Author Archives: Admin

GVV-Pleite: Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein

GVV-EigenwerbungKnapp drei Jahre nach der desaströsen Pleite der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GVV in Singen hat die Staatsanwaltschaft Konstanz das Verfahren gegen die Verantwortlichen eingestellt. Man habe die von einem Anwaltsbüro im Auftrag der Stadt zur Verfügung gestellten Akten geprüft, wird die zuständige Strafverfolgungsbehörde im „Südkurier“ zitiert, und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass mit einer Verurteilung der damaligen Beteiligten nicht zu rechnen sei. Die Stadt will sich damit jedoch nicht zufriedengeben, berichtet die Zeitung weiter: „Nach Informationen unserer Redaktion hat die Stadt Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens eingelegt. Nun liegt der Fall bei der Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe“.

Die Motive der Stadtverwaltung für diese Hartnäckigkeit liegen auf der Hand. Einerseits will sich vor allem der damalige Finanzdezernent und heutige Oberbürgermeister Bernd Häusler endgültig vom Verdacht reinwaschen, er trage zumindest eine Mitschuld an dem durch windige Spekulationsgeschäft verursachten Zusammenbruch der Wohnungsbaugesellschaft. Zum anderen will das Singener Rathaus den Schwarzen Peter unbedingt den Wirtschaftsprüfern und dem damaligen Geschäftsführer – er nahm sich wegen der Affäre das Leben – zuschieben, um sich auch finanziell möglichst glimpflich aus der Affäre ziehen zu können.

Denn klar ist: die finanziellen Folgeschäden könnten für die Stadt – sprich die SteuerzahlerInnen – noch richtig teuer werden. Von 25 Millionen und mehr ist immer wieder die Rede. Eine bittere Konsequenz der städtischen Zockereien steht schon heute fest: Im Wohnungsmangelgebiet Singen gibt es keine öffentlichen Sozialwohnungssektor mehr. Und das soll nach dem Willen der neoliberal gestrickten Stadtspitze um OB Häusler auch so bleiben. – jüg

Der Steuer- und Unternehmensberater Peter Mannherz mit einer Bewertung der jüngsten Entwicklungen im scheinbar endlosen Trauerspiel um die GVV:

Die Staatsanwaltschaft hat erwartungsgemäß kein Strafverfahren eröffnet. Die Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft ist sinnlos. Was nirgendwo erwähnt wird, sind die tatsächlichen Ursachen für die Pleite (siehe Bundesanzeiger.de per 31.12.2014). Nach dem tragischen Tod des Geschäftsführers, der jahrelang als kluger Stratege gefeiert wurde (siehe SK vom 18.10.2000: „Die Tochter der Stadt wird zur glänzenden Partie“) und nun der Sündenbock sein soll, sollte durch das Gutachten die Unschuld des jetzigen OB und seines Vor-Vorgängers an der GVV-Pleite nachgewiesen werden. Allzu durchsichtig. Der eine war als Finanzbürgermeister zumindest indirekt involviert und der andere hat nachweislich das Hegautower-Projekt auf den Weg gebracht.Welche Schlussfolgerungen können daraus gezogen werden?

1. Es hat am politischen Willen der neuen Rathausspitze gefehlt, die GVV zu retten, über 55 Mio. aus dem Verkauf der Grundstücke (auch Kunsthalle!) und die Schadenersatzklage des Insolvenzverwalters gegen die Hausbank wegen der Derivatgeschäfte beweisen, dass die Untätigkeit der neuen Stadtspitze falsch war. Die Kosten des Gutachtens mit über 1 Mio wären besser anstatt die Taschen der Gutachter zu füllen als Darlehen an die GVV gegangen, es gab eine reale Chance sie zu retten, nur der Wille hat gefehlt!

2. Das Sanierungskonzept der GVV sah eine geordnete Weiterführung des Unternehmens als Wohnungsbaugesellschaft vor, die endlich den sozialen Bedürfnissen der Stadt und ihrer Bürger gerecht wird. Diese Verpflichtung der Stadt Singen wurde nun mit der Pleite endgültig beerdigt.

3. Frau Netzhammer und der OB haben Recht, dass sich die Stadt künftig gefälligst aus Bodenspekulation und Bauträgergeschäften heraushält. Schlichtweg falsch und geradezu zynisch wird es wenn dies mit der Forderung verbunden wird, nie wieder im Bereich soziales Bauen aktiv zu werden. Anstatt ständig auf die Ausweitung der eigenen Einzelshandelsflächen zu schielen wäre es viel hilfreicher zu lernen wie das Konstanz mit der Wobak oder Worblingen mit seiner KEG mit „sozialen Bauen“ macht. Daran ändern die neuen Bauprojekte in Singen auch nichts, die in erster Linie die Bodenspekulation mittels teurer Eigentumswohnungsanlagen befeuern. Wieso wird eigentlich der Verkaufserlös des Schnaidholzplatzes nicht in den sozialen Wohnungsbau investiert?

Business as usual.

Peter Mannherz

Auf zur Demo gegen TTIP und CETA am 17.9. in Stuttgart

csm_ttip-sept_aufruf_8_5d987ba01aDie baden-württembergische LINKE unterstützt die Demonstration gegen TTIP und CETA am kommenden Samstag in Stuttgart. Beim Demozug durch die Stuttgarter Innenstadt werden von einem Lautsprecherwagen aus mehrere LINKEN-Politiker sprechen, darunter die Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Heike Hänsel und der stellvertretende Parteivorsitzende Tobias Pflüger. Im Landkreis Konstanz hat das vom LINKE-Kreisverband und der Linken Liste Konstanz unterstützte regionale Bündnis gegen TTIP, CETA und TiSA zu dem Protest mobilisiert, zu dem bundesweit in weiteren sechs Städten Hunderttausende erwartet werden. Insgesamt fahren am Samstag fünf Busse aus der Region nach Stuttgart, darunter auch einer der Singener IG Metall.

