung, künftig transatlantisch ausgeschrieben werden. Wer davon profitiert, ist klar: Europäische und US-amerikanische Konzerne. Der Handwerker vor Ort, die kleinen und mittleren Unternehmen der Region und ihre Angestellten würden in die Röhre gucken.

TTIP zum Scheitern bringen

Immer mehr Menschen haben es satt, ständig von Politik und Wirtschaftsvertretern hinters Licht geführt zu werden. Versprochen wird – wie so oft – mehr Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze. Doch am Ende gibt es einige Gewinner und viele Verlierer. Es ist ein Schlag ins Gesicht aller aufgeklärten Menschen, geheim über ein Abkommen zu verhandeln, das fast alle Lebensbereiche betrifft.

Deshalb protestieren und engagieren sich in Europa und auch den USA immer mehr Menschen gegen TTIP. In den Medien wird die Kritik lauter und in den Parlamenten geraten die Befürworter des Abkommens stärker unter Rechtfertigungsdruck. Bisher lassen sich die Verhandlungsführer davon nicht beirren. Klar ist aber: Wächst der Widerstand auf der Straße und in den Parlamenten, lässt sich das Freihandelsabkommen nur schwer durchsetzen. Leisten wir am Donnerstag in Konstanz unseren Beitrag dazu.

Jürgen Geiger


DEMO gegen Fracking, TTIP und Agro-Gentechnik
Donnerstag, 8. Mai, 11 Uhr, Konstanz, Benediktinerplatz
Kundgebung 12:15 Uhr, Marktstätte


Förderverein schlägt Alarm: Bestimmt die Stadt bald selbst, wie sie sich vermarktet?

Logo-Stadtmarketing-KN-1Solche Aussichten können einem natürlich schon den Angstschweiß ins Gesicht treiben: Man stelle sich vor,  die Bevölkerung, respektive ihre in den Gemeinderat gewählten VertreterInnen, bestimmen künftig selbst darüber, wie sich die Stadt Konstanz nach außen vermarktet. Die Furcht vor einer solchen Entwicklung der dafür zuständigen städtischen GmbH scheint jedenfalls den Förderverein des Stadtmarketings umzutreiben, dessen Vorsitzende Friedrich auf der jüngsten Mitgliederversammlung die Sorge äußerte, “dass die regionale Wirtschaft bei der Neueinrichtung des Stadtmarketings nicht mehr ausreichend eingebunden sein könnte”, wie im Südkurier zu lesen war. Schreckliche Vorstellung, dass die Einrichtung bald “zu einem städtischen Geschäft würde, das von Verwaltungsleuten bestimmt wird” (nocheinmal Friedrich). Warum diese Unruhe in der Wirtschaftslobby, denn um die handelt es sich beim Marketing-Förderverein natürlich, gerade jetzt?

Hintergrund sind offensichtlich die Pläne des Oberbürgermeisters Uli Burchardt, den gesamten Bereich der städtischen Wirtschaftsförderung neu zu ordnen. Die Debatte um diese Pläne, für die er schon in seinem Wahlkampf geworben hatte, wurde durch den ziemlich unrühmlichen Abgang des bisherigen Stadtmarketing-Geschäftsführers Hilmar Wörnle nun erneut befeuert. Zwar hatte CDU-Mann Burchardt nie im Sinn, den öffentlichen Einfluss in Fragen der Wirtschaftsförderung zu verbessern, im Gegenteil: Mit der Neueinrichtung eines Wirtschaftsausschusses nur kurz nach seiner Amsteinführung erwies er prompt den regionalen Kapitalvertretern seine Referenz. Seitdem können die in einem weiteren Gremium mit städtischen Weihen ihren privaten Geschäftsinteressen Geltung verschaffen. Doch ebenso schrankenlos wie die Gewinngier “der Wirtschaft” ist auch deren Drang nach Einfluss auf die öffentlichen Angelegenheiten. Diesen gilt es, selbst in solchen Randbereichen wie dem Stadtmarketing oder der Touristinformation, aufrecht zu erhalten. Sonst könnte es ja geschehen, dass am Ende der Gemeinderat noch darüber diskutiert, ob es Fördergelder und Aufträge künftig nur noch für Unternehmen gibt, die nach Tarif zahlen, Ausbildungsplätze anbieten, Personalräte zulassen und ökologischen Standards gerecht werden, wie das die Linke Liste immer wieder fordert. Oder dass er den Akzent der Werbung um Urlauber weg von Megaereignissen wie Seenachts-, Wein- oder Oktoberfest in Richtung sanften Tourismus verlagert und beispielsweise für eine autofreie Innenstadt plädiert.  Noch verhindern das die Mehrheitsverhältnisse im Rat, aber wer weiß denn schon, was bei Wahlen alles herauskommen kann.

Auch die LLK tritt übrigens seit langem für eine Neuordnung des Wirtschaftsförderungsbereichs der Stadt ein. Sie will allerdings ganz im Gegensatz zum OB die Einflussmöglichkeiten gemeinderätlicher Gremien und damit zumindest indirekt der Bevölkerung stärken, nicht die Gelüste von Industrie und Handel befriedigen. Die Stadt gehört allen, nicht “der Wirtschaft” allein.

Jürgen Geiger