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Bürgerinitiative: Keine Butterfahrt für ECE

BI Für SingenZwischen Erschütterung und Empörung – so lässt sich die Stimmungslage bei der Bürger­initiative “Für Singen” nach dem Gemeinde­ratsbeschluss für eine ECE-Shopping­mall vielleicht am zutreffendsten beschreiben. Resigniert haben die AktivistInnen allerdings nicht, im Gegenteil. Sie wollen jetzt mit aller Kraft für eine Ablehnung des Großprojekts am Bahnhof beim Bürgerentscheid am 17. Juli kämpfen.

Von Entmutigung durch das Pro-ECE-Votum ist nichts zu spüren bei der Pressekonferenz der Bürgerinitiative am vergangenen Freitag im Schulungsraum der Singener Karstadt-Filiale. Es sei ja zu erwarten gewesen, dass der Gemeinderat den Weg für den Hamburger Projektentwickler ECE frei macht, sagt Regina Henke, Sprecherin der Bürgerinitiative. Dass am Ende aber nur drei Stadträte gegen die Pläne gestimmt haben, sei schon erschütternd. “Es hat uns wirklich erstaunt, wie unempfindlich die gegen Argumente sind”, sagt Henke, die Gemeinderäte hätten Fakten einfach nicht zur Kenntnis genommen. Manuel Waizenegger, Geschäftsführer beim Modehaus Zinser, wirft dem Gremium vor, es habe eine “Einladung zur Butterfahrt mit ECE” angenommen und dazu “die rosaroten Brillen aufgesetzt”, die von den Hamburger Investoren verteilt worden seien.

Dass es Fakten genug gegen ein Einkaufszentrum in dieser Größe und an diesem Standort gibt, machen mehrere Mitglieder der Bürgerinitiative deutlich. Der Steuerberater Peter Mannherz, der viele Kleinunternehmen auch im Handel betreut, warnte etwa vor dem “Staubsauger-Effekt”, den ECE für den Einzelhandel auslösen werde. Profitieren würden, wenn überhaupt, allenfalls einige Geschäfte im unmittelbaren Umfeld, das Gros der Läden werde unter dem Konkurrenzdruck zu leiden haben, wobei das nicht nur für das Stadtgebiet gelte, “das strahlt bis ins Umland aus”, ist Mannherz überzeugt. Von mehreren Sprechern wird außerdem auf Prognosen verwiesen, denen zufolge beispielsweise im textilen Einzelhandel der Anteil der Online-Einkäufe von derzeit 12 bis zum Jahr 2030 auf rund 40 Prozent ansteigen soll. “Dass es durch ECE jetzt 80 Prozent mehr Verkaufsmöglichkeiten geben soll, ist absurd”. Da eine Zunahme der Kaufkraft nicht zu erwarten sei, drohe ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb, bei dem vor allem kleine, inhabergeführte Unternehmen auf der Strecke bleiben würden.

Auch die Verkehrsprobleme, die durch den Einkaufsgiganten im Herz der Innenstadt entstünden, seien alles andere als gelöst. Im vorliegenden Verkehrsgutachten habe man sich die zu erwartende Belastung schöngerechnet. Widersprüchlichkeiten seien dabei unübersehbar. Tatsächlich operieren die Befürworter mit einem Plus von bis zu 20 000 Center-Besuchern an Spitzentagen, das Gutachten gehe trotzdem von einer zusätzlichen Belastung von lediglich 250 PKWs pro Stunde aus. Eine vollkommen unseriöse Rechnung, sagen die ECE-KritikerInnen und verweisen auf die Blechlawinen, die das Lago den geplagten AnwohnerInnen in der Nachbarstadt Konstanz regelmäßig beschert. Getrickst habe man im übrigen auch mit der als Zugeständnis gefeierten Zahl neuer Parkplätze. Mehr als die vorgesehenen 480 neuen Abstellmöglickkeiten gäbe der Bau gar nicht her, was ECE selbst bestätigt habe.

Markus Klemt, Sekretär der Gewerkschaft ver.di, warnt vor den Folgen der zu erwartenden Umstrukturierung für die Beschäftigten im Einzelhandel. Er betrachtet die Singener Entwicklung als Teil einer allgemein festzustellenden “massiven Verschärfung des Wettbewerbs”. Bundesweit sei eine Zunahme der Verkaufsflächen von 30 Prozent zu konstatieren – bei unveränderter Kaufkraft. Der Konkurrenzkampf, der um Kundenanteile tobe, werde “auf dem Rücken der Beschäftigten” ausgetragen. Der Gewerkschaft macht vor allem die Qualität der Arbeitsplätze in solchen Centern Sorge. “Außer Führungskräfte”, weiß Klemt, “stellen die Mitarbeiter grundsätzlich nur befristet ein”. Er prognostiziert prekäre Jobs in Teilzeit und auf 450-Euro-Basis. Zudem bekämpften die meisten der in solchen Zentren angesiedelten Unternehmensketten wie H&M oder Esprit aktiv betriebliche Mitbestimmungsmöglichkeiten. Der Gewerkschafter sagt außerdem Steuereinbußen für die Stadt voraus. Zum einen werde durch die Zunahme des Niedriglohnssektors die Einkommenssteuersumme sinken. Zudem: “Konzerne verschachteln sich, um Steuern zu vermeiden, während der kleine Mittelständler ordentlich bezahlt.”

Großen Wert legt die Initiative “Für Singen” darauf, dass es ihr nicht alleine darum geht, einen “monströsen Eingriff in die Stadtstruktur” (so ein ehemaliges Mitglied im Singener Bauforum) zu verhindern. Sie verknüpft die Auseinandersetzung um die Shoppingmall vielmehr mit grundsätzlichen Aspekten der Stadtentwicklung. “Es geht auch um die ethische Frage, was macht die Stadt lebens- und liebenswert” sagt Regina Henke, “wollen wir uns nur noch über Konsum definieren?” So verweisen mehrere Sprecher darauf, dass die Stadt eine soziale Verantwortung gegenüber ihren Bürgern habe, beispielsweise für “die Vielen, die keine Wohnung in der Stadt finden”. Statt eines gesichtslosen Giganten brauche man eine „intelligente und feingliedrige Stadtentwicklung“.

Für diese Ziele wird die Bürgerinitiative nun in den Wahlkampf ziehen und um ein Nein werben. Neben den Donnerstagsdemos, die nächste findet am 9. Juni statt (siehe Kasten), kündigte BI-Sprecherin Henke zahlreiche weitere Aktionen an. Geplant sind unter anderem regelmäßige Informationsstände in der Fußgängerzone und auf dem Wochenmarkt. Eine Plakatserie, die zentrale Gründe gegen den Center-Koloss bündelt, ist bereits gedruckt und soll flächendeckend in der Stadt und den Teilorten zum Einsatz kommen, außerdem sind Flyer geplant, über weitere Aktivitäten wird noch nachgedacht. Die Gewerkschaft ver.di plant eine Informationsveranstaltung nicht nur für ihre Mitglieder und auch die Grünen – zwei ihrer drei Stadträte haben dem Center zugestimmt – wollen eine machen.