„Wir treten für einen gerechten Welthandel ein, der soziale und ökologische Standards schützt statt diese im Interesse von Wirtschaftsverbänden zu gefährden“, so Bernhard Stasdeit, Landesgeschäftsführer der LINKEN in Baden-Württemberg. „Wir begrüßen, dass viele Verbände, Initiativen, Gewerkschaften, Gliederungen der SPD und der Landesverband der Grünen die Demonstration gemeinsam unterstützen. Aber wir kritisieren auch die Doppelzüngigkeit, mit der Grüne und SPD unterwegs sind: Bundeswirtschaftsminister Gabriel arbeitet weiter an der Umsetzung von CETA und die grün-schwarze Landesregierung von Ministerpräsident Kretschmann wirbt für beide Freihandelsabkommen. Das passt nicht zusammen! Wir fordern die baden-württembergische Landesregierung daher auf, sich im Bundesrat eindeutig gegen TTIP und gegen CETA zu positionieren.“

DIE LINKE ruft die Bevölkerung auf, sich am Samstag, 17.9.2016, zahlreich an der Kundgebung ab 12 Uhr vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof und am anschließenden und Demozug zu beteiligen. TTIP und CETA müssen gestoppt werden – im Interesse der Bürger_innen und ihrer Rechte.

Die Redner auf dem Lautsprecherwagen der LINKEN im hinteren Drittel des Demozugs sind:

  • Ryk Fechner, Mitglied des Landessprecher_innenrates linksjugend [’solid]
  • Sahra Mirow, geschäftsführender Landesvorstand DIE LINKE
  • Tobias Pflüger, stellv. Parteivorsitzender DIE LINKE
  • Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete und stellv. Fraktionsvorsitzende DIE LINKE

Vorstoß gegen Diskriminierung und Abschiebung von Roma

Keine-sicheren-Herkunftsländer-2Zu den öffentlich wenig beachteten Opfern der deutschen Flüchtlings(abwehr)politik gehören verstärkt auch Angehörige der Roma. Neben den verschiedenen Verschärfungen der Asyl­gesetze, mit denen die herrschende Politik auf den Zustrom von Menschen reagierte, die es auf ihrer Flucht vor Krieg, Verfolgung und Zer­störung in die trügerische Sicherheit der EU geschafft haben, trifft die Ange­höri­gen dieser diskriminierten Ethnie vor allem die Einstufung der westlichen Balkanländer als “sichere Herkunftsstaaten”. Seitdem lassen sie die Behörden vermehrt in ihre ehemaligen Heimatländer abschieben, wo sie häufig vor dem Nichts stehen. So hat sich die Zahl der im Landkreis lebenden Roma innerhalb der letzten sechs Monate halbiert.

Die Gruppe “Input”, ein Zusammenschluss von Leuten, die in Konstanz kritische Vorträge zu gesellschaftlichen und politischen Themen organisiert, hat zusammen mit weiteren flüchtlingssolidarischen Organisationen nun einen öffentlichen Brief an den Gemeinderat der Stadt Konstanz veröffentlicht, in dem die Auseinandersetzung der städtischen Verantwortungsträger_innen mit der Ausgrenzung von Roma verlangt wird. Die Verfasser_innen des Briefs fordern die Ratsfraktionen auf, sich gegen die Rückführungen einzusetzen und eine Debatte über die inhumane Abschiebungspraxis in der Stadt Konstanz, der Bodenseeregion und Baden-Württemberg anzustoßen. Eine unterstützungswerte Initiative, für die sich LINKE mit ihren Kreisräten und die Stadträte der Linken Liste Konstanz einsetzen werden. Der Brief im Wortlaut. (jüg)


Öffentlicher Brief an den Gemeinderat Konstanz zu der Ausgrenzung von Roma

Liebe Mitglieder des Gemeinderats Konstanz,
fast vor genau vier Jahren sprach sich die Stadt Konstanz „FÜR eine Kultur der Anerkennung und GEGEN Rassismus“ aus. Das FÜR und das GEGEN wurden großgeschrieben, als Ausruf, als lautes Statement – auf dem Papier. In der Erklärung heißt es, dass Konstanz sich als weltoffene, liberale Stadt versteht, die sich für Chancengleichheit aller Menschen, die in ihr leben, einsetzt. Mutig wird betont, dass dort, wo Ausgrenzungen und Bedrohungen von Minderheiten und Andersdenkenden geschehen, mit Zivilcourage für Menschlichkeit und die Wahrung der Grundrechte entgegengetreten wird.

Mit großer Enttäuschung müssen viele flüchtlingssolidarische Initiativen in Konstanz jedoch feststellen, dass immer mehr Roma (also die größte Minderheit in Europa) aus dem Landkreis abgeschoben oder dazu gedrängt werden, Deutschland zu verlassen. Am 2.12.2015 lebten noch 511 Roma hier im laufenden Asylverfahren oder geduldet. Im Juni 2016 waren es nur noch 263. Seit Monaten findet fast jede Woche eine Sammelabschiebung statt: aus Baden-Württemberg nach Albanien, Kosovo, Serbien und Mazedonien. Seit Anfang Dezember werden dem Landkreis Konstanz keine neuen Balkanflüchtlinge mehr zugeteilt, weil sie direkt aus Erstaufnahmeeinrichtungen und Sonderlagern abgeschoben werden sollen. Aus diesem Grund bitten wir Sie, den Gemeinderat Konstanz inständig, so schnell wie möglich die verbleibenden Roma im Landkreis zu unterstützen. Setzen Sie sich gegen eine Rückführung ein. Machen Sie auf die desaströse Situation für die Roma in Europa aufmerksam.