Den ECE-GegnerInnen ist bewußt, dass der Wahlkampf kein Spaziergang wird: Die Aufgabe ist “anspruchsvoll”, sagt Manuel Waizenegger am Freitag, gibt sich aber optimistisch. Die Initiative habe sich zum Ziel gesetzt, einen Bürgerentscheid durchzusetzten. Das sei gelungen, jetzt stehe der nächste Schritt an: “Wir werden diese 7200 Stimmen zusammenbekommen.” Und Karstadt-Filialleiter Thomas Przybylksi hofft, dass es gelingt, viele SingenerInnen zur Beteiligung an der Abstimmung zu bewegen. “Das Thema geht uns alle an”.

J. Geiger

Die Bürgerinitiative „Für Singen“ ruft zu ihrer nächsten Donnerstags-Kundgebung, am 9.Juni um 19 Uhr auf.

Dieses Mal treffen wir uns wieder vor dem Cafe Hanser, gehen dann wieder entlang der Hegaustraße, umrunden das Gelände des geplanten ECE-Centers bis wir wieder am Ende des Holzerbaus stehen.

Die Demonstration steht ganz im Zeichen des bevorstehenden Bürgerentscheids und wir rufen die Bevölkerung dazu auf, am 17. Juli Nein zum ECE-Center in der geplanten Größe zu sagen!

Die Bürgerinitiative „Für Singen“ hatte es sich zum Ziel gesetzt, einen Bürgerentscheid zu erreichen. Das ist gelungen und nun will sie den Bürgerentscheid auch für die Stadt Singen entscheiden – das wird eine anspruchsvolle Aufgabe, die der Unterstützung aller Bürger von Singen bedarf, die dieses Center so nicht haben wollen. Um zahlreiche Teilnahme an der Kundgebung wird deshalb gebeten.

• Wir haben, wie auch Stadtrat Dr. Both in der Gemeinderatssitzung am 31. Mai gesagt hat, keinen Zweifel, dass sich das Center für die Hamburger Firma ECE rechnen wird, aber die Revitalisierung der Reststadt, die an den Rändern veröden wird, das sollte allen klar sein, werden die Stadt Singen und damit die Bürger bezahlen müssen!

• Wir wollen keinen Stillstand in der Stadt, aber wir wollen die Weiterentwicklung der Stadt nicht nur auf das Einkaufen und Verkaufen reduzieren. Zu einer lebens- und liebenswerten Stadt gehört doch viel mehr: Innerstädtischer Wohnraum, Kultur, Grünflächen, Begegnungsstätten, saubere Umwelt und kein Dauerverkehrchaos und authentische Gastronomie!

• Lassen wir uns nicht blenden von den Hochglanzabbildungen der ECE, Center dieser Art gibt es zwar in Singen noch nicht aber sonst überall auf der Welt! Elemente wie Wasser und Lichtkorridore kann man auch seit Jahren schon bei zum Beispiel Heikorn bewundern. Und der vielgepriesene Food Court im Center, In meiner Terminologie würde ich das Schnellrestaurant nennen und das ist weder neu noch zusätzlich attraktiv für Singen.

Herr Waizenegger, Geschäftsführer der Firma Mode Zinser, wird in seinem Redebeitrag zu dem immer wieder beschworenen „Nullszenario“ Stellung nehmen „Was passiert, wenn nichts passiert?“.

Das Center muss so nicht gebaut werden – noch ist es nicht entschieden!
Wir freuen uns auf zahlreiche Teilnehmer.

Regina Henke
Für die Bürgerinitiative „Für Singen“

► Weitere Infos: http://fuer-singen.de/

GOLL weiterhin mit drei Sitzen im Konstanzer Studierendenparlament vertreten

Bei den Wahlen zum Studierendenparlament in dieser Woche gewann die Grüne Offene Linke Liste (GOLL) 11,36 Prozent der abgegeben Stimmen. Relativ gesehen ist dies ein Verlust von ca. drei Prozent im Vergleich zum letzten Jahr. Jedoch konnten die bisherigen drei Sitze im Studierendenparlament gehalten werden. Damit bleibt die GOLL die stärkste linke Liste an einer baden-württembergischen Hochschule. Im Studierendenparlament wird die GOLL zukünftig von Michael Schiefelbein, Robin Schabert und Marco Radojevic vertreten.

Erfreulich ist, dass die Wahlbeteiligung im Vergleich zum letzten Jahr um 4,4 Prozentpunkte auf 16,42 Prozent gestiegen ist. Absolut gesehen ist diese Wahlbeteiligung nach wie vor viel zu niedrig, dennoch dürfte dies eine der höchsten Wahlbeteiligungen bei Universitätswahlen hierzulande sein.

Die Urabstimmung zu einem studentischem Kulturticket ging – ganz im Sinne der GOLL – eindeutig für die Beibehaltung eines Kulturtickets aus. 82,7 Prozent der Studierenden votierten für das Kulturticket, damit wurde das nötige Quorum klar erreicht. Gespaltener zeigte sich die Studierendenschaft bei der Urabstimmung zu den Aufwandsentschädigungen für die Vorsitzenden der Studierendenvertretung. 50,78 Prozent der Wähler stimmten für eine Abschaffung, während 49,22 für deren Beibehaltung votierte. Allerdings wurde nicht das nötige Quorum erreicht – dieses Thema wird die Studierendenvertretung daher wohl noch das nächste Semester beschäftigen.

Zusammen mit der Grünen- und Juso-Hochschulgruppe ist mit 15 von 23 Sitzen eine komfortable Mehrheit für eine progressive Politik der Studierendenvertretung gesichert. Michael Schiefelbein, Spitzenkandidat der GOLL kommentiert den Wahlausgang: „Es freut uns sehr, dass wir weiterhin stark im Studierendenparlament vertreten sind. Allerdings nehmen wir auch unsere relativen Stummverluste ernst und werden darüber reden müssen. Wir hoffen, zusammen mit anderen Listen für eine Studierendenvertretung kämpfen zu können, die sich in die Angelegenheiten der Stadt und der Politik einmischt, um im Sinne unserer Wähler eine soziale, ökologische, antifaschistische und feministische Politik in Universität und Stadt durchsetzen zu können“.

Marco Radojevic

Geschlechterdiskriminierung durch “Terre des Femmes”?

terre des femmes logoDer AStA der Universität hat der Frauenrechtsgruppe “Terre de Femmes” die Unterstützung entzogen und sie aus einer Infobroschüre gestrichen. Begründet wurde dies ausgerechnet mit einem Beschluss des Studierenden­parlaments, der sich u. a. gegen Geschlechterdiskriminierung richtet. Dass ein katholischer Männerbund in derselben Broschüre für sich wirbt, scheint die StudierendenvertreterInnen hingegen nicht gestört zu haben. Mehrere Hochschulgruppen, darunter die grüne offene linke Liste, haben den Vorgang zum Anlass genommen, um gegen einen Rückzug des AStA in die “Trutzburg des Unpolitischen” zu protestieren. Damit kapituliere er vor reaktionären Strömungen. Die Stellungnahme im Wortlaut.

Am 10.12.15 beschloss das Studierendenparlament der Universität Konstanz, dass Hochschulgruppen die Organisationen oder Vereinen nahestehen, welche der Präambel der Verfassten Studierendenschaft widersprechen, also nach Geschlecht*, Hautfarbe oder anderen biologischen Kriterien diskriminieren, der Zugang zu Strukturen der Studierendenvertretung verwehrt werden soll. Dies sollte insbesondere das Wirken und Werben von Männerbünden in der Universität Konstanz zumindest erschweren.

Zu Beginn des Sommersemesters 2016 entschied der AStA auf Grundlage dieses Antrages, der Hochschulgruppe „Terre des Femmes“ die Unterstützung zu entziehen. Das hieß primär, dass „Terre des Femmes“ aus der Erstsemester-Infobroschüre herausgestrichen wurde. Bei dem katholischen Männerbund K.d.S.t.v. wurde dies aber „vergessen“. All dies geschah, ohne dass die Hochschulgruppe darüber informiert worden wäre. Auch im AStA selbst schien es (nach Sichtung der Protokolle) niemals Thema auf einer Sitzung gewesen zu sein, vielmehr wurde in guter technokratischer Manier der Beschluss des StuPa vom 10.12.15 unreflektiert umgesetzt, sodass sich der Beschluss nun in seiner Wirkung gegen seinen originären Sinn stellte.

Tatsächlich ist es aber so, dass es keine biologischen Ausschlusskritierien bei „Terre des Femmes e.V.“ gibt. Männer* können ebenso Fördermitglieder sein und in den Städtegruppen Mitglied werden. Eine Mitgliedschaft bleibt ihnen aber verwehrt, mit dem Verweis darauf, Schutzräume in einer patriarchalen Gesellschaft zu schaffen. Dies ist nicht zu vergleichen mit der Form der Diskriminierung, die durch Männerbünde betrieben wird. Selbstorganisation von diskriminierten Gruppen gegen sie unterdrückende gesellschaftliche Prinzipien wie Sexismus, Rassismus usf. ist unbedingt zu unterstützen und fördern. In diesem Sinne sendet der AStA-Konstanz das falsche politische Signal.

Das Studierendenparlament wird in Kürze über eine Änderung des Antrages diskutieren: Nichtsdestotrotz bleibt der fade Beigeschmack, dass Amtsträger*innen des AStA-Konstanz ohne Rücksprache oder Nachfrage emanzipatorischen Hochschulgruppen Steine in den Weg legt, während Männerbünde protegiert werden. Auch vom Gleichstellungsrat der Universität Konstanz kam bisher keine Reaktion in Richtung AStA – vielmehr empfahl er „Terre des Femmes e.V.“ eine Satzungsänderung – eine Dreistigkeit, die er sich bei ansässigen Männerbünden sicherlich nicht getraut hätte.

Wir fordern den AStA der Universität Konstanz auf, sich mit ihrem gepflegten Diskriminierungs-Begriff auseinander zusetzen. Eine anti-diskriminierend arbeitende Hochschulgruppe in dieser Art zu gängeln, kann und darf nicht sein. Die entsprechenden Gremien müssen die Vorgänge rekonstruieren und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Weiterhin sprechen wir die Empfehlung aus, Kommunikationsstrukturen zu etablieren. Es kann nicht sein, dass die Hochschulgruppe „Terre des Femmes“ von ihrem Ausschluss en passant erfährt.

Letztlich bleibt zu konstatieren, dass der Allgemeine Studierendenausschuss sich immer mehr als Service-AStA versteht und vor politischen Entscheidungen zurückschreckt. Vor diesem Hintergrund zeigt sich einmal mehr, dass der Rückzug in die „Trutzburg des Unpolitischen“ eine Illusion ist. Denn auch das unbesorgte „Abarbeiten“ von Beschlüssen sendet politische Signale an die Studierendenschaft der Universität Konstanz und darüber hinaus. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Kapitulation gegenüber reaktionären Strömungen, die sich gerne im Schafspelz des „unpolitischen“ verkleiden. Lassen wir uns das nicht länger gefallen: Es ist unser aller Studierendenvertretung und nicht die einer Hand voll Technokrat*innen.

Wir müssen gemeinsam entscheiden, wie sie in Zukunft das Leben der Studierenden an der Universität Konstanz mitprägen und gestalten soll.

Jana Ammann und Michael Schiefelbein

Unterzeichnende Gruppen:
Terre des Femmes
Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit
Grüne Offene Linke Liste (GOLL)
Die Linke. Sozialistisch-demokratischer Studierendenverband (sds)
Grüne Hochschulgruppe
Gleichstellungsreferat des AStA
IG Gender Studies
Input

Uni-Wahl: Das Kreuz bei der offenen grünen linken Liste machen

InputAm 31. Mai und 1. Juni finden an der Universität Wahlen statt. Die Studierenden können dabei über die Zusammensetzung verschiedener Gremien entscheiden, darunter das Studierendenparlament und der Senat. Zur Wahl tritt auch die “offene grüne linke Liste” an, ein Zusammenschluss von Einzelpersonen, die sich als progressiv und emanzipatorisch verstehen. Die Liste ist in unterschiedlichen Bereichen aktiv, u. a. beschäftigt sie sich mit bildungspolitischer Arbeit. Ein Teil der Mitglieder hat sich zur Gruppe “Input” zusammengeschlossen, die den folgenden Wahlaufruf veröffentlicht hat.

„Hallo zusammen, damit INPUT Konstanz weiter so aktiv sein kann und unsere Projekte von der Studierendenvertretung gefördert werden, bitten wir euch bei der Uni-Wahl am 31. Mai und 1. Juni eure Stimme bei der „offenen grünen linken Liste“ zu machen, auf der wir teilweise selbst zur Wahl stehen.

Die Liste ist ein Zusammenschluss von Einzelpersonen, die sich als progressiv und emanzipatorisch verstehen. Die Wahl ist auch deshalb wichtig, weil die Studierendenvertretung in den letzten zwei Semestern Werbung für Burschenschaften und Studentenverbindungen gemacht, die feministische Hochschulgruppe Terre des Femmes ausgeschlossen und das Zivilklauselreferat abgeschafft hat. Die „offene grüne linke Liste“ will dem etwas entgegensetzen. Wir wollen uns gemeinsam mit anderen kritischen Studierenden und mit euch gegen Rassismus, Sexismus und andere menschenverachtende Einstellungen einsetzen und die gesellschaftliche Reproduktion dieser Diskriminierungen verstehen.