Es mag schwer sein im Jahr 2016 nicht auch in das geschichtsvergessene Horn zu blasen, das europaweit ertönt und Abschiebungen feiert als gäbe es nicht genug Platz im nördlichen Eu-ropa. Dabei fehlt es nur an einem: der Solidarität und der praktischen Umsetzung einer Hal-tung, die Sie als Gemeinderat in der Erklärung „FÜR eine Kultur der Anerkennung und GEGEN Rassismus“ so vielversprechend formuliert haben.

Bereits 2006 hat sich der Gemeinderat Konstanz klar gegen die Ausgrenzung und Abschiebungen von Roma positioniert. In einer Resolution heißt es, dass Sie sich „schützend vor die verfolgten Minderheiten der Roma […] die in unserer Stadt Zuflucht gefunden haben und nun von Abschiebung bedroht sind“ stellen. Damals wurde vom Gemeinderat das Land Baden-Württemberg aufgefordert sich für eine bundeseinheitliche humanitäre Bleiberechtsre-gelung einzusetzen. 2014 stellten Sie fest, dass „Abschiebungen im Winter […] ganz konkret Gesundheit und Leben der abgeschobenen Flüchtlinge [gefährden], da diese meist in extremer Armut am Rande der Gesellschaft leben und dabei häufig direkt in die Obdachlosigkeit abgeschoben werden.“ Dies gilt auch für zahlreiche geflüchtete Roma aus dem Landkreis Kon-stanz, wie journalistische Berichte aufzeigen.

Wir, die Unterzeichnenden, fordern den Gemeinderat dazu auf ähnliche Worte für die verbleibenden Roma im Landkreis Konstanz zu finden und eine Debatte in der Boden-seeregion und Baden-Württemberg anzustoßen. Sie haben dabei die Unterstützung von vielen Bürgerinnen und Bürgern aus Konstanz. Es ist wichtig gerade jetzt ein Zeichen gegen die Einstufung von Balkanländern als „sichere Herkunftsstaaten“ zu setzen. Der Bundes Roma Verband erklärt hierzu:
„Roma sind nirgendwo sicher. In den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens haben sie keine Rechte, selbst wenn diese von der Bundesrepublik und den jeweiligen Regierungen vereinbart werden. Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien sind, auch nach ihrer Einstufung im deutschen Recht als „sichere Herkunftsstaaten“, für Roma nicht sicher. Damit wird jegliche Chance auf Flüchtlingsanerkennung genommen. Die Regelung der ‘sicheren Herkunftsstaaten‘ kommt für Roma einer Abschaffung des Asylrechts gleich.“

Auch die Studierendenvertretung der Universität Konstanz, also die Vertretung von knapp 10.000 Konstanzerinnen und Konstanzern sprach und spricht sich für eine Solidarität mit allen Geflüchteten aus und kritisiert die aktuelle Asylpolitik der Bundesrepublik Deutschland und setzt sich gegen Antiziganismus ein.

Viele flüchtlingssolidarische Initiativen haben im Landkreis Konstanz die letzten Jahre immer wieder auf die Situation von Roma aufmerksam gemacht. Der Arbeitskreis Roma-Solidarität im Landkreis Konstanz hat 2014 eine Petition gestartet, die sich auch an Konstanzer Oberbür-germeister Uli Burchardt gerichtet hat. 1.870 Menschen haben ihn in dieser aufgefordert „sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen“, dass Roma-Familien aus den Unterkünften im Landkreis Konstanz nicht abgeschoben werden.

Zuletzt haben sich zahlreiche flüchtlingssolidarische Initiativen aus dem Landkreis Konstanz zusammengetan, um einen Roma-Fonds mit privaten Spenden aufzubauen, um abgeschobene und zur Rückreise gedrängte Familien zu unterstützen. Über 10.000 Euro wurden bereits ausgezahlt. Durch drei große Spenden des Konstanzer Runden Tischs für Asyl und der Konstan-zer Vereine „save me“ und „Cafe Mondial“ wurde eine zweite Auszahlungsrunde des Roma-Fonds möglich. Das Projekt will ausdrücklich nicht als Anreiz zur „freiwilligen“ Ausreise verstanden werden, sondern positioniert sich gegen die verschärfte Asylpolitik gegenüber Westbalkanflüchtlingen.

Wir finden, dass es Zeit wird, dass der Gemeinderat Konstanz wieder Stellung zu der Diskriminierung und Abschiebung von Roma bezieht. Ausgehend von seiner eigenen Erklärung gegen Rassismus, seiner Resolution von 2006 gegen die Abschiebung von Roma und seinem Einsatz für einen Winterabschiebestopp hoffen wir auch diesmal auf eine solidarische Positionierung.

Mit freundlichen Grüßen

Input Konstanz
Cafe Mondial
Studierendenparlament der Universität Konstanz
b-welcome
GemeinsamGarten
Refugee Law Clinic Konstanz
Forum Azilon- Asyl und Menschenrecht
VVN-BdA Konstanz

Für Rückfragen und mehr Informationen über das Thema Antiziganismus können Sie sich gerne an Input Konstanz wenden. Bei Interesse kommen wir gerne bei Ihnen in einer Fraktionssitzung vorbei, um über das Thema und Handlungsmöglichkeiten zu diskutieren.
Kontakt: inputkonstanz@mtmedia.org

Infostände: LLK-Antrag gegen städtische Behinderung zivilgesellschaftlichen Engagements

No-TTIP-Demo Konstanz

Seit geraumer Zeit hat die Konstanzer Stadtverwaltung einen restriktiveren Kurs bei der Bewilligung von Infoständen zivilgesellschaftlicher Gruppen eingeschlagen. So kassiert das zuständige Straßenverkehrsamt seit diesem Frühjahr statt 25 pro Stand plötzlich 50 Euro an Gebühren. Gab es bis zum März dieses Jahres die Möglichkeit, mehrere Stände gleichzeitig zum alten Preis zu beantragen, will die Stadt nun den Betrag für jeden einzelnen Stand berechnen. Zudem berichteten mehrere Initiativen, darunter auch das Konstanzer Bündnis gegen TTIP, CETA und TiSA, dass es zunehmend Schwierigkeiten gibt, eine Genehmigung für einen Infostand auf dem Obermarkt zu erhalten, auch das entgegen der früheren Genehmigungspraxis.