Andere Hochschulgruppen setzen auf aufgeblasene Wahlkämpfe. INPUT Konstanz begnügt sich mit einer Nachricht und kümmert sich dafür mehr um Inhalte. Damit ihr wisst, was INPUT so macht und wofür wir stehen, haben wir unsere Veranstaltungen in den letzten zwei Semestern zusammengefasst.

Vorträge:
Innerhalb der Vortragsreihe „Leben im Imperativ – was wir glauben sein zu müssen“ und der Info-Kneipe im Contrast haben wir über 15 bildungspolitische Veranstaltungen zu verschiedenen Themen organisiert und teilweise die Vorträge selbst gehalten. Mehr Infos: https://www.facebook.com/inputinkonstanz/?fref=ts und https://www.facebook.com/InfoKneipeContrast/?fref=ts

Aktionstage „Fluchtursachen bekämpfen, Waffenexporte stoppen“:
Vom 20. bis 22. August 2015 haben wir zusammen mit Geflüchteten darauf aufmerksam gemacht, dass sich am deutschen Ufer des Bodensees die bundesweit höchste Dichte an Rüstungsbetrieben mit den meisten Beschäftigten konzentriert. Mehr Infos: http://www.asta.uni-konstanz.de/service/forderung-bildungs-politischer-projekte/aktionstage-fluchtursachen-bekampfen-waffenexporte-stoppen-der-krieg-beginnt-am-bodensee/

Fußballturnier gegen Rassismus:
Für den 12.09.2015 haben wir das Fußballturnier „Kicken gegen Rassismus“ organisiert. 24 Mannschaften waren dabei und knapp 300 SpielerInnen und ZuschauerInnen haben sich in 30 bis 40 unterschiedlichen Sprachen auf dem Schänzle Sportgelände unterhalten. Mehr Infos: http://www.asta.uni-konstanz.de/service/forderung-bildungs-politischer-projekte/kicken-gegen-rassismus/

Einwöchiger Info-Stand in der Uni Konstanz zu den Asylrechtsverschärfungen in Deutschland und Antiziganismus in Europa:
Um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen, haben wir vom 23. bis 27.11.15 einen einwöchigen Asyl-Info-Stand im Foyer der Universität aufgebaut. Ziel war es, auf die Asylrechtsverschärfungen und den tief verwurzelten Antiziganismus in der europäischen Gesellschaft aufmerksam zu machen. Mehr Infos: http://www.asta.uni-konstanz.de/aktuelles/news/solidaritat-statt-antiziganismus-ausgrenzung-und-abschottung/

Frühling international Solidaritätskonzert:
Für den 22.5.16 haben wir zusammen mit dem Stadttheater und anderen Gruppen ein Solidaritätskonzert organisiert. Das Solidaritätskonzert galt Menschen auf der Flucht vor Krieg und Hunger, vor Perspektivlosigkeit und Unterdrückung. http://www.theaterkonstanz.de/tkn/veranstaltung/07773/index.html

Weitere Aktivitäten, die geplant sind:
In Zukunft wollen wir uns vor allem auf die Info-Kneipe im Contrast konzentrieren. Für unsere Vorträge laden wir referierende Personen ein, die gesellschaftspolitische Themen so aufbereiten sollen, dass sie für jeden und jede- auch ohne besondere Vorkenntnisse- verständlich sind.

Kommende Veranstaltungen:
Do., 16.06., 19 Uhr: Blinde Hetze gegen „die GEZ“: Kein Weg in die Pressefreiheit! (der Konstanzer Journalist Pit Wuhrer diskutiert über die Angriffe auf den öffentlichen Rundfunk und die „Lügenpresse“).
Mo., 27.06., 19 Uhr: Frauenrechte und Feminismus aus türkischer und kurdischer Sicht (mit der Feministin Derya) https://www.facebook.com/InfoKneipeContrast/?fref=ts

Wer Lust hat, bei INPUT mitzumachen, kann einfach eine E-Mail an inputkonstanz@mtmedia.org schicken oder uns auf FB schreiben.

Liebe Grüße
Input Konstanz“

LINKE appelliert an Gemeinderäte: ECE-Pläne ablehnen

Am 31. Mai entscheidet der Gemeinderat in Singen darüber, ob der Hamburger Immobilienentwickler ECE im Herz der Innenstadt ein gigantisches Einkaufszentrum bauen lassen darf. Es ist eine Entscheidung von großer Tragweite, die auf Jahrzehnte einen gravierenden Einfluss auf die Entwicklung des öffentlichen Raums in der Stadt Singen haben wird, stadtplanerisch, wirtschaftlich und sozial. DIE LINKE hat von Anfang an klare Kante gegen die Shoppingmall gezeigt und unterstützt die breite Bewegung Singener Bürgerinnen und Bürger, die gegen die Pläne von ECE und Stadtverwaltung kämpft.

Architektonisch würde ein gigantischer Komplex entstehen, der die Zerschlagung gewachsener Strukturen – Wohnungen, Geschäfte, ja eine Straße – in einem Herzstück der Innenstadt direkt gegenüber dem Bahnhof zur Voraussetzung hätte. Statt einer vorausschauenden Weiterentwicklung des urbanen Raums will die Verwaltung wieder städtisches Eigentum privatisieren und damit der öffentlichen, demokratischen Planung und Kontrolle entziehen. Eine moderne Stadtplanungs-Politik sieht anders aus. Singen braucht keine gigantische Konsum-Monokultur, sondern eine lebendige, vielfältige Innnenstadt, die urbane Qualitäten wie Wohnen, Einkaufen, Kultur- und Erholungsangebote vereint. Das sanierungsbedürftige Holzerareal bietet sich für einen solchen Mix geradezu an.

Wirtschaftlich gibt es keinerlei Notwendigkeit für ein neues, riesiges Einkaufszentrum, denn Singen verfügt über ein breit gefächertes, gut funktionierendes Einzelhandelsangebot. Ein Votum Pro-ECE würde dagegen für viele kleine Einzelhandelsgeschäfte Umsatzeinbussen oder gar den Ruin bedeuten. Unternehmenspleiten, Arbeitsplatzverluste und nicht zuletzt Steuereinbußen wären die Folge – das zeigen nicht nur Erfahrungen, die vergleichbare Städte mit solchen Shoppingmalls gemacht haben, sondern sagen auch mehrere Gutachten für das Singener ECE-Zentrum voraus.

Auch für die im Einzelhandel Beschäftigten verheißt eine Shoppingmall nichts Gutes. Das Geschäftsmodell von ECE und Co verschafft sich im gnadenlosen Kampf um Konkurrenzvorteile Vorteile nicht zuletzt durch miese Arbeitsverhältnisse – Mini- und Midijobs, von denen niemand vernünftig leben kann. Neben dem Verlust regulärer Arbeitsplätze würde also eine Ausweitung des Billiglohnsektors drohen. Völlig zu Recht warnt die Gewerkschaft ver.di vor einem Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten.