Schon früh hat die Linke Liste Konstanz (LLK) gegen diese offenkundige Behinderung der Arbeit zivilgesellschaftlicher Initiativen protestiert und von der Stadt verlangt, diese Gängelung von Initiativen einzustellen. „Für ehrenamtlich tätige Initiativen und Organisationen bedeutet die verschärfte Gangart bei der Genehmigung von Infoständen eine empfindliche Behinderung ihrer Aktivitäten“, so die LLK-Stadträte Anke Schwede und Holger Reile in einer Pressemitteilung. Informationsstände seien ein wichtiges Instrument für Bürgerinnen und Bürger, öffentlich für ihre Ziele zu werben oder Kritik zum Ausdruck zu bringen. „Das zu beobachtende restriktive Vorgehen bei der Genehmigung und die drastischen Gebührenerhöhungen sind deshalb eine nicht hinzunehmende Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung“, so die LLK-Räte weiter.

Bei der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause machten bei der Bürgersprechstunde Vertreter_innen von Konstanzer Initiativen selbst ihrem Unmut Luft. So protestierte etwa Dietmar Messmer von der Bürgergemeinschaft Petershausen gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit per Gebührenerhöhung. Der OB versuchte abzuwiegeln: Niemand gehe es darum, Meinungsäußerungen einzuschränken. Absurde Begründung für die Verdoppelung der Kosten: Bislang, so das mehr als dünne Argument, habe die Stadt vergessen, neben den anfallenden Verwaltungsgebühren die ebenfalls zu erhebenden Sondernutzungsgebühren zu kassieren. Kaum glaubhaft, dass die zuständigen Verwaltungsexperten über Jahrzehnte ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben sollen. Tatsache ist jedenfalls, dass nach geltender Rechtslage die Stadt sogar ganz darauf verzichten kann, Gebühren für Infostände zu erheben, „wenn die Sondernutzung überwiegend im öffentlichen Interesse liegt oder ausschließlich gemeinnützigen oder sonstigen allgemein förderungswürdigen Zwecken dient“, wie es in der städtischen Satzung heißt.

Gerade die Infostände der TTIP-Gegner_Innen beispielsweise liegen eindeutig im öffentlichen Interesse, hat der Gemeinderat selbst im Oktober 2014 doch eine Resolution gegen die geplanten Freihandelsabkommen beschlossen.

Die Linke Liste hat Ende August nun einen Antrag an den Gemeinderat eingebracht, der die Stadt darauf festnageln will, auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für Informationsstände zivilgesellschaftlicher Gruppen gänzlich zu verzichten und sich auch gegen die örtliche Einschränkung von Standorten richtet. Der Antrag und seine Begründung im Wortlaut. – jüg

Antrag

Der Gemeinderat beschließt:
1. Die Stadt Konstanz verzichtet auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für Informationsstände zivilgesellschaftlicher Gruppen.
2. Die Stadtverwaltung prüft von zivilgesellschaftlichen Gruppen gewünschte Standorte für Infostände in jedem Einzelfall.
3. Die Stadtverwaltung prüft die rechtlichen Möglichkeiten, Infostände zivilgesellschaftlicher Gruppen generell kostenfrei zu genehmigen.

Begründung:

Seit Jahrzehnten ist es in Konstanz guter Brauch, dass zivilgesellschaftliche Gruppen und politische Organisationen mit Informationsständen auf ihre Anliegen aufmerksam machen können. Bis vor kurzer Zeit genehmigte die Konstanzer Stadtverwaltung solche Stände meist problemlos und zu relativ moderaten Kosten, einige Gruppen waren von den Kosten ganz befreit. Nach einer Intervention der Linken Liste Konstanz wurde sogar das Verbot von Infoständen auf Wochenmärkten außerhalb von Wahlkampfzeiten aufgehoben.

Seit kurzem hat die Stadtverwaltung die Kosten für die Genehmigung der Stände drastisch erhöht. Bei der letzten Gemeinderatssitzung hat sie das damit gerechtfertigt, in der Vergangenheit habe man „vergessen“, neben den Verwaltungsgebühren die Kosten für die jeweils notwendige Sondernutzungserlaubnis zu berechnen. Außerdem hat sie das Aufstellen von Infoständen auf bestimmte Orte eingeschränkt.

Informationsstände sind für zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen ein wichtiges Mittel, sich öffentlich zu artikulieren und eigentlich ein selbstverständliches Instrument für Bürgerinnen und Bürger, öffentlich für ihre Ziele zu werben oder Kritik zum Ausdruck zu bringen. Diese Möglichkeiten werden durch die jetzigen Gebührenerhöhungen und örtliche Beschränkungen empfindlich eingeschränkt.

Dabei sieht die „Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen“ ausdrücklich die Möglichkeit vor, von der Erhebung von Gebühren abzusehen, wenn die Sondernutzung überwiegend im öffentlichen Interesse liegt oder ausschließlich gemeinnützigen oder sonstigen allgemein förderungswürdigen Zwecken dient (§ 4 Abs. 2).
Im Fall der Initiative gegen TTIP, CETA und TiSA beispielsweise liegen die Infostände eindeutig im öffentlichen Interesse, hat der Gemeinderat im Oktober 2014 doch eine Resolution gegen die geplanten Freihandelsabkommen beschlossen.

Die Linke Liste Konstanz will mit ihrem Antrag dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger künftig nicht durch finanzielle Hürden bei der Ausübung ihrer demokratischen Rechte behindert werden. Wir sind darüberhinaus der Meinung, dass dies generell kostenfrei möglich sein sollte. Deshalb sollten die diesbezüglichen rechtlichen Möglichkeiten geprüft werden.

Anke Schwede, Holger Reile
Linke Liste Konstanz (LLK)

DIE LINKE bittet zum Spätsommerfest

Sommerfest-WebWer viel (nicht nur) politisch arbeitet, muss auch mal feiern. Deshalb veranstalten wir eine Sommersause – nicht allein für Mitglieder der Partei und ihre Unter­stützer*innen, sondern für alle, die schon immer mal mit linken Menschen auch abseits von Infoständen, Ver­anstal­tungen und Demos ins Gespräch kommen wollten. Wir laden Euch deshalb am Samstag, 10.9., ab 15:00 Uhr zum Sommerfest der Konstanzer LINKEN in den Treffpunkt Petershausen ein.

Für die passende musikalische Umrahmung, ausreichend Getränke und auch feste Nahrung wird gesorgt – wer möchte, darf das kulinarische Angebot natürlich gerne mit eigenen Kreationen bereichern.

Also: Wir würden uns freuen, wenn ihr vorbeischaut, lasst uns gemeinsam ein rauschendes Spätsommerfest feiern, bevor wir uns in den heißen politischen Herbst stürzen.

Samstag, 10. September 2016, ab 15:00 Uhr
Konstanz, Treffpunkt Petershausen (Georg-Elser-Platz)

LLK findet Film über “wesentlichen Grundpfeiler der Konstanzer Kultur” förderwürdig

Der Antrag des aus Konstanz stammenden Dokumentarfilmers Douglas Wolfsperger, einen von ihm geplanten Film über die Geschichte des Scala-Kino mit einem außerordentlichen städtischen Zuschuss in Höhe von 36.500 Euro zu fördern, ist vom Gemeinderat mit 17 zu 21 Stimmen zurückgewiesen worden. Die Rathausspitze hatte dem Gremium eine Ablehnung des Förderantrags für das Projekts empfohlen, mit dem der bekannte Regisseur auch die Auseinandersetzungen um das Ende des beliebten Programmkinos dokumentieren will. Bezeichnend, dass einzelne Räte ihr Nein zur Förderung mit Befürchtungen begründeten, der renommierte Filmemacher Wolfsperger könne ein negatives Bild der Stadt zeichnen. Für die Linke Liste Konstanz begründete Holger Reile, warum sie den Förderantrag befürwortet hat.


Um es gleich vorneweg zu sagen: Auch die Linke Liste befürwortet eine zusätzliche und außerordentliche Förderung des Filmprojekts. Vor einiger Zeit stand auch bei uns die Sorge im Raum, dass vor allem eine ungesicherte Finanzierung der Postproduktion das gesamte Projekt hätte scheitern lassen können. Nun aber ist – die Belege liegen uns vor – eben diese Postproduktion finanziell in trockenen Tüchern, und das hat uns schlußendlich dazu bewogen, den Antrag heute zu unterstützen.

Die Geschichte des Scala-Kinos ist ein wesentlicher Grundpfeiler der Konstanzer Kultur gewesen, die auch immer wieder nicht nur ausgesprochene Cineasten in die Stadt geführt hat. Daran zu erinnern und dieses Erbe zu bewahren – quasi bis zum letzten und bitteren Vorhang – halten wir für wünschenswert. Somit wird zumindest bewahrt und konserviert, auch für die interessierte Nachwelt, was unwiderbringlich und zum Leidwesen sehr Vieler bald zu Ende gehen wird. Der Vergleich mit dem Antrag auf außerordentliche Förderung für das Campusfestival – der abgelehnt wurde – trifft hier nur bedingt zu, denn beim Scala handelt es sich zweifellos um ein Stück Konstanzer Stadtgeschichte, mit der sich Generationen aus Stadt und Land und auch über die Grenzen hinweg sehr eng verbunden fühlen.

Im Zusammenhang mit dem Niedergang dieses Kinos hat sich aber auch etwas entwickelt, was so nicht unbedingt vorhersehbar war: Tausende schlossen sich der Forderung an, das Kultkino zu erhalten. Aber der Lauf der Zeit orientiert sich fast ausschließlich an Rendite, Umsatz und an vollen Kassen. Damit kann ein eher umsatzschwacher Kulturbetrieb auf Dauer nicht konkurrieren. Es hätte eben sehr viel mehr gebraucht als schmale Lippenbekenntnisse, um dieses Kino zu retten. Die Geschichte ist bekannt, wir müssen sie hier nicht nochmal in epischer Breite runterbeten.

Das Scala steht mittlerweile aber auch dafür, dass sich ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger immer mehr Sorgen macht um die Qualität ihrer Stadt, Anteil nimmt an deren Entwicklung, Widerspruch formuliert gegen die Totalkommerzialisierung des öffentlichen Raums – und das gibt Anlass zur Hoffnung, wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen. So gesehen hat sich ausgehend vom Scala eine zusätzliche Debatte entwickelt, die der Stadt nur gut tun kann, und die – vermute ich – auch Teil sein wird bei diesem Filmprojekt.

Wie bereits eingangs erwähnt: Wir stimmen dem Antrag zu und wünschen dem Regisseur bei der Umsetzung seines Projekts, das auch überregional für Interesse sorgen wird, viel Erfolg.