DIE LINKE appelliert deshalb an alle Fraktionen im Singener Gemeinderat, den ECE-Plänen nicht zuzustimmen. In Singen fehlen nicht Einkaufsmöglichkeiten, sondern Wohnungen, vor allem für Leute mit schmalem Geldbeutel. Stadtverwaltung und Gemeinderat müssen sich endlich auf ihre Hausaufgaben besinnen und den Bau neuer Sozialwohnungen ankurbeln. Mehr als 6.000 Quadratmeter des Geländes gegenüber dem Bahnhof sind städtisches Eigentum – der Gemeinderat hat es in der Hand, dort die Weichen für dringend benötigten neuen Wohnraum zu stellen.

Jürgen Geiger

Was tun mit Vermächtnissen und Schenkungen an die Stadt?

Was tun mit dem Geld, das ihrem Heimatort verbundene Verstorbene der Stadt Konstanz vermacht haben? Verwalten und auf bessere Zins-Zeiten hoffen oder direkt für die von den Erblassern gewünschten Zwecke ausgeben? Verwaltung und StadträtInnen setzen auf Ersteres, lediglich LLK-Stadträtin Anke Schwede sah das im Gemeinderat anders.

Es gibt immer wieder Bürger, die sich ihrer (zumeist Heimat-)Stadt so nahe fühlen, dass sie sie testamentarisch in der einen oder anderen Form mit Geld oder anderen Vermögenswerten bedenken. Dies wird oft mit der Forderung verbunden, das Geld nur für einen bestimmten Zweck einzusetzen. Dahinter steht einerseits das Bedürfnis, Gutes zu tun, und andererseits die Hoffnung, so zumindest ein wenig im Gedächtnis seiner Mitmenschen fortzuleben.

Für die Stadt ist das natürlich ein willkommener Zustupf, auch wenn er angesichts anderer Haushaltszahlen eher unscheinbar daherkommt: “Die Stadt Konstanz verwaltet derzeit ein Vermögen in Höhe von 1.479.750 € aus elf verschiedenen Stiftungen, Erbschaften, Vermächtnissen und einer Schenkung,” heißt es in der Vorlage für den Gemeinderat. Zum Vergleich: In diesem Jahr erwartet die Stadt 42 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen, und für das Personal wurden im aktuellen Etat 52 Millionen Euro veranschlagt.

Es geht hier also weniger um handfeste Finanzinteressen als vielmehr um eine Symbolpolitik, die die wechselseitige Verbundenheit zwischen einzelnen BürgerInnen und ihrer Stadt ausdrückt. Ein emotional sensibles Thema allemal, da es nicht nur um den letzten Willen Verstorbener geht, sondern auch an die eigene Sterblichkeit gemahnt.

Geld jetzt ausgeben?

Der Vorschlag der Verwaltung lautete: “Das Vermögen aus den nicht als Stiftung qualifizierten Erbschaften, Vermächtnissen und Schenkungen wird wie bei einer Stiftung im Bestand erhalten und nur die Erträge daraus werden für die entsprechenden Zwecke ausgeschüttet.” Es ging bei der Debatte im Rat also nur um Gelder, die in einer bestimmten Rechtsform verwaltet werden.

Normalerweise ist es die Absicht solcher Hinterlassenschaften, das Kapital selbst unangetastet zu bewahren und für den zumeist guten Zweck dann alljährlich nur die Zinsen auszugeben. So können Stiftungen über Jahrhunderte mehr oder weniger Gutes tun (siehe die Spital- oder die Nobelpreisstiftung) und an StifterInnen erinnern, und beide Seiten haben ihr Wohlgefallen. Oder besser: Beide Seiten hatten ihr Wohlgefallen, denn in Zeiten niedriger oder gar negativer Zinsen bleibt da meist nicht mehr viel zu verteilen. Wenn man das Geld hingegen einmalig für den geplanten Zweck ausgibt, lässt sich damit für die Zukunft auch Verwaltungsarbeit sparen.

Eine emotionale Angelegenheit

Selbst Kämmerer Hartmut Rohloff dachte in der Debatte für einmal weniger ans Geld und stellte den emotionalen Aspekt in den Mittelpunkt: Stirbt die jährliche Ausschüttung, stirbt auch die Erinnerung an den, dessen Geld sie ermöglicht hat. Außerdem setzt er, der schon so manche Schwankungen an den Finanzmärkten miterlebt haben dürfte, darauf, dass die Zinsen irgendwann auch wieder steigen werden.

Die Gemeinderätinnen und -räte plädierten mit großer Mehrheit dafür, den letzten Willen der Hinterlassenden zu respektieren und die fraglichen Gelder nicht auszugeben, sondern auf bessere (Zins-) Zeiten zu hoffen. Heinrich Everke (FDP) führte die einer Bürgerstiftung ins Feld, der interessierte Bürger anstiften können. Er verspricht sich davon mehr Effektivität in der Stiftungsverwaltung. Hartmut Rohloff allerdings deutete an, dass die Stadt die Gelder bereits heute gemeinsam etwa bei der Wobak anlegt und daher nur wenig Verwaltungsaufwand treiben muss, egal um welche Summen und um wie viele Einzelbeträge es sich handelt. Trotzdem kündigte Oberbürgermeister Uli Burchardt an, dem Gemeinderat Anfang 2017 den Entwurf einer Bürgerstiftung vorzulegen.

Was wurde aus dem Geld?

Was aber hat die Stadt eigentlich in letzter Zeit mit dem Geld der Bürger getan, fragte Anke Schwede (LLK) die Verwaltung. Sie verwies darauf, dass etwa Herr Fritz Otto Weber die Stadt mit einem Vermächtnis von 12.225 € bedacht hat. Mit dem Geld sollten nach seinem Willen in der Stadt Ahorn-, Ginkgo- und Liquid-Amber-Bäume sowie Felsenbirnensträucher gepflanzt werden. “Wann und wo wurden diese Bäume gepflanzt?”, fragte Anke Schwede die Verwaltung. Außerdem wollte sie wissen, welcher Art die Zuwendungen aus sozial motivierten Vermächtnissen waren. Was also hat die Stadt bisher mit den Zinsen getan und wie viele Bedürftige und Arme konnten von den Geldern profitieren? “Für wie viele arme Menschen gab es zum Beispiel an Weihnachten gutes Schuhwerk und Kleidung, bezahlt mit den Erträgen der Dr.-Wilhelm-Dreher-Stiftung?” In ihrer Frage schwang die Frage mit, ob die Stadt die Gelder nicht einfach nur verwaltet und die Zinsen anspart, ohne sich die Mühe zu machen, sie auch auszuschütten.