Holger Reile

Anke Schwede: Nein zum bürgerfeindlichen Torhaus-Projekt

12_Torhaus-ReichenaustrasseMit 20 zu 13 Stimmen hat der Konstanzer Gemeinderat am Dienstag für das umstrittene Torhaus-Projekt gestimmt. Damit hat eine Mehrheit vorwiegend aus dem bürgerlichen Lager wie schon 2015 dafür votiert, im dicht bebauten und stark verkehrsbelasteten Ortsteil Petershausen eine weitere städtische Grünfläche an einen Privatinvestor zu verhökern, der dort ein Hotel hinklotzen will. Auf einer Fläche von über 1000 Quadratmetern plant die Firma „Hotel Konstanz Besitz GmbH“ (dahinter steht die Wohnbau Körsch GmbH & Co. KG) eine weitere Luxusunterkunft für Betuchte im an Herbergen wahrlich nicht armen Konstanz. Die Gegenstimmen kamen von beiden LLK-StadträtInnen und jeweils Teilen der FGL- und der SPD-Fraktion. Wann das nicht nur im bevölkerungsreichsten Konstanzer Stadtteil stark umstrittene Projekt realisiert werden kann, ist allerdings noch offen – es liegen mehr als 20 Einsprüche von AnwohnerInnen vor, zudem hat die Bürgergemeinschaft Petershausen mehrere hundert Unterschriften gegen die Hotelpläne gesammelt. Für die Linke Liste begründete Anke Schwede das Nein der Fraktion. Der Beitrag im Wortlaut. – red


Heute bietet sich nach genau einem Jahr wieder die Gelegenheit, das bürgerfeindliche Torhaus-Projekt zu verhindern, das aus formalen Gründen wieder auf der Tagesordnung steht. Die Baugenehmigung wurde zwar erteilt, ist aber wegen eines Widerspruchs des künftigen Nachbarn noch nicht rechtskräftig. Es liegen mittlerweile über 20 Einsprüche gegen den Bauantrag vor, die Bürgergemeinschaft Petershausen hat 400 Unterschriften von AnwohnerInnen dem Oberbürgermeister übergeben.

Gravierende Gründe gegen das Bauvorhaben sind unter anderen, dass die im westlichen Bereich angrenzende städtische Grünfläche vom Bauherrn in die Gestaltung der Außenflächen eingebunden werden kann. 400 Quadratmeter dem öffentlichen Bereich einfach so zu entziehen, kann unserer Meinung nach nicht angehen. Genau so wenig die Vernichtung von Grünfläche und wertvollem Baumbestand in diesem so dicht bebauten Gebiet inklusive Veränderung des Mikroklimas und noch mehr Verkehrs- und Parkproblemen. Diese Nachteile dürfen nicht ignoriert werden, wenn diesem Rat die Lebensqualität der Petershauser Bürgerinnen und Bürger am Herzen liegt.

Unabhängig davon aber nun zu dem Verkaufspreis, den wir schon vor einem Jahr kritisiert haben und der auch diesmal wieder aus nicht nachvollziehbaren Gründen unter dem eigentlichen Wert liegt – sprich 435 statt 495 Euro pro Quadratmeter sollen auch heute beschlossen werden. Auf unsere Nachfrage im Haupt- und Finanzausschuss im Juli 2015 wurde der Wert des Grundstückes mit 495 Euro pro Quadratmeter beziffert, festgesetzt von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses. Also rund 66.000 Euro, die die Stadt Konstanz „einfach so“ herschenken will. Wir fragen uns: warum? Auf der Gemeinderatssitzungssitzung vor einem Jahr sagte Herr Sigg, dass im Kaufvertrag, anders als in der Vorlage, 495 Euro stehen sollen. Nun heißt es aber in der aktuellen Vorlage: „Die Verwaltung schlägt daher vor, den Kaufvertrag mit der Hotel Konstanz Besitz GmbH zu den am 23.07.2015 durch den Gemeinderat beschlossenen und unverändert gültigen Bedingungen abzuschließen.“

Wir bitten um Aufklärung dieser offensichtlichen Ungereimtheit und werden wieder gegen den Beschlussantrag der Verwaltung stimmen.

Anke Schwede


Anmerkung: Die Reaktion von Christoph Sigg, dem zuständigen Leiter des Liegenschaftsamtes, auf diese Einlassung: Er versicherte, dass in dem Kaufvertragsentwurf als Kaufpreis 495,–/qm ausgewiesen sind. Eine Aktualisierung der alten Vorlage oder eine Tischvorlage wären in dieser Frage allerdings hilfreich gewesen. – Anke Schwede

Spitalausschuss tagt künftig “grundsätzlich öffentlich”

Spitalstiftung-Logo-2Der Spitalausschuss des Konstanzer Gemeinderates kümmert sich um die Angelegenheiten der Spitalstiftung, die in der Stadt für das kommunale Betreuungs- und Pflegeangebot vor allem älterer Menschen zuständig ist. Eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge, gerade angesichts eines Bevölkerungsanteils der über 60-Jährigen in der Stadt von rund 25 %, der – glaubt man den demografischen Prognosen – in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Umso ärgerlicher deshalb, dass auf Betreiben der Stadtspitze die im Spitalausschuss behandelten Themen fast immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt wurden, eine Praxis, die die Linke Liste (LLK) immer wieder scharf kritisiert hatte. Auf Antrag der FGL beschloss der Ausschuss jetzt, die Sitzungen des Gremiums grundsätzlich öffentlich abzuhalten. Anke Schwede, LLK-Mitglied im Spitalausschuss, warb vehement für die Öffentlichkeit von Sitzungen und kündigte an, die LLK werde ein waches Auge auf alle Versuche haben, der demokratiefeindlichen Heimlichtuerei Hintertürchen zu öffnen. Der Redebeitrag im Wortlaut.


Die Linke Liste begrüßt, dass das Thema „Öffentlichkeit der Spitalausschuss-Sitzungen“ aufgrund des FGL-Antrags vom letzten Jahr nun auf der Tagesordnung dieses Gremiums steht. Bekanntermaßen setzen wir uns in schöner Regelmäßigkeit für die Öffentlichkeit von Sitzungen im Gemeinderat sowie in den beratenden und beschließenden Ausschüssen ein.

Nach Paragraph 35 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg sind Sitzungen des Gemeinderats grundsätzlich öffentlich und aus Paragraph 5 der Stiftungsrat-Satzung ergibt sich, dass die Gemeindeordnung auch für die Sitzungen des Spitalausschusses gilt, so das Kurzgutachten von Dr. Schulte (Stiftungsrat und Gemeinderat sind personenidentisch).

Nichtöffentlich darf also nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Das Öffentlichkeitsprinzip ist eine tragende Säule des kommunalen Verfassungsrechts, dessen Sinn und Zweck darin besteht, den Konstanzer Bürgerinnen und Bürgern ungehinderten Zugang zu Informationen, aber auch Kontrolle und Integration zu ermöglichen. Dieses Prinzip unterwirft unserer Überzeugung nach den Gemeinde- und auch den Stiftungsrat der Kontrolle der Öffentlichkeit und sorgt so dafür, dass einer unzulässigen Einwirkung durch persönliche Beziehungen, Einflüsse und Interessen auf die Beschlussfassung „hinter verschlossenen Türen“ vorgebeugt wird. Zweitens ist die grundsätzliche Öffentlichkeit ein Mittel, das Interesse der Bürgerschaft an der Partizipation, dem „Sich-Einmischen“, zu wecken und zu erhalten und so einer Politikverdrossenheit, à la „die machen eh was sie wollen“, vorzubeugen. Die Kenntnis und Beurteilung der Beratung und Beschlussfassung in kommunalen Gremien ist die Grundlage für eine sachgerechte Kritik und verhindert last but not least Missdeutungen und Spekulationen.

Wir werden uns also in Zukunft dafür einsetzen, dass die Sitzungen des Spitalausschusses grundsätzlich öffentlich abgehalten und nichtöffentliche Sitzungen, bedingt durch „das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner“, die Ausnahme bleiben.

Anke Schwede

Das große Schweigen aus der Mevlana Moschee

Schon nach den Attacken der türkischen Regierung gegen türkischstämmige Poli­ti­ker_innen hierzulande hatte das Online-Magazin seemoz den Vorstand der Konstanzer Moschee um eine Stellungnahme gebeten. Es kam: Nichts. Nun herrscht in der Türkei der Ausnahmezustand und Erdogan-KritikerInnen werden schika­niert, bedroht und verfolgt, auch in Deutschland. Hier der zweite Versuch des seemoz-Redakteurs und LLK-Stadtrats Holger Reile, von den Verantwortlichen der Mevlana Moschee eine Antwort zu erhalten.


Sehr geehrte Frau Özen,
Sie werden unter Umständen verstehen, dass die Entwicklung in der Türkei zu großer Sorge Anlass gibt, auch hier bei uns in Konstanz. Erdogan hat den (erfreulicherweise) gescheiterten Putschversuch zum Vorwand genommen, sich von der Demokratie zu verabschieden. Zehntausende Lehrer, Richter und Leiter von Universitätsfakultäten wurden bereits entlassen, missliebige Soldaten landen in Gefängnissen und die “Säuberungen”, die an die dunkelsten Jahre der deutschen Geschichte erinneren, gehen weiter. Unsere gemeinsamen demokratischen Grundwerte – Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit sowie das Recht, sich friedlich zu versammeln und sich frei zu äußern, um nur einige Punkte zu nennen – sind außer Kraft gesetzt.

Auch die allgemein gültigen Menschenrechte werden in der Türkei mit Füßen getreten: Inhaftierte werden in Unterwäsche vorgeführt und geschlagen, ein Recht auf einen Anwalt ist ihnen entzogen. Den Toten wird ein Begräbnis nach islamischem Ritus verweigert und seit der Ausrufung des Notstands herrschen Willkür und Terror. Betroffen sind nicht nur Konkurrenten aus dem religiösen Lager, sondern auch Gewerkschafter, Künstler, liberale und linke Intellektuelle, Kurdinnen und Kurden. Das alles dürfte Ihnen bekannt sein.

Mittlerweile hat dieser Konflikt auch Deutschland erreicht. Türkische Nationalisten hierzulande schüchtern Erdogan-Kritiker ein und es hat bereits ernstzunehmende Übergriffe gegeben. Das ist nicht hinzunehmen. Bevor diese Entwicklung auch auf Konstanz übergreift, ist rasches Handeln angebracht. Meiner Meinung nach sind Sie, werte Frau Özen, als Vorstand der Mevlana Moschee geradezu verpflichtet, auf Ihre Mitglieder im Sinne eines demokratischen Miteinanders einzuwirken. In dieser unserer Stadt leben rund 3000 Muslime, die sich größtenteils von der Mevlana Moschee vertreten fühlen. Es ist also an der Zeit, dass Sie sich zusammen mit Ihren Vorstandsmitglieder klar äußern und Ihre Gläubigen öffentlich und über Ihre Kanäle dazu aufrufen, sich einem überbordenden Nationalismus mit all seinen demokratiefeindlichen Auswirkungen zu widersetzen.

Mir ist durchaus bewusst, dass die Mevlana Moschee unter dem ideologischen und finanziellen Einfluss der konservativen DITIB steht, die wiederum vom türkischen Religionsministerium gelenkt wird. Dass Sie sich deshalb in einer gewissen Zwickmühle befinden, ist mir klar. Dennoch erwarte ich von Ihnen und Ihren Vorstandsmitgliedern eine halbwegs deutliche Stellungnahme. Wünschenswert wäre auch, dass Ihr amtierender Imam bei seinem Freitagsgebet darauf eingeht und Ihre Gläubigen darauf hinweist, dass die Aushebelung demokratischer Gepflogenheiten mit ihren negativen Begleiterscheinungen der falsche Weg ist. Bislang war das Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Kulturen in Konstanz von gegenseitigem Verständnis und Toleranz geprägt. Uns allen sollte daran gelegen sein, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Es grüßt Sie freundlich, versehen mit der Bitte um eine zeitnahe Antwort,
Holger Reile (der Beitrag erschien zuerst bei seemoz.de)

Linke Liste: “Wir brauchen am Hafner Konzepte für bezahlbaren Wohnraum”