Als einziges Mitglied des Gemeinderates plädierte Anke Schwede dafür, die fraglichen Gelder in nächster Zeit auszugeben (siehe Kasten). “Da die meisten Stiftungen, Vermächtnisse und Erbschaften konkrete soziale Verwendungszwecke vorsehen, wäre es meines Erachtens angebracht, die Zuwendungen den begünstigten bedürftigen bzw. benachteiligten Personen zukommen zu lassen und die Summen aufzubrauchen. Ich denke, dies wäre auch im Sinne der Wohltäterinnen und Wohltäter, denen es offensichtlich darum ging, konkret mildtätig und sozial zu wirken. Dass die Erinnerung an sie so nicht aufrechterhalten werden kann, ist zu bedauern, aber meines Erachtens zweitrangig.” Mit dieser Position stand sie ganz allein, und so wird die Stadt Konstanz das ihr anvertraute Kapital auch in Zukunft hüten wie ihren Augapfel.

Abzuwarten bleibt allerdings die Antwort der Verwaltung auf Anke Schwedes Fragen nach der bestimmungsgemäßen Mittelverwendung: Wo also stehen die geschenkten Liquid-Amber-Bäume und Felsenbirnensträucher, und wie viele Menschen durften sich in den letzten Jahren über neue Schuhe freuen?

WORTLAUT | Vielen Dank für die Vorlage, die die beträchtlichen Summen – immerhin insgesamt über 1,6 Millionen aus Stiftungen, Vermächtnissen, Erbschaften und einer Schenkung thematisiert. Es bleiben allerdings einige Fragen offen, die, wie ich hoffe, heute beantwortet werden können.
Wie werden die Summen aus den Erbschaften, Vermächtnissen und der einen Schenkung verwaltet bzw. wie werden diese angelegt? Auf Sonderkonten?
Zweitens, verschiedene Stifterinnen und Stifter, Erblasser und Vermächtmisgeberinnen bedachten ja vor allem bedürftige Menschen, benachteiligte Frauen oder die Ärmsten der Stadt. Kann das Sozialamt ausführen, wie vielen Personen in den letzten Jahren konkret geholfen werden konnte? Zum Beispiel an Weihnachten gutes Schuhwerk und Kleidung an die Ärmsten zu verteilen, aufgrund der Dr. Wilhelm Dreher Stiftung?
Drittens, zum Vermächtnis Otto Weber: Konnten schon Ginkgobäume, Liquid Amber Bäume und Felsenbirnensträucher gepflanzt werden und wenn ja, wo?
Nun zu der grundlegenden Frage, wie mit den Vermögen umgehen? Da die meisten Stiftungen, Vermächtnisse und Erbschaften konkrete soziale Verwendungszwecke vorsehen, wäre es unseres Erachtens angebracht, die Zuwendungen den begünstigten, bedürftigen bzw. benachteiligten Personen zukommen zu lassen und die Summen aufzubrauchen – insbesondere in diesen Niedrigzins-Zeiten. Meines Erachtens wäre dies im Sinne der Wohltäterinnen und Wohltäter, denen es offensichtlich darum ging, konkret mildtätig und sozial zu wirken. Dass die Erinnerung an diese Personen dann nicht aufrechterhalten werden kann ist zu bedauern, aber eher zweitrangig. Diese Auffassung vertritt die Gemeinde-Prüfungsanstalt ja auch in Bezug auf die rechtlich unselbständigen Stiftungen.
Angebracht wäre also, das Vermögen aus den nicht als Stiftung qualifizierten Erbschaften, Vermächtnissen und Schenkungen für die entsprechenden Zwecke auch auszuschütten. Zweckgebundene Zuwendungen, die nicht in der Substanz erhalten werden müssen, sollten vollständig bestimmungsgemäß verbraucht und der Gemeinderat in regelmäßigen Abständen über die Ausschüttungen bzw. Zuwendungen informiert werden. – Anke Schwede

jüg/seemoz

Architektur geht alle an

ArchitekturforumDie Debatte um den neuen Drogeriemarkt an der Marktstätte hat vielen KonstanzerInnen bewusst gemacht, welch immensen Einfluss die städtebauliche Entwicklung auf ihr Leben nimmt. Sie prägt nicht nur die Optik einer Stadt, sondern verändert soziale Beziehungen. Gibt es Alternativen? Ja. Neue, sozial­ver­träg­liche Bau- und Lebensformen sind Thema des Architekturforums KonstanzKreuzlingen, das am 17.06. zu einem Vortrags- und Diskussions­nach­mittag über gemeinschaftliches Bauen ins Konzil einlädt.

Das Architekturforum KonstanzKreuzlingen e.g.V. ist seit 2007 eine grenzüberschreitende öffentliche Plattform für die Auseinandersetzung mit der gestalteten Umwelt in Städtebau, Raumplanung, Architektur und Kunst. Es will vor allem den Dialog und die Kooperation zwischen Öffentlichkeit, Hochschule, Stadt und Gestaltern fördern und bietet dazu Vorträge, Ausstellungen, Exkursionen und Diskussionen an.

Bei seiner nächsten Veranstaltung widmet sich das Forum einem zukunftsträchtigen Thema, das in Konstanz anders als etwa in Freiburg oder Berlin noch stiefmütterlich behandelt wird (sicher auch, weil die Hausbesetzerszene am Bodensee nie sonderlich stark war): Es geht um das gemeinschaftliche Bauen. Dabei profitieren, so die Veranstalter, vom „Stadt-Selbermachen“ – trotz der Mühen und Risiken eines gemeinsamen Planungsprozesses – erfahrungsgemäß sowohl die späteren Bewohner als auch ein Stadtquartier als Ganzes. „Eine frühe und intensive Auseinandersetzung mit dem Bauort, maßgeschneiderter Wohn- und Lebensraum, Kosteneinsparungen gegenüber Bauträgern und die Möglichkeit, die Stadt mit den eigenen Ideen zu bereichern, sind die Wesensmerkmale des gemeinschaftlichen Bauens. Frei nach dem bekannten Kopenhagener Stadtplaner Jan Gehl entstehen auf diesem Wege Städte von Menschen für Menschen.“

Das Architekturforum KonstanzKreuzlingen hat für diesen Nachmittag in Zusammenarbeit mit der Stadt Konstanz drei erfahrene Referenten aus Tübingen gewonnen, wo der Baugemeinschaftsgedanke seit Jahrzehnten erfolgreich gelebt wird. Die Vorträge von Matthias Gütschow, einem Baugruppen-Projektsteuerer, Tilmann Gocht vom „Mietshäuser Syndikat“ und Uwe Wulfrath von der Universitätsstadt Tübingen bieten einen umfassenden Einstieg in das Thema. Das Mietshäuser Syndikat stammt übrigens aus dem genossenschaftlichen, linken Umfeld und berät „selbstorganisierte Hausprojekte, die sich für das Syndikatsmodell interessieren, beteiligt sich an Projekten, damit diese dem Immobilienmarkt entzogen werden, und hilft mit Know-how bei der Finanzierung“. Es half bisher bei rund 120 Bauten und will so sozialverträgliches Bauen ohne Großbanken und Staat ermöglichen. Das ist ein Ziel, das angesichts der weit verbreiteten Wohnungsnot und der meist verheerenden sozialen Folgen der Immobilienspekulation natürlich höchste Aufmerksamkeit verdient.