Anke SchwedeDer Gemeinderat hat am Donnerstag den Weg für die Entwicklung eines neuen Stadtquartiers im Norden von Wollmatingen geebnet. Einstimmig beschloss das Gremium, eine “Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme” einzuleiten und hat damit die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau von geschätzten 5300 neuen Wohneinheiten auf dem 45.000 Quadratmeter großen Areal geschaffen. Mit dieser Maßnahme soll vor allem auch möglichen Grundstücksspekulationen ein Riegel vorgeschoben werden, denn sie begrenzt die Möglichkeiten privater Grundstücksbesitzer, die Stadt mit überhöhten Preisen abzuzocken. Die Linke Liste Konstanz hat dem Antrag der Verwaltung zugestimmt, verlangt aber, dass “Nördlich Hafner” vor allem bezahlbarer Wohnraum entsteht (ein ausführlicher Bericht über die Debatte beim Online-Magazin seemoz). Anke Schwede begründete in ihrem Redebeitrag die Position der LLK und formulierte die Forderungen der Fraktion. – red


Die Linke Liste wird der Vorlage der Verwaltung zum Städtebaulichen Entwicklungsbereich „Nördlich Hafner“ zustimmen, allerdings nicht vorbehaltlos. Wir setzen uns angesichts der drückenden Wohnungsnot in der Stadt schon lange für eine Wohnungsbau-Offensive ein, insbesondere für den sozialen Wohnungsbau. Wir haben mehrfach betont, dass das Handlungsprogramm Wohnen – erstens – in seinem Umfang nicht ausreicht und – zweitens – bei der sozialen Segmentierung falsch justiert ist. Die Verwaltung hat dazu und zu dem sogenannten Sickereffekt, den wir nach wie vor bezweifeln, verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben. Ich bitte an dieser Stelle um Auskunft darüber, welche Firma oder Firmen beauftragt wurden und welche Kosten voraussichtlich entstehen werden.

Konstanz boomt weiter, die Kommunalpolitik jedoch kommt den damit wachsenden infrastrukturellen Anforderungen nicht ausreichend hinterher. Das trifft insbesondere auf den Bereich Wohnen zu, den wir als Grundrecht betrachten. Egal, wie treffgenau die aktuellen Voraussagen des Statistischen Landesamtes in Bezug auf die Bevölkerungsent­wicklung letztlich sind, am Trend nach oben kann es keinen Zweifel geben. Und dieser Trend wird ja von den Verantwortlichen auch begrüßt und sogar gefördert, allerdings weigert man sich nur allzuoft, die damit verbundenen Hausaufgaben zu machen. Die angespannte Marktlage nutzen Makler und Vermieterinnen aus und verlangen teilweise schamlos hohe Mieten. Das trifft natürlich zuallererst Menschen mit niedrigen Einkommen, aber inzwischen wird Wohnen in bestimmten Lagen selbst für Haushalte mit durchschnittlichen Einkommen zum Luxus.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir, dass die Verwaltung mit dem Gebiet „Nördlich Hafner“ jetzt endlich initiativ wird und auf das Instrument der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (nach den §§ 165ff Baugesetzbuch) zurückgreift. Wir verknüpfen diese Zustimmung jedoch mit folgenden Forderungen, für die wir uns im weiteren Prozess nach Kräften einsetzen werden:

1. Der Fokus muss von Beginn an auf der Schaffung bezahlbaren Wohnraums liegen. Im Klartext heißt das für uns: Hier muss öffentlich geförderter, preisgebundener Wohnraum entstehen, mit einem Sozialwohnungs-Anteil von deutlich über 50%. Für uns ist deshalb die führende Beteiligung der Wobak bei der Entwicklung und Bebauung des Gebiets entscheidend. Darüberhinaus sollten vor allem am Allgemeinwohl orientierte, genossenschaftliche Einrichtungen und Selbsthilfeprojekte zum Zuge kommen.

2. Konstanz beteiligt sich an dem Projekt „Zukunftsstadt“. Ob die dort diskutierten Konzepte konkret umgesetzt werden, kann sich am Gebiet Hafner erweisen. Das betrifft sowohl die Qualität des Wohnraums selbst als auch die notwendigen Infrastruktur­maßnahmen. Wir brauchen dort auch ein entsprechendes soziales und kulturelles Umfeld, wir brauchen Quartierszentren, Kitas, Begegnungsmöglichkeiten, Freizeitangebote und vieles mehr. Und einen sozial- und umweltverträglichen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Auch das ist eine große Herausforderung, denn unserer Meinung nach ist beispielsweise das öffentliche Nahverkehrsangebot der Stadtwerke, was die Anbindung der Vororte betrifft, verbesserungswürdig.

Kurzum: Wir brauchen am Hafner Konzepte für bezahlbares Wohnen – barrierefrei und klimagerecht. Im Vordergrund müssen die Interessen der Bewohner, der Mieterinnen und Mieter stehen, nicht Marktgesetze und Profitstreben. Der Entwicklungsprozess muss sich von Beginn an darauf konzentrieren, Mietkosten begrenzt zu halten, Spekulation auszuschließen und den sozialen Wohnungsbau anzukurbeln. Dafür werden wir uns stark machen, damit Konstanz ein Stück weit damit vorankommt, eine Stadt für alle zu werden.

Abschließend noch eine Bemerkung zu der von der Verwaltung skizzierten Umsetzung der vorbereitenden Untersuchungen. Die Verwaltung will die Durchführung ja wieder nach außen, extern, vergeben. Die LLK hat die inflationäre Vergabe von eigentlich städtischen Aufgaben an Private immer wieder kritisiert und stattdessen einen angemessenen Ausbau der Personalkapazitäten gefordert. Dass die Stadt mit dieser Großaufgabe ganz sicher überfordert wäre, ist nur ein weiterer Beleg für die Richtigkeit unserer Forderung. Angesichts der Dringlichkeit der Aufgabe werden wir aber der Fremdvergabe zustimmen.

Anke Schwede

Nördlich Hafner Karte