Den Vorträgen folgt ab 18:00 Uhr ein Podiumsgespräch mit Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn und Marion Klose, der Leiterin des Amts für Stadtplanung und Umwelt, das Stefan Neubig vom Architekturforum moderiert. Ein Pflichttermin für alle also, die sich fragen, wie eine Stadt unter Berücksichtung der vielfältigen sozialen Bedürfnisse all ihrer Bewohner weiterentwickelt werden kann.

Veranstaltung: „Städte von Menschen – Städte für Menschen“. Podium zum gemeinschaftlichen Bauen
Wann:
Freitag, 17.06.2016, 16:00–19:00 Uhr
Wo: Konzilgebäude, Unterer Saal, Hafenstraße 2, 78462 Konstanz
Eintritt frei

hb/Quelle: PR

Bregenz: 5000 gegen Monsanto, TTIP & Co

Um die 5000 Menschen aus dem Bodenseeraum demonstrierten am Samstag in der vorarlbergischen Landeshauptstadt Bregenz gegen die Gentechnik sowie die transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA. Die Demonstration fand im Rahmen von internationalen Aktionen gegen den (noch) US-amerikanischen Gentechnik-Giganten Monsanto statt, dem weltweit größte Agrarkonzern und führenden Hersteller genmanipulierten Saatguts. Auch die Konstanzer Initiative gegen TTIP & Co und Vertreter*innen der LINKEN Bodensee/Oberschwaben waren dabei.  Bilder von der Demo (für eine vergrößerte Ansicht auf Bilder klicken).

 

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Fotos: Brigitte Matern, Wolfram Mikuteit (Quelle: seemoz.de), Heiko Thamm

Das Handlungsprogramm Wohnen muss überdacht werden

Die monatlichen Flüchtlingszahlen sinken weiter sehr deutlich. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf Bund, Länder und Gemeinden in den nächsten Jahren erhebliche Aufgaben bei der Versorgung mit angemessenem Wohnraum sowie der persönlichen und beruflichen Integration der bereits geflohenen Menschen zukommen. Das dürfte auch erhebliche Auswirkungen auf das Wohnen in Konstanz haben.

Der monatliche Bericht des Konstanzer Sozialbürgermeisters Andreas Osner dokumentiert die Tendenz der letzten Monate. Die regionalen Flüchtlingszahlen sanken von 556 im Januar über 148 im April auf 22 im Mai. Für 2016 rechnet der Landkreis insgesamt mit etwa 1980 unterzubringenden Flüchtlingen. „Aber all diese Schätzungen“, so Andreas Osner, „sind natürlich trügerisch, und schon morgen kann wieder alles ganz anders aussehen.“

Etwas mehr Platz für jeden Einzelnen

Was bedeuten die sinkenden Flüchtlingszahlen beispielsweise für das Leben der Flüchtlinge in den vom Landkreis verwalteten Konstanzer Erstunterbringungen und Notunterkünften?

Aufgrund einer Gesetzesänderung hat jeder Flüchtling seit dem 1. Januar Anspruch auf 7 Quadratmeter Fläche in einer Erstunterbringung, bis dahin waren es 4,5 Quadratmeter. Dieser Anspruch war aber angesichts der Flüchtlingszahlen des Jahres 2015 kaum zu verwirklichen. Das Gesetz wurde faktisch nicht umgesetzt und die Menschen blieben in oft belastender räumlicher Enge zusammengepfercht. Das Nachlassen der Flüchtlingszahlen macht es der Verwaltung jetzt möglich, den einzelnen Menschen mehr Platz zuzuweisen, da die (Not-)Unterkünfte weniger dicht belegt werden müssen. Wer eine solche Unterkunft von innen gesehen hat, weiß, dass das natürlich nicht ausreicht und kaum an Privatsphäre zu denken ist, aber jede noch so kleine Entlastung der Flüchtlinge ist zu begrüßen.

Trotz der rückläufigen Belegungszahlen denken Stadt und Landkreis aber weiter, denn es gilt, Reserven für künftige Notlagen zu schaffen, um im Zweifelsfall nicht wieder auf die eher menschenunwürdige Unterbringung in Turnhallen zurückgreifen zu müssen. So hat der Landkreis den Bauantrag für den Umbau der Tennishalle am Hörnle gestellt, auch wenn der eigentliche Umbau in weite Ferne zu rücken scheint. Dem Widerstand der zumeist gutbetuchten und teils unverhohlen rassistischen Wutbürger, der sich speziell an der Vermietung dieses Platzes entzündet hat, haben die Konstanzer Verantwortlichen in Politik und Verwaltung nicht nachgegeben. Ob dort aber irgendwann tatsächlich Flüchtlinge untergebracht werden, ist jetzt Sache des Landkreises und hängt von der Zahl der Neuankömmlinge ab. Auch die schnelle Verwirklichung anderer Flüchtlingsunterkünfte wie an der Line-Eid-Straße im Industriegebiet durch den Landkreis steht derzeit nicht zur Debatte. Momentan gibt es im Landkreis bereits mehr Plätze in Gemeinschaftsunterkünften als gebraucht werden, aber freie Flächen mit vorliegenden Baugenehmigungen erlauben später nötigenfalls schnelleres Handeln.

Folgen für das Handlungsprogramm Wohnen

Auf die Stadt hingegen kommt im Rahmen des Handlungsprogramms Wohnen die Aufgabe zu, für die dauerhafte Unterbringung jener Flüchtlinge zu sorgen, die die Gemeinschaftsunterkünfte verlassen dürfen. Die Verwaltung signalisierte bereits verhalten ihre Bereitschaft, die von der politischen Linken bereits seit längerem kritisierte soziale Austarierung des Handlungsprogramms noch einmal zu überdenken. Derzeit sind 2/3 der neuen Wohngelegenheiten im mittleren und höheren Preissegment geplant, was am tatsächlichen Bedarf vorbeigehen dürfte. Es gilt, das Handlungsprogramm Wohnen so zu überarbeiten, dass der Anteil an Wohnraum für wirtschaftlich schlechter oder normal gestellte KonstanzerInnen deutlich erhöht wird. Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn denkt bereits öffentlich darüber nach, das Ziel des Handlungsprogramms von 5300 neuen Wohnungen um 1000 Wohnungen zu erhöhen und sozial entsprechend umzuschichten.

Die Lokalpolitik steht allüberall nicht nur durch die Flüchtlingsunterbringung unter starkem Druck. Der deutsche Wohnungsmarkt, auf dem die Zahl der Sozialwohnungen seit Jahren sehenden Auges reduziert wurde, bietet heute und morgen selbst Normalverdienern und -rentnern kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Immer breitere Bevölkerungsschichten sind hier weitgehend chancenlos.

Keine Ghettos

Wenn man Medienberichte ernst nehmen muss, nach denen Vermieter massenhaft gegen die Regeln zur Mietpreisbegrenzung verstoßen, so dass etwa Berliner Mieter um ein Drittel zu hohe Mieten zahlen, wird klar, dass ohne einen schnellen und massenhaften Wohnungsbau durch die öffentlichen Hände an eine menschenwürdige Unterbringung unserer künftigen MitbürgerInnen nicht zu denken ist. Ganz abgesehen davon, dass es auf keinen Fall zu einem Verdrängungswettbewerb zwischen anerkannten Flüchtlingen und anderen Niedrig- und Normalverdienern kommen darf. Karl Langensteiner-Schönborn wies mit Recht auch darauf hin, dass das Anschlusswohnen nicht zur Ghettobildung führen darf und daher von Anfang an sozial gemischte Neubauareale geplant werden müssen, die auch in ein paar Jahrzehnten noch lebenswerten Wohnraum in einem funktionierenden sozialen Umfeld bieten. Dass er für die Planungen eine neue Vollzeitstelle für sein Amt einrichtet, ist nur ein Anfang.

Wie es weitergeht, weiß niemand, deshalb sind Forderungen aus dem Gemeinderat, der Landkreis möge manche von ihm zur Erstunterbringung angemietete Grundstücke bald für andere Zwecke freigeben, voreilig. Man darf nicht vergessen, dass die derzeitigen Flüchtlingszahlen in Europa etwa durch die äußerst fragwürdige und brüchige Vereinbarung mit der Türkei künstlich kleingehalten werden. Wie weit aber der kranke Mann am Bosporus auch in ein paar Monaten dieses Spiel noch mitzuspielen bereit ist, steht ebenso in den Sternen wie die Entwicklung an der Küste Libyens oder in den Ländern des Nahen Ostens und Afrikas. Es werden noch tausende oder gar zehntausende weitere Menschen elendiglich im Mittelmeer ertrunken sein, ehe sich Politik und Verwaltung in Konstanz und anderswo vielleicht irgendwann wieder entspannen können.

O. Pugliese (zuerst erschienen bei seemoz.de)

Regierungspräsidium: Grünes Licht für ECE in Singen

Das in Singen vom Hamburger Projektentwickler ECE geplante Einkaufszentrum erfüllt die Anforderungen des baden-württembergischen Raumordnungsrechts. Das teilte das zuständige Regierungspräsidium Freiburg (RP) am 15. Mai in einer Pressemitteilung mit. Die Behörde vertritt darin die Auffassung, die Region werde durch das Projekt „insgesamt aufgewertet“ und hält nur geringe Abstriche bei der Sortimentverteilung für nötig. Das geplante Einkaufszentrum mit Lage in der Innenstadt gegenüber dem Bahnhof erfülle “in hervorragender Weise die Ziele der Raumordnung und Landesplanung zur Stärkung der Stadtkerne”, behauptet das Regierungspräsidium.

Dass dabei zugunsten des Big Players ECE der vorhandene kleine Einzelhandel Schaden davontragen wird, nehmen die Freiburger Raumordnungsplaner billigend in Kauf: “Geschäftsschließungen, vor allem in schwächeren Standortlagen, können (…) nicht ausgeschlossen werden”. Städtebaulich sei das zwar ein Problem, aber nicht Sache der Raumordnung, heißt es in der RP-Begründung, sondern allein der Stadt Singen – zynischer geht’s kaum.

Können sich die für die Entscheidung Verantwortlichen beim drohenden Ladensterben zumindest formaljuristisch noch aus der Verantwortung stehlen, sieht das bei der Beurteilung der Auswirkungen eines neuen Einkaufsgiganten für den Einzelhandel der Region anders aus. Hier wäre das Regierungspräsidium eigentlich gehalten, die Folgen für die Einzelhandelslandschaft im Landkreis möglichst realistisch zu prognostizieren. Nach dem sogenannten Kongruenzgebot müssten die zu erwartenden Umsätze des neuen Zentrums zu einem wesentlichen Teil aus “dem im Landesentwicklungsplan festgelegten Verflechtungsbereich der als Mittelzentrum eingestuften Stadt Singen stammen”, wie es in der Stellungnahme selbst heißt. Als Anhaltspunkt gilt hier ein Anteil von 70 Prozent. Doch auch dass diese Marke laut vorliegenden Gutachten voraussichtlich nicht erreicht wird, wischen die Freiburger vom Tisch. Schon heute flöße schließlich “in hohem Maße Kaufkraft nach Singen”, so die Stellungnahme, außerdem verweist man auf den “großen Umfang” des Schweizer Einkaufstourismus.

Eine verräterische Argumentation, denn damit wird die Zulässigkeit des ECE damit begründet, dass der bestehende Einzelhandel schließlich funktioniere und floriere. Es handelt sich um eben jene, zum Teil inhabergeführte Geschäfte und Läden, für die man an anderer Stelle empfindliche Einbußen durch die übermächtige ECE-Konkurrenz voraussagt. Selbst beim verbohrtesten Regierungsbürokraten sollte das eigentlich die Erkenntnis dämmern lassen,  dass ein solches EKZ im besten Fall überflüssig ist. Doch das ficht die staatlichen Raumordnungs-Experten ebensowenig an wie die Tatsache, dass der behauptete Wirtschaftserfolg eines neuen Großeinkaufszentrum zum erheblichen Teil auf einer wackeligen Wette beruht: Man setzt darauf, dass die aktuelle Wechselkurskonstellation zwischen Euro und Franken noch über Jahre unverändert bleibt.

Mit der fragwürdigen Entscheidung des Regierungspräsidiums haben Investor und Stadtverwaltung eine weitere rechtliche Hürde für den Bau der ECE-Shoppingmall  genommen. Ende Mai soll nun der Singener Gemeinderat darüber entscheiden, ein Votum pro ECE gilt als sicher. Ob die Befürworter aus Wirtschaft und Kommunalpolitik den Konsumtempel politisch durchsetzen können, muss sich aber erst noch zeigen. Denn inzwischen hat sich am Hohentwiel eine breite Protestbewegung entwickelt, die auch im Rathaus Wirkung zeigt. Immerhin hat Oberbürgermeister Häusler angekündigt, er werde das Projekt in einem Bürgerentscheid zur Abstimmung stellen.

Jetzt wird es für die ECE-GegnerInnen darauf ankommen, den Druck möglichst noch zu erhöhen. Es geht um weitreichende Weichenstellungen für die künftige Stadtentwicklung. Für DIE LINKE ist klar: Singen hat keine Defizite im Einzelhandel, es braucht keinen Einkaufs-Monopolisten, der bestehende Läden vernichtet, prekäre Arbeitsverhältnisse fördert und für noch mehr Autoverkehr in der Innenstadt sorgt. Woran es in der Stadt vor allem fehlt, ist bezahlbarer Wohnraum, darum sollte sich die Kommunalpolitik endlich kümmern. – jüg